CANE CREEK AngleSet Steuersatz mit Lenkwinkeleinstellung – Testintro: von c_g
Und weiter geht es mit der Vorstellung der Produkte, die ich am kürzlich vorgestellten TANTRUM Shinning fahren werde. Heute ist ein Teil dran, das ich schon ewig mal testen wollte, aber nie die passende Gelegenheit, bzw. den passenden Rahmen dazu hatte – den CANE CREEK AngleSet Steuersatz. Das Teil ist bereits einige Jahre auf dem Markt, aber er bleibt weiterhin ein der wenigen Optionen, wenn man nach Möglichkeiten sucht an seinem Bike mit unterschiedlichen Lenkwinkeln zu experimentieren. Das Prinzip des Angelset ist recht einfach – durch unterschiedliche exzentrische Steuersatzschalen wird der Lenkwinkel am Bike je nach Ausrichtung flacher oder steiler gemacht. Eigentlich ganz einfach, doch für eine technische Umsetzung sind so manche Hürden zu überkommen, deren technische Lösung den CANE CREEK Angleset Steuersatz zu etwas ganz besonders machen.
Rahmen–Voraussetzungen: Auch wenn das Thema trocken ist, muss ich hier doch kurz auf die unterschiedlichen Steuersatztypen bzw. das betreffende Nomenklatur eingehen. Für die Winkelverstellung braucht man einen Rahmen mit eigenen Lagerschalen. Weil bei Rahmen mit integrierten Steuersatzschalen (sogenannte „IS-Steuersätze“ – unten links) die Lager direkt in den Rahmen gelegt werden, es also keine eigenen Lagerschalen gibt, fallen diese Typen für ein Winkelverstellung von vornherein aus.
Unter den Rahmen mit separaten Lagerschalen gibt es genau zwei Typen: Die die höher bauenden „External Cup“-Typen (kurz: EC – oben bitte) und die niedriger bauenden „Zero Stack“ Steuersätze (kurz ZS, auch manchmal „semi-integriert“ genannt – oben rechts) und . Bei ZS verschwinden die Lagerschalen bis auf einen schmalen Rand völlig im Rahmen, bei EC liegen die Lager, wie der Name Impliziert, außerhalb des Rahmens. Rein technisch sind beide untereinander austauschbar, solange die Innendurchmesser des Steuerohrs obne und unten identisch sind. Allerdings sollte man berücksichtigen, dass eine externe Steuersatzschale (EC) gegenüber dem ZS-System die effektive Steuerrohrlänge vergrößert. Im Falle einer oberen Schale vergrößert sich nur der effektive Stack oder die Ckpithöhe, im Fall der unteren Lagerschale wird auch die auch die Geometrie verändert. (Randbemerkung: Verschiedene Hersteller wie z.B. PIVOT oder ROCKY MOUNTAIN nutzen dies um ihr 29er auch Plus-kompatibel zu machen.) Daneben gibt es natürlich auch rein geometrische Einschränkungenim Zusammenspiel zwischen Steuerrohr und Gabelschaft. Manche Konfigurationen bieten einfach nur sehr wenig Platz zwischen Steuerrohr und Gabelschaft um den Lenkwinkel nennenswert zu verstellen.
Im Fall meines TANTRUM Testrahmens handelt es sich um ein Steuerrohr mit oben 44 mm und unten 56 mm was mit EC unten und ZS oben +/- 0 bis 1.5° Winkelverstellung erlaubt.
Das nächste große Thema dabei ist die Auswirkung der Steuerrohrlängeauf die Geometrie des Steuersatzes. Um eine feste Winkelverstellung in einen Steuersatz zu konstruieren, müsste man genau festlegen wie weit die beiden Lagerschalen auseinander liegen. Ansonsten sind Verspannungen vorprogrammiert, die sich vor allem auf das Lenkverhalten und Lagerhaltbarkeit auswirken würden. Eine wirklich universelle Lösung zur Winkel-verstellung, eine die in möglichst vielen Rahmen funktioniert, kann es also nur mit einem frei schwenkbaren System funktionieren. Der in dem Einzelteil-Bild goldenfarbige Teil fungiert zusammen mit den speziell geformten Lagerschalen wie ein Kugelgelenk. Um das aber auf Dauer quietsch- und spielfrei zu halten … keine leichte Aufgabe und garantiert der Grund, warum es kaum Hersteller gibt, die so was anbieten. Da gehört schon eine gehörige Portion technischer Enthusiasmus dazu, denn auch wenn die Bike-Geometrien immer mehr in den Fokus der Aufmerksamkeit geraten, ist der Markt für solch ein System sicher nicht allzu groß. Doch das scheint die Mannschaft von CANE CREEK aus North Carolina nicht davon abgehalten zu haben das AngleSet zu entwickeln. Grund genug um es an unserem TANTRUM Testrahmen auszuprobieren, von dem der Entwickler sagt, dass es diesbezüglich sehr variable wäre.
All das als Vorrede um einerseits zu verstehen, welche Herausforderungen sich durch den Wunsch der Winkelverstellung an einem bestehenden Rahmen ergeben und auch um zu verdeutlichen, warum CANE CREEK ebne nicht jede Konfiguration anbieten kann.
Schauen wir uns doch unseren CANE CREEK AngleSetSteuersatz einmal genauer an: Wie schon gesagt, handelt es sich bei unserem Testmuster um die Version für ein Steuerrohr mit Innendurchmessern für 44 mm oben und 56 mm unten und für einen tapered Gabelschaft, der offiziellen Nomenklatur nach also ZS44/28,6obenund EC56/40unten.
