LAST Fastforward Enduro-Hardtail – (offizielles) Fazit: von MiMü
(bisher dazu erschienene Artikel: Vorstellung/Intro, 29er Aufbau und Traileindrücke sowie ein Update als Plusbike und Mixed)

„Fazit“ – das heißt zumeist ein Resumé zu einem Testprodukt ziehen und normalerweise auch Abschied davon zu nehmen. Nach immerhin sieben Monaten im Testeinsatz ist es nun erst einmal Zeit formal einen Schlussstrich zu meinem LAST Fastforward Stahl-Enduro Hardtail zu ziehen. Das schöne daran ist aber, dass mir das LAST auch weiterhin als Plattform für zukünftige Komponententests erhalten bleibt, denn diesen Rahmen geb ich so schnell nicht mehr aus der Hand. Hier meine Gründe dafür:

Geometrie & Handling: Von Anfang an war ich von der fast schon stoischen Laufruhe des Fastforward begeistert. Dank des 64° flachem Lenkwinkels vermittelt es bei High-Speed und in technisch-gobem Gelände eine enorme Sicherheit und verleitet dazu, das Gas einfach länger stehen zu lassen als man es einem Hardtail normalerweise zutrauen würde. Der moderne Reach von 425 mm (in Rahmengröße M) kombiniert mit einem kurzen Vorbau (50 mm) sorgt dafür dass die Laufruhe keineswegs träge wirkt, stattdessen erfreut das Handling mit einer sehr angenehmen Direktheit und Präzision.
Es erfordert zwar mehr Nachdruck als etwa eine CC-Feile, unangenehm sperrig wird das Handling jedoch nie.Entgegen meinen Befürchtungen vor dem Test wirkt die Lenkung trotz des selbst für ein Enduro sehr flachen Lenkwinkels auch in langsamen Kurvenkombinationen oder technischem Gelände nie abkippend. In Anbetracht dessen, dass c_g beim NICOLAI ION-G13 den Lenkwinkel dann 64,6° (in der Low-Position) bereits als leicht abkippend empfand, bedarf diese Beobachtung evtl. ein wenig ergänzender Erklärung. Die Ursache liegt ganz einfach daran, dass bei einem Hardtail der effektive Lenkwinkel, wenn der Fahrer auf dem Bike sitzt deutlich flacher wird als bei einem Fully, wo Front und Heck untr Last einfedern. Bei ca. 25% Sag der 140 mm Gabel wären das im Falle des LAST immerhin 3,5 cm in der Ebene oder satte 1,5° was den Lenkwinkel eben wieder genau in den „noch neutralen Bereich über 65° kommen lässt.

Die leicht nach vorne verlagerte Gewichtsverlagerung durch den 73,8° steilen Sitzwinkel (der unter Last ebenfalls noch steiler wird) lässt das Vorderrad im Uphill erst sehr spät steigen. Für Fahrer, welche von alten Geometrien oder vom Rennrad mit flacheren Sitzwinkeln kommen, braucht es etwas Umgewöhnung, da man einfach mehr „von oben“ tritt, aber ich habe das zu keinem Zeitpunkt je als problematisch empfunden.

Ein kleines aber sinnvolles Rahmendetail sind für mich die per Rändelrad in einstellbaren Ausfallenden mit denen sich die Kettenstrebenlänge zwischen 426 und 436 mm verstellen lässt. Sie war auch notwendig, denn während die Plus-Laufräder auch mit kurzen Kettenstreben passen, muss man für den Wechsel auf 29er Reifen vom Schlage des MAXXIS Ardent 2,4“ die Ausfallenen ganz bis zum hinteren Anschlag schrauben. LAST empfiehlt zwar nur bis 2,35“ Reifenbreite bei 29er Laufrädern bzw. 2,8“ bei B+, aber in den vergangenen Tests habe ich auch verschiedene 3,0“ breite 27,5“ Reifen (WTB Bridger und Trailboss 27,5×3,0″ und VEE TIRE Crown Gem 27,5×3,0″) problemlos im Hinterbau des Fastforward untergebracht. Derart breite Plus-Reifen werden auch durch den asymmetrischen Hinterbau des Fastforward ermöglicht, doch dazu weiter unten mehr.
Einen nennenswerten Unterschied im Handling zwischen den beiden Endstellungen konnte ich indes nicht „erfahren“, sowohl in der kürzesten wie auch in der längsten Position lies sich das Bike für meinen Geschmack recht leicht aufs Hinterrad ziehen.

