GOODYEAR Newton & Newton ST Ultimate 29×2,6 – Zwischenstand: von c_g
GOODYEAR ist dieses Jahr nach langer Abstinenz wieder ganz neu in den Fahrradmarkt eingestiegen, weswegen wir uns die Freiheit herausgenommen haben, gleich zwei ihrer Reifen gleichzeitig zu testen – MiMü auf dem eher tourenorientierten Allround-/Trailreifen Escape Premium 29,2,35“ und ich auf dem aggressiveren für All-Mountain und Enduro ausgelegten Paarung aus Newton hinten und Newton ST vorne, je in der edelsten Premium-Version und in 2,6“ Breite.
Wie im Intro der Newton Geschwister bereites beschrieben, fallen beide Reifen voluminös aus, erreichen auf der 30-mm Felge nicht ihre angekündigte Breite und besitzen durch die eher flachen Laufflächenstollen bei höheren Seitenstollen ein tendenziell eckigen Querschnitt. Positiv anzumerken ist, dass beide Reifen sehr einfach Tubeless auszupumpen waren und bereits ohne Dichtmittel absolut luftdicht sind – am Hinterreifen habe ich sogar komplett vergessen Dichtmittel einzufüllen und habe es erst vor ein paar Tagen gemerkt.
Bereits auf den ersten Metern zum Trail ist mir aufgefallen wie leicht und schnell die GOODYEAR Enduro-Reifen rollen. Auch auf Asphalt und harten Forststrassen ist kein Rubbeln der Stollen oder sonores Brummen der Stollen zu hören, was zusätzlich zu ihrem sanften Rollverhalten einen deutlich schnelleren Reifen suggeriert, als sie es ihrem Gewichts nach eigentlich sind.
Obwohl ich die beiden Newton Reifen in der weicheren Premium EN Karkasse mit 1,5 Lagen 120 TPI-Material fahre, hat es mich doch eine Weile gedauert bis ich den für mich optimalen Luftdruck gefunden hatte. Ein wenig zu viel Luft im Reifen und fehlt es spürbar an Dämpfung und Traktion. Auf der ersten Ausfahrt hatte ich hinten einen Druck von 1,9 bar und hatte ernsthafte Probleme einen zwar sehr steilen aber mir bestens bekannten Wurzel-Uphill zu meistern. Erst mit einem reduzierten Luftdruck konnte ich ihn wieder genauso flüssig und sauber fahren wie vorher – und das obwohl es trocken war!
Auf der anderen Seite neigt die edle Premium-Karkasse aber auch dazu bei ein paar PSI zu wenig in scharfen Kurven schnell undefiniert zu werden oder sogar wegzuknicken. Interessanterweise hatte ich auch bei niedrigen Drücken nie Probleme mit Burbing oder Durchschlägen, nur das Handling wurde dann eben zu unpräzise. Für meine Trails und Fahrweise bin ich letztlich bei einem ziemlich engen Fenster von 1,55 bis 1,60 bar vorne und 1,7 bis 1,8 bar angelangt mit dem sich das Bike in allen Situationen sicher und präzise und doch ordentlich komfortable gefühlt habe.
Hat man aber einmal den für sich optimalen Druck gefunden, verwöhnen einen die beiden Newton Geschwister mit einem sehr gelungenen Kombination aus Traktion, Kurvenhalt und Gutmütigkeit. Vor allem, was die Bremstraktion angeht, gehört der Newton ST zu einem der besten Reifen seiner Klasse, aber auch der Newton am Hinterrad braucht sich diesbezüglich nicht vor seiner Konkurrenz zu verstecken. Damit macht es wirklich Spaß ernsthaft steile Passagen zu fahren und technisches Gelände Zentimeter für Zentimeter zu erobern.
Auf meinen überwiegend erdig, wurzeligen Trails boten die beiden GOODYEAR Enduro-Reifen mir bisher eine sehr gute Performance und zumeist Sicherheit. Um das volle Potential der beiden Reifen zu erleben, musste ich aber zuerst einmal meine Fahrweise ein wenig umstellen. Die beiden bevorzugen es nämlich sehr aktiv in die Kurven gedrückt zu werden, statt nur zentral auf dem Bike stehend in die Kurven zu fahren. Scheinbar sorgt das flache Profil mit den hohen Schulterstolen dafür dass die Reifen in moderaten Kurvenlagen sich mitunter ein wenig eigenwillig, fast sogar unsicher anfühlen. Bis ich deren bevorzugten Fahrstil verinnerlicht hatte, bescherten die beiden Newton Reifen mir so manchen Adrenalin-Moment mit Grenzerfahrungswert, aber sobald ich gelernt hatte, das Bike aktiv in die Kurven zu drücken und den Reifen zu vertrauen, haben der Newton und Newton ST angefangen mir richtig Spaß zu machen.
