ROCKY MOUNTAIN Gowler 750 – Zwischenstand: von c_g
(bisher dazu erschienen: Testintro Growler 750)

„Holla die Waldfee – das Growler geht auf dem Trail ja richtig ab!“ sowas in der Art dachte ich mir, als ich die ersten Trails damit gefahren bin. Zugeben, das ROCKY MOUNTAIN Growler 750 Plus-Hardtail aus Kanada ist kein Leichtgewicht (13 kg wie ausgeliefert in Gr. Medium), ist für seinen Preis nicht allzu üppig ausgestattet (SRAM NX Schaltung und DB1 Bremsen), aber sobald man damit auf dem Trail unterwegs ist, sind (fast) alle Kritikpunkte schnell vergessen …. denn dieses Trailhardtail mit Plusreifen macht einfach richtig Spaß!

Das ROCKY MOUNTAIN Growler 750 ist ein fähiges Trail-Hardtail im Plusformat.

Am Growler offenbart sich wieder einmal, dass die wahre Natur eines Bikes sich in der Geometrie und dementsprechend dem Handling verbirgt … und in diesen Aspekten finde ich das Growler wirklich gelungen! Auch hier kommt eine Kombination aus tendenziell langem Oberrohr (610 mm in Medium), kurzem, aber breiten Cockpit (50 mm Vorbau und 760 mm breiter Lenker) und ein flacher Lenkwinkel (67°) zum Einsatz … konsequent eine moderne Trailgeometrie.
Es schafft diesen wunderbaren Spagat zwischen agiler Verspieltheit und vertrauenerweckender Laufruhe mit der es dazu anspornt auch als weniger erfahrener Biker gerne technischere Trails zu fahren und ist dennoch flink genug, dass man es genauso als Tourenbike nehmen würde. Für XC und reines Forststraßengebolze ist es als mit über 13 kg und als Plusbike zwar etwas zu überdimensioniert aber wer weiß, vielleicht mit einem leichten Satz 29er Laufräder …

 

Interessant und erfreulich war für mich, dass das Growler 750 auch bergauf sehr gute Manieren an den Tag legt. Selbst in den steilsten Anstiegen erfordert es nur wenig Gewichtsverlagerung um das Vorderrad auf dem Trail zu halten. Der steile Sitzwinkel von 73° und die recht langen Kettenstreben (mit 440 mm gemessen) halten auch das Vorderrad in fast allen Lagen fest am Boden. Dank der hohen Traktion der Plusreifen klettert es selbst schwierige Wurzeltrails gelassen hoch. Die sehr kletterfreudige Übersetzung mit 28er Kettenblatt und maximal 42 Zähnen hinten erlaubt damit immer in einem komfortablen Anstrengungsbereich zu fahren.

Der Albrahmen des Growler ist sehr steif und direkt zu fahren.

Der 6061 Alu Rahmen ist mehr als ausreichend steif. Das Bike gibt ein direktes Feedback und reagiert unverzüglich und präzise auf jeden Lenkimpuls des Fahrers. Die sensibel arbeitende ROCK SHOX Reba RL Federgabel mit üppigen 120 mm Federweg und die 3.0“ breiten Plusreifen spendieren zusätzlichen Komfort und vermitteln so auch in gröberem Gelände und bei hohe Geschwindigkeiten viel Laufruhe und Sicherheit.

Die Traktion ist trotz der zugegeben minimalistisch profilierten WTB Ranger Reifen recht gut, selbst auf meinen oft weichen Waldtrails. Hier leisten die große Auflagefläche der Reifen und die niedrigen Luftdrücke von 1,0 vorne und 1,1 bar hinten wahre Wunder. Lediglich bei besonders rutschigen Bedingungen habe ich mir hin und wieder ein gröberes Reifenprofil gewünscht – vor allem am Vorderrad. Wie auch im Test der US-Kollegen, empfinde ich den Ranger 3.0″ mit dem Fast Rolling Compound rundem Light Casing als einen sehr leicht und schnell rollenden Plusreifen, der auch auf längeren Strecken sehr gut funktionieren dürfte.

Die WTB Ranger Reifen rollen sehr leicht und bieten viel Komfort. Trotz Minimalprofil stimmt auch die Traktion.

