DT-SWISS F535 ONE Federgabel – Testfazit: von c_g
(bisher hierzu erschiene Artikel: Offizielle Vorstellung der DT-SWISS F535 ONE, Erste Fahreindrücke der F535 auf den Eurobike Media Days’18 mit Testintro, Erste Praxiserfahrungen, Update nach Gardasse-Urlaub)
Nach einem weiteren Monat mit der brandneuen DT-SWISS F535 ONE Federgabel in Test ist es so langsam Zeit die letzen noch offenen Fragen zu beantworten und zu einem Fazit zu kommen.
Der Frage nach dem Grund für den nicht immer ganz genutzten Federweg bei der Gabel bin ich nachgegangen in dem ich einen der beiden ab Werk verbauten APT Volumenspacern herausgenommen habe. Bei dem gleichen Luftdruck wie vorher müsste die Gabel jetzt weniger progressiv arbeiten und dementsprechend mehr Federweg freigeben.
Der Umbau selber ist mit dem mitgelieferten Adapter genauso einfach wie bei anderen Federgabeln. Zum Aufschrauben der Rufkappe benötigt man allerdings einen nicht ganz übliche 15-mm Schafkant-Nuss. Bereits bei jeder Federgabel im Lieferumfang sind verschiedene Ventilkappen auf denen jeweils die Zahl der Spacer vermerkt ist. Wenn man die Ventilkappen also konsequent nutz, muss man die Gabel nicht öffnen um zu sehen wie viele Spacer verbaut sind.
In der Praxis hat sich das dann auch durchaus als korrekt dargestellt – ich habe sehr wohl mehr Federweg genutzt, auch wenn der O-Ring weiterhin nur selten ganz oben zu sehen war – die Maßnahme hat aber auch dazu geführt, dass die Gabel bereits grenzwertig tief im SAG steht und dementsprechend wenig Positiv-Federweg bleibt ehe die Dämpfungsprogression ab 30% Federweg einsetzt. Mit leicht erhöhtem Luftdruck um den SAG weder auf Normalmaß (25%) zu bringen, spürt man allerdings auch wieder, wie die Sensibilität ein wenig leidet. Am Ende bin ich wieder zur bisherigen Einstellung mit zwei Spacern zurückgekehrt denn eigentlich war es ja nie die Performance oder das Federungsverhalten der DT-Gabel, die mich irritiert hatten, sondern allein nur die Tatsache , dass ich nur selten den gesamten Federweg genutzt habe. Für jemanden, der weniger auf dieses Detail achtet, fällt es gar nicht auf, denn innerhalb ihres Federwegs arbeitet die F535 absolut mustergültig.
Wer die bisherigen Artikel zur DT-SWISS F535 ONE gelesen hat, weiß wie oft ich darin erwähnt habe wie unglaublich gut die Gabel funktioniert und in beinahe jeder Situation mustergültig arbeitet. Um dieses in jeder Situation auch wirklich auf die Spitze zu treiben, habe ich mein TANTRUM Shinning 2.0 also auf einen Tag mit in den Bikepark Geißkopf genommen und sie dort nicht nur gefahren, sondern auch gleich noch einen Direktvergleich mit meiner aktuellen Referenz, der MARZOCCHI Z1 unternommen. Einschränkend muss ich allerdings erwähnen, dass die Z1 über einen 1 cm mehr Federweg verfügt, es sich also gewissermaßen um einen „Äpfel-mit-Birnen Vergleich“ handelt.
Die Runden im Bikepark mit der F535 verliefen dabei komplett unauffällig und haben mir auch dort gezeigt wie gut die Gabel funktioniert. Erst im direkten Vergleich hat sich gezeigt, dass gerade in schnell gefahrenen Abschnitten der zusätzlich und zudem bei der Z1 einfacher nutzbare Federweg von Vorteil sein kann. Was ihre Sensibilität und der Gesamtperformance angeht, sehe ich die DT Gabel absolut gleichwertig und wenn es darum geht in technischen Passagen wirklich bedacht über Felsen zu manövrieren, war die hoch im Federweg stehende F535 sogar spürbar besser, als ihre Konkurrenz.
