STOLL T1 Trailbike – BIKE Festival Riva’18: von c_g

(Anmerkung: Bei diesem Kurztest handelt es sich um die Beschreibung einer lediglich kurzen Testrunde. Er ist also lediglich als erster Eindruck zu einem vorher unbekannten Bikes zu werten und nicht als umfassender Testbericht.)

STOLL hatte in Riva einen imposanten Stand und viele Testbikes … und die waren nahezu ständig ausgeliehen.

Wer bereit ist zwischen 7.000 und 10.000 Schweizer Franken für ein Bike auszugeben, der darf – nicht ganz unbegründet – ein wahrlich erstklassiges Bike erwarten. Bei der exklusiven Schweizer Bikemarke STOLL BIKES weiß man das und bietet dem Kunden daher ein auf jeden Kunden maßgeschneidertes Bike mit maximaler Performance und unvergleichlicher Optik. Außerdem werden alle ihre Rahmen von Hand in Deutschland bei den Carbonexperten von BIKE AHEAD gefertigt. Man kann sich bei den ultraleichten Carbonbikes zwar nicht die Wunschgeometrie aussuchen, hat dafür aber die Möglichkeit den Rahmen auf das Körpergewicht, die Fahrweise fertigen zu lassen. Daher variieren die Gewicht und die Rahmensteifigkeit auch je nachdem.  Dies gilt für alle STOLL Bikes – das ultraleichte Race-Hardtail, R1, das XC-/Marathonfully  M1 oder dessen nahezu baugleicher Bruder mit etwas mehr Federweg, das Trail-Fully T1, das ich im Rahmen des BIKE Festivals in Riva kurz fahren konnte. Bei STOLL ist auch jedes Bike ein kompletter Custom-Aufbau, der ganz nach den individuellen Wünschen des Kunden und mit Hilfe der Erfahrungen von Thomas Still, dem Gründer der Firma zusammengestellt wird. Das von uns gefahrene Testbike liegt dabei mit seiner XX1 Eagle Schaltung, den DUKE Carbon-Laufrädern, YEP Dropper Stütze und FOX Factory Federelementen ziemlich am oberen Ende des Spektrums. Sein effektiver VK dürfte  bereits nahe bei 10.000 CHF liegen … aber das nur am Rande.

Das STOLL T1 ist das Trailbik ein Sortiment und bietet 138 mm Federweg am Heck und wahlweise 130 oder 140 mm an der Front.

Das T1 ist ein Fully mit 138 mm Federweg am Heck und wahlweise 130 oder 140 mm an der Front. Seine Hinterbaukinematik basiert auf einem VPP-System, also mit einem virtuellen Drehpunkt, der durch die beiden Umlenkhebel definiert wird. Durch sorgfältiges Ausbalancierend er Kräfte soll das T1 dadurch gleichermaßen antriebsneutral und effizient, wie auch sensibel und aktiv sein.

Was das Thema Sensibilität angeht, verhelfen die vielen spannungsfrei verbauten, sehr hochwertigen INOX-Lager dem Hinterbau fast ohne Reibung zu arbeiten. Ich durfte am Stand einen Rahmen ohne Dämpfer inspizieren und kann offen sagen, noch nie vorher einen derart leichtgängigen Hinterbau erlebt zu haben. Das war dann auch sofort zu spüren, als ich nach dem Setup, das Bike in Richtung Brione bewegt habe, denn mit offnem Dämpfer scheint der Hinterbau wirklich auf fast jeden Kieselstein zu reagieren.

Bei der Rahmengeometrie kann das T1 seine vortriebsorientierten XC-Gene nicht verleugnen und wirkt klassisch sportlich geschnitten. Mit der an meinem Testbike verbauten 130 mm Federgabel hat es einen Lenkwinkel von 68°, gepaart mit einem modernen 74,5° Sitzwinkel und einem ordentlichen BB-Drop von 35 mm. Die Oberrohrlänge fällt mit 625 mm in Rahmengröße Large moderat aus und auch die Kettenstrebenlänge von 438 mm scheint ein guter Kompromiss für ein Trailbike mit einer leichten Tendenz in Richtung Agilität. Mal sehen wie es sich in der Praxis fährt.