Auch was die bei Plusbikes weiterhin noch vieldiskutierte Felgebreite angeht, finde ich die verbauten 35 mm Innenweite klasse. Weil damit die Reifen nicht zu flach bauen, bleibt der Self-Steering auch bei Drücken unter 1,0 bar Effekt und auf der Strasse kaum spürbar. Wie ausgeliefert bleibt der Reifen auch bei derart niedrigen Drücken noch sehr seitenstabil, wobei man bedenken sollte, dass die verbauten Schläuche natürlich zusätzliche Stabilität verleihen. Tubeless, könnte es schon wieder anders aussehen, was wir im Weiteren Testverlauf aber noch überprüfen werden.

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Weiter geht’s mit der übrigen Ausstattung des ROCKY MOUNTAIN Growler 750: Wie im Intro bereits beschrieben, bleibt selbst das Topmodell der Reihe noch unter 1900.- Euro. Dafür wurden Abstriche in der Ausstattung gemacht.

 

Der schmerzlichste davon ist die simple Tatsache, dass das Bike keine Dropper-Stütze hat. Bei diesen Trailqualitäten wäre die wirklich angebracht. Aber wenigstens kommt das Bike mit einem Schnellspanner-Klemmuni. Die AVID DB1 Bremsen haben mich überrascht indem sie einen ausgesprochen harten Druckpunkt haben und kräftig zubeißen. Allerdings tut man sich mitunter schwer die Kraftfeinfühlig zu dosieren. Als Fahrer, der sehr gut mit einem derartig digitalen Bremsverhalten zurecht kommt (ich bin früher sehr viel mit der HAYES Mag gefahren) stört mich das kaum, aber andere Biker, könnten das durchaus als Kritikpunkt erleben.

Der SRAm Antrieb aus der NX-Gruppe mit GX Schaltwerk funktioniert tadellos und sehr präzise. Dank 28er Kettenblatt kommt man damit jeden Anstieg hoch.

Auch die SRAM NX Schaltung mit GX-Schaltwerk ist bisher ein Gedicht was Schaltperformance angeht. Bergauf ist man mit dem 28er Kettenblatt und der 11-42 Kassette nie Probleme. Auch das bei der NX bei wirklich schnellen Tretpassagen kommt man mit dem kleinsten 11er Ritzel früher am Anschlag, als mit den sonst bei SRAM üblichen 10-42 Kassetten.

Wenn ich schon bei der Schaltung bin, so ist mir außerdem aufgefallen wie wenig Platz da noch zwischen Reifen und Kette bleibt wenn man in den größten Ritzen fährt. Bisher sind mit richtig schlammige Fahrten erspart geblieben, bei denen so was zum Problem werden könnte. Der Grund hierfür liegt in der Verwendung der 135 mm QR-Achse. Die verlangt der korrekten Kettenlinie wegen ein Kettenblatt mit 6 mm Offset – mit einem nur um 3 mm versetzten Kettenblatt, auch „Boost“ genannt,  bliebe zwar mehr Platz zum Reifen, die Kette hätte im kleinsten Berggang dann aber auch einen stärkeren Querlauf und würde evtl. beim Rückwärtstreten abspringen. Hier zeigt sich, dass die 135 mm Schnellspannachse hinten eben doch nicht ohne Kompromisse mit Plus kombiniert werden kann.

Nach den bisherigen Trail-Eindrücken freue ich mich auf die bevorstehende Testphase.

Zwischenstand– Zusammenfassung: Insgesamt bin ich richtig angetan von den Trailqualitäten, der Traktion und dem Komfort des ROCKY MOUNTAIN Growler 750. Gerade für Fahrer, die sich nicht sicher sind ob sie überhaupt ein Fully brauchen, bietet die noch junge Kategorie der Plus-Trailhardtails durchaus eine zusätzliche Option. Gerade weil der Komfort der Plusreifen so gut ist, bin ich überzeugt, dass so mancher damit. Obwohl die Ausstattung recht einfach ausfällt, gibt es funktionell kaum echte Kritikpunkte – lediglich eine Dropper Stütze wünscht man sich, wenn man das Bike in adäquatem Gelände bewegt. Einzig die Detailschwächen bei der Rahmenkonstruktion wie die nicht mehr zeitgemäße Zugführungen und auch die nur sehr knapp am Reifen geführte Kette stören den ansonsten sehr guten Gesamteindruck des Einsteiger-Trailbikes.

RIDE ON,
c_g