SCHWALBE Nobby Nic 2,6 – Testfazit: von c_g

Als SCHWALBE seinen Alleskönnerreifen Nobby Nic diese Eurobike’16 in der Breite 2,6 Zoll vorgestellt hat (Link hier), war das für mich das Reifen-Highlight schlechthin. Weniger nur weil ich den Nobby Nic so gern mag, sondern vor allem weil ich großes Potential in der neuen Zwischengröße sehe – breiter und voluminöser als die aktuellen „Normalreifen“ (2,25“ bis 2,4“) und eben nicht ganz so breit wie die angesagten Plusreifen (2,8“ bis 3,0“), die ich zwar sehr gerne mag, die mir aber in mancher Hinsicht wortwörtlich schon zu weit gehen.

Der SCHWALBE Nobby Nic hat in den letzten Wochen viele Trailkilometer erlebt und sich als spannendes Testobjekt erwiesen.

Mittlerweile bin ich mit dem 2,6er Nobby Nic genau 1 Monat unterwegs, habe ihn in allen erdenklichen Kombinationen gefahren und damit einen recht guten Eindruck davon bekommen, was die Zwischenbreite kann … und auch was nicht. Die für mich wichtigste Erkenntnis daraus war, dass man bei diesem Format grundsätzlich zwischen dem vorderen- und dem hinteren Reifen unterscheiden muss:

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Der Nobby Nic 2,6 EVO als Vorderreifen:

An der Front bietet die 2,6er Breit des Allrounders viel Sicherheit, hat aber je nach Set-Up auch seine Eigenheiten in der Lenkung.

Es ist ja bereits in den Ersten Praxiseindrücken angeklungen, als ich den NN 2,6 noch mit der 40 mm breiten AMERICAN CLASSIC Smokin’Gun Felge gefahren bin, dass der Reifen an der Front sehr wohl das Lenkverhalten beeinflusst. Die breite Auflagefläche bewirkt, dass die Front auf harten Untergrund ein sehr wohl spürbares Self-Steering entwickelt. das mir einfach nicht getaugt hat. Selbst mit höheren Drücken als notwendig, reduziert sich der Effekt nur geringfügig.

 

Auf der „nur“ 29,3 mm breiten Wide Lightning Felge war das aber deutlich reduziert. Lediglich bei niedrigen Drücken bis 1,2 bar empfand ich das Lenkverhalten auf der Strasse noch als leicht irritierend, mit höheren Drücken über 1,4 bar schwindet der Effekt aber fast komplett. Im Gelände war der Effekt ohnehin kaum mehr zu spüren. Meinen persönlichen Idealdruck der Reifen für den Allroundeinsatz und an der Front habe ich mit 1,45 bis 1,5 bar gefunden. Damit lenkt sich der 2,6er Nobby Nic nahezu komplett unauffällig, der Druck liegt aber auch jenseits des Optimums was der Reifen an Komfort und Dämpfung zu bieten hat.

Bei einem derartigen Druck stellt dann aber auch unwillkürlich die Frage warum überhaupt auf die 2,6er Breite setzten, wenn man mit dem gleichen Druck auch schon normale Reifen fahren kann. Ich selber fahre auf meinen wurzeligen Hometrails auch mit einem ähnlich gebauten 2,35er Reifen selten höhere Drücke an der Front. In der letzten Testphase habe ich deswegen mal einen SCHWALBE Fat Albert 2,35 Front montiert und den bei gleichem Druck gefahren. Das Ergebnis, war, dass es in Sachen Traktion und Komfort kaum Unterschiede gab, und der Fat Albert sogar noch eine besser Kurvenführung hatte. Wohlgemerkt, ich fahre an meinem Testbike eine sensible 140 mm FOX 34 Federgabel, wodurch eventuell Nuancen in der Dämpfung auch verschluckt werden – d.h. an einem Starrbike oder Tourenhardtail mit straffere Federung könnte der 2,6er allein durch sein größeres Volumen hier durchaus Vorteile haben, aber ich bezweifle, dass sie sehr deutlich ausfallen würden.

Subjektiver Eindruck als Vorderreifen: Allein des Lenkverhaltens wegen ist mir persönlich ein geringfügig schmälerer Reifen lieber – hier der Fat Albert 2,35 Front.

