WTB Bridger und Trailboss Plusreifen (27,5×3,0) – Zwischenstand: von MiMü

Reifen sind vielgeforderte Zeitgenossen. Auf den wenigen Quadratzentimetern Kontaktfläche zwischen ihnen und dem Untergrund sollen sie unter allen Fahrbedingungen ein Optimum an Grip, Brems- und Antrittstraktion, geringem Rollwiderstand und noch dazu hoher Pannensicherheit generieren. Beinahe eine Herkulesaufgabe!

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Die Plus-Reifenpaarung aus WTB Bridge (vorne) und Trail Boss in der 3″ Breite im Testeinsatz.

Ob unsere beiden Kandidaten von WTB („WILDERNESS TRAIL BIKS“) aus der Plusreifen-Kategorie dieser Aufgabe gewachsen sind und aus ihrer größeren Aufstandsfläche einen Vorteil ziehen können, soll unser Test herausfinden. Analog zum Ende August erschienen Intro beginnen wir mit den bisher festgestellten Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Testmustern – vorne der aggressive Bridger 3.0 TCS und am Heck der etwas zahmere Trail Boss 3.0 TCS.

  • Bedingt durch ihre 3 Zoll Breite und den damit möglichen Drücken von um 1 bar bieten beide Reifen enorm viel Fahrkomfort. Je nach Untergrund kommt man sich mit den knapp über 70 mm breiten Pneus vor als wäre man mit einem Mini-Fully unterwegs, derart effektiv werden Wurzeln, Steine, Geländekanten und andere Entscheluniger absorbiert.
  • Dank niedrigem Luftdruck und großen Reifenvolumen ist die Anpassungsfähigkeit ans Gelände einfach phänomenal. Die Reifen schmiegen sich förmlich an den Untergrund an, dank flachem Aufprallwinkel fällt das Überrollverhalten dementsprechend sehr gut aus, die Geschwindigkeit im Gelände bleibt auch im ruppigen Gelände konstant hoch – was wiederum den Fahrspaß steigert!

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    Trotz starrem Heck bieten die Plusreifen ein sehr hohes Komfortniveau.

  • Wie schon mehrfach beschrieben, sind die Fahreigenschaften stark vom präzisen Luftdruck abhängig: Zu hoher Druck und die beiden WTBs neigen zum Springen, zu geringer Druck und sie federn unangenehm nach – das Fahrverhalten im Gelände erinnert dann in etwa dem eines alten Ami-Schlitten.
  • Trotz des hohen Gewichtes (Bridger 1093g, Trail Boss 1129g) läßt sich die Reifenkombination recht gut beschleunigen. Mein eigener 29“-LRS, der in etwa das gleiche Systemgewicht aus Reifen, Bremsscheiben und Kassette aufweist, nimmt subjektiv schlechter Fahrt auf – und das trotz eines Semi-Slick am 29er Hinterrad.
  • Bedingt durch die robuste Konstruktion der Reifen neigen sie nur wenig zum Walken in Kurven und besitzen einen aus meiner Sicht sehr guter Pannenschutz. Durchschläge oder Burping waren bisher selbst bei Luftdrücken unter 1 Bar nicht festzustellen, die Light Fast Rolling Karkasse ist auch in schnell gefahrenen Kurven stabil genug, um Bridger und Trail Boss bei Niedrigdruck nicht wegknicken zu lassen.
  • Die stattliche 40 mm breite AMERICAN CLASSIC Smokin Gun verhilft den 3,0“ Reifen zu einer fast perfekt runden Querschnitt. Breite wie Höhe sind nahezu identisch. Dass es noch keine klaren Ansagen bezüglich Reifen- und Felgenbreite gibt, zeigt sihc daan, dass auf der breiten Felge bei beiden Reifen die Stollen- und Karkassenbreite beinahe gleich sind sind. Die Reifenwand ist dadurch relativ exponiert gegenüber scharfen Steinen oder anderen seitlichen Eindringlingen. Ob sich diese Tatsache im weiteren Testablauf noch negativ bemerkbar machen wird, werden wir sehen.
  • Bereits bei der Erstmontage und dem Aufpumpen konnte das WTB Tubeless System „TCS“ vollauf überzeugen. Bridger wie Trail Boss waren mit 80 ml Dichtmilch von Anfang an dicht und halten die Luft auch konstant über einen längeren Zeitraum.

