SCHWALBE Eddy Current Reifen (Addix Soft, Super Gravity) – Testfazit: von c_g
(bisher hierzu erschienene Artikel: Vorstellung des SCHWALBE Eddy Current (Eurobike’17), Testintro, Zwischenstand)
Nachdem ich euch Anfang der Woche bereits mein Fazit zum ROCKY MOUNTAIN Instinct Alloy 70 Powerplay vorgestellt habe, war es nur noch eine Frage der Zeit bis auch das damit verbundene Testfazit der E-MTB-spezifischen SCHWALBE Reifen mit dem Namen Eddy Current Reifen kommen würde. Hier ist es.
Wie im Fazit des Biketests bereits angesprochen, hatte ich das Privileg, die front- und rear-spezifischen Reifen nicht nur auf meinen heimischen Wald-und Wurzeltrails zu fahren, sondern zuletzt auch für ein paar tage auf den felsigen Gardasee-Trails, auf denen den Reifen neben einer hohen Traktion auch eine Menge in Sachen Pannenschutz abverlangt wurde.
Doch zuerst noch einmal zurück zu meinen heimischen Gefilden, wo mich die Paarung aus Eddy Current Front (29×2,4) und dem Eddy Current Rear (29×2,6) bisher ja uneingeschränkt beeindruckt hat. In Sachen Traktion, Kurvenhalt & -führung, Lenkverhalten, Vortrieb, Dämpfung, Stabilität bei niedrigen Drücken, Gutmütigkeit im Grenzbereich und Selbstreinigung gab es bisher absolut nichts an den für 2019 neuen Reifen auszusetzen … wäre da nicht das hohe Gewicht. und die damals noch offene Frage nach dem Rollwiderstand.
Ersteres, das hohe Gewicht lässt sich nicht leugnen – mit knapp 1300 g (Eddy Current Front in 2,4″) und 1400 g (Eddy Current Bear in 2,6″) bedingt durch die robuste Super-Gravity Karkasse und die üppig ausfallenden Stollen spielen die Reifen selbst im Enduro-/Gravity-Segment noch im oberen Bereich. Am E-Bike wird das Gewicht der Reifen aber definitiv nur sehr vereinzelt ein limitierender Faktor sein … schließlich hat man ja ohnehin ein hohes Bikegewicht jenseits der 20 kg und einen unterstützenden Antrieb.
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Rollwiderstand
Beim zweiten Thema, dem Rollwiderstand, aber haben mich die beiden Eddy Currents eher positiv überrascht. Nein, in derartiger Reifen mit so massiven Stollen wird nie den Rollwiderstand eines Trailreifens erreichen, aber im Vergleich zu vergleichbaren Reifen, wie etwa der CONTI Baron Projekt, oder der SCHWALBE Magic Mary stehen die Eddy Currents keineswegs schlecht da. Während es mir am Anfang des Tests, auf wassergesättigten, schweren Böden nur schwer gefallen ist hierzu eine echte Aussage zu treffen, hatte ich mit zunehmend besser werdenden Trails immer mehr das Gefühl, dass die Eddy Currents gar nicht über sind und diesbezüglich in etwa auf dem Niveau ihres Gegenstücks, der Magic Mary, liegen.
Um diesen Eindruck noch ein wenig präziser zu bestimmen, habe ich einen Vormittag investiert und bei guten Bedingungen und Windstille einen vergleichenden Ausrollversuch mit einem Satz Magic Mary Reifen (auch Super Gravity und Addix Soft) unternommen. Nach gut 10 Läufen mit jedem Satz Reifen auf einem leicht schottrigen Forstweg deuteten, die Ergebnisse darauf hin, dass die Unterschiede tatsächlich recht gering ausfallen. Es gibt eine Tendenz die aufzeigt, dass der Eddy Current einen geringfügig höheren Rollwiderstand besitzt, aber die liegt in einem Bereich, in dem man auch noch die Wertesetreuung verantwortlich machen könnte.
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Härtetest – Lagotrails
Wie im Zwischenstand kurz angesprochen, zeigt der Eddy Current Rear dagegen kaum eine Verbiegung der Stollen, was meinem Empfinden nach und mit Antriebseinflüssen den Eddy Current und die Magic Mary am Hinterrad nahezu aufs gleiche Niveau setzt. Der vergleichender Blick auf die Profile der beiden Eddy Curren Geschwister, mit der Magic Mary (in der Mitte) im Bild oben zeigt ja auch durchaus Ähnlichkeiten auf.
Auf meinem Kurztrip zum Lago, galt es für die Eddy Currents dagegen mit ganz anderen Bedingungen fertig zu werden. Schotter in jeder Variation, von fein und rollig über festem Boden bis hin zu tief und grob, aber auch der scharfkantige Kalkstein, stellen sehr hohe Anforderungen an einen Reifen – noch dazu, wenn das Bike so schwer ist wie ein E-MTB (mit den Eddy Currents lag es bei etwa 25 kg) und bergauf zusätzliche 250 Watt zur Verfügung stellt. Ich war wirklich gespannt und kann offen gestehen, dass mich der Eddy Current auch hier absolut begeistert hat. Unabhängig vom Bike selber, das durch seine Masse oft auch anders reagiert, war ich noch nie so sicher auf den größtenteils mir gut bekannten Trails westlich des Lago unterwegs gewesen.
