Vergleichstest NICOLAI Helius AC 29er/659b/26-Zöller – Teil 2: von c_g
Im letzen Artikel (hier) haben wir euch die drei NICOLAI Helius ACs vorgestellt – jeweils eines in 26“, ein fortgeschrittener ´13 Prototyp in 650b und das ´13 überarbeitete 29er. Die Komponenten, Gewichte und anderen Spezifikationen findet ihr in dem oben verlinkten Artikel. Das bereits hier ausführlich getestete NICOLAI Helius AC 29er wird hier vorgestellt.
Doch nun zum wirklich spannenden – dem PRAXISVERGLEICH:
Eine der vorrangigen Fragen für mich war, wie die bisherigen Erfahrungen an den Hardtails sich auf die Fullies übertragen ließen. Wir erinnern uns, dass die 650b Bikes bei den Hardtails zum Teil wirklich gut waren, ne menge Spaß gemacht haben, aber nach unserer Einschätzungmit der neuen Generation von agilen 29ern wohl nur noch für kleinere Personen (die eben ihre Wunschgeomtrie nicht mit einem 29er realisieren können) und absolute Grammfeilscher wirklich interessant sind.
Theoretisch müssten ja die Vor- und Nachteile im Fullybereich über 120 mm anders gelagert sein, da gerade hier die 29er doch mitunter recht „groß“ und „dominant“ werden können. Würde nun die Stunde von 650b schlagen?
Zuerst zur Sitzposition und dem subjektiven „Sitzgefühl“. Obgleich nicht ganz identisch, so waren die drei Helius ACs doch so nahe ähnlich, das es beim 29er nur ein Umdrehen des Vorbaus brauchte damit sich die Sitzpositionen wirklich gleich angefühlt haben. Es war uns wichtig hierbei möglicht geringe Unterschiede zu haben um ohne großes Verstellen und Umgewöhnen jederzeit zwischen den Bikes durchwechseln zu können.
Die ersten Wochen waren die drei Probanden in unseren verwinkelten und zum Teil technischen Waldtrails unterwegs, zum abschließenden Höhepunkt durften sie sich noch auf den schwereren und zum Teil sehr verblockten alpinen All-Mountain Trails des hinteren Ötztals um Sölden austoben und dort zeigen was sie können.
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Das 26er: Wie anhand der geringeren Masse und der zwangsläufig leichtesten Laufräder nicht anders zu erwarten, brachte es der 26-Zöller auf die beste Beschleunigung und höchste Agilität. Im gemäßigten Uphill und bei häufigen schnellen Antritten, wie sie auf den heimischen Trails auftreten, konnte das 26er hier wirklich Punkte sammeln.
Von unseren gewohnten 29er kommend fanden wir das Verhalten bei richtig groben Strecken und besonders bei hohen Geschwindigkeiten subjektiv weniger sicher – man merkte einfach, dass die kleinen/leichten Laufräder sich bei Speed weniger stabilisieren. Allerdings ist es der über Jahre gereiften Geometrie des Helius AC zuzuschreiben, dass sich das Bike sich auch dort noch gut hat fahren lassen. Auch wegen der kompakten Radstände lud das 26er förmlich zu einer verspielten Fahrweise ein, die (die richtige Fahrtechnik vorausgesetzt :-)) viel Spaß macht. Über die exzellente Viergelenkerkinematik des Helius AC haben wir ja bereits genug geschrieben und daher wollen wir sie einfach nur als sehr potent mit eine leichten Hang zur Direktheit beschreiben. Obgleich das 26er den größten Federweg hatte, konnte keiner der Tester (darunter auch Freerider und 26er Fans) in den Blockfeldern und groben Passagen die gleichen Geschwindigkeiten halten, wie auf den größeren Formaten.
Im direkten Vergleich bot das 26er spürbar geringere Reserven wenn man nicht genau die Ideallinie traf. Außerdem viel allen die geringere Traktion des 26ers an. In Kurven, beim Anbremsen und auch beim grenzwertig steilen oder losen Anstiegen konnte es weder mit den 650b noch mit dem 29er mithalten.
–> Auch wenn das 26er NICOLAI Helius AC ein genial gutes AM-Bike ist , zieht es gegenüber den beiden anderen Formaten den Kürzeren. Unter der vielseitig besetzten Testergruppe war, keiner der ihm die Pole-Position gegben hätte – 3. Platz für das Traditionsformat.
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Das 29er: Über das 29er muss ich nicht ganz so viel schreiben, denn das Bike wurde bereits hier (Intro), hier (Zwischenbericht) und hier (Testurteil) ausführlich im Test behandelt.
Gegenüber den anderen Formaten war es das mit Abstand gutmütigste, aber auch laufruhigste Bike. In den groben Felspassagen konnte man damit, einfach draufhalten und drüber Die Traktion, subjektive Sicherheit und das Überrollverhalten waren klar die besten des Trios, allerdings war es auch eine ganze Menge Bike, die man da um enge Kehren und durch Felsblöcke manövrieren musste.
Für mich selber, als 29er Spezialisten, fuhr sich das Helius AC 29er sehr gut und verglichen zu anderen Long-Travel 29ern keineswegs träge, aber innerhalb des Trios war es klar am wenigsten verspielt und am ruhigsten – das wohl beste Tourer und Abfahrer solange der Kurs nicht zu verwinkelt und eng war. Manche anderen Fahrer, die weniger an 29er gewohnt waren, fanden das 29er „zu viel Bike“. Wie bereits bei anderen Long Travel 29ern auch schon bemerkt: Bei 140 mm kratz man an einem Limit der allgemeinen Gefälligkeit bei 29ern – für manche passt es (noch), für andere ist es bereits zu viel.
