POLE Machine – Kurztest aus Riva: von c_g

Dieses Jahr gab es eine Fülle an wirklich spannenden neuen Bikes, aber gerade wegen seiner bahnbrechend neuen Konstruktionsweise war ich ganz besonders gespannt wie sich wohl das POLE Machine fahren würde.

Das POLE Machine ist ein Bike wie kein anderes und das sieht man ihm bereits auf den ersten Blick an ….

… Sogar der Schriftzug ist in den Rahmen eingefräst und danach erst farbig aufgeklebt.

Wie ihr eventuell noch von der Vorstellung des Bikes wisst, besteht der Rahmen aus mehreren verschraubten und verklebten 7075er Bauteilen, die alle für sich aus massiven Alublöcken gefräst worden sind.

Diese Konstruktion erlaubt es POLE mit geringster Vorlaufzeit beinahe jede Veränderng an dem Bike umzusetzen, die man sich vorstellen kann. Optimierte Geometrie, veränderte Wandstärken, neue Standards? Durch die komplett CNC-basierte Fertigung alles  kein Problem für den finnischen Kleinserienhersteller. Und weil das gesamte, nicht genutzte Alu problemlos recycelt und wiederverwertet werden kann, Energie in Finnland weitgehend umweltfreundlich gewonnen wird, und man keinerlei Nachbehandlung oder Lackierung für die Rahmen benötigt, betont POLE Frontmann Leo Kokkonen die bessere Ökobilanz dieser Rahmen gegenüber den in Fernost gefertigten Carbonrahmen. Ob dieser Anspruch wirklich zutrifft und wie positiv die Ökobilanz nach Berücksichtigung aller Faktoren wirklich ist, könne wir nicht verifizieren, eine hochinteressante und spannende Sache ist das Bike aber auf jeden Fall.

Asymmetrische Ablenkung und ein um 90° gedrehter Dämpfer ermöglichen eine unglaublich eneidrige Überstandshöhe und viel platz im Rahmendreieck.

In vielen anderen Bereichen bleibt POLE mit dem neuen Machine nahe an dem dran, was man bereits bei den Evolink Bikes mit klassischen Rohrformen umgesetzt hat. Der Federweg ist zwar auf 170- 180 mm and er Front und 160 mm am Heck angewachsen, aber ansonsten sind viele Tech-Features der Evolink Bikes auch hier wieder zu finden. Die Evolink Hinterbau-Kinematik ist eine eigene Interpretation eines VPP Hinterbaus, bei dem der untere Umlenkhebel um das Tretlager rotiert, und der gesamte Schwerpunkt bemerkenswert niedrig im Bike bleibt.
Neu bei dem Machine ist dagegen die asymmetrische Aufhängung und Anlenkung des Dänpfers. Dadurch lässt sich einerseits das einteilige Sitzrohr (übrigens das einzige echte „Rohr“ am Rahmen) seitlich am Dämpfer vorbeiführen, der Dämpfer um 90° gedreht montieren und damit der Raum schaffen um auch in einem kleinen Rahmen mindestens 2 große Wasserflaschen zu montieren. Der Rahmen und die Lager sind natürlich für die speziellen Belastungen dadurch ausgelegt, so dass es deswegen auch langfristig keine Probleme geben soll.

Interessant ist auch die komplett externe Leitungsverlegung bei der die Leitungen gebündelt in speziellen Aussparungen auf der Oberseite des Unterrohrs verlaufen. Die Befestigung erfolgt ganz einfach über Kabelbinder, die durch kleine Öffnungen auf der jeweils anderen Seite des Unterohrs geführt werden. Einfach und sehr aufgeräumt.
Ach ja, wer möchte kann Reifen bis zu 29 x 3.0“ an dem Bike einsetzen, auch wenn mir das ein wenig übertrieben erscheint, bedeutete das, dass man damit mit jedem Reifen seeehr viel Raum für Matsch und Modder hat. Wen es interessiert, der Serienrahmen des Machine soll es ohne Dämpfer auf sehr vertretbare 3,2 kg bringen und das hier von mir gefahrene Bike in Rahmengröße M (samt ONE-UP Tool und 250 g HUCK NORRIS Einlagen brachte es auf ordentliche 14,75 kg.

