WTB Judge 29×2,4 TCS Tough Reifen – Testfazit: von c_g
(bisher hierzu erschienen Artikel: Eurobike’18 & offizielle Vorstellung des WTB Judge, Testintro des WTB Judge 29×2.4 Tough Fast Rolling, Zwischenstand)
Wie ihr wisst, wurde der WTB Judge TCS als Gravity-Reifen fürs Grobe und vor allem fürs Hinterrad gedacht. In meinem Zwischenstand habe ich mich noch an diese Vorgabe gehalten und ihn auch nur hinten gefahren. Weil der Reifen mir aber hinten so gut gefallen hat und nicht der erste HR-Reifen wäre, der auch vorne gut funktioniert, habe ich ihn seither auch vorne gefahren – hinten in der Fast-Rolling Variante und vorne eben in der High-Grip Variante, aber beide mit Tough Casing und in 2,4“ Breite.
Seinen ersten Einsatz dieser Art hatte die WTB Judge Kombi noch am POLE Evolink, war dann aber auch immer wieder auf dem YT Capra29, das sich ja auch noch bei mir im Test befindet und ebenso gut zum Judge passt. Die allererste, für mich bemerkenswerte Beobachtung diesbezüglich war, dass die WTB Reifen gegenüber den Serienreifen (E*13 LG1s) spürbar leichter rollen. Sie bringen zwar gut 150 bis 200 g je Reifen mehr auf die Waage, haben das Capra auf Rollpassagen aber spürbar schneller gemacht. Bergauf haben die besseren Rolleigenschaften das höhere Gewicht meinem Empfinden nach zumindest kompensiert.
Aber die wahre Stärke des WTB Judge als Enduro- und Gravity-Reifen liegt nicht im Rollen, sondern im massiven Grip. Daran ließ auch die High-Grip Version am Vorderrad keinen Zweifel und konnte mich recht schnell von seinen Qualitäten überzeugen. Auf Waldböden und über Felsen leistet der Judge auch als Vorderreifen sehr gute Dienste und ließ mich nie im Stich oder wenn, dann nur, weil ich wirklich leichtsinnig wurde oder grob schlampig gefahren bin. Die wenigen Passagen mit matschigen Böden und nasse Wurzeln – eine Sache, die dieses Frühjahr bisher ja eher selten anzutreffen war – hat der Judge vorne wie auch hinten erstklassig gemeistert.
Ich bin allerdings doch froh, mich vorne für das weichere High-Grip Compound entschieden zu haben, denn es hat das Grip-Niveau vorne einfach noch ein wenig angehoben und ich persönlich mag es, vorne ein wenig mehr Reserven zu haben als hinten. Andernfalls befürchte ich, dass die bereits im Zwischenstand als Hinterreifen angesprochene Fähigkeit aktiv zum ausbrechen bewegt zu werden am Vorderrad eher kontraproduktiv gewesen wäre. So, mit TriTec High-Grip vorne und Fast-Rolling hinten, war der Judge vorne und hinten für mich sehr stimmige zu fahren.
Die einzige echte Schwäche des Judge, die ich bereits am Hinterrad angesprochen hatte, zeigt er auf kiesigen und rollig-schottrigen Böden … die mag der Judge nämlich nicht so sehr. Und diese Eigenschaft macht sich am Vorderrad natürlich noch deutlicher bemerkbar, als am Hinterrad. Selbst mit dem weicheren High-Grip Compound vorne habe ich mich auf Flowtrails oder Jumplines mit zum Teil loser Brechsandoberfläche nie so sicher gefühlt, wie ich es mir von einem Reifen diesen Kalibers erwartet habe. Der Judge ist dabei auch dort nie wirklich schlecht und lässt sih auch recht gut wieder einfangen, wenn er ins Rutschen kommt, vermittelt hier aber eben nicht das extrem hohe Traktionsniveau und die subjektive Sicherheit , das er sonst bereithält. Auf allen andren Untergründen, auf denen ich ihn bisher fahre durfte, fand ich den WTB Judge rundum richtig gut – vorne wie hinten.
