SRAM, ROCK SHOX & ZIPP 2020er Neuheiten – Testfazit: von c_g
Nachdem ich in den drei Artikeln zum Zwischenstand (hier zu den Federelementen und den Bremsen, hier zu den AXS-Komponenten und hier zu den ZIPP 3Zero Moto Laufrädern) auf die allgemeine Funktion der Komponenten eingegangen bin und davon sehr angetan war , ist es jetzt an der Zeit noch ein wenig vertiefter einzusteigen. Zu diesem Zweck hab ich es ganz praktisch gemacht und alles, was möglich war vom EVIL Offering auf mein Dauertestbike, das POLE Evolink 158 verpflanzt.
Bei der SRAM AXS XX1 Schaltung und der ROCKS SHOX Reverb AXS ging es mir darum, zu sehen, welche Auffälligkeiten oder Hürden dabei auftauchen würden. Bei den SRAM G2 Ultimate Bremsen und den ZIPP 3Zero Moto Laufrädern darum, sie nochmal richtig zu fordern … und zwar mit dem steilen und felsigen Gelände und den langen Abfahrten am Lago.
Die Ummontage der SRAM AXS Schaltung und der ROCK SHOX Reverb AXS verlief erwartungsgemäß sehr schnell. Ohne Züge und Hülsen zur Verbindung heißt es einfach – Ab- und wieder Anschrauben. Im Fall der Schaltung muss man noch kurz die mechanischen Endanschläge und die B-Screw nachjustieren und die Schaltung selber einstellen. Letzteres geht denkbar einfach indem man die kleine AXS-Taste am Shifter gedrückt hält und die Schaltwerksposition durch Drücken der oberen oder unteren Wippe in kleinen Schritten (0,2 mm) in die jeweilige Richtung versetzt … im Grunde genau das Gleiche, was man sonst mit der Leitungsspannung am Schalthebel macht. Nach gut 5 Minuten war alles erledigt und das Bike fahrbereit – einfacher geht’s wirklich kaum mehr.
Seither musste ich absolut nichts mehr an der Schaltung nachstellen. Die Funktion beider Komponenten, Schaltung und Reverb in der elektronische Ausführung, waren genauso präzise, schnell und sauber, wie vorher schon am EVIL. Genauso gut, wenn nicht sogar besser wie die der mechanischen Varianten.
Ein paar neue Erkenntnisse kamen in dieser letzten Testphase aber doch noch hinzu. Zum einen, die für mich überraschende Erfahrung, dass ich die Reverb hin und wieder ungewollt über meine Knie betätigt habe. Wie gesagt, reicht ja schon ein leichter Druck und wenige Millimeter Bewegung am Schalter aus. Es gab nie kritische Situationen deswegen, aber ungewohnt war es doch.
Mit der Shifter-Wippe der Schaltung habe ich mich mittlerweile auch angefreundet. Fehlschaltungen kamen wirklich kaum mehr vor. Ich würde mir weiterhin eine leicht veränderte Ergonomie der Daumenmulde und vor allem der vorderen Verlängerung („Sprint-Pedal“) wünschen, um in beide Richtungen auch mit dem Zeigefinger leichter schalten zu können, aber ansonsten war die Funktion unauffällig und zuverlässig.
Ach ja, nachdem ich die beiden Akkus zwischen der Reverb und der Schaltung einfach getauscht hatte (im Zwischenstand beschrieben), bin ich noch gut weitere 12 Tage damit gefahren, ehe ich die Akkus dann doch mal geladen habe. Das Schreckgespenst leer werdender Akkus sehe ich nach diesen Erfahrungen als absolut unbegründet an. Bezüglich Wasserdichtigkeit und Feuchtigkeitsempfindlichkeit würde ich auch weitgehend Entwarnung geben. Der Test hat zwar in der trockeneren Jahreszeit stattgefunden, aber die Tage, in den ich das Bike auf dem Ride nass und schmutzig geworden ist oder ich es danach mit dem Gartenschlauch abgespritzt habe, plus der Gelegenheiten in denen ich es im abendlichen Gewitterregen habe nass werden lassen, dürften dies ausreichend dokumentieren.
Die SRAM G2 Ultimate Bremsen, habe ich vor dem Lago-Aufenthalt noch auf eine größere Scheibe vorne umgerüstet, muss aber offen gestehen, dass ich ihre Bremsleistung zwar immer als ausreichend, aber nie als sehr gut empfunden habe.
Andererseits hatte ich auch nach mehr als 1000 Tiefenmessern non-stop mit nur wenig Gelegenheit, die Bremsen je länger loszulassen nie Hitzeprobleme, einen wandernden Druckpunkt oder Fading. Die G2 hat auch dort unter für ihren beabsichtigten Einsatzbereich grenzwertigen Bedingungen souverän und zuverlässig funktioniert.
Eine für mich wirklich überraschende Sache, die ich ja schon im Zwischenstand angesprochen hatte, sind die ZIPP 3Zero Moto Laufräder mit ihren eigenwilligen einwandigen Carbonfelgen. Die Teile funktionieren wirklich und bieten einen spürbaren Bonus im technischen Gelände. Um diesem Thema näher auf den Grund zu gehen, habe ich die ZIPP Laufräder einem Direktvergleich mit den DT-SWISS XM 1900 SPLINE unterzogen. Mit genau den gleichen Reifen und dem identischen Reifendruck zwischen beiden Laufrädern bin ich beide am POLE gefahren und kann offen bestätigen, dass die ZIPP ein ganz eigenes und für mich spürbar besseres Fahrverhalten besitzen.