Als letzte, mit der Vorstellung des ALUTECH Cheaptrick gezeigte Etappe im Test bin ich die F535 ONE noch eine Weile auf dem Trail-Hardtail gefahren. Mit dem Anspruch die gleichen Trails und auch die gleichen Sprünge zu fahren wie mit dem Fully, habe ich dort dann sehr viel regelmäßiger den gesamten Federweg genutzt. Gerade am Hardtail habe ich den Gegenhalt und ihre „hoch im Federweg stehen“ noch mal mehr zu schätzen gelernt.
Anstatt, dass sich bei 150 m an der Front und 0 mm am Heck ein leichtes Gefühl von Unausgeglichenheit eingeschlichen hätte, hat mir die DT-Gabel auch hier hervorragend gefallen. Sie hat mich einerseits mit ihrem Komfort im Anfangs- und Mittelbereich spürbar geschont und zugleich doch noch die Reserven gehabt auch einzelne Fahrfehler noch auszugleichen. Letztlich hat die DT-SWISS F535 ONE auch hier einen rundum hervorragenden Eindruck hinterlassen. Am Hardtail habe ich dann auch tatsächlich hin und wieder im Wiegetritt den strafferen Drive Modus eingelegt um auch das letzte bisschen Wippetendenz effektiv zu unterbinden.
Ach ja, den formschön integrierten Fender, der mit ca. 70 g nicht weiter ins Gewicht fällt, habe ich in der letzen testphase auch montiert und gefahren. Die Montage selbst ist ein wenig fummelig, aber einmal fest am Rad bleibt er wunderbar fest und bewahrt sowohl die Gabelbrücke, wie auch den Fahrer effektiv vor Dreckspritzern.
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Testzusammenfassung:
DT-SWISS hat lange an der F535 ONE getüftelt und uns dann diesen Sommer eine Federgabel vorgestellt, die schon auf dem Papier eine beeindruckende Fülle an innovativen Technologien bietet. Nirgendwo sonst findet man eine wegabhängige Dämpfung („Plushport“), die sich zwischen 30 und 50% des Federwegs zunehmend verhärtet, eine in Reihe zur Luftfeder geschaltete Stahlfeder („CoilPair“) oder ein so cleanes Design. In der Praxis war die Gabel schon im Werks-Setup richtig gut, und brauchte in unserem Fall nur eine minimale Luftdruckabsenkung um noch besser zu werden. So eingestellt hat mich die 150 mm Testgabel mit einer Traktion, Sicherheit und einem Komfort verwöhnt, wie ich ihn bisher nur von noch federwegsstärkeren Federgabeln her gewohnt war. Einerseits bietet sie eine kaum zu toppende Sensibilität und damit einen erstklassigen Komfort bei kleineren und mittleren Schlägen und andererseits hat sie doch so viel eingebaute Dämpfungsprogression, dass sie selbst unter sehr sportlichen Fahrern und schwerem Gelände kaum je an ihre Grenzen kommt.
Die Frage ob die F535 daher eher eine touren-orientierte oder sportlich-straffe Charakteristik hat, kann man daher auch nicht klar beantworten, weil sie auf ihre eigenen Art gleichzeitig beide Lager bedient. Fahrer, die mit viel Druck auf der Front unterwegs sind und solche, die gerne technische Trails fahren, werden es lieben wie hoch die DT-SWISS F535 im Federweg steht und damit sehr viel Sicherheit vermittelt. Die einzige Kehrseite dieser eigenen Charakteristik ist, dass man auch bei einem optimalen Setup die letzen Zentimeter ihres Federwegs nur selten voll ausnutzt. Ich könnte mir vorstellen, dass die F535 mit einer etwas später einsetzenden oder weniger starken Dämpfungsprogression sogar noch besser wäre, aber bereits in ihrer aktuellen Form ist ihre Performance für ein erste Entwicklungsstufe mehr als nur beachtlich. Aktuell gibt es die DT-SWISS F535 mit Federwegen von 130 bis 160 mm Federweg, wobei ein Umbau des Federwegs nicht möglich ist. Die gefühlt sehr hohe Steifigkeit und das Gewicht um 2150 g passen sehr gut zum Einsatzbereich der Gabel, der von Trail bis Enduro reicht. Für mich ist die DT-SWISS F5353 ONE eindeutig eine der bisher wichtigsten und innovativsten Neuheiten des Jahres 2018.