Pannenschutz? Kein Thema mit der dopellagigen Karkasse und dem üppigen Einsatz von Gummi. Selbst der eine Tag im Bikepark Oberammergau bei Drücken zwischen 1,6 und 1,8 bar und einer keineswegs zurückhaltenden Fahrweise konnte dem WTB Judge nichts anhaben. Keine Durchstiche, keine Karkassenschäden und auch keine Defekte in Folge von gelegentlichen Durchschlägen.
In Punkto Verschleiß, sieht man dem Hinterradreifen mittlerweile schon recht deutlich an. Das liegt zum einen daran, dass er auch ordentlich Tiefenmeter auf felsigen Trails hinter sich hat, wird aber noch mal dadurch verstärkt, dass er sich gerade als Hinterreifen so wunderbar aktiv fahren lässt und es einfach eine Freude ist, ihn durch aktives Anbremsen eben auch öfter im Drift um die Kurve zu bewegen. Für seine bisherige Fahrleistung würde ich die angerissenen Bremskanten und leichte Zurundung der Stollen als angemessen durchaus vertretbar bezeichnen. Auch hier keine Beschwerden meinerseits.
Das im Zwischenstand angesprochene Burbing des einen Reifens ist seither auch nicht mehr aufgetreten, weder auf der NEWMEN Felge, noch auf den E*13 LG1 Felgen des Capra. Ach ja, neugierdehalber habe ich die WTB Judge auch mal auf meiner NEWMEN SL A.35 Felge aufgezogen – schließlich soll er ja für Felgen zwischen 30 und 35 mm optimiert sein. Während ich die zusätzliche Breite und das damit noch stärker abgeflachte Profil am Hinterrad (Siehe vergleich oben) als durchaus positiv erlebt habe – denn dadurch waren hinten noch ein wenig geringerer Drücke fahrbar – war mir das Lenkverhalten als Vorderreifen mit 30 mm Innenweite doch irgendwie lieber. Der Unterschied ist nicht gigantisch und wahrscheinlich könnte ich mich auch daran gewöhnen, aber mir persönlich hat der Judge vorne auf der 30-mm Felge einfach besser gefallen.
Was bleibt mir da noch zu sagen? Nach gut 5 Wochen im Testeinsatz als Hinterradreifen und etwa 2 Wochen auch am Vorderrad kann ich dem WTB Judge, den es aktuell nur in 2,4“ Breite und mit der doppellagigen Tough-Karkasse, dafür aber in zwei Compound-Varianten gibt ein in fast allen Bereichen positives Testurteil aussprechen. Robustheit, Grip und auch die Gutmütigkeit im Grenzbereich liegen auf einem sehr guten und dem beabsichtigten Einsatzbereich voll entsprechenden Niveau. In der von mir gefahrenen Kombi mit High-Grip vorne und Fast-Rolling hinten ergab der Reifen eine potente, zuverlässige und sichere Kombi, die mich nur auf losem, kiesigem Untergrund nicht wirklich überzeugen konnte – auf allen anderen Böden, allem voran auf erdig, waldigen Böden, ist der Judge ein sehr vertrauenerweckender, sicherer und gutmütiger Reifen – hinten sowieso, aber auch vorne. Wie auch schon andere aktuelle WTB Reifen schlägt sich auch der Judge mit ein wenig zu viel Gewicht herum – 1,4 kg pro Reifen sind selbst als Gravity Reifen eine echte Ansage – aber zumindest einen Teil davon macht der Judge mit seinen bemerkenswert guten Rolleigenschaften wieder gut und mit den robusten Stollenblöcken ist natürlich auch der Pannenschutz sehr gut.
In Summe ist der WTB Judge genau das, was WTB von ihm sagt: Ein traktionsstarker und zuverlässiger Gravity-Reifen fürs Hinterrad, der meinen Testerfahrungen nach aber eben auch vorne eine durchaus gute Figur abgibt. Bleibt abzuwarten, ob der kürzlich vorgestellte WTB Verdict, als eigentlich für vorne beabsichtigter Reifen das noch besser kann.
RIDE ON,
c_g
….nachdem ich den Reifen schon länger fahre….falls es dich interessiert:)
Am Vorderrad ist er aus meiner Sicht solange ein sehr guter Reifen (ich habe am 2. Laufrad einen Maxxis DHR II DH Casing Maxxgrip montiert) solange er ordentlich in die Kurve gedrückt gefahren wird. Bei Drücken unter 20psi werden die Seitenstollen zu knicken beginnen. Burping gibt es dann auch.
