ROCKY MOUNTAIN Instinct Alloy 70 Powerplay – Fazit: von c_g
(bisher hierzu erschienene Artikel: Offizielle Vorstellung des ROCKY MOUNTAIN Instinct Alloy Powerplay, Testintro des Instinct Alloy 70 Powerplay, Zwischenstand)

In dem Zwischenstand zu dem schicken E-MTB aus Kanada vor gut 3 Wochen ging es in erster Line um den Antrieb und das Fahrgefühl des RMB Instinct Alloy 70 Powerplay. Damals ist mir vor allem das natürliche Fahrgefühl des Bikes aufgefallen für das zwei Faktoren entscheidend sind die Geometrie, die bis auf geringfügig längere Kettenstreben genau der des unmotorisierten Instinct entspricht und der eigene Powerplay Antrieb, der ein für mich außergewöhnlich natürliches Antriebsverhalten an den Tag legt – ganz ohne jedes Nachschieben, sehr sensibel und nie zu dominant.

Nach den anfänglich winterlichen Testbedingungen hat der Frühling endlich auf auf meinen Hometrails Einzug gehalten .. und liefert ideale Testbedingungen.

Die einzige Veränderung, die ich am Serien-Bike bis dahin vorgenommen habe, war die Umrüstung auf robustere und aggressiver profilierte Reifen – in unserem fall die E-MTB spezifischen SCHWALBE Eddy Current Addix Soft Super Gravity Reifen, die ich in einem separaten Test aber noch näher besprechen werde.

 

Seit dem Zwischenstand bei ausklingendem Winterwetter und noch wenig einladenden Trails hat der Frühling Einzug gehalten und mir so manche tolle Tour beschert. Außerdem haben ich die Faschingsferien genutzt um das Instinct Powerplay auch mal auf die härteren Felsentrails am Gardasee zu entführen, wo sich sowohl das Handling, wie auch die Antriebsqualitäten unter noch mal verschärften Bedingungen haben testen lassen. Zuerst miesestes Winterwetter und dann noch die material-mordenden Lago-Trails – wenn dabei keine Schwächen auftauchen, stehen die Chance gut, dass es auch keine großen gibt.

Zum Abschluss ds tests durfte sich das ROCKY Instinct Powerplay auch noch auf den schlottrig-felsigen Gardasseetrails bewähren.

Und tatsächlich – auf der allerersten Tour am Lago hat der Powerplay Antrieb auch prompt kurz vor dem Scheitelpunkt der Tour seinen Dienst verweigert – ohne vorherige Auffälligkeiten oder irgendwelche Indizien, wie etwa Fehlermeldung in der eBIKEMOTION-App. Ein Anruf bei ROCKY ergab, dass der Antrieb gerade, wenn man die Laufräder öfter ein- und ausbaut wohl hin und wieder neu kalibriert werden sollte – kleine Urasche mit großer Wirkung, aber wenn man’s weiß, keine Thema. Der Vorgang der Neukalibrierung dauert insgesamt keine Minute und geht wirklich sehr einfach: Die Schaltung in den kleinsten Berggang stellen, das Bike so abstellen, dass es eben und ohne Druck auf den Pedalen steht und den oberen Knopf am IWOC-Remote etwa 5 sec drücken. Anschließend kalibriert sich das System selbst und man schließt den Vorgang durch einmaliges Drücken der mittleren Taste ab. Danach hat das Bike wieder genau so funktioniert, wie vorher und hat auch ohne erneute Kalibrierung keinerlei antriebseitige Auffälligkeiten mehr gehabt. Bis auf dies kleine Schrecksekunde hatte ich also während der gesamten Testdauer keinerlei Probleme mit dem hauseigenen ROCKY MOUNTAIN Antrieb Powerplay 2.0 – etwas das ich über andere E-MTB Antrieb nicht immer sagen kann.

Und wenn ich schon dabei bin, über den Antrieb zu sprechen: Überhitzungsprobleme scheint der Motor auch nicht zu kennen. Selbst mit maximaler Power (100% Unterstützung und vollem Druck auf die Pedale) in einem Non-Stop-Anstieg von über 600 Höhenmetern, hat der Antrieb keinerlei Anzeichen von Überhitzung gezeigt. Zur Erinnerung, der SHIMANO E-8000 Steps Antrieb am PIVOT Shuttle hat bei dem gleichen Anstieg die Unterstützung bereits nach unter 400 Hm runtergeregelt.

