Eurobike Media Days # 7 – 3T Exploro: von Oli
(Anmerkung: Bei diesem Artikel handelt es sich lediglich um Fahreindrücke auf uns teils unbekannten Trails mit zeitlich eng begrenzter Fahrzeit – mehr nicht, aber auch nicht weniger. Echte TNI-Tests folgen wenn sich die Gelegenheit ergibt.)

Die Testmöglichkeiten der Eurobike Media Days sind in drei Radgattungen: Zum einen den von uns geliebten Mountainbikes, zum anderen die aufstrebende und kontrovers diskutierte Gattung der E-Bikes und dann noch die von uns kaum behandelten Rennräder. Es gibt aber auch Räder, die sich nicht mehr so eindeutig in eine Schublade packen lassen und zwar die Gravel-, Adventure-Bikes und die Monstercrosser.

Diese Grenzgänger könnte man als eine Art Verbindungsglied zwischen Rennrad- und Mountainbike-Enthusiasten sehen – sofern sie offen für „neue Wege“ sind. Und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn Gravel ist im Grunde nichts anderes als der bislang so verpönte Forstweg oder Schotterweg, den „echte“ Biker zwar immer vermeiden, aber doch unweigerlich viel Zeit darauf verbringen. Nun nimmt auch hierzulande das Interesse an Bikepacking, Adventurebiking, bzw- -racing immer mehr zu und auch die reinen Graveltouren gibt es nicht mehr nur in den USA– wie es aktuell die kleine Bikeschmiede VPACE mit ihrem Bodensee Gravel Giro wieder bewiesen hat. Eine der größte und bekanntesten Veranstaltungen in den USA ist der „Dirty Kanza 200“ und genau für diese Art der Langstreckenrennen hat 3T – bislang bekannt als traditionsreiche, italienische Edelschmiede für hochwertige Anbauteile – einen Carbon-Gravel-Renner entwickelt, der es wirklich in sich hat. Das Dirty Kanza geht über 200 Meilen, also 321 km (!) Schotterpisten. Ich empfehle sich als Appetizer mal das Video anzusehen, das 3T hierfür produziert hat.
Doch das Exploro ist nicht nur Performance-Bike. Es ist auch ein Design-Meisterwerk und hat durch diese Kombination ganz nebenbei bereits einen IF Design Award gewonnen und war Gold Winner bei der Eurobike 2016.
Das 3T Exploro will sich selber als Allroad, also “(Renn-)Rad für alles” verstehen:

Ask EXPLORO riders and the press and you will see that the EXPLORO performs so well it can be your go-to road bike AND your adventure bike all in one. Get one road and one off-road tire set to tailor your ride or a versatile set to conquer everything. The EXPLORO is allroad riding at its best. Cycling, reinvented.”

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3T Exploror – Das Bike

Ich hatte die Gelegenheit mich während eines wiederholten Regenschauers mit den Jungs von 3T am Stand etwas länger zu unterhalten und habe dabei einige Details über das Exploro aus erster Hand erfahren: Der dezent schwarze Carbonrahmen (auch in weiß erhältlich) wurde als „Aero Gravel Bike“ entworfen, mit dem erklärten Zeile damit auch echte Langstreckenrennen wie das Dirty Kanza 200 gewinnen zu können. Das bedeutet, dass sich die Rahmenform nicht alleine aus den benötigten Steifigkeitswerten entwickelt hat, sondern auch aus intensiven Tests im Windkanal – in Kombination mit breiteren Reifen und man glaubt es kaum … sogar mit Versuchen, bei denen das Bike mit auch 3 D gedrucktem Dreck (!) getestet wurde.
Und weil das 3T Exploro nicht nur irgendein Gravelbike ist, sondern eines der derzeit edelsten, musste natürlich auch der Rahmen richtig leicht werden: Der Rahmen unseres Testbikes wurde uns mit 950 g (!) genannt.

