BOLD Linkin Trail LT – Testfazit (& Herstellerstatement): von c_g
(vorangegangenen Artikel dazu: BOLD LT – Fahreindrücke auf den Eurobike Media Days’16, TNI-Test des BOLD LT: Testintro und erste Eindrücke, Zwischenstand (& Testunterbrechung), Update)

Das BOLD Linkin Trail ist ein ganz besonderes Bike, daran gibt es keine Zweifel. Noch nie vorher bin ich so häufig auf ein Bike angesprochen worden, noch nie vorher haben mich andere Biker so intensiv von der Seite angesehen oder ihre Bewunderung durch (mehr oder minder spaßige) Kommentare erklärt wie „Na, da hast du wohl deinen Dämpfer unterwegs verloren.“.

Aber das nur am Rande denn das Linkin Trail LT (steht für Long Travel) kann weitaus mehr als nur „anders“ auszusehen. Wie ich ja bereits in den vorangegangenen Posts dazu sagte, ist das Linkin Trail LT auch ein unglaublich fähiges und zugleich universelles 29er Bike. Wie im Update bereits beschrieben hat es mich ein wenig Zeit gekostet das für mich ideale Dämpfer-Setup zu finden, aber der Aufwand hat sich definitiv bezahlt gemacht. Mit genau 30% SAG mein persönliches Optimum gefunden. Aktiv und komfortabel um damit auch wilde Wurzelteppiche zu zähmen und doch effizient und direkt genug um auch sehr steile Anstiege gelassen hoch zu treten. Und zu allem Überfluss bietet der Hinterbau noch eine so effektive Endprogression, dass auch wenn man mal was verpatzt, dies meist ohne Folgen bleibt.

Nachdem ich nun mein Ideal-Setup gefunden hatte, ging es in dieser Testphase vor allem darum das Bike einfach zu erleben, es weiter herauszufordern und auch auf unterschiedlichsten Trails zu fahren. Zu diesem Zweck habe ich das BOLD LT neben zahlreichen Ausfahrten auf meinen gewohnten und keineswegs zarten Hometrails auch mit nach Innsbruck (beim CRANKWORKX Festival zuschauen ist ja ganz schön, aber ich will fahren!) und auf die Trails rund um den Kronplatz mitgenommen. Die dabei gefahrenen Trails waren eine sehr vielseitige Mischung – mal flowige Trails mit „geshapeten“ Anliegern mal mit natürlichen Kurven und allerlei Sprüngen, mal wirklich zerhackte Wurzel- oder Felsentrails mit Drops, abschüssigen Kehren und allem dazwischen.

Es war einfach alles dabei und ich kann ohne Übertreibung sagen, dass das BOLD LT zu einem der besten Bikes gehört, die ich je gefahren bin. Es ist keine spezielle Eigenschaft, die mir dabei besonders aufgefallen wäre (außer vielleicht der ausgesprochen hohen Rahmensteifigkeit und damit der außerordentlichen Lenkpräzision), sondern die einfach rundum gelungene Kombination aller Aspekte, die mich am Ende so überzeugt hat. Einerseits fährt sich das BOLD LT so agil und reaktionsschnell, dass man damit jeden noch so technischen Trail mit vollem Spieltrieb abfährt und andererseits so laufruhig, dass man auch über ruppigere Passagen richtig Gas geben kann. Einerseits arbeitet das Fahrwerk so aktiv und komfortabel, dass es sowohl sehr schnelle Schlagfolgen als auch heftige Sprünge souverän wegsteckt und man glaubt mehr als 150 mm zur Verfügung zu haben. Andererseits ist es auch im Flowtrail so direkt und bleibt gefühlt hoch im Federweg, dass man kaum glauben mag, dass das Bike überhaupt so viel Federweg hat.

Was die Geometrie angeht, ist das BOLD LT ja nach aktuellem Maßstäben eher gemäßigt: Ein 67° Lenk- und ein 73° Sitzwinkel bei einem effektiven Oberrohr/Reach von 628 mm / 438 mm in Rahmengröße L sind keineswegs progressive Werte. Klar, gab es Situationen, in denen ich mich gefragt habe, wie sich das BOLD LT wohl mit einem noch etwas flacheren Lenkwinkel oder ein wenig mehr Reach fahren würde … oder mit einer längeren Gabel, nur um mir gleich in der nächsten Passage zu sagen dass das BOLD LT genau so wie es ist „richtig“ ist. Letztlich zählt auch hier das Gesamtergebnis über mehr als nur einen Trailabschnitt und was das angeht, kann sich das LT nach meinen Erfahrungen sehr wohl sehen lassen.