–> Am Ende bleibt für mich also die Erkenntnis, dass die Zwischengröße von 2,6“an der Front wirklich eine echte Zwischengröße ist. Je nach Felgenbreite fährt er sich mal mehr wie ein Plusreifen (mit der 40 mm Smokin’Gun Felge) und mal mehr wie ein Normalreifen (auf der schmäleren Felge bei höheren Drücken). Hier liegt es also am Fahrer, Fahrstil und Gelände was man bevorzugt und was man draus macht.
Ich persönlich, als Fahrer, der sehr empfindlich gegenüber Self-Steering ist, muss den 2,6er mit Drücken fahren, wo er für mich kaum mehr echte Vorteile gegenüber normalbreiten Reifen besitzt, aber diese Aussage ist natürlich sehr subjektiv. Fahrer die diesbezüglich weniger sensibel sind und sich neben sehr guter Traktion, denn die bietet der NN 2,6 zweifellos, auch viel Komfort suchen, sollten sich den Nobby Nic 2,6 29×2,6 aber durchaus überlegen.
(Ps: Eine schmälere Felge als die 29,3 mm Wide Lightning bin ich nicht gefahren, weil diese Kombi dann ohnehin so hohe Drücke bräuchte um den Reifen tubeless ausreichend zu stabilisieren , dass man damit kaum mehr echte Vorteile hätte.)

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Der Nobby Nic 2,6 EVO am Heck:

Als Hinterreifen garantiert der 2,6er Nobby Nic eine erstklassige Traktion, viel Komfort sowohl als 29er wie hier oder als beinahe überall einsetzbarer 27,5er.

Ganz anders sieht es am Heck aus. Hier sehe ich das größte Potential des 2,6er Reifens – vorausgesetzt die Geometrie und der Rahmen lassen den Reifen überhaupt zu. Wie bereits früher geschrieben, wird es mit dem 2,6er im 29er Format nämlich durchaus eng in vielen Rahmen. Aus meinen aktuellen Testbikes hat er lediglich an meinem CUBE Stereo Dauertester mit genug Reifenfreiheit gepasst. Wenn er passt, bietet der 2,6er NN aber eine erstklassige Traktion, bei gleichzeitig hohem Komfort und insgesamt Top-Fahreigenschaften. Einzig die Ästhetik leidet, wenn man die Kombination aus breitem 2,6er Reifen am Heck und 2,35er an der Front fährt. Funktionell fand ich die Kombi aber sehr gut.

Auch hier kann man diskutieren wie deutlich die Vorteile des großen Luftvolumens gegenüber einem kleineren aber gröberen Reifen bei einem guten Fully noch sind. Meinen Erfahrungen nach sprechen hier zwei Argumente für den 2,6er NN: Zum einen erreicht man mit 1,35 bis 1,45 bar, in denen ich den Reifen hinten am liebsten gefahren bin, einen sehr gute Traktion und tollen Komfort und andererseits scheint mir der Rollwiderstand eine solchen Kombi durchaus niedriger, wie etwa ein gröberer Reifen in 2,35. Leider habe ich derzeit kein geeignetes Hardtail zur Verfügung um den 2,6er Hinterreifen auch als 29er dort zu testen, aber wir arbeiten daran einen solchen „ergänzenden Nachtest“ zu organisieren.

Mit dem NN in 27,5×2,6er am Hinterrad war das Fahrverhalten super – schade nur, dass damit das Tretlager am CUBE Stern zu tief für meine Wurzeltrails kam.

