Projekt „New Whip 2.0“ – ein Editorial-Test: von Grannygear
Wie ihr euch vorstellen könnt, war ich nicht besonders erfreut, als ich mir selber eingestehen musste, dass mein Projekt „New Whip – 1.0“ aus verschiedenen Gründen nicht den erhofften Erfolg hatte. In der Zeit, in der ich mir zum Projekt New Whip 2.0 Gedanken gemacht hatte, war von vornherein klar, dass das Bike sowohl 29er, wie auch 27,5+ kompatibel sein musste.
Ein dabei ausschlaggebendes Erlebnis war auch das MAGURA Presscamp im Mai 2016: Während ich auf den Trails in Sedona, Arizona meistens mit dem INTENSE Primer 29er unterwegs war – derzeit wohl eines der besten 29er, die ich bisher gefahren bin – habe ich für eine kurze Runde auch das dort ebenfalls vorgestellte INTENSE ACV gefahren, ein Bike mit geringfügig mehr Federweg, leicht aggressiverer Geometrie und 27.5×2.8“ Reifen. Ursprünglich hatte ich das ACV eher argwöhnisch beäugt, aber nach meiner Testrunde, die ich unmittelbar vorher mit dem Primer gefahren war muss ich offen zugeben, dass ich das ACV auf den felsigen Trails rundum besser fand – mehr Traktion, mehr Sicherheit, komfortabler und sogar agiler … einfach besser.
Dieses Erlebnis hat mich weiter ins Grübeln gebracht und mich vor die Frage gestellt was miene Top-Priorität beim Biken ist: Effizienz und Speed? KOMs auf bekannten Strecken? Sicherheit? Gewicht? Nach einiger Überlegung bin ich zu dem Schlus gekommen, dass es in erster Linie der „Fahrspaß“ und die „Vielseitigkeit“ war.
Aber genau da liegt die Crux der Story, Was definiert „Fahrspaß“ und „Vielseitigkeit“? Für den einen mag das ein starrer Singelspeeder sein (nicht für mich ;-), für den anderen, der in BC zuhause ist ein 160 mm Enduro mit unzerstörbaren Komponenten (ich lebe in Südkalifornien und unsere Trails sind weit weniger technisch …). Für die allermeisten Leute und da zähle auch ich mich dazu, ist das ideale Bike eines, mit dem man viele Sachen machen kann, seine normalen Runden mit viel Spaß fahren, auch mal einen Bikepark besuchen und dabei keine Angst ums Material haben, auch mal einen Hobbymarathon mitfahren und … geht das alles wirklich ohne größere Kompromisse und ohne dafür ein wahres Vermögen auszugeben? Was wäre, wenn ich das Spektrum ein wenig einenge? Muss mir mein neues Bike unbedingt bergauf KOMs einbringen und dort mit 10 kg Hardtails mithalten können? Ganz ehrlich, dafür habe ich bereits ein schnelles und leichtes Hardtail in der Garage stehen. Also habe ich mich etwas mehr auf die Trailbike-Seite konzentriert.
Derzeit wimmelt es auf dem Markt geradezu an Bikes, die sowohl 29er, wie auch 27,5+ Reifen zulassen. Aber heißt möglich auch zugleich sinnvoll? Ich bin mir nicht sicher und auch wenn c_g bereits diverse Tests und Versuche hierzu unternommen hat, gab es doch immer eine Variante, bzw. ein Format, das ihm besser gefallen hat. Es scheint fast so als wären die Kompromisse gerade was die Tretlagerhöhe angeht, nicht zu unterschätzen .. vor allem wenn man nicht 3.0 sondern die immer populärer werdenden 2,8“ Reifen anschaut. Diverse Hersteller haben das Problem erkannt und adressiert … und bieten genau deswegen Plattformen an, die zwar beide Laufradformate zulassen, aber die Anpassung aber oft so aufwendig ist, dass es nur wenige Fahrer wirklich praktizieren werden. Das PIVOT Switchblade mit der auszutauschenden unteren Steuersatzschale oder das NINER JET9 und RIP9 RDO jeweils mit unterschiedlichen Gabel-Federwegen sind gute Beispiele dafür. Außerdem erfordert es, wie ja auch c_g schon angemerkt hat immer eine gewisse Umgewöhnung zwischen 29 und 27,5+ … nicht sehr viel, aber doch so, dass nicht jeder das so locker macht, wie unsereins, die ständig auf anderen Bikes sitzen. Wer es mal gemacht hat, wird feststellen, dass es auf technischen Trail sehr leicht fällt von 29 auf 27,5+ umzusteigen, der Weg zurück aber etwas schwieriger ist, weil man auf einmal wieder viel präziser und sauberer fahren muss.
Letztlich glaube ich, dass der Trend nach „mehrere Laufradformate an einem Bike“ eine Sackgasse ist und es in Zukunft wieder zunehmend dedizierte Plattformen geben wird. Vorläufig ist die Multi-Kulti-Mentalität aber noch ein echtes Argument was die Zukunftssicherheit angeht – einfach weil noch keiner wirklich weiß, wohin die Reise geht.
Als es darum ging, mich letztlich zwischen den Optionen zu entschieden und ein Bike zu kaufen, hatte ich noch ein paar Punkte abzuhaken.
- Das neue Bike durfte nicht mein Konto sprengen. Ein echtes High-End Bike kam für mich nicht in Frage aber ein zu günstiges Bike würde einfach so schwer, dass es mir auch keinen Spaß macht.