Wer nach Spuren vom harten Testeinsatz sucht, der muss schon sehr genau hinsehen. Abgesehen von einigen wenigen oberflächlichen Kratzern sieht der 4130 Stahl-Rahmen mit seinem wunderschönen transparenten Lack aus wie neu. Lediglich die auf Lack aufgetragenen Aufkleber haben merklich gelitten. Die sind aber jederzeit nachzubestellen und dementsprechend auch sehr leicht auszutauschen.
In allen anderen Bereichen, sei es mit dem BSA Tretlager, dem Lenkkopfbereich, oder der angeschraubten und ebenfalls in ihrer Position verschiebbaren Scheibenbremsaufnahme im Post-Mount-Stil gab es während der gesamten Testphase keinerlei Auffälligkeiten. Hier hat LAST offensichtlich seine Hausaufgaben gemacht und sehr sauber gearbeitet.

Wenn es auch schon ein paar Mal angesprochen wurde, möchte ich doch noch einmal auf den asymmetrischen Hinterbau und die 135 mm Steckachse hinweisen. Funktionell und konstruktiv finde ich diese nach heutigem Empfinden ungewöhnliche Lösung ohne jeden Tadel und hatte nie irgendwelche Probleme mit der Laufradsteifigkeit oder der Reifenfreiheit. Ganz im Gegenteil, denn indem LAST die hintere Nabe um 6mm in Richtung Antriebsseite versetzt erreicht man einen beinahe identen Speichenwinkel und in Folge ein steiferes Hinterrad, ganz ohne Boost. Als schönen Nebeneffekt erreicht man eine Kettenlinie von 52mm, Verschleiß von Kassette und Kettenblatt sollten dadurch minimiert werden. Ganz klassisch bleibt LAST der 135mm Nabe treu – wer also bereits ein Hinterrad hat braucht dieses nur umzuzentrieren. Man muss allerdings bedenken, dass jedes „normal“ eingespeichte Hinterrad zuerst umzentriert werden muss, bzw. ein auf das LAST passende HR eben nicht an anderen Bikes passt. Für jemanden der keine scheu hat ein Laufrad umzuzentrieren ist die Sache schnell erledigt, komplett unerfahrene Biker müssen dafür dennoch den Weg zum Händler und zusätzlichen Aufwand auf sich nehmen.

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Komponenten-Report

Nachdem ich damit bereits am Ende meines Fazits zum LAST Fastforward Rahmen angelangt bin, möchte ich mir noch die Zeit nehmen ein paar Worte zu den in den Monaten gefahrenen Komponenten etwas zu schreiben:

Eines dieser Komponenten ist die X-FUSION McQueen RLC Roughcut Federgabel. Sie zählt sicher zu den Exot unter den heute üblichen Federgabeln. Satte 140 mm Federweg, nur 2073 g schwer, zeitgemäßer 110 mm Boost-Standard und mit 34 mm Tauchrohren ausgestattet, passen schon mal die Kennwerte. Nur der Offset von 46 mm anstatt der üblicheren 51 mm hat mich anfangs verwundert – hat sich am LAST aber nie negativ bemerkbar gemacht. in ihrer Performance braucht sie nicht zu verstecken. Im direkten Vergleich bügelt die X-FUSION den Trail ähnlich sensibel glatt wie die am Fully verbaute ROCK SHOX Pike RCT3. Sie ist ordentlich steif und vielfältig an den Fahrer anpassbar. Die High- und Lowspeed-Druckstufe sind dabei separat in 16 Klicks einstellbar, wobei jeder zweite Klick eine für mich spürbare Veränderung mit sich bringt. Die Zugstufeneinstellung hat man mit ganzen 36 Clicks ausgestattet. Hier konnte ich nur bei den zehn Stufen im Minimal- bzw. Maximalbereich einen echten Unterschied erkennen, im mittleren Bereich der Reboundverstellung konnte ich dagegen wenig Veränderung feststellen.


Ein Nachteil des großen Verstellbereichs: Um die Gabel für lange Wiegetrittpassagen zu beruhigen gibt es keinen Lockout. Statt dessen muss man die Low-Speed-Druckstufe bis zum Anschlag zudrehen. Alternativ greift auf die mittlerweile als Upgrade erhältliche RCP-Kartusche zurück, die über drei vordefinierte High- und Low-Speed-Stufen – ähnlich Open, Trail, Lockout – verfügt. Für diese Tuningmaßnahme sind aber satte 380.- (zzgl. Einbaukosten) fällig was angesichts eines primären VKs der Gabel von ca. 649.- Euro nicht gerade attraktiv wirkt. Die meisten Käufer werden da wohl bei ihrer Standardkartusche bleiben.
Ich hatte meine McQueen ja extra in Großbritannien bestellt, weil sie in Festland-Europa nirgends zu bekommen war. An dieser Tatsache hat sich bis zum heutigen Tag nichts geändert, auch mit unterschiedlichen Suchmaschinen fand ich nur Angebote aus UK oder gar USA – das preisliche Mittel lag dabei um die 540.- €.

Bleiben wir gleich bei X-FUSION. Auch meine absenkbare Sattelstütze, eine HILO Strate mit 150 mm mechanisch angesteuerter Absenkung stammt aus dem selben Haus.