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RIDE-9 Einstellung & Einstellbare Unterstützungsstufen

Wie ihr euch als aufmerksame Leser bestimmt erinnert, gab es im Zwischenstand noch zwei Aspekte des Instinct Powerplay, die ich noch nicht näher untersicht hatte: RIDE -9 und die Anpassung der drei Unterstützungsstufen.

Die RIDE-9 Einstellung an der hinteren Dämpferaufnahme bietet die zusätzlich Option des Feintunings – in der hier gezeigten flachsten Position leidet das Bike bereits unter einem etwas zu niedrigen Tretlager.

Das Thema RIDE-9 ist relativ schnell abgehandelt. Um die Extreme der Geometrie auszuprobieren, habe ich neben der vorher gefahrenen mittleren Position auch noch die steilste und die flachste Position gefahren. Beide hatten einen spürbaren, aber nie zu großen Einfluss auf das Handling, wobei die am deutlichsten spürbare Auswirkung, klar das niedrige Tretlager in der flachen Position war. Gerade mit der verbauten 175 mm Kurbel (viele E-Bikes nutzen kürzere Kurbeln) war dies schon zu viel des guten und es kam in der niedrigen Position zu recht häufigen, ungewollten Bodenkontakten.

Mit einem E-MTB sind die Grenzen auch bergauf deutlich höher gesetzt – solange die Traktion es hergibt, macht auch das Instinct hier ein sehr gute Figur. In solchen Situationen hätte ich mir mitunter eine etwas kürzere Kurbel gewünscht.

In Summe, hat mir die mittlere Position der RIDE-9 Einstellung an dem Testbike also am besten gefallen. Was ich mir allerdings sehr gut vorstellen könnte, wäre das Instinct Powerplay eine Art „BC-Upgrade“ zukommen zu lassen – es also mit einer längeren Gabel auszustatten und dadurch sowohl den Lenkwinkel noch flacher zu bekommen und das Tretlager etwas anzuheben … aber das ist reine Spekulation.
Als echtes Highlight des Instinct Powerplay haben sich die anpassbaren Unterstützungsstufen herausgestellt. Schade, dass ich erst so spät angefangen habe, es auszuprobieren. Über die EBIKEMOTION-App kann man für jede einzelne Unterstützungsstufe auf das Prozent genau festlegen, wie stark sie die eigene Antriebenergie unterstützen soll, von 0 bis 100%. Wer meine bisherigen Berichte zum Thema E-MTBs kennt, weiß wie mir die stärkste Stufe fast immer zu übermächtig und dominant vorkommt und die schwächste Stufe oft schon zu wenig für manche Trails ist.

Hier beim Instinct Powerplay kann ich erstmals an einem E-MTB jede Stufe genau so definieren, wie ich sie haben will. Die Ursprungsseinstellung (wie auch im Introgezeigt) ist ja 40% in der ersten Stufe (ECO), 70% in der 2. Stufe (TRAIL) und 100% in der 3. Stufe (LUDICROUS). In der zweiten Testphase habe ich die Antriebsunterstützungen Stück für Stück auf mein Gelände und meinen Fahrstil angepasst und bin mittlerweile ganz woanders gelandet, nämlich bei 30 % (1.Stufe), 50 % 2.Stufe und gerade mal 70% in der höchsten Stufe. Ab einer Unterstützung von unter 20% hatte ich das Gefühl, dass der Antrieb einfach nur die höhere Masse des E-MTBs kompensiert und ich genauso gut gleich ein unmotorisiertes Bike fahren könnte und jenseits von 65% war der  drehmomentstarke Antrieb für mich auf dem Trail stark genug um mich wirklich überall hinauf zu bringen – nicht zu vergessen, dass man mit 30% weniger Output auch die Reichweite erhöht.

Aufgrund seiner Feinfühligkeit wird der Powerplay Antrieb auch mit 100% nie zu dominant, aber für mich hat sich damit der Ride auch nicht mehr wirklich verbessert.  Mit derart eingestellten Antriebsmodi fand ich das Instinct Powerplay für mich und  meine Trails optimal, denn sie geben mir genau diese Mischung von Erleichterung und doch natürlichem Fahrgefühl, wie ich sie für meine Trails liebe und bisher bei den meisten E-MTBs vermisst habe. Ich will damit nicht sagen, dass die originalen Unterstützungsstufen schlecht wären – sie sind wie vorher gesagt aufgrund des feinfühligen Antriebs alle sehr gut nutzbar – aber für mich persönlich bietet mir diese Möglichkeit das Fahrverhalten durch den Antrieb noch weiter zu optimieren ein Fahrvergnügen, das ich bei einem E-Bike bisher noch nicht gekannt habe … und wirklich sehr gut finde.