Geometrietabelle des POLE Machine – zum Vergrößern einfach anklicken.

Auch bei der Geometrie bleibt das POLE Machine dem extrem progressiven Ansatz treu und vereint fast schon DH-taugliche Lenkwinkel (63,9°), extreme Reach- und Radstandwerte mit einem super steilen Sitzwinkel (79°).  Mit den oben aufgeführten werten bleibt das POLE auch heute noch eines der progressivsten Bikes, die man derzeit kaufen kann. Ich hatte ja in Riva bereits die Gelegenheit den Vorläufer des Machine, das Evolink 140 EN bereits kurz zu fahren und zu erleben welches Potential in der Geometrie steckt – bergab aufgrund der extremen Laufruhe und Gutmütigkeit eine Waffe und bergauf weitaus entspannter, als man es glauben möchte.

POLE bietet das Machine bereits zur Vororder an mit einer geplanten Auslieferung  im Juli. Aktuell hat man die Auswahl zwischen zwei Komplettbike-Varianten (Machine EN als Top-Modell für den Einsatz als Enduro-Racer für 6950 Euround das Machine TR mit einer etwas einfacheren Ausstattung für 5500.- Euro), sowie als Rahmenkit (inkl. Steuersatz und Dämpfer) für 3450.- Euro.

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POLE Machine Praxiseindrücke

Weil wir zu einem der frühesten Magazinen gehören, die POLE mit ihrer Out-Of-The-Box-Philosophie ernst genommen haben, hat Leo sich in Riva die Zeit genommen um mit mir gleich 2 Runs über den Skull Trail auf der Machine zu unternehmen – einen zum Eingewöhnen und einen um mir die Chancen zu geben die Grenzen des Bikes wirklich auszuloten. Aber ganz ehrlich – auch nach zwei Runs auf dem sehr vielseitigen Trail hatte ich zwar meine eigenen Grenzen ausgelotet, war bis zum Anschlag voll Adrenalin, bin aber nie wirklich dorthin gekommen, wo das Bike selber Grenzen setzt.

Das POLE Machine verleitet mit seiner Fahrstabilität und der exzellenten Federung dazu überall Gas zu geben.

Auch wenn mir die sehr laufruhige und fehlerverzeihende Geo ja bereits vom Evolink 140 EN bekannt war, war es auch hier wieder ein Erlebnis, wie viel subjektive Sicherheit sie einem in allen Lagen vermittelt. Sei es bei High-Speed-Passagen über grobe Steinfelder, in echt technischen Steilstücken oder auch auf gemäßigten Trails … das POLE Machine gehört zu der Art von Bikes, die einfach immer mehr vorn einem fordern – mehr Speed genauso wie mehr Wagemut. Während der beiden Runs habe ich eine steile Lernkurve erlebt, mit der ich immer mehr gelernt habe dem Bike zu vertrauen. Statt wie von gemäßigteren Bikes gewohnt eine aktive Fahrweise mit ständiger Schwerpunktsverlagerung zu haben, ist das Machine so gestrickt, dass man am besten in einer zentralen Position auf dem Bike bleibtund dem Bike und seiner Federung vertraut.

Die EVOLINK Kinematik funktioniert am Machine ausgezeichnet und bietet sate 160 mm Federweg, deren Limit man nur durch eine echte grobe Fahrweise erahnen kann.

Die Sicherheit, die man durch den langen Radstand, den ultraflachen Lenkwinke und die aktive Federung bekommt, ist atemberaubend und verleitet den willigen Fahrer dazu immer und immer schneller zu fahren … egal in welchem Gelände. Gegen Hälfte des zweiten Runs hatte ich mich in einen Geschwindigkeitsbereich angelangt, bei dem jeder noch so keine Fehler in dem verblockten Gelände mit Sicherheit Konsequenzen gehabt hätte und ich mich deswegen zügeln musste, während die Federung unter mir noch wunderbar souverän unter mir agiert hat. Überhaupt erschien mir die Federung des Machine noch mal einen Schritt sensibler, aktiver und potenter, als sie es schon vorher beim Evolink gewesen war. Die 20 mm mehr an Federweg aber auch die jüngste Generation an Dämpfern spielen hier definitiv hinein und sorgen dafür, dass das Machine durch fast nichts aus der Ruhe zu bringen ist.

