DRÖSSIGER Mo’Flow – Testfazit: von MiMü

Wie schnell doch die Zeit vergeht, wenn man sich im sprichwörtlichen „Flow“ befindet. Knapp fünf Wochen sind vergangen seit wir euch das DRÖSSIGER Mo’Flow, ein 140 mm 29er Trailfully im Intro vorgestellt haben. Im Zwischenstand nach bereits reichlich Trail-Kilometern wusste es mit schon mal ordentlich zu gefallen.

 

DRÖSSIGER selbst ordnet das Mo’Flow in die noch relativ neue Bike-Gattung der Trailbikes ein. Im Vergleich zu seinen beiden Geschwistern Flow Select (130mm FW) und Flow Rookie (120mm FW) ist das Mo’Flow aber eindeutig das potenteste Bike. Eine Eigenschaft, die es im Test auch eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat.

Je gröber das Terrain, desto mehr kann das DRÖSSIGER Mo`Flow überzeugen.

Bereits beim ersten Aufsitzen zu Testbeginn ließ sich erahnen, dass das Mo`Flow sehr gerne bergab über technische Trails räubert. So fällt der Hauptrahmen relativ kompakt aus, wodurch man als Pilot doch eher aufrecht auf dem Bike sitzt. Zum Sprintstar wird man damit jedenfalls nicht, aber das entspräche aber auch nicht dem Naturell des Bikes.

Auf Touren ordentlich Kilometer machen oder Höhenmeter sammeln funktioniert dagegen mit dem Mo’Flow dagegen richtig gut.Die kompakte Sitzposition sorgt für viel Komfort. Nur sollte man die Sache nicht mit der Stopuhr im Nacken angehen. Dank des 75° steilen Sitzwinkels bekommt man stets ordentlich Druck aufs Pedal und bergauf bleibt die Front selbst in den steilsten Uphill-Sektionen noch gut kontrollierbar. Angesichts des für seinen Federweg doch kurzen Hinterbau eine positive Überraschung, die ich vor allem dem steilen Sitzwinkel zugute schreibe. Bergauf verlangt das aktive und gerne etwas mitwippende Heck den Griff zum Climb-Switch-Hebel des CANE CREEK DB COIL IL Stahldämpfers. Einmal umgelenkt, werden Lowspeed- Druck- und Zugstufe gestrafft, das Heck schaukelt weniger, bietet aber gleichzeitig eine fabelhafte Traktion. Nachdem der Climb Switch nicht nach On/Off sondern sehr fein einstellbar ist kann sich so jeder das Maß an Wippunterdrückung suchen, das ihm am besten liegt. Neben dem Uphill, hat Climb Switch auch auf welligen Singletrails echte Vorteile: Selbst im Wiegetritt bleibt das Heck spürbar ruhiger, ohne an Traktion zu verlieren. Nass-rutschige Wurzelpassagen waren so spürbar effektiver und gleichzeitig sichrer zu fahren. Auf die Performance des Stahldämpfers im Downhill komme ich später noch zu sprechen.

Auf dem Trail und bergab profitiert das Mo`Flow von seiner für meinen Geschmack sehr ausgewogenen Geometrie. Als Fahrer steht man sehr zentral im Bike mit einer wunderbar ausbalancierten Gewichtsverteilung.

Das kurze und breite Cockpit vermittelt viel Kontrolle und Sicherheit.

Die Kombination aus 67° flachem Lenkwinkel, kurzem 50mm Vorbau und 780mm breitem Lenker verleiht dem 140mm-Fully ein genauso laufruhiges, vertrauensförderndes wie auch direkt agiles Fahrverhalten. Was sein Handling angeht hat DRÖSSIGER mit dem Mo`Flow genau ins Schwarze getroffen, wenn es darum geht einen Kompromiss aus Verspieltheit und Laufruhe zu finden. Durch die (moderat) flache Front motiviert einen das DRÖSSIGER das gas stehen zu lassen und einfach nur drüber zu bügeln, ohne je on engen Passagen zu täge zu wirken. Gefürdert durch das erstklassige fahrwerk musste ich mich das eine oder andere Mal schon sehr am Riemen reißen, um mit dem Bike nicht über mein Fahrkönnen hinaus zu schießen. Das kurze Heck mit seinen lediglich 430 mm messenden Kettenstreben auf der anderen Seite verleiht dem Bike eine gewisse Quirligkeit, die mir im Baumslalom, bei Spitzkehren oder in engen Haarnadelkurven immer viel Spaß gemacht hat .

