NICOLAI Saturn-11 Raceline – Testfazit: von c_g
(bisher hierzu erschienene Artikel: Offizielle Vorstellung des Saturn-11, Testintro, Zwischenstand)
Nachdem ich im Zwischenstand zum NICOLAI Saturn-11 Raceline berichtet habe wie sich das Bike mit der sehr leichten und auf XC getrimmten Original-Ausstattung fährt – nämlich sehr schnell und vortriebsstark – habe ich die zweite Testphase dazu genutzt seine anderen Qualitäten zu erkunden. Dass das Saturn-11 mit anderen XC- und Marathonbikes was Vortrieb nud Effizienz angeht, mithalten kann, hat es ja schon bewiesen, also ging es nun darum zu sehen wie viel Trailbike in dem Teil aus Lübbrechtsen steckt.
Im ersten Schritt habe ich einfach nur die starre TUNE Sattlstütze gegen eine Dropper-Stütze getauscht. Durch das kabellose System der MAGURA Vyron ist der Umbau bekanntlich ja nicht mehr als ein einfaches Umstecken sowie den optimalen Platz für den Remote am Lenker finden. Um das Cockpit ein wenig höher zu bekommen habe ich außerdem den negativ montierten TUNE Vorbau umgedreht.
Allein diese beiden Veränderung haben schon eine merkliche Veränderung im Charakter des Bikes erbracht. Was vorher ein laufruhiges und sicheres XC-Bike war, wurde durch die paar Handgriffe zu einem sehr vortriebsstarken und schnellen Trailbike. Genau wie erhofft, bot das Saturn-11 in dieser Form gerade auf technischen Trails ein begeisterndes Maß an Sicherheit ohne seine Effizienz einzubüßen. Die bereits im Zwischenstand angesprochene, sehr aktive Heckfederung habe ich je nach gewünschtem Charakter entweder offen (komfortbetont) oder eben im Plattform-Modus (effizient) gefahren.
Die einzige Problematik nach dem Umbau war, dass mir mit zunehmend technischen Trails immer deutlicher wurde, dass das Saturn-11 bei meinem gewicht und meiner Fahrweise robustere Laufräder und traktionsstärkere, breitere Reifen braucht.
Mein erster Versuch eines leichten Traillaufradsatzes hat dann sofort eine potentielle Schwäche des Saturn-11 aufgezeigt – die Reifenfreiheit am Heck. So passt bereits ein SCHWLABE ROCK Razor 2.35 auf der breiten AMERICAN CLASSIC Wide Lighting Felge nicht mehr in den Hinterbau. Im zweiten Anlauf habe ich dann im offenbar dem schmäler bauenden MAXXIS High Roller II 2.3 auf einer ebenso breiten DT-SWISS XM 1505 30 Felge eine Kombination gefunden die funktioniert hat.
Mit einer Breite von genau 57 mm bleiben mit dem High Roller nur noch 3 mm auf jeder Seite zu den Sitzstreben (Bild oben links), nicht wirklich viel Platz, aber mit den steifen DT-SWISS Laufrädern, aus dem BOLD Linkin Trails LT, gerade noch genug. Der Kritikpunkt einer etwas zu eng bemessenen Reifenfreiheit am Saturn-11 bleibt – schließlich sind viele ansonsten beliebte Trailreifen somit nicht kompatibel – aber nachdem der High Roller darauf problemlos funktioniert, bin ich zumindest teilweise wieder versöhnt, denn wie es Jan-Felix von NICOLAI Jungs auf diese Frage so nett formuliert hat: „Ganz ehrlich, mehr Reifen als einen High Roller 2.3 braucht das Saturn-11 wirklich nicht.“
Was nach dem Umbau auf die neuen Laufräder und aggressiven Reifen passiert ist, hat mich dann doch überrascht. Statt einen nicht mehr stimmigen Eindruck zu machen, wie ich befürchtet hatte, war das Saturn-11 in der Konfiguration weiterhin richtig fähig und genauso stimmig. Auch wenn das NICOLAI „nur“ mit einer 120 mm FOX 32 und 105 mm am Heck ausgestattet ist, habe ich damit auf meinen Trails so manches All-Mountain Fully mit deutlich mehr Federweg stehen lassen. Wider Erwarten kam es auch bei Sprüngen nie dazu, dass die Federelemente übermäßig durchgeschlagen wären.
