Eurobike’16 – Federungsnews von FORMULA, MRP, GERMAN:A und CANE CREEK: von c_g
Zugegeben, bei den großen Herstellern von Federungskomponenten habe ich auf der Eurobike keine Neuheiten gefunden. Bei den kleineren Anbietern gab es dann aber doch allerlei Spannendes zu sehen:
Den Anfang machen die Italiener. FORMULA hat kurz vor der Eurobike ihre neue Selva Enduro-Federgabel vorgestellt und sie auf der Messe erstmals gezeigt. Hinter dem neuen Namen steckt aber nur bedingt eine neue Gabel. Was ihr Innenleben angeht ist die Selva nämlich nahezu identisch zur bewährten FORMULA 35, die wir ja bereits im Test hatten. Die 35 ist mir bereits damals mit ihrem einfachen Aufbau, den vielfältigen Tuning Möglichkeiten (über Öl variierbares Luftkammervolumen und leichter Austausch der Drop-In Druckstufeneinheit und vieles mehr), dem geringen Gewicht (trotz 35 mm Standrohren) und der erstklassigen Performance begeistert.
Jetzt gibt es die 35 eben auch als Boost-Version … unter dem Namen Selva. Demnach sind die geschmiedete Gabelkrone und auch das Casting der Tauchrohre natürlich neu – mit einer flacheren und breiten Gabelkrone und etwas verstärkten Tauchrohrkonstruktion.
Die neue Selva bringt es mit einem intern verstellbaren Federweg von 120 bis 160 mm (als 27,5“ gibt es zwei Versionen „Standard“ von 120 bis 160 mm und „Extended“ von 170 bis 180 mm) auf eine etwas höheres Gewicht von ca. 1980 g (als 27,5 bei 1940 g), bietet dafür aber auch Platz für 29er Reifen bis 2,6“ und natürlich B+ Reifen. Bei der 29er/B+ Version der Gabel gibt es zwei Offset-Varianten: 46 und 51 mm
Die FORMULA Selva kommt, wie in den Bildern zu sehen in drei Grundfarben– Mattweiß, Mattschwarz (für je 988.- Euro) und dem wirklich spannenden Ultraviolett (für 1033.- Euro), die man mit den gleichfarbigen Dekoren individualisieren kann.
Wie heute üblich, kommt die Gabel mit einem konischen Steuerrohr und einer 15 mm Steckachse. Auf Wunsch gibt es auch ein Casting mit einer 20 mm Achse. Dabei kann der Schnellspannhebel einfach abgezogen werden – sei es als Diebstahlschutz, oder der Gewichtsersparnis wegen.
Sie soll ab November’16 lieferbar sein.
********************************
MRP Ribbon & Ramp Control für Fremd-Gabeln
Nicht minder spannend waren die Neuzugänge im Portfolio von MRP. Die recht kleine Firma aus Colorado, USA, bringt mit der Ribbon eine moderne Endurogabel auf den Markt, mit allerlei Technologien, wie man sie bisher so noch nicht gesehen hat.
Das auffälligste Merkmal der 35 mm Gabel, das mir zuerst wie eine optische Täuschung erschienen ist, ist die nach vorne geöffnete Gabelbrücke („Outcast Arch Design“ genannt). Warum? Jeder von uns weiß wohl, wie sich der Dreck in den üblichen nach hinten offenen Brücken sammelt und MRP hat das ganz einfach nach dem Motto „Form follows Function“ behoben indem sie die Brücke umgedreht haben. Damit soll die Gabel auch noch steifer geworden sein.
Ein weiteres Novum, das man bisher nur bei Downhill-Gabeln gesehen hat, sind die beiden Luftablassventile („Psst Pressure Relief Valves“) oben an den Standrohen der Gabel. So sollen vermeiden, dass sich bei langen und heftigen Abfahrten Druck im Inneren der Gabel aufbaut und so die Performance beeinträchtigt – ein Thema mit dem man auf langen Abfahrten durchaus mal zu tun hat.
Die neue MRP Ribbon ist natürlich nach dem Boost Standard (15x 110 mm) gebaut und fasst damit 29er Reifen bis 2,6“ und B+ Reifen bis 3,0“. Der Federweg ist intern verstellbar und liegt zwischen 120 und 150 mm. Dabei soll die Gabel gerade mal 1860 g wiegen und preislich um etwas über 1000 Euro kosten. Ein Liefertermin steht auch noch nicht fest.
