NORDEST Sardinha (Hardtail-Rahmenkit) – Zwischenstand: von Oli

Das NORDEST Sardinha ist eine spannende Kombination aus Bikepacking- und Trail-Hardtail und hat bisher schon so manches bei mir im Test erlebt.

Ihr habt sicher gemerkt, dass ich im letzten Artikel nach den ersten Runden auf den Hometrails vom NORDEST Sardinha sehr angetan war. Aber natürlich sollte das Stahlhardtail mit seiner spannenden Mischung aus Bikepacking-Bike und Trailhardtail in diesem Test mehr als nur die Isartrails sehen. Es sollte definitiv auch mal richtig ins Gebirge kommen. Vor kurzem waren wir zum Biken für ein paar Tage in Livigno und im Vinschgau – eigentlich, um dort die schweren Trails zu erleben und dem Bikepark Mottolino einen Besuch abzustatten. Wir haben unsere Trailbikes mitgenommen, doch nachdem noch Platz im Auto war, musste das Sardinha unbedingt noch mit. Gerade weil es sich auf den Hometrails bereits von seiner besten Seite gezeigt hat, sollte es nun im hochalpinen Gelände die richtige Trail-Weihe bekommen!

Das Sardinha durfte mich auch auf einen Kurzurlaub nach Livigno begleiten, wo es sich in den allermeisten Bereichen ausgesprochen gut geschlagen hat.

Wie es manchmal so läuft, hatte der Bikepark am Mottolino in Livigno an diesem traumhaft schönen Herbsttag geschlossen und so sind wir stellenweise über die Bikeparkstrecken hoch auf den Passo Eira gefahren und von dort über einen wunderschönen Trail wieder runter nach Livigno. Dabei hat das Sardinha mir noch einmal seine Stärken und Schwächen offenbart, nur etwas ausgeprägter, weil es deutlich länger bergauf und später auch bergab ging. Fangen wir mit den Schwächen an, denn davon gibt es nicht allzu viele: Durch den mit 430 mm kurzen Hinterbau, den moderat steilen Sitzwinkel (73,4°) bei gleichzeitig langem Sattelstützenauszug, der hoch aufbauende Federgabel sowie dem mit 150mm langen Steuerrohr war es – wie schon im Intro genannt – bergauf immer wieder nötig Gewicht nach vorne zu verlagern, um die Front unten zu halten. Hatte ich anfangs noch überlegt, einen kürzeren Vorbau mit 50 oder 40 mm statt der 70 mm zu montieren, so habe ich den Plan nach den Bergauferlebnissen in Livigno komplett aufgegeben, denn es hätte das Gewicht noch mehr nach hinten verlagert. Um die oft steilen Anstiege hoch zu kommen musste ich für meinen Geschmack sehr früh mein Gewicht nach vorne verlagern oder gleich im Wiegetritt fahren. Andererseits war es aber auch so, dass ich mich an keine Stelle erinnern kann, die ich Wiegetritt nicht hoch gekommen wäre.

Das bisher einzige Manko des Rahmens ist, dass er bergauf früh eine aktive Gewichtsverlagerung erfordert … oder man fährt gleich im Wiegetritt.

Was die Traktion angeht, kennt das Sardinha dagegen kaum Limits. Die satte Auflagerfläche der MAXXIS Rekon Reifen mit 2.6“ Breite und auf den breiten Felgen (45 mm Innenweite) überträgt auch unter den widrigsten Umständen zuverlässig die Antriebskräfte, selbst auf losem Schotter. Das bedeutet, dass die Traktion beim Bergauffahren nie das Problem war. Auch das nicht gerade rekordverdächtige Gewicht des Bikes von immerhin ca. 14 kg ist mir bisher nie störend aufgefallen. Klar, merkt man es beim Beschleunigen und vor allem beim Tragen, aber solange ich nicht versuche meine Höhenmeter auf Zeit zu fahren, empfinde ich diesen Faktor bisher als eher von geringer Bedeutung. Viel wichtiger als das Gewicht ist meiner Meinung nach die Ergonomie und Sitzposition auf dem Bike, mit der sich – wenn für den Fahrer optimal – viel mehr Energie sparen lässt, als es das Gewicht kostet. XC-Racer und Marathonfahrer sind da natürlich ganz anderer Meinung …

Bergab vermittelt das NORDEST Sardinha auch im alpinen Gelände viel Sicherheit und macht auch da richtig Spaß.

Bergab hat sich bestätigt, was ich schon vermutet hatte: Mit schier traumwandlerischer Sicherheit bin ich die Trails von Livigno wieder gen Tal gesurft. Die Kombination aus langer Geo mit flachem Lenkwinkel an einem Stahlrahmen mit kurzem Hinterbau, gemäßigt breiten Reifen und Frontfederung ist eine in meinen Augen ideale Kombi, um auch im Gelände richtig Spaß zu haben.

Alpines Bikepacking at its best – so macht Biken im Spätherbst richtig Spaß!