So lässt sich das BOLD einerseits sehr einfach aufs Hinterrad zu ziehen um Trailfeatures abzusurfen und andererseits kann man damit auch wirklich extrem steile Anstiege noch ausgesprochen gelassen hochfahren. Bei Letzterem hilft der per Remote sehr leicht zu straffende Dämpfer weiter. Dabei ist der Remote, ein gutes Dämpfersetup vorausgesetzt, weniger Notwendigkeit als vielmehr eine Zusatzoption, denn auch mit geöffnetem Dämpfer ist das BOLD LT was seine Klettereigenschaften angeht seiner Federwegsklasse sehr gut. Geht man allerdings in den Plattform-Modus (oder auf steilen Forststrassen sogar in den Lockout) setzen fast nur noch die Traktion der Reifen und die eigene Kraft dem Klettervermögen echte Grenzen.

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Der Hybrid-Test

Wie ja schon ein paar Mal angesprochen, bin ich kein allzu großer Fan von Plusreifen an der Front, durfte aber mit dem IDWORX Rockn Rohler erstmals die Vorzüge der Hybridbereifung erleben – vorne 29er und hinten Plus Also habe ich das BOLD LT in der letzen Testphase auch mal „hybridisiert“. Weil BOLD uns das Testbike ja mit beiden Laufradsätzen ausgeliefert hat, musste ich dafür nur die Kassette umzubauen.

Der direkten Vergleichbarkeit wegen habe ich diesen Wechsel noch am Kronplatz gemacht um die gleichen Trails, die ich vorher als Voll-29er gefahren bin auch als Hybrid zu erleben. Nach den 1300 Tiefenmetern des Herrnsteigs, die ich wegen eines über mir tobenden Gewitters zum Teil im Eiltempo durchfahren habe, war ich wirklich angetan von dieser Konfiguration. Selbst mit dem nur um ca. 15 mm kleineren Hinterrad verändert sich das Handling. Der geringfügig flacheren Lenkwinkel bringt mehr Laufruhe, das größere Luftvolumen am Hinterrad liegt satter auf dem Boden und die größere Kontaktfläche sorgt generell für mehr Traktion. Mit anfangs 1,2 bar in dem 2,8“ MAXXIS Rekon hat das Heck mitunter leicht zum Springen geneigt, bei 1.05 bar Druck war das allerdings komplett weg.

Zuhause auf meine gewohnten Trails hat mir dieses Setup ebenfalls viel Spaß gemacht. Mit satter Traktion ging es jeden noch so technischen Trail noch gelassener hoch, mit der zusätzliche Laufruhe jeden Trail umso sicherer runter. Außerdem ergab der kleinere Reifendurchmesser eine leichtere effektive Übersetzung, was besonders steile Anstiege noch einfacher gemacht hat. Nur in zwei Bereichen hatte das Bike auf einmal mehr Probleme als vorher: In heftigeren Sprüngen war der Hinterreifen zwar sehr komfortabel, hat sich bei 1,05 bar aber doch so stark deformiert, dass das Fahrverhalten schwammig wurde. Und in gröberen Wurzelansteigen bin ich deutlich häufiger mit den Pedalen aufgesessen. Beides war noch voll im Rahmen, aber doch spürbar. Was die verändte Gewichtsverteilung angeht, kann man spüren, wie das Bike ein klein wenig früher vorne leicht wird, aber selbst mit dem kleinen Handicap zählt es noch zu den besser kletternden Bikes seiner Klasse.

Ich jedenfalls habe auch nach dem direkten Vergleich in beiden Setups keinen wirklich klaren Favoriten. Für mich eine überraschende Erkenntnis, denn bisher hat mit in jedem direkten „29er vs. 27,5Plus“ Vergleich immer die 29er Version deutlich besser gefallen. Vielleicht ein Indiz dafür, dass das Hybrid-Format doch Sinn macht noch weiter untersucht zu werden …

Wer überlegt noch breitere Plusreifen als die MAXXIS Rekon in 2,8“ auszuprobieren, sollte deren effektive Breite aber vorher genau kennen. Mit den gemessenen 66 mm Breite (auf der 35 mm DT Felge) ist zwar in den Sitzstreben noch Platz (oben links), an den Kettenstreben wird es aber bereits eng (oben rechts). Die Tatsache, dass es trotz wirklich aggressivem Einsatz zu keinerlei Rahmenkontakten gekommen ist, schreibe ich allein den steifen DT-SWISS Laufrädern und dem außergewöhnlich steifen Rahmen des BOLD zu. Trotzdem – noch breiterer Reifen würde ich auf dem BOLD nicht fahren.