Das DRÖSSIGER Mo`Flow fährt sich sicher und zugleich agil.

Das Sahnehäubchen auf der gelungenne Geometrie und Kinematik ist sicher der goldgelb glänzende CANE CREEK DB COIL IL Dämpfer. Bergauf fordert seine Sensibilität zwar den genial gut funktionierenden Climb Switch, aber sobald es bergab geht, merkt man wozu er in der Lage ist. Je mehr man ihn fordet, desto mehr erwacht er zum Leben und geht dabei mit einer unglaublichen Feinfühligkeit und Souveränität ans Werk. Immer vorausgesetzt man hat vorher in der Fülle an Einstellmöglichkeiten ein für seinen Fahrstil und sein Gelände gutes Setup gefunden – immerhin bietet der Dämpfer vier separate Einstellknöpfe für die Dämpfung. Ist diese Hürde aber genommen, erhält man einen Dämpfer, der wirklich alle Arten von Unebenheiten wegbügelt. Schnelle Wurzelpassagen schluckt der DB COIL genau so zuverlässig wie gestuftes Terrain oder schnell gefahrene Anlieger. Das sprichwörtlich verwendete „sahnige Ansprechverhalten“ trifft auf diesen Stahldämpfer definitv zu, das bei Luftdämpfern systembedingte Losbrechmoment entfällt hier ja weitgehend. Vom ersten Milimeter an verrichtet der DB COIL IL maximal sensibel seinen Diesnt, bleibt über den gesamten Federwegsbereich gleichmäßig aktiv und hat doch im letzten Federwegsdrittel eine gut spürbare Endprogression. Ich war von der Performance des Dämpfers dermaßen angetan, dass ich einzelne Sektionen meiner Hometrails immer und immer wieder gefahren bin, nur um die unterschiedlichen Einstelloptionen voll auskosten zu können. Ich bin ein Tech-Nerd, ich weiß ;-).

Die RPCK SHOX Pike ist eine erstklassige Federgabel .. aber mit dem stahlgefederten Hinterbau kann sie nicht mithalten.

Die ROCK SHOX Pike RC Federgabel an der Front kann da mit dem Heck nicht ganz mithalten – weder in der Federung, noch in der Dämpfung. Auch sie verfügt zweifelsfrei über ein sensibles Ansprechverhalten und eine gute Dämpfung, aber bei sehr schnellen Schlagabfolgen war sie dem Heck doch spürbar unterlegen. Zumindest das im Zwischenstand monierte etwas undefiniert-schwammige Fahrverhalten im mittleren Federwegsbereich konnte ich mit wnieg Aufanwd durch Einsetzen eines zusätzlichen Tokens weitestgehend eliminieren.

Die SCHWALBE Nobby Nic Reifen in 2.6″ Breite und mit APEX verstärkter Karkasse haben mir sehr gut gefallen.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich auch die SCHWALBE’s Nobby Nic Evolution Addix Reifen in der aktuell recht angesagten Mid-Size-Größe 2,6“. Gerade jetzt, wo sich auf dem Trails Schneereste, Matsch oder tiefer Lehmboden abwechseln, überzeugten mich die NN-Brüder mit seiner satten Traktion und einem gutem Kurvenhalt auch in tiefen Böden. Besonders angetan hat es mir der zusätzliche Komfort und die Gutmütigkeit die durch das große Volumen und die niedrigen Drücke zusätzliche Pluspunkte sind. Dank ihrer breiteren Bauform und der ab 2018 verbauten APEX Verstärkung der Reifen konnte ich auf der WTB-Felge (29 mm Innenbreite) sorgenfrei Luftdrücke um 1 bar fahren und bin währdne des tests doch komplett pannenfrei gebleiben. Natürlich bringt das höhere Gewicht der Breitreifen ein wenig mehr Gewicht ans Bike – nach offiziellen Angaben etwa 160 g je Reifen zur 2,35 Version, die allerdings keine APEX Verstärkung hat – aber das hat mich bei dem ohnehin auf Trailsurfen ausgelgeten Charakter des DRÖSSIGER Mo`Flow so gar nicht gestört. Bei den genannt niedrigen Luftdruck spürt man auch nur auf der Straße einen leicht erhöhten Rollwiderstand. IM Gelände läuft der 2,6er NN dagegen seidenweich. Für einen Allround-Reifen hat die 2,6“ Breite des Nobby Nic bie mir einen sehr guten Eindruck hinterlassen.

