VITTORIA Mazza 4C Graphene 2.0 Enduro-Reifen – Praxiserfahrungen (von c_g)
Etwa im Sommer diesen Jahres hat der italienische Reifenhersteller VITTORIA den Mazza als ihren bisher aggressivsten Enduro-Reifen vorgestellt.
Mit allen Zutaten eines modernen und performance-orientierten Reifens bietet der Mazza alles, was man sich an Technologien von VITTORIA gerade wünschen kann. Der Kürzel „4C“ steht für das meines Wissens nach in der Bikeindustrie einzigartiges 4-fach Compound. „Graphene 2.0“ steht für die bereits zweite Generation von Compounds, denen der ultraleichte High-Tech-Stoff beigemischt wird, der beinahe alle Eigenschaften positiv beeinflussen soll – mehr Grip und weniger Rebound bei gleichzeitig weniger Rollwiderstand und längerer Lebensdauer … so der Hersteller.
Anders als der VITTORIA Mota und Martello mit ihrem eher blockig rechteckigen Profil, die ich in 2018 ausgiebig fahren konnte (Test hier), nimmt der Mazza sehr viele Anleihen vom Agarro, den MiMü in 2019 getestete hat – nur eben deutlich agressiver. Zwischen den paarweise angeordneten und nach vorne angeschrägten, bzw. gestuften Mittelstollen ist viel Platz für Schmodder. Die Seitenstollen fallen ordentlich breit und sehr stabil aus.
Ein Kennzeichen der jüngsten VITTORIA Profile ist immer das Progressive Siping – eine ausgeklügelte Kerbung der einzelnen Stollen um einerseits deren Flexverhalten potiv zu beeinflussen und andererseits zusätzliche Grip-Kanten zu erzeugen.
Im 29er Format gibt es den Mazza in 2,4“und in 2,6“ Breite, sowohl in der etwas leichteren und eher für Trailbike gedachten TNT Karkasse (laut Hersteller 950 und 1100 g) oder für Enduro und E-Bikes gedachten doppellagigen TLR Karkasse wie in unserem Test. Alle Gewebe sind 120 TPI. Mit gewogenen Gewichten von 1406 g für den 29 x2,6“ Reifen und 1257 g für den 29 x 2,4“ Reifen liegen unserer Testmuster sehr nahe an den Herstellerangaben.
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Montage, Maße und Dichtigkeit
Wer unsere Reifentests der letzten Jahre kennt, weiß dass wir bisher immer schwer beeindruckt waren, wie hervorragend die Montage- und Tubeless-Eigenschaften der VITTORIA Tubeless-Ready Reifen durch die Bank waren.
So auch hier wieder. Die Reifen gingen stramm aber ohne Hilfsmittel auf die DT-Felge und waren im Nu mit Luft gefüllt. Das Einrastend er Wulst im Reifenhorn bei ca. 2,0 bar war satt und vermittelt die gewohnte Sicherheit, dass die Reifen auch bi geringen Drücken fest sitzen. Bei 2,0 bar Reifendruck und nach gut 24h Ruhe bleibt vor allem der nominal breitere 2,6“Testreifen etwas untermäßig – der 2,4“ Reifen, den ich für hinten gewählt habe, bringt es auf 58 Stollenbreite bei voluminösen 61 mm Karkassenbreite, während der 2,6“ mit 61,5 Stollen- und 62 mm Karkassenbreite nur unwesentlich breiter ausfällt. Ob das ganze 150 g Mehrgewicht rechtfertigt? Bei so geringen Größenunterschieden verwundert es auch nicht weiter, dass der Querschnitt auf der 30mm Felge für beide gleichermaßen eher rundlich ausfällt. Weil die Seitenstollen zwar genauso hoch bauen, wie die der Lauffläche (etwa 4,5 mm), dafür aber nicht zu weit ausgestellt sind, dürften sie schon früh in Kurvenfahrten aktiv werden.
Eine Überraschung gab es dafür in Sachen Dichtigkeit: Während der 2,6“ Vorderreifen seit der ersten Montage keinerlei Nachpumpen mehr gebraucht hat, verliert der Hinterreifen ganz langsam und schleichend über die Seitenwände Luft. Zwischen zwei Ausfahrten in aufeinanderfolgenden Tagen ist es noch nicht zu spüren, aber nach einer Woche ohne Nachpumpen ist es schon sehr deutlich. Je nach Witterung sind die feuchten Stellen gut erkennbar. Normalerweise werden solche schleichenden Luftverluste nach kurzer Fahrt durch die Dichtmilch abgedichtet, in diesem Fall aber bleibt der Luftverlust unverändert erhalten. Eine Kontrolle der Felgen und des Ventils hat jedenfalls keinerlei Undichtigkeiten ergeben.
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Praxiserfahrungen
Ich bin nun schon eine ganze Weile mit der VITTORIA Mazza Kombi unterwegs und habe schon eine Fülle von Bedingungen damit erlebt – von trocken und lose bis extrem schlammig und tief.