Die aus meiner Sicht einfachste und treffendste Beschreibung wäre, dass sich die ZIPP so fahren, als hätte man etwas weniger Luftdruck im Reifen, aber ohne die dementsprechenden Nachteile. Man spürt mehr Komfort, mehr Traktion und kann in schwerem Gelände leichter die gewünschte Linie halten … hat aber trotzdem nie ein undefiniertes Fahrgefühl oder hat mit Durchschlägen oder Reifenpannen zu kämpfen. Wie genau man dieses Potential nutzt – mehr Speed, weniger Luftdruck oder leichtere Reifen – kann jeder selber entscheiden.
Für mich eine echte Win-Win-Situation … zumindest in einem gravity-orientierten Einsatzbereich. Ich hätte keine Probleme, die Laufräder auch anders zu nutzen, aber mit ihrem doch eher hohen Gewicht (1920 g der getestete LRS) und den oben beschriebenen funktionellen Besonderheiten, die man im aggressiven Einsatz deutlicher spürt, liegt ihre Paradedisziplin ganz sicher im Bereich Enduro-Race. Auch mit den anderen Reifen (vorne ein VITTORIA Mota 29×2,35 TNT und hinten ein GOODYEAR Newton 29×2,6 Ultimate) waren Montage und Aufpumpen ein Kinderspiel und es gab nie Probleme mit Burbing oder ähnlichem. Einfach Top.
In dem Zuge möchte ich auch nochmal kurz die montierten TyeWiz Luftdruckmesser ansprechen. Die Teile sind teuer (200.- Euro das Paar, wenn separat gekauft), aber super! Ich selber habe eigentlich fast immer einen digitalen Luftdruckmesser im Rucksack, der das gleiche kann, aber mit den TyrWiz, kann man auch ohne irgendwelche Hilfsmittel genau den gewünschten Luftdruck einstellen, mit aber auch ohne der APP am Smartphone: Ist der Druck zu niedrig blinkt die Diode am Ventil langsam rot, ist er zu hoch, blinkt sie schnell rot und ist er richtig blinkt sie grün. Den Toleranzbereich kann man selber mit Hilfe der App festlegen.
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Testzusammenfassung:
SRAM hat uns dieses Jahr, anders als sonst ein komplett mit den Neuheiten ausgestattetes EVIL Offering Bike zur Verfügung gestellt – elektronische AXS Schaltung und Dropper, die neuesten ROCK SHOX Federelemente, SRAM Bremsen und auch die innovativen ZIPP Carbonlaufräder. Ein Monat um all das zu testen und zu bewerten.
Ich habe mir größte Mühe gegeben, die Komponenten kennenzulernen und sie fair zu beurteilen. Dazu wurde das Bike intensiv auf meinen gewohnten Hometrail gefahren, in den Bikepark entführt und nach ein wenig Schrauben, die meisten Komponenten noch mal über die felsigen Lago-Trails gejagt. Die komplett neuartigen Technologien der AXS-Komponenten und die vollmundig angekündigten Qualitäten der ZIPP-Laufräder waren dabei ganz besonders im Fokus … und haben sich in der Praxis bestens geschlagen.
Während die Ergonomie und Haptik der Schaltwippe ein wenig Eingewöhnung bedurfte, hat sich die übrige Funktion als sehr zuverlässig und komplett sorglos erwiesen. Die AXS Reverb Dropper arbeitet ohne irgendeine spürbare Verzögerung und ist aufgrund der extrem leichtgängigen Bedienung sogar fast noch schneller wie ihr mechanisch-hydraulisches Gegenstück.
Die AXS Schaltung ist sehr leicht eingestellt, funktioniert ausgezeichnet und bietet durch ihre zugfreie Montage sowie die Overload-Kupplung handfeste Vorteile in Handling und Nutzung. Das Energiemanangement ist erstklassig und mit den austauschbaren Mini-Akkus sehr praxisgerecht gelöst. Als einzigen persönlichen Kritikpunkt nach dem Test bleiben für mich die Haptik und Ergonomie des Shifters, der für mich noch ein wenig Optimierungspotential besitzt. Das und der aktuell doch noch sehr exklusive Preis der AXS-Komponenten sind aus meiner Sicht die einzigen Gründ noch nicht sofort auf diesen Zug aufzuspringen. Und dabei handelt es sich hier ja erst um die erste AXS-Generation!
Eine echte Überraschung waren für mich auch die ZIPP 3Zero Moto Laufräder, die gerade im aggressiven Einsatz echte und spürbare Vorteile bringen. Viel zu oft in meiner Karriere als Tester haben sich vermeintliche Vorteile bei Laufrädern als kaum praxisrelevant erwiesen, aber hier waren sie wirklich spürbar. Gewichtstechnisch sind die exklusiven Laufräder (VK > 2000.- Euro) mit den einwandigen Carbonfelgen zwar eher Mittelmaß, aber was ihre Fahreigenschaften angeht, sind sie wirklich etwas Besonderes.
Während der Einsatz von Carbon bei der Felge bisher nur genutzt wurde um entweder Gewicht zu sparen oder robuster zu werden, habe ich hier zum ersten Mal den Eindruck, dass man über den Werkstoff auch andere funktionelle Vorteile gegenüber anderen Konstruktionen realisiert hat. Die ZIPP 3Zero Moto Laufräder sind ein wahrgewordener Traum für jeden aggressiven Trail-Piloten und Enduro-Racer. Neben den AXS-Komponenten waren sie das zweite große Highlight dieses Tests.
Danke an SRAM für das zur Verfügung stellen des Bikes
RIDE ON,
c_g
(Anmerkung: Natürlich kann ich nach diesem Test keine Aussagen zur langfristigen Haltbarkeit der einzelnen Komponenten treffen, aber auch die Tatsache, dass es während des Tests keinerlei funktionelle Auffälligkeiten gegeben hat, spricht für sich.)