Der SRAM GX Eagle Antrieb mit seinen 12 Gängen hat mich ebenfalls überzeugt.

Wie nicht anders erwartet, gefiel die 12-fach Schaltung SRAM GX EAGLE durch stets präzise Schaltvorgänge bei gleichzeitig angenehm niedrigen Bedienkräften. Für meine Einsatzgebiete zwischen Voralpenraum und Mittelgebirge genügten die 500 % Übersetzungsbreite vollkommen. Selbst die Sprünge zwischen den einzelnen Gängen empfand ich dabei als angenehm. Lediglich das Pressfit-Innenlager kapitulierte zu Testende seinen Dienst. Der permanente Beschuss durch Matsch und Co. Sorgte auf der Antriebsseite für einen zunehmend rauen Lagerlauf. Hier wird wohl ein Lagertausch von Nöten sein. Zugegeben, es waren harte 5 Wochen die das Bike hinter sich hat, aber trotzdem sollte das nach so kurzer Zeit noch nicht auftreten.

 

Die übrigen Komponenten des Mo’Flow erwiesen sich in den vergangenen fünf Wochen als unaufgeregte, zuverlässige Zeitgenossen: MAGURA’s MT Trail Bremsanlage konnte zuletzt nur durch das feuchte Wetter aus der Ruhe gebracht werden, denn bei dauerhaftem Beschuss durch Wasser begann sie ordentlich zu quietschen. An der hervorragenden Bremsleistung änderte sich dadurch aber nichts, der Druckpunkt blieb fading-frei, die Bremskräfte stets mehr als ausreichend. Der Laufradsatz aus WTB ST i29 TSC Felgen und DT SWISS 350 Naben drehte unaufgeregt seine Runden. Trotz gelegentlicher Durchschläge zeigten sich die Felgenhörner unbeeindruckt, Rund- wie Seitenlauf präsentierten sich perfekt wie zu Testbeginn. Und nicht zuletzt sorgte die 150 mm Absenkung bietende ROCK SHOX Reverb dafür, dass ich mich jederzeit gut im Bike bewegen konnte. Zuverlässig und ohne Murren fuhr sie auf und ab, völlig spielfrei und ohne sichtbare Kratzer auf der Gleitfläche.

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Testfazit

Die Trailbedingungeng waren während des tests zwar alles andere als optimal, aber das macht mit einem Bier wie dem Mo’Flow nur wenig aus …

Der Modellname ist durchaus zutreffend. Denn mit dem Mo’Flow erhält man genau das, was DRÖSSIGER einem verspricht: „More Flow“. Das Konzept aus modern gezeichneter, leicht abfahrtsorientierter Geometrie und 140 mm Federweg bietendem Fahrwerk geht meiner Meinung nach voll auf. Zumal das Heck dank des phänomenal arbeitenden CANE CREEK DB COIL IL eine Feinfühligkeit an den Tag legt, die ich bisher nur selten bei einem Bike erfahren habe. Wer bereit ist, Zeit und Energie in die Abstimmung des Dämpfers zu investieren, wird gleich dreifach belohnt – mehr Fahrspaß, mehr Sicherheit und mehr Komfort. Der anfangs erwähnte Flow wird dadurch enorm gesteigert. Bergauf geht es eher gemütlich zu, aber das macht nichts, denn im Grunde wollen wir alle doch nur das eine: Spaß auf dem Singletrail haben.

… denn damit hat man immer und auf jedem Trail Spaß.

Und genau dafür ist das Mo’Flow das richtige Werkzeug. Flowtrails werden ebenso laufruhig und geschwindigkeitsgierig unter die Stollen genommen wie fiese Wurzelteppiche, Steilstufen oder enge Spitzkehren. Für 3499.- Euro bekommt man ein sehr potentes Trail- bzw. All-Mountainfully, dessen Ausstattung mit viel Detailliebe konfiguriert wurde und ideal zum Einsatzbereich passt. Auch in diesem Fall sende ich das Bike nur ungern wieder zurück: Mo’Flow, die Zeit mir dir war viel zu kurz!

MiMü