Soweit zu den Gemeinsamkeiten, aber es gibt noch weite mehr zu den beiden Testkandidaten zu sagen:

+++++ WTB Bridger ++++++

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Der WTB Beider an der Front ist ein wahres „Grip-Monster“.

Man sieht es dem Bridger bereits im Stand an. Er ist ein echter „Wühler“ und „Beißer“, der sich von den Herasuforderungen des Trails nicht so leicht aus der Ruhe bringen läßt. Egal ob loser Schotter, Geröll, Wurzeln, Sand oder weicher, matschiger Waldboden – er fühlt sich überall wohl.

Nur auf hartem Untergrund fällt sein lautes, wummerndes Abrollgeräusch auf. Sein subjektiver Rollwiderstand geht gemessen an dem groben Profil aber vollkommen in Ordnung. Die Geschwindigkeitsgier und Leichtfüßigkeit eines XC-Pneus darf man sich natürlich nicht erwarten, aber dafür wurden Plus-Rifen im Allgemeinen und der Bridger im Besonderen ja auch nicht entwickelt J.

Seine Paradedisziplin ist defintiv der Grip und der ist im bisherigen Testverlauf in jeder Lebenslage mehr als genügend vorhanden gewesen. Die vielen viereckigen Profilblöcke verbeißen sich aggressiv in den Untergrund und geben dem Piloten sehr viel Sicherheit und ein fast schon überirdisches Selbstertrauen. Dabei scheint es wirklich vollkommen egal, welche Art von Boden gerade befahren wird.

Das Feedback des Reifens gestaltet sich trotz der niedrigen Drücke angenehm direkt. Die Gummimischung des Profils ist nicht zu weich gewählt, um das Fahrverhalten schwammig und undefiniert erscheinen zu lassen.

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„Traktion Satt“ in allen Lagen.

Beim Geradeauslauf zeichnen sich der große zentrale Profilblock und die abwechselnd dazu angebrachten Doppelnoppen für tadellose Linientreue verantworltich, auch schräg verlaufende Wurzeln oder Spurrinnen bringen den Bridger nicht aus der Ruhe. In leichter Schräglage sorgen die ebenfalls versetzt angeordneten Stollen für sicheren Bodenkontakt.

Richtig beeindruckt war ich von den paarweise angebrachten Seitenstollen. Sie ermöglichen ein schienenartiges Kurvenverhalten, wie einer imaginären Linie folgend durchfährt der Bridger jegliche Art von Kurven. Auch hier paßt die Gummimischung. Selbst auf harten Böden gibt es keine wegnknickenden Stollen zu verzeichnen.

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Mit dem ordentlichen Stollenabstand ist auch die Selbstreinigung sehr gut.

Dank seines großen Stollenabstands geht auch die Selbstreinigung vollkommen in Ordnung. Das Profil setzt sich im matschigen Terrain zwar mitunter zu, der Grip bleibt aber dennoch auf einem hohem Niveau. Nimmt man etwas fahrt auf ist der Reifen dann auch nach ein paar Reifenumdrehungen wieder frei von Matsch und Co.

Mein persönlicher Wohlfühlluftdruck (bei 80 kg Lebengewicht) hat sich nach einigem Experimentieren bei 1,1 Bar eingependelt. Damit war der Rollwiderstand akzeptabel und der Grip wie oben beschrieben.

+++++ WTB Trail Boss +++++

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Der Trail Boss ist weniger stark profiliert und eine gute Wahl für den Hinterreifen.

Wenn der Bridger der böse Zwilling ist, dann ist der Trail Boss defintiv dessen gutmütiger und artiges Gegenstück. Sein zweireihiges quergestelltes Mittelprofil ist niedriger ausgeführt und ist engständiger. Durch die Lamellen soll eine zusätzliche Antritts- und Bremstraktion geschaffen werden.

