BONTRAGER SE5 Team Issue TLR 29×2,6“ – Zwischenstand: von MiMü
Vor mittlerweile einigen Wochen haben wir euch an dieser Stelle den Enduro-Reifen BONTRAGER SE5 Team Issue in der aktuell recht angesagten Midsize-Breite 2,6“ vorgestellt. In der Zwischenzeit musste ich den Test des US-Pneus berufsbedingt leider für einige Zeit unterbrechen und so folgen meine Praxiseindrücke erst etwas verspätet.
Seine richtige Feuertaufe musste der SE5 dabei bereits am Kronplatz/Südtirol bestehen. Wer die dortigen Trails wie etwa den Herrensteig kennt, weiß, dass das Terrain relativ schnell von flowig-einfach über erdig-wurzelig bis hin zu technisch-verblockt wechselt. Eine Herausforderung für Fahrer und Material. Nachdem es gleich zu Beginn seiner ersten Testfahrt stark zu regnen begann und sich der Furcia Trail und dem Herrensteig so in eine wurzelig-matschige Rutschbahn verwandelte, durfte der SE5 gleich einmal seine Nassqualitäten unter Beweis stellen.
Und da verstand der BONTRAGER-Reifen es schon mal einige wichtige Pluspunkte zu sammeln. Auf dem oft schmierigen Trail generierte des SE5 für meinen Geschmack enorm viel Grip. Seine quer- wie längsorientierten Mittelstollen verbissen sich vorbildlich im erdigen Untergrund und sorgten so für sehr viel Traktion. Trotz des relativ großen Stollenabstands musste ich Rutschphasen aktiv durch Vollbremsungen provozieren.
Im Wiegetritt-Uphill bot sich ein ähnlich positives und unaufgeregtes Bild: Nicht einmal nasse Wurzelpassagen sorgten für einen merklichen Verlust des Vortriebs oder Wegrutschen. Ich kann nur mutmaßen, ob die im Intro beschriebenen Profilkanten der „Sektionen A-A“ und „B-B“ sich hierfür verantwortlich zeigen. Fakt ist aber, dass sie in ihrer Gesamtheit ihre Funktion hervorragend ausführen. Die aufwendig geshapten Blöcke des massiveren Seitenprofils boten in den zum Teil künstlich angelegten Anliegern des Furcia Trails ebenfalls sehr viel Halt, hier machte es richtig Spaß den BONTRAGER SE5 aktiv in die Kurve zu drücken. Die Linienwahl gestaltete sich sehr präzise, Ausbrechen oder Schlingern war nicht zu verzeichnen. Im felsig-steinigen Terrain macht der BONTRAGER SE5 dagegen richtig Spaß und animiert des Öfteren, ans Haftungslimit zu gehen. Die vielen regelmäßig angeordneten Stollen verzahnten sich beinahe optimal mit dem schroffen Untergrund und bieten so sowohl in Geradeausfahrt als auch in Schräglage mehr als ausreichend Grip. Sinnvollerweise hat BONTRAGER das Mittelprofil abwechselnd in wie auch gegen die Fahrtrichtung positioniert, wodurch der SE5 zum einen fast wie auf Schienen durch Kurven unterschiedlichster Art fährt und zum anderen auch bei der Brems- wie Antriebstraktion voll punktet. Wegrutschen war dem US-Reifen im bisherigen Testverlauf ein Fremdwort.
Beim Thema Selbstreinigung bot der SE5 mir ein eher zwiespältiges Bild. Solange der Boden nicht allzu tief und matschig ausfiel, ging die Selbstreinigung absolut in Ordnung und nach wenigen Reifenumdrehungen war das Profil auch wieder nahezu frei. Speziell auf Nadelwald-Trails fiel mir aber auf, dass sich die Kombination aus Nadeln und weichem, erdigen Untergrund als nicht gerade optimal für die Stollenabstände des BONTRAGER-Enduropneus herausstellte. Hierbei setzten sich die Freiräume schnell und ausdauernd zu und der Reifen entwickelte eine leichte, aber zumindest beherrschbare Rutschtendenz. Wie bei allen derart voluminösen Reifen kann es dann im Hinterbau durchaus mal eng werden.