Der Remote Hebel gefiel mir durch seinen 360° Auslösemechanismus.

Mit einem UVP von 309.- liegt sie bei den Anschaffungskosten in etwa auf Niveau der Konkurrenz, wobei man sie im Netz auch deutlich günstiger findet. In den ersten Monaten konnte die Strate mich mit erstklassiger Funktion überzeugen. Dann allerdings hat die Stütze begonnen im ausgefahrenen Zustand unter Last immer mehr einzusinken. Nur ein Service inkl. Kartuschenwechsel im Rahmen der Garantie brachte Besserung. Ein Ventil war undicht geworden, durch das Fahrergewicht kam es zum Ölaustritt und die Stütze sank einige Millimeter ein. Dass ein derartiger Defekt bereits nach wenigen Monaten Nutzungsdauer auftrat, hat mich schon überrascht. An dieser Stelle ein großes Lob an die Jungs vom deutschen X-FUSION Servicepartner LEMON Shox für die reibungslose und sehr schnelle Reparatur.

Gänzlich frei von Defekten blieb bis dato die SHIMANO XT 8000 1×11 Schaltung. Die Konfiguration aus 1-fach Kettenblatt mit 11-42 Kassette erwies sich für meinen Einsatzbereich vom Mittelgebirge bis in gemäßigt alpine Gefilde als nahezu ideal. Lediglich nach knapp 4 Wochen musste ich die Zugspannung etwas nachkorrigieren, die Züge hatten sich wohl gesetzt. Der Verschleiß an Kassette und Kettenblatt halt sich absolut in Grenzen. Beide Bauteile sind auch nach Monaten intensiver Nutzung bei allen Wetterbedingungen noch für viele Kilometer gut. Selbst die Kette hielt sich bisher wacker, ihre Längung geht absolut in Ordnung und bis zum Frühling sollte sich noch durchhalten. Dank Shadow Plus-Schaltwerk und einer speziellen Zahnform am Einfachkettenblatt blieb ich im bisherigen Testablauf von Kettenabwürfen verschont, lästiges Kettenklappern wurde effektiv minimiert. Im Vergleich zum SRAM’s Shiftern arbeitet der XT Schalthebel ein Spur weniger präzise, bietet dafür aber die oft genutzte Möglichkeit mit Zeigefinger oder Daumen auch mehrere Gänge auf einmal raufzuschalten.
Auch bei der Bremse setzte ich auf die Shimano XT8000, verbaute vorne eine große 203mm Scheibe, am Hinterrad reichte mir eine 180 mm Disc. Mit hoher Bremskraft und angenehmer, leichter Dosierbarkeit konnten beide Bremsen nach einer kurzen Einbremsphase punkten, lediglich am Vorderrad kämpfte ich bei längeren Abfahrten mit Druckpunktwandern und zeitweisen Verhärten. Auch mehrmaliges penibles Entlüften brachte nur kurzzeitige Verbesserung, gerade unerfahrenen Piloten dürfte der einmal brettharte, einmal butterweiche Druckpunkt vor eine Herausforderung stellen. Die Problematik ist insofern interessant, da ich bei der vorderen Bremse die Leitung ungekürzt gelassen habe, sprich die Bremse schon so ausgeliefert wurde.

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TESTFAZIT

Der Schritt mir auf Basis des LAST Fastforward ein Enduro-Hardtail aufzubauen, war absolut richtig und ich bereue es nicht. Die schlichte Optik des progressiven Stahlrahmens, die funktionellen Details haben mich voll überzeugt. Auch die stark auf Laufruhe ausgelegte und dadurch viel Sicherheit vermittelnde Geometrie, die in langsamen, engen Passagen aber dennoch nicht unangenehm sperrig wirkte fand ich an dem Hardtail sehr gelungen. Weil das LAST FF (oder Fastforward) sowohl als frame-only-Option angeboten wird, wie auch als funktionell ausgestattetes Komplettbike, ist das Hardtail, sowohl für Individualisten wie auch Fahrer, die lieber ein durchdachtes Fertig-Bike mit gutem Preis-Leistungsverhältnis und dennoch einem Hauch Exklusivität bevorzugen.

MiMü

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Ps: Mittlerweile bietet LAST das FASTFORWARD als leicht weiterentwickelte Version V2 an. Die grundlegenden Dinge wie die aggressive Trailgeometrie beibehalten wurden und nur kleinere Details optimiert wurden, wie die Ausfallenden, ein etwas massiveres Tretlager, sowie ein optimiertes Herstellungsverfahren des Sitzrohres. Insofern fühle ich mich mit meiner V1 Version keineswegs veraltet J. Der Preis des V2 Rahmen hält sich nach wie angenehm zurück, mit 599.- € bleibt nur ein kleines Loch in der Haushaltskasse. Die Komplettbikes liegen zwischen bei sehr vernünftigen 1998.- und 3098.- Euro.