RIDE ON,
c_g
Cooler Test Chris! Um das letzte aus der Gabel zu holen wäre eine AWK eine coole Sache. Mal sehen ob https://www.chickadeehill.de/ darauf reagiert. Die F535 schreit ja förmlich danach. Cheers Jens
@Jens: Hmm, interessanter Gedanke. Vielleicht versteh ich die Funktionsweise der AWK falsch, aber da sie ja nur in die Charakteristik der Federung eingreift, glaube ich, dass es die Situation zwar verbessern könnte, aber evtl. nicht dort angreift, wo es notwendig wäre. Das Thema der hohen Progression am Ende des Federwegs ist meiner Meinung nach und nach den Erfahrungen bei dem Experiment mit den APT-Spacern eher eine Sache der Dämpfung auf welche die AWK ja keinen Einfluss hat.
Aber vielleicht hast du ja auch recht – spannend wäre es auf alle Fälle mal.
Hallo C_g,
Ich habe mit grossem Interesse deinen Test der DT Swiss-F535-One gelesen, vor allem den Teil als Du die Gabel an einem Hardtail montiert hast. Genau das überlege ich mir auch zu machen. Ich fahre ein Merida BigNine1200 lite und bin bis heute begeistert davon. Für lange Touren mit nur wenig/leichtem Trailanteil ideal. Inzwischen habe ich aber das Trail-fahren für mich entdeckt und festgestellt, dass die originale Gabel DTSwiss Xmm 100 lockout etwas schwach auf der Brust ist. Sie ächtzt, nicht zuletzt wegen meines Gewichts von über 90Kg, ganz schön unter der Belastung und kommt, wie ich meine an ihre Grenzen. Da ich das Rad nicht aufgeben will, aber eine bessere Gabel brauche, wollte ich die DTSwiss F535 One einbauen. Dein Test hat mich ermutigt es zu probieren, oder zumindest in Betracht zu ziehen. Allerdings habe ich eine Frage, da die Gabel von 100mm auf dann 160mm anwächst, verändert sich ja die gesamte Geometrie. Hast du hier Erfahrungswerte wie sich dies auf das Rad, die Sitzposition, den Verlust der Haftung des Vorderrads am Berg, usw. auswirkt? Könntest du mir hier einen Rat geben, ob mein Vorhaben überhaupt machbar ist und falls ja, wie es die bisherige Performance meines Rads (voraussichtlich) beeinflusst. Vielen Dank für deine Mühe.
Grüsse Stephan
@Stephan: Hallo Stephan, es freut uns, wenn du aufgrund eines unserer Tests Hilfe bei der Auswahl einer Gabel gefunden hast. So wie du es beschreibst, würde die neue Gabel (mit 160 mm Federweg) die Geometrie deines Bikes aber derart dramatisch verändern, dass wir dir wirklich davon abraten würden dies so zu machen. Selbst eine Umbau auf die F5353 ONE in deren geringstem Federweg (130 mm) könnte bereits grenzwertig für dein Bike sein sein könnte aber noch hinhauen. Mit 60 mm Federwegsdiffereqz zwischen den Gabeln bist du aber ganz sicher weit über dein Ziel hinausgeschossen. Lieber nicht machen und entweder eine robustere Gabel mit 100 bis 130 mm nehmen, oder auch gleich in einen neuen Rahmen investieren.