Natürlich kommt auch die Ribbon mit der Ramp Control Technologie, mit der man die Progression der Gabel von außen einstellen kann. Wasuns zur nächsten Neuheit bringt:
Bisher konnte man bei den ROCK SHOX Modellen Pike, Yari, Lyric und Boxxer WC die Progression nur durch Einsatz oder Wegnehmen von Spacern verstellen. Jetzt bietet MRP eine Ramp Control Kartusche zum Nachrüsten für genau diese Gabeln an. Der Graph zeigt, wie sich die Federkennlinie damit verändern lässt. Damit ist das System eine Alternative zu den bisherigen Tokens da. Der Preis der Ramp Control Kartusche wurde uns mit 139.- Euro angegeben, deutlich mehr als die Original Plastik-Tokens von ROCK SHOX, aber dafür bleibt man flexibel und erspart sich den für manche Fahrer aufwendigen Umbau. Für Fahrer, die auf solche Feinheiten ohnehin kaum achten oder die Progression nur einmal anpassen, ist das System weniger spannend. Solche, die aber öfter damit experimentieren und ihre Gabeln optimal auf spezielle Strecken anpassen wollen (etwa bei Endurorennen), ist dies die Erfüllung eines langgehegten Wunsches.
***************************
GERMAN:ANSWER – Kilo 2.0 und Excite Zero Update
Auch wenn wir es nie geschafft haben einen Test mit der GERMAN:A Kilo durchzuführen, hat uns die Parallelogrammgabel mit dem externen Dämpfer schon immer fasziniert … und ganz sich nicht nur uns J. Jetzt hat GERMAN:A auf der Eurobike’16 die nächste Generation der Kilo vorgestellt – die Kilo X-Link.
Während die Original KILO noch in Zeiten des 26“-Monopols konstruiert wurde – genaugenommen vor 15 Jahren (!) – ist die X-Link eine „auf die kinematischen Anforderungen der 29er und 650b-Bikes angepasste“, komplette Neukonstruktion und deutlich steifer als das Vorgängermodell. Außerdem ist hier der Federweg von bisher 90 mm auf 100 mm angewachsen.
Neben dem vielgelobten Ansprechverhalten des wälzgelagerten Mehrgelenker-Systems, sind es vor allem zwei Punkt, die nach GERMAN:A für das extravagante Design sprechen – die Anti-Dive Eigenschaften und der über den gesamten Federweg sich weniger verändernde Nachlauf der Gabel:
- Mit Anti-Dive umgeht die Kilo ein Problem aller Teleskopgabeln. Eine klassische Teleskopgabel taucht durch die Schwerpunktverlagerung beim Bremsen deutlich ein und fördert so eine unter Umständen ungewollte Frontlastigkeit. Und diesem Effekt wirkt die Kilo X-Link durch ihre ausgeklügelte Kinematik entgegen und soll so auch bei heftigem Anbremsen (etwa im XC-Rennen) vollkommen unbeeindruckt bleiben.
- Während sich der Nachlauf bei normalen Gabeln beim Einfedern linear reduziert und mit dem genutzen Fedrweg immer nervöser im Lenkerhalten wird) ist die Einfederungskurve der Kilo X-Link so ausgelegt, dass der Nachlauf sich auf den ersten 60 mm (der sogenannte „Arbeitsbereich“ der Gabel) deutlich weniger verkürzt – laut Aussage etwa 7 mm, während der einer Teleskopgabel sich um bis zu 20 mm verkürzen würde. Über den gesamten verfügbaren Federweg (100 mm) wäre die Verkürzung wiederum identisch zu Teleskopgabeln.
Die neue KILO X-Link kommt wie alle GERMAN:A Gabeln mit dem spannenden „ONE POINT FIVE“ Gabelschaft (kann sowohl mit 1 1/8“ wie auch konischem Steuersatz gefahren werden) und wird dank des modularen Aufbaus für jeden Kunden spezifisch gebaut. So hat der Kunde die Wahl zwischen allen drei Laufradformaten, QR oder 15-mm-Steckachse und drei verschiedenen Dämpferoptionen.
Die GERMAN:A KILO X-Link wird mit einem Grundgewicht von 1480 g mit dem leichtesten Dämpfer angegeben. Für zusätzliche Einstelloptionen gibt es den Auf Force Kilo Dämpfer mit zusätzlichen 40 g bzw. einen sehr leichten Stahlfeder-Dämpfer mit zusätzlichen 160 g. Eine Remote-Lockout-Option würde weitere 40 g hinzufügen. Beim Preis spricht der Katalog von „auf Anfrage“.