- Ich selber habe zu wenig Erfahrungen mit dieser jüngsten Generation von Multi-Format-Bikes, weshalb ich keine großen Experimente machen und auf eine mir bekannte Marke zurückgreifen wollte.
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Ein paar Monate später, hatte ich das für mich ideale Bike fertig, das für mich und meine Trails das Thema Fahrspaß am besten verkörpert … mein leicht modifiziertes SPECIALIZED Stumpjumper Carbon Comp 6Fattie.
(Anmerkung: In DE werden keine 6Fattie Modelle des Stumpjumper vertrieben. Hierzulande muss man den Umweg gehen und eine 29er Version kaufen und dann mit einem zusätzlichen LRS und Reifen umrüsten. Das genannte Bike als 29er kommt auf 3999.- Euro).
Als das SPECIALIZED Stumpjumper 6Fattie rauskam, fand ich es cool, dachte aber nie daran mir eines zu kaufen. Aber die vielen postiven Berichte meiner Bikekumpels, die alle von ihren Testfahrten damit schwärmten, haben mich zum Nachdenken gebracht. Also habe ich einfach eine kurze Testrunde im örtlichen Bikeshop gemacht – mehr um die Rahmengröße festzulegen als alles andere.
Bisher dacht ich immer, dass die Expert Bikes die für mich ideale Balance aus Preis, Gewicht und Performance wären, aber am Ende habe ich mich doch für das günstigere Stumpjumper Comp Carbon mit Carbon Hauptrahmen und Alu-Hinterbau (genau wie das Expert) entschieden um es mit ein paar kleinen Upgrades aufzuwerten. Bei den Komponenten gibt es halt eine etwas schwerere Yari anstatt der Pike und den Monarch RT Dämpfer, statt des RT3. Der Rest des Bikes ist zwischen beiden Modellen nahezu identisch.
UPGRADE #1: Laufräder und Reifen
Interessanterweise kam das 6Fattie schon ab Werk bereits mit Laufrädern, die nur 29 mm Innenweite haben, genauso wie mit den Normalreifen. Nach heutigem Verständnis ist das recht wenig für 3,0“ breite Reifen, aber ich habe mir einige Gedanken dazu gemacht und kam zu dem Schluss, dass um die 30 mm genau das ist, was ich wollte um die Reifen weniger Fatbike-ähnlich zu bekommen. Die Kombi aus Plus-Reifen und einer nur moderat breiten Felge macht den Reifen eher spitz und sorgt so für ein agiles Handling. Breite Felgen machen den Reifen platt und das war mir was ich vermeiden wollte. Außerdem geht es mir nicht darum den niedrigstmöglichen Druck mit Plus-Bike fahren, sondern einen sinnvollen um den Komfort ohne Durchschläge zu genießen – für mich im Bereich von 1,15 bis 1,25bar.
Das war also schon mal OK, aber was mir an dem Serienbike nicht so optimal gefallen hat, war das Gewicht von Laufrädern und Reifen.
Deswegen habe ich noch mal investiert und zwar in die ROVAL Traverse Fattie SL 650b Laufräder, die mit 1530 g richtig leicht sind … und die schweren Purgatory 6Fattie Grid Reifen gegen leichtere Control Reifen. Beides zusammen hat mir das Bike um satte 1,15 kg erleichtert und zwar dort wo man es wirklich merkt. Macht ein Gesamtgewicht für das Bike von 13,6 kg– ein für akzeptables Gewicht.
UPGRADE #2: Cockpit
Diese Änderung war nur teils funktionell bedingt, der andere Teil war schlicht und einfach die Optik. Der Original-Lenker hatte satte 27 mm Rise und mit dem 6° Vorbau war die Front damit für meinen Geschmack zu hoch. Außerdem war der Lenker mir mit 750 mm etwas zu schmal. In Folge habe ich einen RACE FACE SICX Lenker von Jeff bekommen und einen 0° SPANK Vorbau, die zusammen genau das bewirkt haben, was ich an Sitzposition wollte.
Meine ersten Eindrücke zu dem neuen Bike sind sehr positiv und bisher habe ich keine echten Kritikpunkte, außer vielleicht dem Gewicht, aber das wusste ich schon vorher … Soweit zum Intro meines Projektes „New Whip 2.0“ oder besser gesagt, dessen ersten Teil, denn wie angesprochen gilt es ja noch das XC-orientierte Einsatzspektrum zu besetzen – dieses Mal mit einem echten 29er.
Grannygear.
Grannygear auf der Suche nach dem Glück (auf zwei Rädern)
Gestern auf einem süddeutschen Mittelgebirgsgipfel. An Zweirädern vertreten:
Ein 29er Fully (meins)
Drei 200mm DH-Boliden
Zwei 28er Trekkingräder
Ein maximalgetuntes Carbon-HT
Alle Fahrer offensichtlich glücklich und zufrieden. Praktisch die ganze Bandbreite an denkbaren Fahrrädern. Obwohl die einen bergauf, die anderen bergab schieben mussten.
Fahrspass und Vielseitigkeit sind offensichtlich auch ganz wesentlich Kopfsache. Schön!
Brauche ich ein drittes Bike?
(natürlich nicht, aber die Suche nach schönen Rädern reizt einen ja doch)
So, Good Luck on „New Whip 2.0“