45NRTH Nicotine 2.35 Spikereifen – Testfazit: von c_g

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Als Spikereifen dürfen natürlich solche Bedingungen in einem Test nicht fehlen.

Lust auch bei richtig widrigen Winterverhältnissen mit dem Bike unterwegs zu sein? Bei tiefem Schnee hilft oft nur noch ein echtes Fatbike, wer aber mehr unter eisigen Trails leidet, dem ist am besten mit Spikereifen geholfen. Mit dem Nicotine von 45NTRH hatte ich für ungefähr 4 Wochen einen spannenden Reifen im Einsatz. In der Zeit hatte ich die Chance das gesamte Einsatzspektrum eines Spike-Winterreifens zu erleben – von nass und rutschig, über verschneit bis hin zu blankem Eis, bei dem man sich ohne Spikes garnicht auf dem Bike halten könnte. Mittlerweile ist die erste kurze Winterepisode hier in Süddeutschland wieder vorbei und so kann ich ein gut fundiertes Fazit zu den Nicotine 29er Winterreifen zu ziehen – rechtzeitig um sich vor dem nächsten Wintereinbruch noch ein Paar zu sichern :-).

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Selbst über das Blankeis von zugefrorenen Teichen kann man mit dem Nicotine sicher und kontrolliert fahren.

Wie bereits im Zwischenstand geschrieben, verlässt sich der richtig breite Nicotine (60 mm Karkassenbreite auf der BULLS Hattori Felge) sowohl auf die 222 zum Teil weitständigen Spikes, wie auch das aggressive Profil – eine Rechnung, die fast immer gut aufgeht. Vor allem unter wechselnden Bedingungen, mal harter Schnee, mal Schlamm, dann wieder Eis und ebenfalls hin und wieder auf der Strasse unterwegs zum Trail ist der Nicotine ein klasse Reifen. In dem Spezialgebiet eines Spikereifens – Glätte & Eis – schlägt er sich ebenfalls sehr gut, vermittelt viel Sicherheit und kommt aber eben nicht ganz auf das extreme Traktionsniveau seines direkten Konkurrenten, des SCHWALBE Ice Spiker Pro heran, den ich in den letzten Jahren unter derartigen Bedingungen immer gefahren bin.
Seither hat der 45NRTH diesen Eindruck noch weiter untermauert und konnte auf der 32 mm breiten BULLS Hattori Felge auch nicht viel mehr Neues hinzufügen.

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Test mit breiterer Felge

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Von links nach rechts: Nicotine auf 40 mm Felge, Nicotine auf 32 mm Felge und Ice Spiker Pro auf 32 mm Felge

Aber mit einem neu eingetroffenen Laufradsatz der ebenfalls schon sehr bald vorgestellt wird, konnte ich noch eine bereits geäußerte Vermutung überprüfen: Wie würde sich der Nicotine auf einer noch breiteren Felge machen? Würden die bisher weit abstehenden Seitenstollen dann mehr zur Traktion beitragen – vor allem auf Eis? Wären damit niedrigere, fraktionsverstärkende Drücke der flexible 120 TPI Karkasse drin?

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Mit der breiteren Felge baut der reifen nochmal breite und bekommt ein flacheres Profil.

Hier war mir die Witterung zusätzlich behilflich und schickte gleichzeitig unglaublich eisige Verhältnisse auf manchen Forstwegen. Bedingungen unter denen ein sicheren Vorankommen zu Fuß fast unmöglich ist. Mit dem Nikotine, stattdessen war das kein Problem. Wie auch vorher schon mit der etwas schmäleren Felge konnte ich damit mit viel Sicherheit und Kontrolle über die Trails rocken, bin ich (fast) jede Steigung damit hochgekommen und konnte jede Kurve sicher damit fahren.

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Selbst solche vereisten Wurzeltrails sind damit sehr gut zu meistern.

Tatsächlich, der Nicotine wurde auf der 40 mm breiten Felge wie erwartet noch einen Tick sicherer und traktionsstärker – den im Zwischenstand erwähnten steilen Wurzeltrail, bin ich so deutlich gelassener hochgekommen. Allerdings reichte der Fraktionsgewinn immer noch nicht ganz aus, das Niveau des Ice Spiker Pro zu erreichen. Auf einer ganz besonders steilen Forstrasse, die praktisch aus spiegelglattem Eis bestand, bin ich auch mit dem Nicotine nur sitzend hochgekommen- und dann auch nur mit immer wieder deutlichem Schlupf der Reifen. Sobald ich in den Wiegetritt gegangen bin, ist der Hinterreifen durchgegangen. Wohlgemerkt, mit jedem anderen „Nicht-Spike-Reifen“, wäre bei den Bedingungen selbst eine ebene Strasse unmöglich zu fahren, ganz zu schweigen von dem Steilstück – aber mit dem Ice Spiker Pro, den ich zur Gegenkontrolle mal kurz aufgezogen habe, bin ich hier selbst im Wiegetritt ganz gelassen hochgezogen. Er ist und bleibt ungeschlagen, wenn es um den schieren Grip geht.

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(Dieser extrem vereiste Anstieg auf ein Forstrasse zeigt, dass der SCHWALBE Ice Spiker Pro, links, hier doch noch eine höhere Traktion aufbaut, als der Nicotine – selbst mit extrabreiter Felge für den Nicotine, wie im rechten Bild.)