Ich kann mich an keinen anderen Reifen erinnern, der mir hier eine derartige Sicherheit vermittelt hat und so viel Gutmütigkeit an den Tag gelegt. Ich bereue es, dass ich keine Gelegenheit hatte dir mir bekannten Shuttle-Touren wie Skull oder Coast-to Coast damit unter die Stollen zu nehmen, (vielleicht hole ich das zu einem späteren Zeitpunkt noch nach J), aber auf den Touren auf der Westseite des Sees waren die Eddy Current einfach eine Top-Kombi. Die Traktion und Führung war erstklassig und wo Kanten oder Felsstufen den Reifen in Sachen Durchschlagschutz oder Schnittfertigkeiten testen wollten, haben die Eddy Geschwister lediglich müde gelächelt und sind mit ihrer Super-Gravity Karkasse einfach weitergefahren.
Mit den Eddy Currents nimmt man schnell eine gewisse „Ist-mir-doch egal-Haltung“ ein und beginnt immer wildere Lines auszuprobieren – weil es einfach geht. Aufgrund der nicht immer optimalen Linienwahl und so mancher Uphill-Fahrten, wo jeder vernünftige Biker eher schieben/tragen würde (hey, es ist nun mal ein E-Bike) könnte ich nicht behaupten, nie Durchschläge gehabt zu haben, aber sie sind allesamt immer ohne Felgen und Defekte geblieben.
In den allermeisten Situationen konnte ich auch hier mit Drücken zwischen 1,2 und 1,4 bar fahren. Bei einem unsauber gelandeten Sprung auf eine abschüssige Wurzel hatte ich für eine Schrecksekunde zwar, die Angst, dass es mir den Reifen von der Felge ziehen würde, aber bis auf ein klein wenig Burbing, blieb auch das komplett folgenlos. Letztlich haben die Eddy Current Front und Rear sich auch hier keinerlei Schwächen gezeigt und mich damit sogar noch mehr von ihren Qualitäten überzeugt.
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Sonderprüfung – am „normalen“ Bike
Wieder zuhause habe ich die Laufräder des Instinct Powerplay noch kurzerhand auf das POLE Evolink umgesteckt um die Eddy Currents zumindest kurz auch mal auf einem normalen Bike zu fahren.
Bergauf und komplett aus eigener Kraft vorangetrieben, war für mich damit zwar schon ein Punkt erreicht, an dem ich mir ein paar hundert Gramm weniger rotierender Masse gewünscht hätte, aber in allen anderen Bereichen waren die beiden Ausfahrten in dieser Konfiguration lediglich ein weiterer Beweis für die herausragenden Trail-Qualitäten des E-MTB-Reifens von SCHWLABE.
Und die fallen einfach so positiv aus, dass ich nicht zögern würde den Eddy Current auch für Shuttletouren oder Tage im Bikepark zu nutzen. Vorn würde ich den Eddy Current dann bei allen Bedingungen empfehlen, hinten würde ich die Wahl zwischen Magic Mary Super Gravity und Eddy Current Super Gravity von den Bedingungen abhängig machen – für felsig oder schottrig á la Lago, Finale Ligure oder Latsch würde ich den Eddy Current wählen, für erdige und möglicherweise tiefe Böden würde es eher die Magic Mary SG werden.
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Testfazit:
Die Motocrosser und Trialfahrer wissen, was sie tun! SCHWALBE hat sich bei der Eddy Current Paarung genau von diesen Sportarten inspirieren lassen und durch die sehr gelungene Kombination aus stabiler Super Gravity Karkasse, dem Addix Soft Compound und einem genauso stabilen wie auch vielseitigen Block-Profil(front- und rear-spezifisch), den in meinen Augen perfekten E-MTB-Reifen gebaut unglaublich potent und zugleich sagenhaft gutmütig. Gerade weil hier Traktion und Pannenschutz im Vordergrund stehen und das gewicht nur zweitrangig ist, funktioniert die Eddy Current Paarung hier einfach genial gut und bietet zudem sogar einen beachtlich guten Rollwiderstand. Als E-MTB-Reifen gibt es nichts, was ich daran ändern würde.
Am normalen Bike dagegen ist es in erster Linie das hohe Gewicht, das seinen Einsatzbereich in Richtung Shuttle-/Lifttouren und Park setzt. Aber gerade auch Fahrer, die sehr viel in dieser Art unterwegs sind, sollten sich die Eddy Currents genauer anschauen. Durch ihre massiven Stollen und den höheren Materialeinsatz im Vergleich zur Magic Mary Super Gravity darf man sich hier nämlich durchaus eine noch mal gesteigerte Laufleistung (= mehr Tiefenmeter pro Satz Reifen) und einen etwas höheren Pannenschutz erwarten. Während man bereits die Magic Mary als sehr potenten und gutmütigen Reifen bezeichnen kann, legen die Eddy Currents dem noch mal eine Schippre drauf.
RIDE ON,
c_g