Der im Stand relativ groß wirkende Freiraum zwischen Mittel- und Seitenprofil hatte zudem in Schräg- wie Kurvenfahrt keinerlei negative Einwirkungen auf das Fahrverhalten des SE5. Das eigentliche Einlenken funktionierte harmonisch, der Übergang in den Kurvenmodus bot keine durch den Freiraum bedingten Rutschphasen. Um das Komfortplus der 2,6“ breiten Reifen voll auskosten zu können, habe ich den Luftdruck im schroffen Gelände auf 0,9 bar vorne bzw. 1,1 bar hinten abgesenkt. Damit wirkte mein 150mm-Fully so, als hätte es noch mehr Federweg, dämpfte der BONTRAGER SE5 kleinere Schläge doch wirksam ab. Auch das Überrollverhalten bei kleineren Wellen oder Wurzeln und die Anpassungsfähigkeit an den Untergrund verbesserten sich mit dem geringeren Luftdruck noch weiter. Selbst bei diesem Drücken wurde sein Fahrverhalten für mich noch nicht schwammig oder undefiniert. Der Karkassenaufbau bietet aus meiner Sicht einen sehr guten Kompromiss aus Stabilität und Flexibilität. Selbst in schnell gefahrenen Anliegern waren dem SE5 Walktendenzen oder Unter- bzw. Übersteuern Fremdwörter.
Und auch der Pannenschutz gab sich der SE5 mit seiner CORE STRENGTH Nyloneinlage bislang keine Blöße. Die Reifenflanken sowie die eigentliche Lauffläche zeigten sich vom bisherigen Test ziemlich unbeeindruckt und hatten lediglich kleinere, oberflächliche Spuren. Beim Thema Rollwiderstand benötigt der BONTRAGER SE5 meiner Erfahrungen nach mehr Aufmerksamkeit als etwa ein leichterer Trail-Reifen. Wer sich seine Uphill-Meter auf Asphalt erkämpfen muss, sollte den Luftdruck von Haus aus etwas erhöhen (in meinem Fall 1,2 bar/1,5 bar bei 80 kg Fahrergewicht) um den Rollwiderstand gering zu halten. Gerade im Uphill bremst der SE5 trotz abgeschrägter Mittelprofilkanten sonst schon spürbar, was man auch akustisch in Form von Walkgeräuschen wahrnimmt. Aber als Enduro-reifen ist der BONTRAGER SE5 ohnehin nicht wirklich für den Uphill gemacht.
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Zwischenfazit:
Mich konnte der BONTRAGER SE5 Team Issue in der ersten Testhälfte bislang recht gut überzeugen. Zu seinen herausragenden Fähigkeiten zählen definitiv der enorme Grip, der hohe Fahrkomfort und der bisher gute Pannenschutz. Dabei scheint dem SE5 die Beschaffenheit des Untergrunds ziemlich egal zu sein – er kommt genauso gut mit weichen Waldböden, wie mit schroffem Fels oder glattem Hardpack zurecht. In Kurvenfahrten weiß der US-Reifen mit viel Präzision und Kontrolle zu punkten und auch die Brems- wie Antriebstraktion boten mir bislang keinen Grund für Beschwerden. Wo sich der BONTRAGER SE5 von mir allerdings eine wenig Kritik gefallen lassen muss ist bei den Themen Rollwiderstand und Selbstreinigung. Letztere fiel bei den meisten Bodenbeschaffenheiten durchaus gut aus, nur die Kombination aus Nadelwald und aufgeweichtem Erdboden machte dem SE5 merklich zu schaffen. Beim Rollwiderstand ist der SE5 ein waschechter Enduroreifen, dessen oberste Piorität die Kontrol eund der Grip sind. Wer allerdings bereit ist hier auch unterwegs den Luftdruck auf die fahrsituation (Up- oder Downhill) und den Untergrund aktiv anzupassen kann diesen Kritikpunkt noch zusätzlich entschärfen.
Alles in allem würde ich den BONTRAGER SE5 aber als einen sehr potenten Enduroreifen bezeichnen, der meinem bisherigen Eindruck nach zu Unrecht im Schatten von SCHWALBE’s Magic Mary & Co. steht. Mal sehen, ob sich das im weiteren Verlauf noch verändert …
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Anmerkung in eigener Sache: Wie Ihr, als regelmäßige Leser, bestimmt gemerkt habt, liegt zwischen dem letzten und diesem Artikel einige Zeit, in der ihr nichts von uns gehört habt. Als kleine nicht-kommerzielle Site, die in unserer oft viel zu knapp bemessenen Freizeit geführt wird, sind auch wir einfach manchmal gezwungen Beruf, Familie, Gesundheit oder anderen wichtigen Themen den Vorrang zu lassen … und dann dauert es eben ein wenig, bis Ihr von uns hört.
Wir hoffen Ihr bleibt uns trotzdem als Leser treu :-).