Das Oberteil (im Bild links oben) ist in unserem Fall konzentrisch. Die Winkelverstellung erfolgt allein über drei unterschiedliche untere Lagerschalen (Bild rechts oben). Um den Lenkwinkel zu verstellen muss man also nur die untere Lagerschale tauschen und beiden Kugelkopflager neu zueinander ausrichten (mehr dazu weiter unten). Jede der drei mitgelieferten unteren Lagerschalen hat einen eigenen Offset und kann je nach Montagerichtung (um 180° gedreht) entweder den Winkel flacher oder steiler machen. Die Lenkwinkeländerung ist mit 0,5°, 1,0° oder 1,5° angegeben. Die exakte, reale Veränderung variiert natürlich auch wieder mit der Steuerrohrlänge – der gleiche Offset hat bei einem kürzeren Steuerrohr eine größere Auswirkung als bei einem längeren Steuerrohr …
Kurioserweise stehen auf den AngleSet Unterteilen für Plus und Minus aber nie die gleichen Werte (z.B. +1° und -1°) sondern immer ein 0,5° geringerer Pluswert, also +1,0° und -1,5°. Wie geht das, wo doch die Änderung in Relation zum Steuerrohr immer symmetrisch ist? Der Grund dafür liegt darin, dass sich mit dem Lenkwinkel bei der gleichen Gabellänge immer auch alle anderen Geometriewerte verändern. Steht die gleiche Gabel z.B. steiler, hebt dies auch das Cockpit und das Tretlager und macht sogar den Sitzwinkel minimal flacher und hebt damit einen Teil der Lenkwinkelverstellung wieder auf. In der anderen Richtung senkt eine weiter nach vorne abstehende Gabel die Front zusätzlich ab und verstärkt damit die Wirkung. Fürs Erste und um mich zuerst einmal an das Bike zu gewöhnen, habe ich das AngleSet Unterteil mit 0°/-0,5° genommen und in der neutralen 0° Position montiert.
Wer jetzt erwartete, dass das CANE CREEK AngleSet mit all der Technologie nun deutlich schwerer ist, als andere Steuersätze, wird überrascht sein, denn gewichtstechnisch liegt es trotz der zusätzlichen Bauteile nur wenig über dem Durchschnitt. Das Gesamtgewicht unseres Test-Steuersatzes ist mit genau 130 g, egal mit welcher Lagerschale (zzgl. 15 g für den Stahl-Gabelkonus) überraschend gering. Der empfohlene VK mit 209.99 Euro ist zwar gesalzen, aber man sollte bedenken, dass das Set aus aus insgesamt drei unteren Lagerschalen besteht. Das relativierend die damit verbundenen Möglichkeiten den Preis wieder erheblich. Wollte man die gleichen sechs Winkel-Optionen mit anderen Steuersätzen nachstellen (z.B. bei denen von WORKS COMPONENTS) kämen deutlich höhere Kosten zusammen.
Ein Allerwelts-Tunigteil für jeden ist das CANE CREEK AngleSet trotzdem nicht, denn wie meine Ausführungen oben hoffentlich verdeutlicht haben, muss man sich schon mit dem Thema Bike-Geometren genauer auseinandersetzen und wissen was man will um deren Potential wirklich für sich zu nutzen. Auch ich bin gespannt wie sich die unterschiedlichen Optionen in der Praxis auswirken werden.
****************************************
Erfahrungen bei der Montage
Die Montage selber ist nur in ein paar kleineren, aber recht wichtigen Punkten anders als bei herkömmlichen Steuersätzen ohne Winkelverstellung. So muss man beim Einpressen der Lagerschalen darauf achten, dass der jeweilige Offset genau in der Rahmenlängsachse liegt. Weil in meinem Fall nur die untere Lagerschale exzentrisch ist, gilt das vorrangig hierfür. Die Lager, Dichtungen und übrigen Bauteile sind absolut identisch mit anderen CANE CREEK Steuersätzen.
Damit die Steuersatzlager am Ende auch wirklich spannungsfrei bleiben und exakt parallel zueinander liegen, darf man auch nicht einfach wie gewohnt, zuerst den unteren Steuersatz montieren und sich danach ums Unterteil kümmern sondern muss alles parallel machen. Letztlich muss man nur dafür sorgen, dass die Kugelgelenkpassungen der unteren und oberen Schale komplett locker bleiben und erst mit der Gabel ausgerichtet werden. Alleine ist das nur schwer zu schaffen, mit Hilfe einer zweiten Person, die den Rahmen dabei anhebt geht das aber im Grunde recht einfach. Damit sich die Kugelgelenkteile vollständig setzen, muss man eine etwas höhere axiale Vorspannung auf das System geben als bei anderen Steuersätzen. Weil die goldenen Rundschalen sich dabei in den Lagerschalen um ein paar Millimeter setzen, sollte man darauf achten, dass man genug Spacer zur Ahmad-Kappe eingesetzt hat. Der Rest des Einbaus ist wie bei anderen Steuersätzen auch. Wenn man es einmal durchgedacht hat und versteht worauf es ankommt – und die zweite helfende Person zur Seite hat – dauert die Monatage kaum länger, als bei anderen Steuersätzen auch.
Mittlerweile ist das CANE CREEK AngleSet in TANTRUM Rahmen verbaut und bereit für den Praxiseinsatz. Die Lager drehen sich gleichmäßig und in jeder Position leichtgängig. Mal sehen, ob das auch dauerhaft so bleiben wird. Da ich den Steuersatz vorerst nur in der einen Position fahren werde, wird es zuerst um die allgemeine Funktion gehen – ehe ich mit Möglichkeiten der unterschiedlichen Lenkwinkel beschäftigen werde. Bald mehr dazu.
RIDE ON,
c_g