NS BIKES Synonym TR – Praxiseindrücke von den Eurobike Mediadays’19

Auch wenn uns die polnische Marke NS BIKES ist uns während der vergangenen Eurobike Mediadays immer durch die Lappen gegangen, ist – mal aus Zeitmangel, mal weil das Wetter es nicht zuließ und mal aufgrund der spärlichen Verfügbarkeit von Testbikes. Aber heuer hat es geklappt und ich konnte mir das komplett neu aufgelegten Modell SYNONYM für eine ausgiebeige Runde am Kronplatz schnappen.

Mit dem Synonym erweitert NS BIKES 2020 seine Produktpalette in eine bisher eher stiefmütterlich behandeltes Segment – in Richtung XC/Marathon Race. Das Fully wird es sowohl in einer „RC“ genannten CC-Version mit jeweils 100 mm Front- wie Heckfederweg geben als auch in einer „TR“ getauften Trailvariante mit dann 120 mm Federweg. Bei beiden Modelloptionen kommt dabei der selbe Rahmen zum Einsatz, durch das Plus an 20 mm mehr Federweg fallen beim „TR“ allerdings Lenk- und Sitzwinkel um 1° flacher aus. Aufgrund der Lokalität mit dem verlockend schönen Herrensteig entschied ich mich natürlich für das SYNONYM TR. In Rahmengröße M bringt es das Bike mit nicht komplett serienreifer Komponentenspezifikation lediglich auf 11,5 kg.

Hauptrahmen wie Hinterbau sind bei dem modern gezeichneten Trailfully komplett aus Carbon gefertigt. Aus Gründen der Steifigkeit und um Gewicht zu sparen hat man beim Hinterbau auf ein Drehgelenk verzichtet und stattdessen die beiden Sitzstreben als eine Art Blattfeder konstruiert. Sie sollen für ein Plus an Fahrkomfort und Federungsperformance sorgen. Den Dämpfer montiert man zwecks besserer Gewichtsverteilung Upside-Down. Moderne Montagestandards wie Pressfit Innenlager, Boost Hinterbau, Dropper Stealth Kompatibilität oder eine komplett innen verlegte Zugführung sind natürlich ebenfalls mit an Bord wie eine Trunnion-Dämpferaufnahme, die Postmount-Bremsaufnahme im Heck und ein in unterschiedlichen Positionen montierbarer Flaschenhalter.

Die Geometrie des SYNONYM TR bezeichnet NS BIKES selbst als „the longest, slackest light trail bike on the market“. Durch die Kombination aus dem überaus langen Reach, dem auffallend flachen Lenkwinkel und dem steilen Sitzwinkel möchte man den Piloten im Flachen und Bergauf in eine effiziente, nach vorne orientierte  Tretposition bringen und ihm gleichzeitig im Downhill viel Laufruhe und damit Sicherheit und Fahrvergnügen spendieren. In absoluten Zahlen ausgedrückt verfügt das SYNOMYN TR bereits in Rahmengröße M (440 mm Sitzrohr) über einen beachtlichen Reach von 466 mm, die effektive Oberrohrlänge beträgt 615 mm. Mit gerade einmal 66° ist der Lenkwinkel wirklich flach gewählt, der Sitzwinkel ist mit 76° steil und spiegelt die treteffiziente Geometrieausrichtung wider. Mit  438 mm Kettenstrebenlänge geht das  „TR“ einen Kompromiss aus Laufruhe und Agiltät ein. Durch seinen langen, gestreckten Hauptrahmen und den flachen Lenkwinkel wirkt das SYNOMYN so bereits im Stand schnell und zugleich angriffslustig.

In der übersichtlichen Grafik könnt ihr die Geometrie des SYNOMYN TR mit der einiger ausgewählter Konkurrenz-Bikes vergleichen.

Vier Rahmengrößen (S bis X)L wird es von den beiden angebotenen SYNONYM-Modellreihen geben. Das günstigere der beiden RC-Varianten kommt dabei auf einen UVP von 4799.- €, das Topmodell auf stolze 6999.- €. Der Einstieg in die TR-Welt beginnt bei 4699.- €, das exklusivere Modell wechselt hier für 5999.- € den Besitzer. Die genauen Spezifikationen der einzelnen Bikes sind in der unten angefügten Tabelle übersichtlich zusammengefasst.

 

 

Unser Testbike versprühte noch den Flair eines Vorserienmodells, was beispielsweise am Dämpfer mit seinen aufgeklebten Abstimmungsdetails gut zu erkennen war. Der mattschwarze, mit goldenen Decals (sehr edel anzusehen!) versehene Rahmen ist eigentlich dem RC1 vorenthalten, und auch die restliche Ausstattung spiegelte eine wohl durchdachte Mischung unterschiedlicher SYNONYM-Modelle wider:

 

Das Fahrwerk etwa kommt von FOX, eine Float 34 Step Cast Factory mit Grip4 Dämpfung an der Front wird mit einem Float Factory DPS Evol Dämpfer im Heck kombiniert. Beide Federelemente werden simultan über einen Remote Lockout bedient.