Mit seinen kantigen Rahmenforen und den blauen Farbakzenten ist das STOLL T1 selbst für verwöhnte Augen ein wunderschönes Bike.

Leider hatte ich zwischen zwei Terminen weniger Zeit mit dem STOLL T1 als ich normalerweise für die Testrunde habe und so musste ich die kurze Runde über den Birone ziemlich flott fahren. Doch wie sich schnell herausgestellt hat, ist das eine Gangart, mit der das T1 besten zurecht kommt.

Wir haben das M1 entwickelt damit man damit auf der Feierabendrunde problemlos auch mit den Freunden mithalten kann, die mit einem Hardtail unterwegs sind und doch am Wochenende auch ganz gelassen eine anspruchsvolle Trailtour fahren kann. Das T1 hat die gleichen Gene hat mit seinem Federweg aber einfach noch etwas mehr Reserven.“  (Thomas Stoll).

Bergauf fällt sofort aufgefallen was für einen außergewöhnlich guten Vortrieb des T1 besitzt. Selbst in dem Trailbike ist sofort zu spüren, dass Thomas Stoll, der Begründer und Eigentümer von STOLL BIKES seine Wurzeln als XC-Profi und Team-Manager hat. Wie immer ist Vortrieb eine Kombination aus verschiedenen Features.
Da wäre einmal das sehr geringe Gewicht des Bikes. Mit ziemlich genau 11 kg ist unser Testbike für ein 130 mm Trailfully natürlich außergewöhnlich leicht – nicht zuletzt wegen der exklusiven Ausstattung mit SRAM XX1, BIKE Ahead Carbon-Laufrädern und dem natürlich sehr leichten Rahmen. Noch dazu ist der Rahmen bemerkenswert seitensteif. Ich bin schon sehr viele Rahmen gefahren und der hier gefahrene STOLL T1 Rahmen gehört definitiv zu einem der gefühlt steifsten – was angesichts eines Rahmengewichts von 2450 g  (inklusive Dämpfer) wahrlich bemerkenswert ist. Dieses Gewicht bezieht sich auf das getestete Testbike – auf Wunsch geht es bis zu 150 g leichter und schwerer, mit dementsprechend geringerer oder höherer Steifigkeit. Schon allein an dieser Wahlmöglichkeit merkt man deutlich das Know-How, das durch die Fertigung bei BIKE AHEAD in Deutschland mit eingeflossen ist.

 

 

Überhaupt muss man an de Stelle einfach mal kurz das Auge über den wunderschönen Rahmen gleiten lassen, der komplett ohne ästhetischer Sichtcarbon-Schicht so aus dem Mold kommt. Nur die Nahtstellen zwischen den Mold-Formen müssen noch etwas verschliffen werden, ansonsten kommt der Rahmen genau so wunderschön aus dem Mold – nur wenige Carbonhersteller sind in de Lage so etwas zu machen. Einen so formenreichen Rahmen so unglaublich ebenmäßig hinzubekommen ist allein schon ein kleines Meisterwerk. Für den besseren Schlagschutz werden an gefährdeten Stellen zusätzliche Carbonfasern eingearbeitet, wie etwa am Unterrohr, das damit ganz ohne aufgeschraubten Kunststoff-Schlagschutz auskommt. Den Anspruch auf Perfektion merkt man auch an den mit dem Rahmen verschraubten, größenspezifischen Bremssockeln – statt mit einem Sockel und verschiedenen Adaptern für jede Scheibengröße zu arbeiten, gibt es bei STOLL für jede Größe eigenen Sockel. Nicht die einfachste, aber sicher die technisch beste Lösung. Ein kleines, aber feines Detail am Rahmen ist auch die sehr durchdachte Leitungsführung, die nahezu längungsfrei hinter dem Tretlager den Rahmen verlässt um gleich wieder auf beiden Seiten in den Kettenstreben zu verschwinden – leider habe ich keine Bilder davon.