Und wenn wir als Mountainbiker bei einem Rennrad „breite Reifen“ sagen, meinen wir das auch. Das 3T Exploro nimmt nämlich Rennradreifen bis 40 mm auf, aber auch MTB-Reifen im 27,5er Format bis 2.1“ Breite. Die an unserem Testbike verbauten WTB Nano zeigen das eindrucksvoll. Selbst damit ist vorne wie hinten ausreichend Platz vorhanden. Natürlich lässt sich das Bike jederzeit mit einem zweiten „normalen“ Disc-Rennradlaufradsatz ganz schnell in einen reinen Straßenrenner umbauen.
Der Q-Faktor ist trotzdem dieser Reifenfreiheit schmal gehalten wie bei einem Rennrad. Die Züge sind allesamt innen verlegt und verschwinden – vom Lenker kommend – nicht vorne oder seitlich im Steuerrohr sondern oben auf dem Oberrohr. Das ist eine schön gemachte Lösung, hat allerdings zur Folge, dass eine Oberrohrtasche erst hinter der Einlassöffnung befestigt werden kann. 3T hat hierfür aber auch zwei Schrauben vorgesehen. Das Bike (oder sage ich besser: Rad?) ist für Ein- oder Zweifach-Schaltgruppen vorbereitet und kann natürlich auch mit auch DI2 aufgebaut werden. Die sehr hohe Rahmensteifigkeit wird unterstrichen durch Steckachse vorne und hinten, die Sicherheit im Gelände bringt eine Scheibenbremse mit 160er Scheiben vorne und hinten.

Auf die 160er hinten wurde besonders Wert gelegt, da bei dem beabsichtigten Einsatzbereich des Exploround mit Gepäck die 140er Scheibe einfach nicht genügend Bremspower und Standfestigkeit gebracht hätte. Die paar Mehrgramm stören allenfalls wirklich hardgesottene Grammfeilscher, denn das getestete Bike wiegt komplett (ohne Pedale)  8,45 kg. Das mag aber auch an der extrem leichten verbauten (sündhaft teuren) THM Clavicula Kurbel liegen wird. Am Foto ist auch zu erkennen, dass das Exploro Testbike mit seinem 38er Kettenblatt mehr auf Strecke, als auf extrem lange Steigungen ausgerichtet ist – oder für sehr gute Beinmuskeln.

 

Weiterhin verbaut waren eine SRAM Force Schalt- und Bremsgruppe sowie natürlich Lenker und Vorbau aus eigenem Hause.

  

Sehr schön gemacht ist die etwas fummelig einzustellende, aber 100% verdrehsichere Palladio Sattelklemmung und die in den Rahmen integrierte Sattelstützklemmung, die über einen Konus gesichert und von unten verschraubt wird – von oben nichts als klare Linien und schwarzes Carbon zu sehen. Die Sattelstütze selbst ist auch aerodynamisch geformt und damit absolut verdrehsicher.

Gefahren wird wie oben schon genannt (auch schlauchlos möglich) mit WTB Nano 27,5×2,1 auf 3T Discus Plus C25 Pro Laufrädern, der mit einer Innenweite von 25 mm  1650 g wiegt … fast wie ein MTB-Laufradsatz.
Interessant am Konzept des Exploro ist für mich, dass offensichtlich nicht nur wir Mountainbiker, sondern auch der progressive Rennradfahrer versucht, durch Zwischengröße die Variabilität seines klassischen Rades zu erweitern. Ist es bei den Mountainbikes derzeit der optionale Umbau auf 27,5 plus, so strebt man mit den Rennrädern wohl auch vermehrt in den Abenteuerbereich und konstruiert damit Rennräder die auch breite Reifen fassen. Ich bin schon gespannt, was die Eurobike’17 diesbezüglich bieten wird.

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Und wie fährt es sich nun?