Die GERMAN:A Xcite Teleskopgabel hatten wir zwar schon ausführlich im Test (hier). Jetzt gibt es die Gabel in einer Superleichtversion GERMAN:A Xcite Zero genannt, die es als 29er Gabel auf knapp unter 1100 g schaffen soll. Sie kommt mit einem Federweg von 100 oder 120 mm.
Hier wurde an allem gespart, was leichter macht, inkl. der Öldämpfung. Statt dessen kommt eine sogenannte eine innovative Luftdämpfung zum Einsatz, IIAS genannt („Intelligent Integrated Adaptive Suspension“). Das System soll sich ganz automatisch auf die Anforderungen anpassen und etwa niederfrequente Bewegungen (Wippbewegungen oder Bodenwellen) stärker abdämpfen, auf hochfrequente Schwingungen wie Schläge oder Stöße, aber sensibel reagieren. Auch auf die Anforderungen bie unterschiedlichen Luftdrücken, stellt sich das System vollautomatisch ein, ohne dass der Fahrer eine Eingriffsmöglichkeit hätte.
Die Tauchrohre, der Schaft und die Gabelbrücke sind natürlich aus Carbon.
Während wir bei unserem Gabeltest der Xcite noch auf 15 mm adaptierte 20 mm Ausfallenden hatten, gibt es mittlerweile sehr schöne gefertigte, spezifische 15 mm Ausfallenden mit passender Steckachse, die gegenüber den QR-Ausfallenden allerdings 46 g Mehrgewicht bringen.
Die Xcite Zero ist bereits lieferbar und hat einen Basispreis von 1699.- Euro.
**********************
CANE CREEK
Die Amerikaner haben ebenfalls ein paar News im Zuge der Eurobike gezeigt – darunter der neue DB Coil (IL) Enduro-Stahlfederdämpfer und zwei Remote-Hebel für deren Climb Switch Dämpfer.
Der DB Coil (IL) hat eigentlich als Spielerei eines ihrer Ingenieurs begonnen, der einfach mal einen verhältnismäßig leichten Stahlfederdämpfer bauen wollte. Das interne Feedback war aber so positiv, dass er nicht nur in Serie ging, sondern auch gleich an ein paar spannenden GHOST Fullies ab Werk verbaut wird (eines davon werden wir euch schon sehr bald im TNI-Test vorstellen J).
Die Vorteile liegen auf der Hand – sahniges Ansprechverhalten durch weniger Reibung, eine lineare Kennlinie wie sie eben nur eine Stahlfeder erreicht und eine höhere Pannensicherheit, weil es eben keinen Druckbehälter (Positiv- und Negativ-Luftkammer) mehr gibt. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass die in der Dämpfung generierte Wärme direkt nach außen abgegeben wird und nicht noch durch die umgebende Luftkammer „gedämmt“ wird – ein Plus vor allem auf langen Abfahrten.
Aber nicht nur die Doppelkammer-Konstruktion (DB steht für Double Barrel), die hier eben ohne Ausgleichsbehälter auskommt, auch die besonders hochwertige und leichte VALT Stahlfeder spart Gewicht. Deswegen unterbietet der DB Coil (IL) sein DB Coil CS Gegenstück um 200 bis 350 g (abh. von Federhärte und Einbaulänge). Damit ist er immer noch im Bereich von 550 bis 650 g, aber immerhin …
Die übrigen Verstelloptionen in Low- und Highspeed-Zug- und -Druckstufe und auch der Climb Switch (eine Pattformdämpfung mit stärkerer Lowspeed-Druck- und -Zugstufe) bleiben erhalten und ermöglichen es die Dämpfungscharakteristik auf fast jedes Bike anzupassen.
Als Zubehör zu den Climb Switch bestückten Dämpfern gibt es künftig noch zwei Remote-Hebel um die stufenlose Zusatzfunktion noch besser nutzen zu können – einmal als radialen Schieberegler (rechts und links montierbar für Ein- und Zweifach-Schaltungen, Abb. unten links) und einmal als speziellen Einfach-Hebel für links unten am Lenker (Abb. unten rechts).
Demnächst noch mehr Neues von der Eurobike 2016.
RIDE ON,
c_g
sehr schöne Übersicht!
„geringere Pannensicherheit“ sollte wahrscheinlich „höhere …“ sein
@Hpvd: Danke und ähem – da hast du natürlich Recht. (Ist bereits korrigiert.)