–> Aus unserer Sicht ist das NICOLAI Helius AC 29er ein sehr gutes All-Mountain 29er, aber es ist ein Grenzgänger. Unter vielen Trailbedingungen und bei einer weniger aktiven Fahrweise kann es sich in vielen Bereichen gegenüber den beiden anderen Formaten behaupten – allerdings sorgt gerade diese überaus sichere Handling und Gelassenheit auch bei manchen Testern die gerne sehr „aktiv“ fahren dafür dass für sie der Fahrspaß ein wenig gelitten hat. Zusammenfassend verpasste daher das 29er für den Anwendungsbereich All-Mountain knapp den Sieg und erntetet wohlverdient den 2. Platz.
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Das 650b: Doch nun zu dem Bike, das das Optimum beider Formate vereinen soll und das es im direkten Vergleich die meisten Positiv-Stimmen geerntet hat. Dabei war das 650b gegenüber den beiden anderen Bikes gleich in zwei Aspekten im Nachteil: Die SUNTOUR Durolux Gabel hob das Gesamtgewicht aber fast auf das 29er Niveau und der Prototyp hatte nur 130 mm Federweg (10 mm weniger als der 29er und 20 mm weniger wie der 26er).
Doch irgendwie konnte das „Neue Mittelmaß“ seine Zwitterposition in der Traktion und dem Überrollverhalten genauso wie den Mittelweg aus der Laufruhe des 29ers und der Agilität des 26ers so gut umsetzen, dass es allen Testern als das vielseitigste und gefälligste erschien.
Zugegeben, das Bike ist ein Kompromiss, es hat weder die Agilität oder die Verspieltheit des 26ers, noch die Traktion und Laufruhe und High-Speed Kapazitäten des 29ers. Andererseits ist es deutlich traktionsstärker und laufruhiger als das 26er und gleichzeitig verspielter und handlicher als der 29er. In groben Felspassagen konnten wir mit dem 650b fast die gleichen Geschwindigkeiten fahren wie mit dem 29er, dafür gelangen aber gerade die Spitzkehren und verwinkelten Passagen etwas leichter damit. Und auch in der Traktion war es nicht ganz auf dem Niveau des 29ers, aber eben deutlich besser als der 26-Zöller.
–> Alles in allem war das 650b Helius AC ein sehr gelungenes Bike. Zwar zweifelsfrei ein Kompromiss, aber ein sehr gelungener, der es verstand einen großen Schritt in Richtung fehlerverzeihendes Fahrverhalten und bessere Traktion eines 29er zu nehmen ohne dabei aufgrund der Geometrie-Einschränkungen die Agilität der 26-Zöller zu sehr zu mindern.
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Ist nun das 29er oder das 650b das bessere All-Mountainbike? Diese berechtigte Frage kann und muss ich von zwei Seiten beantworten:
1, Ich selber hatte sowohl mit dem 29er, wie auch mit dem 650b Helius AC den meisten Spaß – sowohl auf den waldigen Hometrails, wie auch den alpinen Trails des Ötztals. Je nach dem Charakter des Trails (und auch der momentanen Laune ;-)), mochte ich mal das 650b, mal das 29er lieber. Müsste ich mich am Ende für eines der Bike entscheiden, wäre es wohl der 29er wegen des eher tourenlastigen Verhaltens geworden, allerdings mit dem 650b nur ganz knapp dahinter.
Für mich war aber nach dem Test auch klar, dass größere Fedewege (über 140 mm) mit einem 29er wohl nur noch sehr schwer stimmig realisierbar sein würden. Daher ist für mich persönlich auch das Segment der 140+ Bikes das mit dem größte Potential 650b.
2, Anders aber sah es aus, wenn man die Meinungen der insgesamt 6 Tester mit ihren verschiedenartigen Bike-Hintergründen mitzählt. Mit Ausnahme des ausgeprochenen Tricksers war für jeden der 26er das klare Schlusslicht. Für manche war aber das 29er schon zu dominant um ihren Fahrstil frei auszuleben. Sie fanden das Gesamtpaket des 650b aus besserer Traktion, Gutmütigkeit, aber immer noch guter Agilität das für sie stimmigste. Und selbst die weniger technischen Fahrer im Testerteam haben am Ende dem 650b Mittelmaß eine Position sehr nahe am 29er eingeräumt.
Über das gesamte Testfeld gemittelt, hat also das NICOLAI Helius AC 650b das meiste Lob und die wenigste Kritik eingefahren … wohl, weil die Vorzüge der Big Wheels doch durchkommen, die zwangsläufigen Big-Wheel-Kompromisse aber noch sehr klein geblieben sind. Insgesamt gesehen, schien also, als hätte das 650b Format (in der Interpretation von NICOLAI) die wenigsten Ecken und Kanten. In der Gesamtschau waren es also nicht die Superlative und Extreme des kleineren und des größeren Formats, die das Rennen gemacht haben, sondern die Kompromissbereitschaft, die am Ende das beste Gesamtergebnis für den Anwendungsbereich All-Mountain eingefahren hat.
Nachdem wir überwiegend auf Trail unterwegs sind, die mit weniger Federweg zurecht kommen, bleibt für uns also weiterhin kein Grund an 29ern zu zweifeln, spechen aber offen darüber, dass 650b richtig viel Potential hat, das vor allem bei mehr Federweg zum Tragen kommen dürfte.
Danke für eure Aufmerksamkeit bei dieser bisher aufwendigsten Testserie in der Geschichte von twentynineinches-de. Wir hatten viel Spaß dabei und haben viel gelernt … wir hoffen ihr auch :-).
RIDE ON,
c_g