Der relativ geringe Abstand zwischen den einzelnen Stollen soll den Rollwiderstand gering halten, was auf harten Böden auch sehr gut funktioniert. Festgefahrener Waldboden, Steinplatten oder eben Asphalt – hier spielt der Trail Boss seine aus meiner Sicht sehr guten Rolleigenschaften aus. Auf derarteigem Untergrund verzahnen sich die einzelnen Lamellen sowohl im Up- wie auch im Downhill zuverlässig mit der Trailoberfläche: Spätes, starkes Bremsen oder hart Antritte stellen den Pneu vor keine große Aufgabe.

Wird der Untergrund aber weicher oder technischer kommen die mittleren Stollenreihen und das gewählte DNA-Compound relativ früh an ihre Grenzen. Beim starken Bremsen oder im Wiegetritt neigt der Trail Boss dann schnell zum Traktionsverlust, was in einem blockierenden bzw. durchdrehenden Hinterrad resultiert.

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Außerdem setzt sich das enge Profil bei Nässe auffallend rasch zu und gibt den Matsch auch nur wiederwillig wider frei. In Folge neigt der Reifen früh zum unvermittelten Ausbrechen – klassisches Übersteuern ist die Folge. Deswegen habe ich bisher den Eindruck, dass Ausfahrten im Nassen nicht das bevorzugte Metier des Trail Boss sind. Während er trockene Böden noch mit Bravour meistert, ändert sich das Bild bei Feuchtigkeit: Bei Geradeausfahrt rutscht das Hinterrad selbst im gemäßigten Tempo schnell weg, rutschige Wurzelteppiche beispielsweise werden zur Schlitterpartie. Eine geübte Hand ist notwendig um das schlingernde Heck wieder einzufangen.

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Egal auf welchem Untergrund, mit den WTB Plusreifen bleibt man fast nie stecken.

In Kurven hingegen ist der Trail Boss dem Briger an der Front sehr ähnlich, beinahe schon ebenbürtig. Der Grund hierfür sind die in einer durchgehenden Reihe angeordneten, leicht schräg gestellten Stollen, die in Schräglagen für eine rasiermesserscharfe Linie sorgen. Die Schrägstellung der einzelnen Profilblöcke sorgt dabei für eine Art Schaufelfunktion was für zusätzlichen Grip sorgt. Zumindest hier vermittelt der WTB die Menge an Sicherheit, die man gerade im Nassen benötigt.

Den Luftdruck habe ich – auch nach einigem Experimentieren – etwas höher als an der Front gewählt: 1,25 bis 1,3 Bar haben sich für mich als optimal herausgestellt. Mit weniger Druck neigte der Trail Boss hinten stark zum Nachwippen, was zu einem ungewollten unrunden Tritt führt. Noch mehr Druck hingegen führt schlagartig zu einem zu direkten, fast schon „hölzernen“ Fahrverhalten, bei dem sämtliche Vorteile der Plus-Reifens mit einem Schlag zu Nichte gemacht würden.

++++ Zwischenfazit ++++

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Mit den aktuellen Eindrücken geht es weiter im Test …

Himmel und Hölle – in unserem Fall WTB Trail Boss und Bridger, liegen weit auseinander … und sind sich doch so nah. Der engelsgleiche Trail Boss gefällt mit niedrigem Rollwiderstand, super Brems- und Antrittstraktion im Trockenen und einem 1a Kurvenverhalten. Sein teuflischer Bruder Bridger trumpft dafür beim schier endlosen Grip groß auf – und zwar in allen Lebenslagen, hält sich dafür beim Thema Rollwiderstand etwas zurück. Beiden gemein sind der hohe Fahrkomfort, eon tolles Überrollverhalten sowie immenser Kurvengrip. Nicht außer Acht lassen möchte ich den bisher fehlerlosen Pannenschutz und die sorgenfreien tubeless-Eigenschaften der WTB Reifen.
Jetzt, wo der Sommer wohl endgültig vorbei ist und der nass-kalte Herbst Einzug hält, werde ich die beiden noch auf Herz und Nieren testen.

MiMü