BRAKE FORCE ONE H2O Bremse – Testintro: von c_g
Es ist noch gar nicht so lange her, da hatte ich das Vergnügen eine Vorserienversion der BFO H2O Disc-Bremse der schwäbischen Ideenschmiede BRAKE FORCE ONE die 1000+ Tiefenmeter von der Plose bei Brixen runterzuprügeln (hier der Link – damals sogar mit geglückter „Notentlüftung aus der Wasserflasche“ auf dem Trail). Seither hat BFO noch die letzten Details bei ihrer „Wasserbremse“ ausgearbeitet und sind in Serie gegangen. Als eine der ersten Medien-Outlets haben wir schon unser Testmuster erhalten – pünktlich um sie unter unseren Weihnachtsbaum zu legen.
Wie damals schon geschrieben, strotzt die BFO H2O mit allerlei spannender Innovationen.
An vorderste Front natürlich die Tatsache, dass die Bremse nicht etwa mit DOT Hydraulikflüssigkeit oder Mineralöl arbeitet, sondern … mit Wasser (auch andere Flüssigkeiten wie Kaffee, Limonade oder einfach das Wasser vom nächsten Tümpel… würden angeblich funktionieren ;-)). Die Frage nach der Hitzenetwicklung und dem niedrigen Siedepunkt hat man einerseits technisch angegangen, indem sowohl der Bremssattel wie auch die Scheiben eher massiv gebaut sind und so viel Wärme aufzunehmen und auch abzuleiten. Aber auch das Bremsmedium Wasser selbst trägt durch seine sehr gute Wärmekapazität dazu bei, dass die Bremse auch bei langen Abfahrten keinen Hitzekollaps erleiden soll. Durch die geringere Wärmeausdehnung von Wasser kann man die gesamte Konstruktion auch weiterhin als geschlossenes System, also ohne Ausgleichsbehälter gebaut werden. BRAKE FORCE ONE ist in seiner Produktion bedacht möglichst viel selbst zu machen oder regionale Zulieferer zu nutzen. Deswegen prangt das Prädikat „Made in Germany“ auch groß auf der Verpackung. Auch auf diesen Aspekt bin ich sehr neugierig, denn es ist schon lange her, dass ich ein geschlossenes Bremssystem gefahren bin – alle derzeit verfügbaren Modelle arbeiten ja als offenes System mit einem Ausgleichsbehälter.
Der gerade jetzt im Winter relevanten Gefahr, dass das Wasser einfriert, begegnet man ganz einfach indem man dem Wasser etwas Glykolalkohol beigibt – genau wie beim Wischwasser des Autos. Serienmäßig wird die Bremse mit einem Glykolanteil von 20% ausgeliefert, was einem einen sicheren Betrieb bis ca. -7°C garantiert. Wer noch niedrigere Temperaturen braucht, kann einfach das Original-Gemisch gegen die mitgelieferter „Wintermischung“ mit 40% Glykol und Betriebstemperaturen bis -25°C austauschen.
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Gebereinheit
Doch nun zum Testmuster selber. In dem oberen Foto sieht man die fast schon kunstvolle Detailarbeit, die in de Bremshebel gegangen ist. Sei es der schön geschwungene Alu-Griffkörper mit dem Geberzylinder, der extrem filigran wirkende Bremshebel (hier in der Einfinger-Variante), oder die beiden Einstellschrauben – hier wirkt alles sehr edel und extrem hochwertig. Die kleine Schraube nahe am Leitungsansatz dient der Griffweitenverstellung, während die größere, nach vorne weisende Leitung zur Druckpunkteinstellung dient.
Als kleines, aber gerade bei der Montage an Carbon-Leichtbaulenkern sinniges Detail sind die beiden Gummipuffer auf der Innenseite der Griffeinheit Damit lassen sich die Klemmkräfte bei der Montage reduzieren, was wiederum das auf Klemmung empfindliche Material entlastet.
Doch die Innovationen an der BFO H2O gehen noch weiter … viel weiter! Eine der in meinen Augen genialsten Dinge ist die hydraulische Kupplung der sehr dünnen 4 mm Leitung, mit der man die Leitung sowohl an Sattel und Bremsgriff werkzeugfrei entfernen bzw, wieder befestigen kann. Dazu muss man nur den kleinen Kunststoffsplint entfernen und den Kupplungsring runterdrücken (z. B. mit dem Fingernagel). Schon kann man die Leitung ganz einfach aus der Kupplung herausziehen. Nach der Leitungsverlegung und dem Ablängen, steckt man die Leitung einfach bis zum Anschlag wieder in die gedrückte Kupplung und sie ist sofort dicht und sicher. Aufgrund der speziellen Niederdruck-Hydraulik braucht es noch nicht einmal eine Innen, oder Klemmhülse! Genial einfach und genial gut!!