Ich muss zugeben, dass ich jedes Mal ein wenig brauche, mich an die kompakte Geometrie eines Gravelbikes zu gewöhnen. Auch wenn ich erst vor kurzem das SALSA Cutthroat getestet hatte, so ist die Sitzposition dieser Bikes nach doch noch näher an einem Rennrad oder Crosser, als einem Mountainbike. Auch hier musste ich erst einmal mit dem kurzen Radstand klar kommen und beim Lenken auf die Position meiner Füßen achten. Außerdem saß bei unserem Bike der Lenker selbst für eine Rennrad untypisch tief.

Aber es hat nicht lange gedauert, dann war ich wieder drin. Zudem hatten wir uns für diese Testrunde, auf der wir von TNI zu dritt unterwegs waren, eine XC Runde mit hohem Forstweganteil ausgesucht, die förmlich für ein Gravelbike wie das 3T Exploro gemacht schien – bis auf die zeitweise heftigen Anstiege. Auch wenn wir dabei kaum offenes Gelände hatten, wo ich mit hoher Geschwindigkeit die Vorzüge des Aero-Rahmens hätte spüren können, so ist der Rahmen doch spürbar auf Speed ausgelegt. Es hat mir unglaublich Spaß gemacht mit ihm über diese waldige Testrunde zu heizen. Während das SALSA Cutthroat hinten durch seine Kettenstreben noch auf zusätzlichen Komfort ausgelegt war, so ist der 3T Exploro hier deutlich steifer. Man spürt sofort, dass hier maximaler Vortrieb und hohe Agilität bei der Entwicklung im Vordergrund standen. Wer es etwas komfortabler mag, kann das Exploro auch auf mit einer LAUF GRID Gabel aufbauen, die ebenfalls auf dem Rad getestet worden ist.

Die 2.1er WTB Nanos dämpfen schon mal viel an Unebenheiten weg. Sie haben sich im nicht allzu schweren Gelände als sehr gute Wahl erwiesen. Wurde es allerdings steiler galt es, sitzen zu bleiben, denn im Wiegetritt riss die Traktion am Hinterrad doch schnell ab. Umso schwieriger, weil ich wegen des 38er Kettenblattes vorne gerne mehr in den Wiegetritt gegangen wäre. Da hatten die Kollegen mit „echten“ Mountainbikes doch mehr Traktionsreserven. Wurde das Gelände aber gemäßigt bzw. flacher und die Wege etwas breiter so war sofort klar wer von uns die Speed-Trumpfkarte gezogen hatte. Ich kam mir vor wie ein Rennpferd, das sich über jeden Meter freut, den es frei galoppieren darf.
Um dieses Pferdchen galoppieren zu lassen, braucht man allerdings auch das nötige Kleingeld, denn alleine das Rahmen Set mit Gabel und Sattelstütze kostet 4199,- Euro. Das bedeutet, dass man für unser Testrad deutlich über 6000,- Euro rechnen muss. Kein günstiges Vergnügen für ein Bike, das in kein Schema passt. Abber genau das macht ja den besonderen Reiz des 3T Exploro aus.

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Fazit des Kurztests: Die kurze Testrunde mit dem 3T Exploro ist für mich weiteres Highlights auf den Eurobike Media Days gewesen. Allein schon optisch ist es mit seiner im Windkanal geborenen Schlichtheit eine Augenweide.
Als Performance-Bike ist es ein geländetauglicher Renner, der Kilometer um Kilometer auf Gravelpisten und ähnliche Untergründe gierig verschlingen wird. Ich selber bin kein Rennradfahrer, daher kann ich wenig darüber sagen, ob diese sich an ein Bike wie das Exploro zuerst gewöhnen müssen – bei mir brauchte es ein wenig. Trotzdem wage ich zu behaupten, dass das Exploro zu dieser junge Art von Grenzgängern gehört, die einfach Lust darauf machen, über den bekannten Tellerrand zu schauen und neue Wege zu gehen.

Oli

Ps: Der Sieger des diesjährigen Dirty Kanza war dann wirklich auf einem 3T Exploro unterwegs und hat die 200 Meilen (321 km) in 10 Stunden 49 Minuten bewältigt, allerdings mit 700x40c Reifen … quasi einem schmal bereiften Dropbar 29er ;-).