Die durch die griffigeren Reifen gewonnene Sicherheit auf dem Trail war dafür ein Gedicht. Die Performance bergab top – straff zwar, aber doch sehr kontrolliert. Logisch musste man ein wenig vorausschauender fahren und mitunter Vorsicht walten lassen – 105 mm sind einfach nur 105 mm, aber ich fand die Trailperfromance dennoch erstklassig.
Mehr als einmal habe ich mich in dieser zweiten Testphase gefragt, wie viel Federweg man als Trailbiker nun wirklich braucht. OK, wenn man es darauf anlegt es auch im Groben einfach nur laufen zu lassen, dann ist ein PLus an Federweg schon sinnvoll, aber selbst mit dem vorhandenen, erstklassig nutzbaren Federweg konnte ich ganz nach Lust und Laune ordentlich krachen lassen, auf den Trails Spaß haben und habe mich nur ganz selten „untermotorisiert“ gefühlt.
Außerdem endet jeder Trail irgendwann und dann muss man wieder hoch treten – eine Disziplin in der das Saturn-11 mit seiner bereits im Zwischenbericht gelobten Effizienz und Kletterfähigkeit ohnehin zu en besten gehört. Klar, hat das Bike mit den deutlich schwereren Laufrädern einen Teil seiner Spritzigkeit eingebüßt. Das hat mich aber schon bald nicht mehr interessiert, denn das Maß an Trail-Tauglichkeit, die das Saturn-11 fortan an den Tag gelegt hat, und der resultierende Fahrspaß waren schlichtweg genial. Lediglich die MAGURA MT8 Bremsen haben mit der überragenden Traktion der Reifen nicht mehr ganz mithalten können – würde ich das Bike mehr als Trailbike nutzen, würde ich zumindest vorne auf eine potentere Bremse aufrüsten, evtl. eine MT Trail.
In dieser Konfiguration habe ich das NICOLAI dann bis jetzt gefahren und kann mit voller Überzeugung sagen, dass im NICOLAI Saturn-11 mindestens genauso viel von einem Trailbike wie von einem XC-/Marathonbike steckt. Das hätte ich so deutlich wirklich nicht erwartet.
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Testfazit: Das NICOLAI Saturn-11 ist ein ganz besonderes Bike. Nicht nur weil es in Kleinserie in D noch von Hand gebaut wird, sondern vor allem in der Art wie es eine Trailbike-Geometrie mit dem Federweg und der Effizienz eines Marathonbikes kombiniert. Nachdem ich das Saturn-11 zuerst in der sehr leichten Raceline Konstellation gefahren bin und danach als Trailbike, kann ich ganz ehrlich sagen, dass es meinem Empfinden nach in beiden Rollen eine brillante Performance abgibt.
Kritiker, mögen protestieren und sagen, dass sein Handling für als leichtes Racebike zu laufruhiges wäre, oder dass es für ein Trailbike zu wenig Federweg bietet, aber nachdem ich es in beiden Konfigurationen ausführlich gefahren bin, möchte ich dem ganz einfach erwidern: „Probiert es doch einfach mal selber aus!“ Aber Vorsicht – es kann gut sein, dass ihr genauso begeistert davon sein werdet, wie ich. Die einzige echte Schwäche, die ich am NICOLAI Saturn-11 gefunden habe, ist die zu geringe Reifenfreiheit am Heck – eine Sache die sich mit einer smarten und flexiblen Reifenwahl aber problemlos umgehen lässt.
RIDE ON,
c_g
Was ist denn final zum Thema Lenkerbruch herausgekommen?
In Anbetracht der Bilder (5a, 6a und 23c) wäre das Statement von Tune doch sehr interessant.
Hallo,
sehr schöner Test. Du weisst in deinem Zwischenstand auf das Banshee Phantom hin – kannst Du hier vielleicht noch etwas dazu sagen? Einen kurzen Vergleich?