Das erste, was der Reifen in der Enduro-Version nicht verleugnen kann, ist sein Gewicht und klare Priorisierung von Grip gegenüber dem Leichtlauf. Gerade bei eher gutmütigen Bedingungen habe ich mir in Anstiegen mehr als einmal einen etwas leichteren und vor allen Dingen leichter rollenden Reifen gewünscht. Sobald es jedoch darauf ankam die Antriebs oder Bremskräfte sicher auf den Boden zu bekommen, war der Mazza schnell wieder in meiner Gunst, denn gerade vorne ist er ein richtig grip-starker und gutmütiger Reifen.
Währen dich das vorne immer nur als positiv empfunden habe, erging es mir mit dem Mazza am Hinterrad oft so, dass ich mitunter gerne etwas weniger Traktion und Führung gehabt hätte um das Heck aktiver führen zu können. Heftige Bremsungen um den Reifen zum Ausbrechen zu bewegen haben dabei mehr als einmal bis zu dem Punkt des Ausbrechens schon zu einer derartigen Entschleunigung gesorgt, dass das Ausbrechen bereits hinfällig geworden war. Für mich ist der Mazza daher als Sommer und Übergangsreifen hinten tendenziell fast schon zu aggressiv.
Unter eher guten bis moderaten Bedingungen sehe ich den Mazza daher eher als optimalen Vorderreifen. Damit will ich aber nicht sagen, dass er sich als Hinterreifen nicht so gut machen würde – ganz im Gegenteil, denn es gehört schon viel dazu, um den Mazza an sein Traktionslimit bringt … nur rollen könnte er halt ein wenig besser. Andererseits war ich gerade in den teilweise sehr tiefen Böden der letzten Wochen nicht selten auch ganz dankbar für seinen hervorragenden Grip – auch hinten.
Was die Kurvenführung und den Seitenhalt angeht, gehört der VITTORIA Mazza zu den stärkeren Reifen, ohne dass ich das Sätzchen „wie auf Schienen“ nutzen würde. Er vermittelt viel Sicherheit und lässt sich sehr präzise fahren, und liegt für mich irgendwo zwischen DHF und Magic Mary, zwei der derzeit wohl beliebtesten Enduri-Reifen. Ein wenig spielt hier aber auch der Fahrstil eine Rolle, denn je aktiver man den Mazza in die Kurve legt, desto stärker drückt man die Seitenstollen bei dem rundlichen Querschnitt in den Boden … und desto souveräner wirkt der Mazza.
In der doppellagigen Enduro-Karkasse vermittelt der Mazza ein sehr gedämpftes Abrollverhalten und verhilft dem Bike zu einer sehr angenehmen Laufruhe, erfordert im Gegenzug aber auch für etwas mehr Einsatz bergauf. Für den Allroundeinsatz würde ich hier die leichtere, aber keineswegs empfindliche TNT Version empfehlen.
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Testfazit
Generell ist die das genannte Einsatzprofil des Mazza von VITTORIA als vielseitiger und aggressiver Enduro-Allrounder ziemlich treffend. Er hat pauschal einen sehr hohen Grenzbereich, ist ziemlich gutmütig. Einzig auf schmierigem Untergrund (rutschiger Lehm oder nasse Wurzeln) ist er mitunter ein klein wenig kapriziös. Dort schmiert er mitunter unangekündigt weg, lässt sich aber recht schnell wieder fangen. Selbst in richtig tiefen Böden hält er überraschend lange und liefert sicheren Vortrieb und eine adäquate Bremstraktion.
Nur in richtig weichen Böden würde ich zumindest vorne dann doch eher auf einen Schlammspezialisten setzen. Als Enduro-Race-Reifen funktioniert der VITTORIA Mazza bei einer Vielzahl von Bedingungen hinten wie vorne ausgezeichnet. Für den Einsatz auf Trailtouren ist er in Kombination mit einem etwas leichter rollenden Hinterreifen eine sehr gute Wahl und im Winter sehe ich den Mazza bei ganz besonders widrigen Bedingungen in Kombination mit einem echten Schlamm-Vorderreifen genauso gut am Hinterrad. Insgesamt ist der VITTORIA Mazza ein weiterer, sehr fähiger und gelungener Enduro-Reifen, der den etablierten Modellen ernsthaft Konkurrenz macht.
Anmerkung: Leider haben in meinem Test alpine Trails und richtig steinige Böden komplett gefehlt, weshalb ich keine Aussage zu seiner Performance unter solchen Bedingungen machen kann und mir daher auch eine Aussage zur Haltbarkeit verkneifen muss … unsere Erfahrungen mit VITTORIA Reifen haben aber gerade hier bisher noch nie Schwächen aufgezeigt also warum sollten Sie es hier?
RIDE ON,
c_g