Vortrieb und erstklassige Kraftübertragung sind zwei der Attribute, die das Klettern mit dem T1 zum Vergnügen machen. Die hohe Steifigkeit und das geringe Gewicht sind zwei weitere weswegen man damit nur zu gerne Höhenmeter sammelt.

Als letzter Aspekt der dem Vortrieb zugute kommt ist natürlich noch die VPP-Kinematik zu erwähnen. Einen runden Tritt und kontinuierlichen Kettenzug vorausgesetzt, bleibt das Heck beim Anstieg wunderbar ruhig und zeigt sich ausgesprochen antriebsneutral. Fehlt dem Fahrer jedoch die Fahrtechnik Finesse, Im Wiegetritt oder bei einem weniger rundem Tritt neigt das Heck mit seinem unglaublichen Ansprechverhalten aber doch zu leichten Pumpbewegungen, weshalb ich doch hin und wieder zum straffenden Plattform Modus gegriffen habe. Auch bei den sehr steilen Felsstufen im obersten Teil des Anstiegs – ein sehr guter Test für das Klettervermögen eines Bikes – habe ich den etwas strafferen Modus bevorzugt um das Heck einfach etwas höher im Federweg stehen zu lassen. Letztlich kommt es aber wirklich auf den Fahrstil und das Gelände an, wie man das T1 fährt … an Traktion und Komfort fehlt es dem Bike bergauf garantiert nie.

In richtig steilem Gelände fordert die klassische und ausgewogenen Geometrie den Fahrer etwas mehr, aber durch die sehr hohe Lenkpräzision und ausgezeichnete Kinematik hat das Bike doch recht hohe Reserven.

Auf der zum Teil sehr steilen und oft vorblockten Abfahrt hinunter gab sich das STOLL T1 dann eher unauffällig gutmütig. Auch wenn der eher steile Lenkwinkel ein wenig mehr Fahrtechnik und eine präzisere Linienwahl einfordert verhelfen einem die sehr hohe Lenkpräzision des Rahmens und der sehr traktionsstarke Hinterbau doch zu einer gefühlt hohen subjektiven Fahrsicherheit, dank der man mit dem T1 gerne auch richtig flott unterwegs ist. Selbst in diesem anspruchsvoll steilen Gelände, das ein 130 mm Trailfully doch ziemlich fordert, hat das T1 weiterhin eine richtig gute Figur abgegeben.

Wer ein STOLL T1 Bike fahren will bezahlt zwar einen hohen Preis, darf dafür aber wirklich ein in allen Aspekten durchdachtes und wunderschönes Bike mit sehr guter Trail-Performance.

Kurztest Zusammenfassung: STOLL beschreitet mit seinen Bikes einen sehr spannenden Weg. Allein schon die Tatsache, dass jedes der Räder von Hand bei BIKE AHEAD gefertigt wird, das unglaublich edle Rahmendesign und der selbst entwickelte Hinterbau machen jedes STOLL zu einem echten Sammlerstück und rechtfertigen den zugegeben hohen Preis. Doch auch im Praxiseindruck konnte das hier gefahren T1 mich als klassisch geschnittenes, agiles Trailbike voll und ganz überzeugen. Der sahnig weich ansprechende und doch antriebsneutrale Hinterbau, die hohe Rahmensteifigkeit und die edle Custom-Ausstattung ergeben ein Bike, das bergauf genauso viel Spaß macht wie auf dem Trail. Hut ab an STOLL BIKES und BIKE AHEAD für diese wirklich gelungene Kooperation und die tollen Bikes.

RIDE ON,
c_g