Es ist schwer klare Aussagen zur Reichweite zu geben – mit dem fest verbauten 632-WH Akku hat man auch ohne Austauschakku recht große Reserven.

Ohne eine standardisierte Testrunde und Vergleichswerte macht es nur bedingt Sinn bei einem E-MTB über die Reichweite eines Antriebs zu sprechen – dafür sind die Variablen von Fahrstil, Fahrer und Gelände einfach zu groß – aber kann offen sagen, dass ich mit dem 632 Wh-Akku des Testbikes auch auf Touren nie Energieprobleme hatte. Mit dem 500-WH-Akku des Alloy 50 wäre das aus meiner Sicht etwas kritischer zu sehen. Ich denke, dass ich nicht der einzige bin, der sich wünschen würde, dass der fest ins Unterrohr integrierte Akku auch unterwegs auswechselbar wäre, aber solange ROCKY daran festhält, ist es eine Grundsatzfrage, die jeder Fahrer sich selbst beantworten muss. Im Gegenzug hat das System eine derart kurze Ladezeit (2h für 80% und 4 h für 100% Aufladen), dass man durchaus damit leben kann. Im Übrigen war ich durchaus überrascht wie lange der Akku auch fast leer noch Energie liefert um damit nachhause zu kommen.

Was die Ausstattung angeht, erlaubt sich das Instinct Powerplay ebenfalls kaum Schwächen. Lediglich die Reifen fallen etwas zu zahm aus um das Bike wirklich voll auszufahren. Alles andere, von der Schaltung (E-Bike taugliche SRAM NX /GX Eagle mit 1-Step Shiftern), über die robusten Laufräder bis hin zu den die Bremsen (SRAM Guide RE mit 200 mm Scheiben hinten und vorne) und Federelementen sind adäquat dimensioniert und passen sehr gut. Die einzige Auffälligkeit in der Praxis war, dass sich auf harten Trail mitunter die geschraubte Hinterachse etwas gelockert hat – selbst nachdem ich sie fest angezogen hatte, kam es mehrfach vor, dass sie sich nach der Tour bereits spürbar gelockert hatte.

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Testzusammenfassung

Wir sind keine E-MTB Seite und wollen es auch nicht werden, aber es ist immer wieder ist es spannend, seinen Horizont zu erweitern. Aus den angekündigten 2 Wochen Testdauer mit dem Instinct Alloy 70 Powerplay sind letztlich gut 4 Wochen geworden. Ein Zeitraum, indem das Bike eine Menge widriger Bedingungen und herausfordernde Ausfahrten meistern musste und bestens gemeistert hat.

Gerade aus der Perspektive eines normalen Mountainbikers kommend, hat mir das Instinct Powerplay sehr viel Spaß gemacht.

Mir persönlich hat die Kombination aus normaler MTB-Geometrie und E-MTB wieder einmal sehr gut gefallen. Die Kombination aus agilem Handling und hoher Laufruhe aufgrund der höheren Masse geht für meinen Geschmack sehr gut auf und erzeugt ein bei so potenten E-MTBs durchaus seltenes außergewöhnlich natürliches Fahrgefühl – bergauf wie bergab ein erstklassiges Trail-E-MTB mit einigen Details, die man anderswo nicht findet. Der exklusive Powerplay 2.0 Antrieb, der eine so normale Geometrie erst ermöglicht, hat mich jedenfalls restlos überzeugt und auch der iWOC-Trio Remote, ganz ohne Display, hat mir geholfen meine Fahrten mit dem Bike noch mehr zu genießen.


Für mich ist das Instinct Powerplay ein sehr leistungsfähigesVollblut-E-MTB, das dem Fahrer trotzdem noch ein sehr „natürliches“ Fahrgefühl vermittelt ist und sich dem Fahrer optisch wie auch technisch erst auf den zweiten Kontakt als E-MTB offenbart. Für mich ein echter Volltreffer und das erste E-MTB bei dem ich ernsthaft versucht war es mir zu kaufen.

RIDE ON,
c_g