Mixed: Neugierdehalber habe ich den 27,5×2,6er Reifen auch ans CUBE geschraubt und ich muss wirklich eingestehen, dass diese Kombination aus 29er Reifen vorne (hier noch mit dem 2,6er gezeigt) und dem breiten 27,5er Reifen am Heck mir wirklich gut gefallen hätte … wenn das Tretlager für meine Trails damit nicht zu tief geraten wäre. Insgesamt war das Überrollverhalten am Fully mit dem kleineren Hinterrad nur unwesentlich kompromittiert, der Komfort und die Traktion weiterhin sehr hoch … selbst das Handling war aufgrund des geringeren Gewichts aus Laufrad und Reifen (in der gefahrenen Kombi immerhin 115 g weniger) noch verspielter. Aber weil ich beim Treten sehr viel mehr aufpassen musste und trotzdem häufig mit den Pedalen aufgesessen bin, war diese an sich vielversprechende Option auf meinen Trails zu wenig praktikabel.
Bei anderen Bikes kann die Kombination aus 29er Vorderrad und breiterem, aber kleineren Hinterrad super funktionieren. Unser Tester MiMü hat bei seinem Test mit dem LAST Fastforward bereits guten Erfolg mit einer ähnlichen Kombi und auch ich fand den Sondertest mit kleinem, breitem Hinterrad am KONA Honzo CR Trail als die bessere Trail-Variante für das ansonsten sehr direkte Hardtail. Win-Win für das Bike und den SCHWALBE Nobby Nic 2,6!

Über die niedrigen, fahrbaren Drücke und damit die tolle Verzahnung mit dem Boden liefert der 2,6er NN sehr viel Traktion und einen tollen Komfort.

Allgemein: Vollkommen unabhängig von der Diskussion oben, kann ich dem SCHWALBE Nobby Nic in der Breite 2,6 attestieren, dass er in Sachen Gutmütigkeit und je nach gefahrenem Druck auch im Komfort noch mal zugelegt hat. Während er vorher für mich schon in 2,35“ Breite ein sehr guter und vielseitiger Allroundreifen war – siehe Testfazit zum Nobby Nic 2,35 – ist er als 2,6er noch besser geworden. Vor allem was die in meinen Augen bei weichen Böden nur durchschnittliche Seitenführung angeht hat ihm sein Wachstum an Volumen und auch in der Stollengröße richtig gut getan. Wäre nicht der für mich sehr wichtige Aspekt, dass sich die Lenkung je nach Set-Up verändert, würde ich den Nobby Nic in 2,6 auch an der Front klar seinem schmäleren Bruder bevorzugen. In Sachen Traktion war er schon immer seht stark, wurde in 2,6 aber noch mal besser und zählt diesbezüglich für mich zu den besten Allround-Reifen.

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Fazit

Sorry, wer bei diesem Test auf eine einfache Antwort angefangen gehofft hat. Ich kann zwar mit einer Fülle an Eindrücken und Erfahrungen dienen, die in den vorangegangen Artikel und hier zusammengefasst sind, aber eine klare Empfehlung kann ich dennoch nicht formulieren. Aufgrund der Erfahrungen könnt ihr hoffentlich abzuschätzen wie interessant die neue Zwischengröße für euch ist. Gerade wenn es um Themen wie dem “idealen Luftdruck“ und das Empfinden „ab wann ist Self-Steering spürbar ist“ geht, kommen so viele Faktoren zusammen, dass es eine einfache und objektive Antwort einfach nicht gibt.

Der 2,6er SCHWALBE Nobby Nic im Testeinsatz – hier im 29er Format vorne und hinten.

Für mich ist der SCHWALBE Nobby Nic in 2,6“ Breite eine echte Zwischengröße mit sehr vielen Optionen, aber auch gewissen Kompromissen. Gerade weil der Reifen auch oft in Rahmen passt, die „echte“ Plusreifen nicht mehr fassen, bietet er die Möglichkeit am Bike den Komfort und die Traktion zu erhöhen, ja sogar die Geometrie leicht zu tunen – aber eben auch das Risiko, die Performance zu reduzieren (allem voran die Tretlagerhöhe wenn man das 29er Hinterrad gegen einen 27,5×2,6 tauscht, bzw. sensibel gegenüber Self-Steering ist. Für mich selber war dieser Test extrem spannend. Es hat sich gezeigt wie stark gerade hier die Beurteilung vom Fahrer, dessen Fahrstil, dem Bike und dessen Setup und dem Gelände abhängt. Somit hat der der Nobby Nic 2,6 für je nach Fall, das Potential „eine der großen Neuheiten des Jahres 2016“ zu sein oder auch „nur ein weiterer Reifen auf dem bereits gut gefüllten Markt“ ist.
Ich jedenfalls werde den Nobby Nic 2,6 am Heck noch eine Weile weiter fahren. Sollte ich noch weitere Erkenntnisse dazu haben, werde ich die dann hier posten.

RIDE ON,
c_g