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Komponenten /Ausstattung

Natürlich möchte ich es nicht versäumen noch ein paar Sätze über die Ausstattung des Bikes zu schreiben.

Der SRAM XX1 Eagle Antrieb (hier in der „Gold“ Version) ist bisher genau das was ich auch schon von meinem eigenen Langzeittest der SRAM X01 Eagle sagen konnte: Sie ist ein Muster an Schaltperformance und macht mit ihrer 500% Bandbreite jeden Gedanken an 2-fach Schaltungen in meinen Augenüberflüssig. Nur einmal hatte ich Probleme mit der Schaltung, was aber ganz einfach daran gelegen hat, dass sich die Schaltwerksschraube nach heftigem Trailparkgeballere etwas gelockert hatte.

Die DT-SWISS SPLINE ONE Laufräder mit 30 mm Innenweite im 29er Format, genauso wie das gefahrene 37,5er mit 35 mm Innenweite waren bisher absolut sorglos. Mit einem kleinen Steifigkeitsvorteil auf der Seite der kleineren 27,5er Laufräder sind sie mehr als ausreichend steif, waren trotz aggressiver Fahrweise sehr robust und haben bis zum Ende dieses Tests keinerlei Höhen- oder Seitenschlag und nicht einmal Dellen von den diversen Durchschlägen. Absolut top. Ein zusätzliches Lob verdient BOLD dafür, dass sie am Linkin Trail 6-Loch Naben mit den breiten Felgen spezifiziert haben – eine Kombination, die es offiziell als Komplettlaufräder nicht gibt – die kommen nämlich immer mit Centerlock-Aufnahme.

Der High Roller II ist ja bereits ein Klassiker unter den All-Mountain Reifen. Er hat sich auch in diesem Test gut bewährt.

Der Rekon in 27,5×2,8″ hinten war eine gut Ergänzung zum 29er High Roller vorne. Was der Plusreifen etwas zahmer im Profil ist, macht er durch sein Volumen und die Breite wieder wett.

Die dazugehörigen Reifen, bei den 29ern waren es MAXXIS High Rohler II 2.3 EXO und bei den 27,5ern der schon genannte MAXXIS Rekon 2,8 EXO. Beide waren sehr gute Allrounder ohne irgendwelche echten Schwächen. Während des Tests hatte ich nur einen Defekt zu beklagen – nach mehr als 2500 Tiefenmetern über heftigste Trails ein Durchschlag am Rekon ausgerechnet auf der letzten Stufe der Treppe unmittelbar vor dem Auto J. Also Glück im Unglück.

 

Die ROCK SHOX Pike RCT3 Federgabel und der versteckt im Rahmen liegende DT-SWISS 414 O.D.L. Dämpfer harmonieren am BOLD LT sehr gut miteinander. Nur in wirklichen Grenzsituationen, hatte ich den Eindruck, dass der Hinterbau in der Tat noch etwas höhere Reserven besitzt als die Gabel. Gerade wenn es mit High-Speed über heftige Wurzeln ging, oder eine landung doch härter war als erwartet, fand ich die Pike auch im offenen Modus in manchen Gelegenheiten etwas zu straff gedämpft. Egal wie verschmutzt der Dämpfer-Remote auch war (Abbildung weiter unten), er hat stets super funktioniert mit knackiger Rasterung.

Bei den SRAM Guide Ultimate Bremsen neigen sich mittlerweile schon der zweite Satz Bremsbeläge ihrem Ende zu – ein Indiz für die intensive Nutzung des Bikes – aber die Bremsen selbst blieben bisher in jeder Situation einfach nur zuverlässig und unauffällig. Auch bei > 1000 Tiefenmeter-Geballere gab es keine Anzeichen von Fading und die Bremskraft war mit den verbauten 203/180 mm Rotoren stets mehr als ausreichend.#

 

Die KS Lev Integra Dropper erfreut mich weiterhin mit ihrem 175 mm Hub und blieb bisher ebenfalls wunderbar unauffällig. Der Wechsel auf den KS Southpaw Remote hat der Ergonomie und Bedienfreundlichkeit sehr gut getan. An den Original-Kontaktpunkten dem RACE FACE Next SL Lenker und dem WTB Volt Sattel gab nichts auszusetzen, aber aus persönlichen Vorlieben heraus habe ich sie gegen für mich bequemere Pendants gewechselt.