Der Judge hat zwischen den Seitenstollen und den zentralen Stollen einen relativ großen Kanal. (mehr als der DHR II) Dieser Kanal führt bei zu wenig gefahrener Schräglage….eventuell Brechsandflowtrails mit Anliegerkurven…..dazu, dass die Seitenstollen nicht genug eingesetzt werden. Dann wird es rutschig.
Bei deinem Verschleißbild nach 2 Wochen haben die Seitenstollen kaum Abnutzung zum Kanal hin……die wurden wenig eingesetzt.
Mein Judge High Grip hat letztes Jahr nach 2 Wochen so ausgesehen. Da sind auch die Seitenstollen zum Kanal hin stark abgenützt. Ich hatte immer Grip….
https://fotos.mtb-news.de/p/2338691
Vielleicht noch ein paar Worte DHR II DH 2,4WT Maxxgripvs Judge High Grip:
Gegenüber dem DHR II rollt der Judge etwas besser, bei gleichen Gripniveau im Trockenen wie auch im Nassen! Der Maxxis DH Reifen ist gleich schwer wie der Judge. Er ist auch sehr ähnlich von den Abmessungen und der Reifenkontur. Der Judge hat aber ca. 1mm höhere Stollen. Der Maxxis hat einen stärkere Reifendämpfung und einen langsameren Rebound….der Judge ist weniger stark gedämpft und gibt besseres Feedback über den Untergrund.
@XT660: Danke super, so ein fundiertes und detailliertes Feedback ist bei uns doch immer willkommen und ergänzt unsere Tests optimal. Freut uns zu hören, dass wir diesbezüglich ähnliche Erfahrungen gemacht haben.
@C_g: gerne, Danke!
Lese auch gerne eure Praxiserfahrungen zu Produkten – sehr gut geschrieben und mit Fotos sehr gut dokumentiert – weiter so!!
PS: zwei Dinge zu Reifentests die ich jedoch anders bzw. zusätzlich machen würde……
1. Ich habe eine Kartonschablone mit einem Halbkreis ausgeschnitten (Zirkel…..dann Radius 50mm….dann ausschneiden) Diese Kontur entspricht genau der Stollenkontur des Judge auf einer 30mm Felge. Wenn du die Schablone auf andere Reifenprofile darüber hältst bzw. den Judge auf breitere Felgen montierst und das dann mit der Schablone darüber abfotografierst siehst du genau, wie sich die Kontur ändert.(Eine Schablone für die Karkasse habe ich auch noch….aus Papier…um bei den Stollen vorbei zu kommen) das ist aus meiner Sicht besser, als nur zwei Reifen nebeneinander im Foto darzustellen.
2. Mir fehlt auch immer (in allen Medien) bei den Tests der Reifenaußendurchmesser. Dabei ist das so einfach. Vorderrad auf den Boden legen. An die Wand anstellen und eine ca. 15 cm hohen Holzbalken im rechten Winkel(wie bei Schiebelehre) auf der anderen Seite anstellen. Danach mit dem Maßband messen. Der Judge hat in 29 73,8cm Durchmesser (DHR II 74,3cm) Als Vergleich ein Hutchinson Toro 2,35 hat 75,2cm Durchmesser….damit wird die Tretlagerhöhe des Rades ordentlich beeinflußt.
@XT660: Hmm, lauter gute und durchaus praxisgerechte Ideen … mal schauen, ob wir was davon in unsere Testroutine einbauen. Gerade die Sache mit der Reifenhöhe könnte interessant sein, ist aber immer auch relativ zu sehen, denn ein tiefes/hohes Tretlager bleibt immer in tiefes(hohes Tretlager im Bezug auf das Handling. Bei der Bodenfreiheit, kann ein größerer Reifen aber durchaus einen Unterschied machen.
(Ps: Hast du Lust bei uns als Tester einzusteigen?)
@C_g: Tester klingt spannend, würde ich bei euch gerne machen!
Letzten Herbst hat mich WTB als Tester eingeladen…..(den Reifenverschleiß auf meinem steilen alpinen Hometrail….das war für WTB besonders interessant)…wenn für euch so etwas auch interessant ist……wie sich Dinge auf steilen alpinen Hometrails im täglichen Leben verhalten….dann bin ich gerne dabei.