Was das Thema Bikepacking angeht, so ist es tatsächlich so, dass sich das große Rahmendreieck sehr wohl positiv bemerkbar macht. Verglichen mit meinem bisherigen Bikepacking-Bike, einem SALSA Mukluk (auch in L) ist im Rahmen deutlich mehr Platz für eine Rahmentasche. Im Sardinha ist (in L) neben der Rahmentasche sogar noch Platz für eine Flasche am Sitzrohr. Aber auch was die Geometrie angeht, ist das NORDEST Sardinha in meinen Augen prädestiniert für Bikepacking. Die enorme Länge bietet nämlich eine unglaubliche Laufruhe, die ich gerade im beladenen Zustand als beruhigend empfunden habe.  Gerade wenn das Rad mit voller Satteltasche zum ¨schwänzeln¨ neigt und der Trail doch etwas technischer wird, kann man so viel länger gelassen blieben und die Fahrt genießen anstatt sich lediglich über den Trail zu „retten“.

Voll beladen kommen viele Bikes auf dem Trail schnell an ihre Grenzen. Nicht so das NORDEST Sardinha. Man beachte auch die zusätzliche Flasche am Sitzrohr, die hier durch den großen Hauptrahmen noch Platz findet.

Auch eine volle Lenkertasche mit ihrem hohen Schwerpunkt sorgt gerne für ein nervöses Handling: Nicht umsonst fixieren immer mehr Fahrer ihr Gepäck direkt an der Gabel und damit tiefer. Der flache Lenkwinkel des Sardinha steuert dem gezielt entgegen. Auf meinen Hometrail-Runden an der Isar, aber auch auf den diversen Bikepacking-Touren hat sich das Bike insgesamt, also auch vorne, als so stabil gezeigt, dass ich mir damit ohne weiteres zutrauen würde, vollbeladen an einem mehrtägigen Bikepacking-Rennen teilzunehmen … und das auch, ohne jedes Gramm einsparen zu müssen. Das wäre auch angesichts des aktuell relativ hohen Gesamtgewichts nicht nötig.

Auch wenn ich es bisher nur mit Federgabel gefahren bin, wurde das Sardinha ja eigentlich für die mitgelieferte Starrgabel konzipiert. So umgebaut werde ich es für die abschließende Testphase auch noch fahren.

Was ich an dem Sardinha noch nicht getestet habe, ist die ¨Sardine¨ starr aufzubauen – auch wenn die Starrgabel im Lieferumfang des Framekits bereits enthalten war. Die Idee beim Test von TNI lag bislang für mich mehr auf der Kombi Bikepacking und Trailbike und das ist mit einer Federgabel besser gegeben. Schaut man sich die Bikpacking-Szene aber mal genauer an an, so sind dort die meisten Fahrer starr unterwegs. Das liegt meiner Erfahrung nach aber vorwiegend daran, dass die Mehrheit der Bikepacker aus der Crosser- oder Tourenszene kommt, wo man starr zu fahren einfach gewohnt ist und wo die Gewichtsersparnis durch eine Starrgabel mehr zählt, als der Komfortgewinn durch eine Federgabel. Mich haben die Trail-Qualitäten des Sardinha mittlerweile voll und ganz überzeugt, und für meinen Art zu Biken, wollte ich es bislang einfach noch nicht starr fahren. Auch nicht auf einer Bikepacking-Tour. Aber das muss ja so nicht bleiben. Das Sarinha ist ja für beides konzipiert und tatsächlich als Hardtail mit Starrgabel entwickelt worden, das auch mit Federgabel gefahren werden kann. Also werde ich mich inder letzten Testphase auch dieser Konfiguration zuwenden. Beim zuletzt getesteten KONA Big Honzo der dem ALUTECH Cheaptrick würden wir wohl gar nicht auf die Idee kommen es als Starrbike umzurüsten, hier beim NORDEST Sardinha aber sehr wohl.

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Zwischenfazit:

Das NORDEST Sardinha war für mich eine wirklich interessante Entdeckungen weil es ein sehr breites Einsatzspektrum abdeckt. Aufgebaut als Trailhardtail mit großvolumigen Reifen hat es sich in der ersten Hälfte des Tests als sehr fähiges Trailbike herausgestellt – eine wahre Freude, mit ihm auch schwierigere Trails zu fahren. Die Kombination aus langem Radstand, kurzem Boost-Hinterbau und der breiten Auflagerfläche der gewählten Reifen machen es zu einem gelben Pfeil, der beladen und unbeladen einem enorme Sicherheit generiert … und das bei jeder Geschwindigkeit. Gleichzeitig bietet der im Verhältnis große Rahmen und die vielen kleinen Rahmendetails alle Möglichkeiten fürs Bikepacking. Bei keinem meiner anderen Räder ist so viel Platz im Rahmendreieck, auch weil das Unterrohr gerade und nicht geschwungen ist. Der bisher einzige echte Wehrmutstropfen ist die bei meiner Sitzposition leichte Aufbäumtendenz bei steileren Bergaufpassagen, die eine aktive Gewichtsverlagerung oder eben das Fahren im Wiegetritt erforderlich macht.
Um den Test wirklich komplett und rund zu machen, werde ich das Sardine nun abschließend auch noch in der Starrversion über meine Hometrails jagen. Mal sehen, wie es sich dann schlägt.

OLI