Letztlich gab es also auch bei den Komponenten keinerlei echte Beanstandungen. 

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Zum defekten Rahmen:

Wie ihr wisst, gab es mit dem BOLD Linkin Trail LT ja eine Testunterbrechung aufgrund einer „weichen Stelle“ im Oberrohr des Testrahmens gegeben – ein offensichtlicher Herstellungsfehler. Nach eingehender Untersuchung hat uns BOLD-Mann Maximilian Seidl, der auch den deutschen BOLD Showroom in Aschau betreibt, folgendes Statement hierzu zukommen lassen:

Wir haben nun Antwort von unserer Factory erhalten. Anders als von uns angenommen, lag der Fehler nicht beim Schleifen des Rahmens.  Wie auf unserer Seite beschrieben, verwenden wir aus Qualitätsgründen eine sogenannte EPS Stützstruktur bei der Produktion des Rahmens. Diese wird als Negativform im Rahmeninneren angebracht, um beim Laminieren die Wandstärken besser kontrollieren zu können. Im vorliegenden Fall ist hierbei ein Fehler aufgetreten. Die zwischen EPS-Kern und Carbonlagen eingebrachte Druckblase (diese erzeugt einen Gegendruck im Inneren und sorgt dafür, dass alle Faserschichten kraftschlüssig zusammengepresst werden) hat sich an einer Stelle, wohl durch eine Faltenbildung im Laminat, eine Faserschicht, statt mit dem Rest des Rahmens, so sehr mit der Blase verbunden, dass beim Entfernen die Schicht abgelöst wurde. Dadurch ist es zu einer punktuellen «Verjüngung» der Struktur gekommen. Die nachträgliche Endoskopie des Rahmens hat ergeben, dass der Fehler nur an einer sehr kleinen Stelle entstand.

Hier ist ein Bild der neu eingeführten Schrittes zur Qualitätssicherung – die Endoskopie eines jeden BOLD Rahmens mittels. Dabei durchfährt eine kleine Kamera den Innenraum des Rahmens und zeigt selbst kleinere Mängel in der Herstellung sofort auf.


Damit wir in Zukunft sichergehen können, dass sowas nicht mehr passieren kann, haben wir einen weiteren Schritt bei der Qualitätskontrolle eingeführt: Wir haben nun unseren Prüfprozess um eine Endoskopie des Rahmeninneren erweitert, so dass Unregelmäßigkeiten bei der Laminierung sofort erkannt werden können. Dadurch kann ein solcher Fehler zukünftig vermieden wird.
In den beiden unteren Bildern sieht man sehr deutlich: Der linken Rahmen ist makellos und entspricht damit den Anforderungen, der rechte hat Unregelmäßigkeiten in der Carbonstruktur und wird dementsprechend verworfen.


Um zu zeigen, wie sehr wir der Stabilität unsere Rahmen vertauen und um euch die Gelegenheit zu geben euch davon zu vergewissern, könnt ihr das Bike gerne noch länger fahren und es als Testplattform nutzen.

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Testfazit:

Die größte Stärke des BOLD Linkin Trail LT ist seine Ausgewogenheit in beinahe allen Aspekten – die tolle Optik gibt’s obendrauf.

Das BOLD Linkin Trail LT ist nicht nur eines der exklusivsten und optisch eigenständigsten 29er Fullies, die es derzeit zu kaufen gibt, es ist auch eines das – einmal optimal abgestimmt – in jeder Fahrsituation richtig Spaß macht. Anstatt auf maximale Laufruhe oder maximale Verspieltheit getrimmt zu sein, geht das BOLD LT den in meinen Augen oft schwerer zu treffenden Mittelweg. Es vertritt eine Philosophie der „Goldenen Mitte“ und fährt damit für meinen Geschmack auch „goldrichtig“.

 

Egal, wo, das Bold LT macht beinahe immer eine gute Figur.

In der getesteten Version mit 150 mm Federgabel und einem 1×12 Antrieb ist das BOLD LT ein rundum stimmiges Bike und gehört zu einem der vielseitigsten Long-Travel-29er die ich kenne. Den passenden Kontostand vorausgesetzt, dürfte es wohl nahezu jedem Fahrertyp in fast jedem Gelände viel Freude bereiten.
Wie oben zu lesen, habe wir die Gelegenheit das BOLD LT noch etwas länger zu fahren – eine Angebot das wir angesichts der ausgezeichneten Performance gerne annehmen.

RIDE ON,
c_g