Zusätzlich kam dem Nicotine zugute, dass er mit der breiten Felge noch mal an Stabilität gewonnen hat und so auch mit Drücken um 1,4 bar gut zurecht gekommen ist – viel niedriger würde ich wegen des rapide abnehmenden Durchschlagschutzes aber nicht mehr gehen. Was die zusätzliche Stabilität der  extrem flexiblen 120 TPI Karkasse angeht, konnte ich den Reifen in Kombi mit der extrem breiten Felge auch noch bis 1,2 bar  fahren ohne, dass er sich zu undefiniert angefühlt hat.

Ein letzter echter Kritikpunkt bleibt jedoch – der hohe Preis des 45NRTH Nicotine. Mit seinem VK von 149 Euro je Reifen, ist der 45NRTH Nicotine gut 50 Euro teuerer, als der Kontrahent von SCHWALBE, punktet aber im direkten Vergleich vor allem in der Vielseitigkeit, ein Bereich, in dem auch andere Enduroreifen ähnliche Eigenschaften haben.

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Bergab bleibt man auch in anspruchsvollen Etappen mit dem 45NRTH Nicotine stets Herr der Lage.

Was mich zu der Grundsatzfrage aller Spikereifen bringt: Welcher Fahrertyp ist es, der einen Spikereifen und speziell den 45NRTH Nicotine kaufen und fahren sollte?
Der ersten Teil der Frage ist leicht beantwortet: Ein Spikereifen macht für alle Sinn, die im Winter mit eisigen Verhältnissen zu tun haben und in der Zeit nicht aufs Biken verzichten wollen. In meinem Fall und meiner Region sind das wahrscheinlich kaum mehr als 3-4 Wochen, in denn eine solcher Reifen wirklich relevant ist, aber gerade dann freue ich mich darüber auch dann auf dem Bike noch Spaß haben zu können,meine Tests weiterhin durchführen zu können wenn andere sich kaum aufs Rad und damit auf Trails trauen.
Der zweite Teil ist etwas differenzierter zu sehen. Angesichts der im Grenzbereich besseren Traktion des Ice Spiker Pro steht man mit dem 45NRTH Nicotine vor der Frage wie viel Spezialistentum man von einem Spikereifen wirklich erwartet und letztlich auch braucht. Für einen maximal trailhungrigen Fahrer, für den Traktion nur durch noch mehr Traktion zu toppen ist, ist der Spiker die bessere Wahl. Dafür zeichnet sich der Nicotine eben gerade dadurch aus, dass er eben weniger der reine Eis-Spezialist ist und auch auf normalem Untergrund sehr gut funktioniert. Er wäre also der ideale Winterreifen, für solche, die ihn nicht nur für kurze vereiste Phasen eigens aufziehen wollen, sondern immer wieder auch andere Bedingungen vorfinden – etwa wie gerade jetzt zwischen zwei Kälteperioden. Bei solchen Bedingungen wie jetzt gerade würde ich den Ice Spiker eher wechseln, den Nicotine aber ruhig auch länger bei immer wieder wechselnde Verhältnissen fahren. Auch für spätwinterliche Touren bei denen man unten schon schneefrei fährt, in höheren Regionen aber die Sicherheit eines Spikereifens sucht und dafür willens ist ein wenig Kompromisse in beiden Bereichen einzugehen wäre ein Reifen wie der Nicotine genau das Richtige.

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Mit normalen Reifen wäre das Biken hier ein risikoreicher Eiertanz – mit einem Spikereifen wie dem Nicotine bleibt es hier ein kontrolliertes Vergnügen …

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Fazit: Der Nicotine 29er Spikereifen von 45NRTH wird auch in der zweiten Testphase seinem schon im Zwischenbericht gewonnenen Image als potenter und ausgesprochen vielseitiger Spikereifen voll gerecht. Er ist auch auf extremem Glatteis noch sehr kontrolliert, kann aber auch auf gemischten Böden und vor allem im Matsch und weichen Böden gut punkten. Die Kur mit der noch breiteren Felge hat im in der Tat gut getan, hat ihn aber nicht komplett transformiert. Die Krone des Gripkönigs darf auch weiterhin der ICE Spiker Pro von SCHWALBE tragen. Dennoch, mit dem Nicotine kommt man unter fast allen Bedingungen fast überall durch, hoch und runter wo sich auch gute All-Mountain-Reifen schon lang geschlagen geben müssen. Deshalb eignet der 45NRTH Nicotine sich gerade für solche Fahrer, die einen Reifen suchen mit dem sie den ganzen Winter auch bei Eis hindurch fahren können, während man beim Spiker auch bei nur 2 Wochen Tauwetter schon genau überlegt ob man ihn nicht gegen einen Normalreifen wechselt.
Als solcher ist der 45NRTH Nicotine der Allrounder unter den (wenigen verfügbaren) 29er Spikereifen. Dennoch, wenn ich einen Wunsch zur weiteren Optimierung des Reifens wünschen dürfte, wäre es die Option auch die anderen Stollen mit Spikes aufzurüsten. Dann könnte man den Nicotine je nach individuellen Anforderungen auch zum absoluten Gripper aufrüsten, quasi eine Traktion-Satt-Variante zur hier getesteten Spikeversion und der spike-freien Variante die 45NRTH ja ebenfalls anbietet.

RIDE ON,
c_g