Danke und schöne Grüße
Hat nichts mit diesem Test zu tun. Aber an dieser Stelle ein dickes Lob über die Art und Weise wie auf TNI getestet wird (Zwischenberichte…). Einfach nur Top. Weiter so. Die REFERENZ!
Nat. bin ich auch gespannt was Tune zum Bruch sagt
ich finde eure auch immer wieder schön zu lesen.
könnt ihr denn einen vergleich zum banshee phantom ziehen?
es ist zwar weniger xc und mehr trail orientiert (vermute ich mal), aber dennoch bietet es ja den gleichen federweg und war quasi mit das erste bike in solch einer kategorie.
… man bin ich blöd …
https://twentynineinches-de.com/2017/08/08/nicolai-saturn-11-raceline-zwischenstand/
Gibt es schon eine Rückmeldung von Tune zum Lenker?
@ Philipp: Ich habe mich mit TUNE auf der Eurobike getroffen, aber die konnten auch noch keine finale Aussage machen. Der Lenker wurde eingehend untersucht, man konnten aber keine eindeutige Ursache für das Versagen erkennen. Anhand des Bruchbildes konnte weder ein eindeutiger Vorschaden, noch Anzeichen für Fehler in der Fertigung erkannt werden. Man unterzieht den Lenker jetzt einer Spezialuntersuchung, bei der das Harz langsam thermisch entfernt wird um eventuelle interne Defekt in den einzelnen lagen auszumachen … aber das dauert wohl nochein wenig.
Offensichtlich nimmt man den Vorfall bei TUNE ernst, aber bisher gibt es eben noch keine klaren Aussagen, warum es dazu kam.
Gab es denn vorher einen Sturz? Wenn man sich die Bilder ansieht, meint man doch etwas „Verschleiß“ am rechten Griff zu erkennen. Gepaart mit „kleineren“ Sprüngen, wie hier dargestellt und bebildert, könnte eine dem Einsatzzweck nicht gerade entsprechende Belastung zu so einem Schaden geführt haben. Ein Racebike ist eben kein Enduro oder Trailbike und sollte auch nicht krampfhaft dazu gemacht werden.
Hallo C_g
hat sich Tune nochmal zum Lenker gemeldet?
Grüße
Philipp
@Gniebel: Wie beschrieben, ist der Lenker bereits auf der allerersten Ausfahrt und ohne echte Belastungen vorher passiert. Die in den Bilder gezeigte Action hat also garnichts mit dem Bruch zu tun.
@Phillip: Gut, dass du uns daran erinnerst. Ja TUNE hat sich schon in der Weihnachtszeit deswegen gemeldet. Demnach habe man den Lenker zuerst selber untersucht und ihn danach noch einmal von externen Carbonexperten inspizieren lassen. Das Schadensbild lässt demnach keinen absolut eindeutigen Schluß zu, einen Fertigungsfehler könne man aber weitgehend ausschließen Deswegen und weil es bisher derartige Fälle mit dem Lenker noch nie gegeben hat, ließe sich der Schaden am ehesten mit einem Vorschaden des Lenkers erklären – so der Fazit von TUNE.
Das wiederum wurde ja schon vorn Anfang an von Seiten NICOLAI generell ausgeschlossen, denn das Bike sei vorher nur von deren Entwickler persönlich gefahren worden und hätte vorher keine Stütze erlebt.
Damit stehen sich zwei widersprüchliche Aussagen gegenüber und wir mit der Erfahrung des Bruchs dazwischen. Die wirkliche Ursache lässt sich damit wohl nie mehr wirklich eindeutig klären.
Sorry für diese nicht wirklich zufriendenstellende Antwort.
Darf ich fragen wie gross/schwer der Fahrer war und welche Schrittlänge/Sattelhöhe? Rahmen ist Gr.L, oder?
@ Karl Napf:
Hallo, der Fahrer ist 1,84 cm groß, hat eine Schrittlänge von 87 cm (Sattelhöhe: ca. 78 vm vom Tretlager bis zur Satteloberkante) und wiegt ca. 85 kg.
Ja, der Rahmen war L.