So kann man die Leitung ganz einfach kürzen, verlegen und auch wieder anschließen. Wenn man nicht extrem schlampig arbeitete Sind die Leitungen so innerhalb von Minuten auf das richtige Maß gekürzt und die Bremse wieder einsatzbereit. Die Montage-Kurzanleitung fällt deswegen auch ausgesprochen kurz aus.
Die bei unserem Testmuster grün eloxierten Teile kann man ebenfalls in Rot, Blau, Schwarz oder Gold bestellen. Wer will, kann sogar mehrere Farben kombinieren, da die Bremsen tatsächlich von Hand im Werk nahe Tübingen zusammengesetzt werden.
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Nehmereinheit
Kommen wir zum weit weniger filigranen Bremssattel. Der ist der Steifigkeit wegen aus einem Stück Aluminium geschmiedet – angeblich soll er so um das doppelte steifer sein, wie der Bremssattel des Vorgängermodells BFO M. Die Folge ist ein direkterer und präziserer Druckpunkt.
Wie bei dem Vorgängermodell besitzt die BFO H2O auch eine interne Bremskraftverstärkung. Das Grundprinzip besteht darin, dass die Bremse zuerst mit einer hohen hydraulischen Übersetzung den Luftspalt zwischen Belag und Scheibe überwindet und sobald der Kraftschluss vorhanden ist, also die Beläge an der Scheibe anliegen, in einem anderen Verhältnis – nämlich einem das viel mehr Kraft aufbringt – auf die Scheibe drückt. Indem man die Bremskraftverstärkung nun aber in einer Achse mit dem Kolben gelegt hat, ist zusätzlich die Leitungsanlenkung am Sattel um 360° drehbar.
Natürlich hat BFO auch seine eigenen Bremsscheiben. Die in eigenem Design entwickelten Scheiben verfügen über eine Materialstärke von 1,9 mm und sollen besonders unempfindlich gegenüber Verformung unter Hitze sein – eines der Hauptprobleme, mit dem viele Scheiben auf langen Abfahrten zu kämpfen haben.
Angesichts all der fast schon unglaublichen Detailarbeit, die in der BFO H2O steckt verwundert es auch kaum, dass sie auch die Waage kaum belastet. So wiegen die beiden Bremsen gerade mal 181 g (vorne) bzw. 191 g (hinten). Die eigenen BFO Scheiben mit einer bringen es im 180 mm Durchmesser auf gerade mal 135 g.
Mit dem Systemgewicht von nur knapp nur wenig über 300 g ist die BFO H2O dementsprechend auch noch einen der derzeit leichtesten Bremsen auf dem Markt.
Als echtes Premiumprodukt „Made in Germany“, das zu einem der innovativsten Produkte auf der Eurobike’15 gewählt wurde hat die BFO H2O natürlich auch einen Premiumpreis: Für einen Satz der BFO H2O Bremse sind 594.- Euro fällig. Kein Pappenstiel, doch wenn man einerseits die Fülle der innovativen Details berücksichtigt und dann noch bedenkt, dass das Vorgängermodell für ganze 780.- Euro über den Ladentisch ging, ist die BFO H2O keineswegs überteuert. Die Bremsscheiben kommen unabhängig von der Größe pauschal auf 32.- Euro.
Ob die Bremse ihr Geld aber auch in der Praxis wert ist, wie sich das geschlossene System fährt und wie die Bremskraftverstärkung sich in Sachen Dosierbarkeit auswirkt wird der hiermit anlaufende Dauertest zeigen.
RIDE ON,
c_g
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FROHE
WEIHNACHTEN´15
und erholsame Feiertage
… wünscht euch das twentynineinches Team
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Schöne und innovative Bremse. Besonders die Schnellkupplung finde ich gut.
Wenn nur das unerträgliche Werbegeblubber „bremst nur mit Wasser“ nicht wäre. Bremsflüssigkeit an den Einsatzbereich anpassen wollen wohl nur wenige. Und Wasser ist eben kein Glycol/Wassergemisch.
Für mich nix!
@TNI-Team Danke für die vielen und guten Tests dieses Jahr.
@ Georg: Danke wir geben uns große Mühe gute Arbeit zu machen.
Nun, ich geb dir recht was das reine Wasser im Dauereinsatz angeht – aber der Glycolzusatz ist in der Tat nur wegen des Frostschutzes. Die Bremse funktioniert in der Tat auch nur mit reinem Wasser (oder anderen wasserbasierenden Flüssigkeiten) … nur eben dann nicht mehr wenn’s richtig kalt ist :-).