Mit der X01 Eagle Schaltung inklusive TRUVATIV Descendant Carbon Kurbel und der ebenfalls von SRAM gelieferten Level T Bremsanlage stammen weitere Teile aus den USA. Der Laufradsatz besteht aus hochwertigen Carbonfelgen und Naben aus eigener Produktion, MAXXIS Ikon Reifen in 2,2“ Breite (bereits tubeless-montiert) komplettieren diese Ensemble. Abgesehen von der Dropper Post – eine X-FUSION Manic mit 150mm Hub – stammen die weiteren Anbauteile, wie Lenker, Vorbau, Griffe und Sattel, ebenfalls von NS BIKES.

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Fahreindrücke:

Bereits ab dem ersten Trailmeter ging das Konzept des SYNONYM TR in meinen Augen voll auf. Der flache Lenkwinkel ließ mich schnell vergessen, dass das polnische Trailfully nominell nur über 120mm Federweg verfügt. Das Bike liegt  extrem ruhig auf dem Trail, verleitet einen förmlich dazu das Gas ordentlich stehen zu lassen. Insbesondere in schnellen Passagen glaubt man mit einem weitaus potenteren All-Mountain, ja fast einem Enduro unterwegs zu sein. Der große Reach von weiter oben genannten 466 mm in Rahmengröße M stellt den Fahrer dabei nahezu optimal ins Bike, was nicht nur dem subjektiven Sicherheitsempfinden zu Gute kommt sondern auch der Trail-Übersicht und damit verbunden dem Fahrspaß. Einzig im steilen, verblockten Gelände verrät das Synonym seine XC-Gene durch seine tiefe Front, die man aktiv durch Gewichtsverlagerung ausgleichen muss. Ansonsten ist das Synonym TR gefühlt doch mehr Trailbike, als XC-Bike.

Die oben beschriebene Fahrposition kam auch in den langsameren, verwinkelten Passagen des Herrensteigs voll zu tragen. Mit enormer Wendigkeit und Verspieltheit läßt es einen enge Kurvenabfolgen durcheilen, der 66° flache Lenkwinkel und das lange vordere Rahmendreieck machten das SYNONYM TR keineswegs sperrig oder unhandlich. Es lenkt sich sehr willig und direkt und kann mit Leichtigkeit von einer Seite zur anderen geworfen werden. Die verbauten Top-Federelemente von FOX unterstützten das superbe Handling des Trailfullys zusätzlich. Front- wie Heckfederung arbeiten zwar eher auf der sportlich-straffen Seite, informierten den Fahrer aber zuverlässig über den gerade aktuellen Trail-Untergrund.
In Kombination mit dem geringen Gesamtgewicht, der effizienten Federung und der nach vorne orientierten Sitzposition ging das Bike natürlich auch im Uphill extrem gut nach vorne. Keine Spur von Aufbäumen oder sonstigen Auffälligkeiten. Wer dem Fahrwerk noch mehr Effizienz abringen will, kann dies mit nur einer bewegung über den simultan wirkenden Remote ganz einfach tun. Wir haben den NS BIKES-eigenen Carbon-Laufradsatz in der Kürze der Zeit leider nicht abwiegen können, aber sein hohes Beschleunigungsvermögen lässt ein geringes Eigengewicht vermuten. In stampfenden Wiegetrittattacken verhielt sich der steife Vollcarbon-Rahmen nahezu stoisch, ein aus dem Steuerkopfbereich zu vernehmendes Knacken stellte sich im Nachhinein als schlecht gefetteter Steuersatz heraus.

Die übrigen verwendeten Komponenten verrichteten während unserer Testfahrt allesamt sehr zuverlässig ihren Dienst. Besonders positiv in Erinnerung geblieben ist mir das hohe Gripniveau bei gleichzeitig niedrigem Rollwiderstand der MAXXIS Ikon 2,2“ Bereifung. Sie passt sehr gut zum Charakter des Bikes, und ermöglicht neben schnellen Feierabendrunden auch eine eher traillastige Fahrweise in alpinen Terrain.

 

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Fazit
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Soll man das NS BIKES Synonym TR nun als vortriebsstarkes Trailbike bezeichnen oder steckt vielleicht doch mehr in dem progressiven 120-mm Fully? Ich würde sagen – beides und noch ein wenig mehr! Das NS Synonym ermöglicht durch seine moderne Geometrie einen ungemein breiteren Einsatzbereich. Neben langen, gerne auch technisch fordernden Trailtouren oder gar einen Alpencross kann ich mir das Synonym TR auch am Marathonstart vorstellen. Geschwindigkeitsfetischisten sollten sich das Bike auf jeden Fall einmal näher ansehen, kann es doch den Piloten im Downhill aber auch im Uphill mit viel Flow und Spielfreude auf seine Seite ziehen.

RIDE ON,
c_g