Selbst wenn man mal nicht die Ideallinie trifft, bleibt das POLE Machine sehr gutmütig und bringt einen bereitwillig wieder zurück auf Spur.

Sobald ich mein persönliches Limit erreicht hatte, habe ich angefangen absichtlich etwas unsaubere Linie zu wählen, aktiv in Steinfelder hinein zu springen, statt sie abzufedern usw. und nichts davon hat die Federung an ihre Limits gebracht. Ich hatte dabei zwar einige heftige Durchschläge an dem normalen MAXXIS Exo Reifen, die aber allesamt dank Huck Norris Einlagen ohne Felgen geblieben sind.

Wer sich jetzt angesichts der Beschreibung wundert, was es nun mit dem so spannenden geklebten Rahmen und der revolutionären Herstellung auf sich hat – nun, auf dem Trail spürt man davon überhaupt nichts. Der Machine Rahmen ist mindestens genauso steif und präzise wie andere sehr hochwertige Alurahmen und hatte bis auf die wahnsinnig spannende Optik nichts wirklich Ungewöhnliches an sich. Sobald man darauf Platz nimmt und sich an die doch etwas spezielle Geo gewöhnt hat, vergisst man schon nach kürzester Zeit wie ungewöhnlich dieses Bike doch ist und genießt einfach nur den unvermeidlichen Speed-Rausch. Natürlich ist der Skull Trail kein normales Testgelände und die beiden Shuttle-Runs können keinen normalen Test ersetzten, die kurze Zeit auf dem Bike gab mir aber viel Aufschluss darüber was für ein Kaliber von Bike das neue Machine doch ist. Und hier kann ich klar sagen, dass es in einer Liga für sich spielt, was die Laufruhe und subjektive Sicherheit angeht.

Mit dem Bike ist man einfach überall richtig schnell unterwegs.

Bis auf wenige kleine Gegenanstiege gab es auch keine nennenswerten Uphills, die über seine Fähigkeiten diesbezüglich Auskunft geben würden, aber aus meinen Vor-Erfahrungen mit dem Evolink 140 weiß ich, dass das Bike sich hier mit dem supersteilen Sitzwinkel und dem langen Hinterbau zwar anfangs etwas ungewohnt anfühlt, dann aber auch bergauf eine Gelassenheit an den Tag legt, die man einfach erlebt haben muss. Ehe die Front hier leicht wird, sind vermutliche eher die Beine am Limit.

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Kurztest-Zusammenfassung

Die finnische BikeschmiedePOLE bringt mit dem Machine ein nach Speed gierendes Long-Travel 29er Enduro, das seinesgleichen sucht. Ein Bike das sich in beinahe jedem Aspekt von allen anderen absetzt. Die extreme Geometrie, die eigene Hinterbaukinematik und natürlich die spezielle aus der Luftfahrt entliehene Fertigungs-technik machen das POLE Machine zu einem reinrassigen Race-Enduro das nicht nur überall. Wo man es sieht viel Aufmerksamkeit erregt, sondern auch noch unglaublich gut funktioniert. Eine Bike das für jeden Fahrer die Grenzen des Fahrbaren hinausschiebt, und das einen dazu herausfordert bergab persönliche Bestzeiten aufzustellen. Ob es ein Bike für jedermann und für jeden Trail ist, lässt sich nach dem kurzen und ganz sicher downhill-lastigen Test nicht sagen, mit den Erfahrungen des ähnlichen Evolink im Hintergrund, bin ich aber guter Dinge, dass es auch das recht gut machen dürfte. Wir sind bereits im Gespräch um ein Testbike auch für einen normalen TNI-Test zu bekommen.

RIDE ON,
c_g