Es mag an meiner mangelnden Fahrtechnik liegen, aber diese Eigenschaft, wie auch den recht schmalen Grat zwischen Halt und Abrutschen ohne klaren Grenzbereich macht die beiden Reifen aus meiner Sicht eher zu schnellen und aggressiven Race-Reifen als zu Allroundern für den Normalo-Fahrer. Gerade im Enduro-Bereich zählen für mich Gutmütigkeit und Feedback im Grenzbereich zu zwei wichtigen Qualitäten, in denen die GOODYEAR Paarung mich bisher noch nicht vollkommen überzeugt hat.
Nasse oder gar tiefe Böden sind nach meinen bisherigen Erfahrungen eher nicht so das Revier des Newton und Newton ST, aber ich muss offen zugeben, dass ich es in der ersten Testphase geschafft habe überwiegend bei trockenen Bedingungen mit dem Newton und Newton St unterwegs zu sein. Auf den beiden einzigen Regenausfahrten mit den Reifen schien es mir aber doch recht deutlich so, als hätte nicht nur das Compound Probleme damit auf nassen Wurzeln noch sicheren Halt zu finden, sondern auch das recht flach bauende Laufflächenprofil seine Mühe damit auf weichen Böden nicht kontinuierlich „undefiniert aufzuschwimmen“ statt sich durchzugraben und auf festem Untergrund noch Halt zu finden. Eventuell könnte man dem durch die vermutlich schmäler bauenden 2,4“ breiten Reifen aber noch entgegenwirken.
Zwischenstand: GOODYEAR hat den Newton und noch offener gestalteten Newton ST gestaltet, um in Bereich der Enduro-Reifen mitzumischen und setzt dafür sein ganzes Tech-Sortiment ein. Die Zutaten stimmen – von der Karkasse, über die Compounds bis hin zu dem eigenständigen Profil. Im Große und Ganzen passt auch die Performance der Paarung aus Newton Ultimate EN 29×2,6 vorne und Newton ST Ultimate EN 29×2,6, aber der überwiegend positive Eindruck ist auch nicht komplett ungetrübt. Eine klare Stärke der GOODYEAR Reifen ist ihr Speed und die tolle Traktion bei trockenen oder moderat nassen Bedingungen (den richtigen Luftdruck vorausgesetzt), aber nach meinem bisherigen Eindruck fehlt es der Paarung an Gutmütigkeit und Nassperformance. Mal sehen, was der zweite Teil meines Tests an weiterern Erkenntnissen ergeben wird, bei dem ich die GOODYEAR Reifen auf der Felge des FOX LiveValve Testbikes mit 35 mm Innenweite.
RIDE IN,
c_g
„Auf den Abfahrten kommt richtig Spaß auf. Auffallend war hierbei die Steigerung des Grips nach einigen Einsätzen, soll heißen der Reifen muss scheinbar erst eingefahren werden. Das Design des Profils und die Gummimischung sind den Ingenieuren definitiv gelungen. Der Newton ST EN Ultimate vermittelt auf allen Untergründen ein sehr berechenbares Verhalten, auf grobem Schotter ebenso wie auf Waldboden oder bei Nässe. Das Bremsverhalten weiß ebenfalls zu überzeugen, kontrolliertes Anbremsen auf der letzten Rille bedeutet am Ende bei Wettbewerben ja auch immer ein Plus gegenüber der Konkurrenz.“
zitiert aus fraktur-Magazin.de
Auch Tester sind keine Maschinen. Und fahren unter unterschiedlichen Bedingungen. Hier sind sie sich aber offensichtlich nicht einig.
Dass die Reifen in Kurven Schräglage brauchen glaube ich sofort. Trifft auf Minions oder den Hellkat auch zu. Der Newton ST erinnert mich an den Vittoria Morsa. Und der hat einen wirklich engen Grenzbereich.
Hallo Georg,
die Beurteilung von Komponenten wie Reifen ist natürlich auch von Gelände, Fahrstil und Witterung abhängig, aber grundlegende Themen werden dann doch oft ähnlich gesehen. Interessant, dass du genau diesen Test, der ausgesprochen positiv rüberkommt als Vergleich heranziehst. Ich kann nicht beurteilen wie sensibel die Herren der von dir zitierten Seite sind, oder wie viel Erfahrungen sie mit Reifentests haben. Wir schreiben, was wir selber erleben – nicht mehr und nicht weniger – und machen das mit mittlerweile über 10 Jahre Erfahrung in dem Bereich. Dass der GOODYEAR Newton kein guter Reifen sei, habe ich eines Wissens nach nirgendwo geschrieben, aber für mein Empfinden hat die Newton Paarung i doch ein paar Eigenheiten, die es wert sind angesprochen zu werden. Aber wer weiß, vielleicht ändert sich da ja noch was bis zum Fazit…