@c_g erstmal Danke an Dich und Deine Kollegen für die ausführlichen, guten und vor allem unabhängigen Testberichte!
@cg und @xt660:
Ich fahre momentan die WTB Kombi Vigilante 2.6 Light/HG (VR) und Judge 2.4 HG (HR) auf Newman SLA30 als Matsch und Dreck Kombi und bin extrem überrascht wie viel Grip vor allem der Judge selbst an den nässesten Tagen in Oberammergau hat. Der 2.6er Vigilante is mir aber etwas zu undefiniert auf der 30er Felge und wird sobald verfügbar durch den Verdict (Wet!?) ersetzt.
@c_g Habt Ihr die Verdict schon bekommen!? Und wenn ja gibts da bereits erste Eindrücke (momentan wär das Wetter ja ideal für die beiden) 😉
So jetzt aber zu meinem eigentlichen Anliegen, ich überlege meine Maxxis Trockenkombi aus DHF 2.5 WT 3c Exo (VR) und Aggressor 2.5 WT Exo (HR) durch
Vigilante 2.5 Light/HG und Judge 2.4 FastRolling zu ersetzen.
Mir ist bewusst das der Aggressor und der Judge zwei völlig unterschiedliche Reifenarten sind. Aber wenn Du schreibst, man kann den Judge in der FastRolling Variante durchaus zum zum steuern mit dem Heck nutzen und ausbrechen bringt, dann würde es passen.
Denn das mag ich am Aggressor, aber die sehr schlechte Bremstraktion auf losem Untergrund bzw. in steilem Gelände is nix für mich.
Habt ihr bezüglich Vigilante 2.5 im Vergleich zum DHF 2.5 WT schon Erfahrungswerte!?
@FJ089: Erstmal Danke für das Lob .. tut gut sowas zu hören.
Auch wenn die Kritik zum Vigilante vorne auf sehr hohem Niveau ist, kann ich sie nachvollziehen – sein Grip ist erste Sahne,a der er hat irgendwas an sich, das in je nach Gelände und Fahrstil scheinbar unpräzise wirken lassen kann – probier doch mal den Judge HG vorne aus. Weil wir aktuell noch keine Testmuster des Verdict haben, kann ich dazu noch nicht viel sagen. WTB schickt uns aber welche sobald sie auch hier in Europa verfügbar sind. Die Eindrücke dazu reichen wird dann selbstverständlich nach.
Zu deinen Reifenkombis: Möchtest du nur Markenrein Reifenkombis fahren oder warum nicht den MAXXIS DHF vorne und den WTB Judge hinten fahren – wäre für mich im Bikepark Oberammergau eine super Allroundkombi um richtig Gas zu geben.
@FJ089: betreffend Vigilante 2.5 und DHF….ja ich bin beide gefahren.
Der Vigilante 2.5 hat mir sehr gut auf feuchten/nassen Waldboden gefallen. Dieser Reifen hat sehr wenig Positivprofil. Ich messe immer einen Bereich von 10cm (in der Länge am Reifen).
Zirkawerte……der Vigilante 2,5 hat 16% Positivprofil. Der Maxxis Shorty 19%. Der Judge 26%. Der „alte Vigilante 2,3“ 23% und als extrem…der Michelin WildrockR2 35%.
Je weniger Positivprofil, desto besser die Selbsreinigung im Matsch und desto besser im Schlamm. Je mehr Positivanteil desto besser auf harten Böden bzw. Felsen.
Das neue Vigilante Profil kann mich auf harten, felsigen Böden nicht überzeugen. Ich hatte auch sehr hohen Verschleiß….wenige Stollen/große Kräfte…im trockenen Felsgelände.
Der DHF dagegen ist ein sehr spurstabiler Vorderreifen der im Gegensatz zum Vigilante zusätzlich einen Negativkanal zu den Seitenstollen hat und damit mehr Grip in der Kurve aufbauen kann, wenn man das Rad ordentlich umlegt.
Vom Bremsgrip des DHF bin ich auf sehr steilen Strecken aber auch nicht begeistert, da gefällt mir das Profil des DHR2 oder des Judge oder des Conit Kaisers usw. besser.
Wie vieles im Leben, ist auch bei den Reifen alles ein Kompromiss……je nach Untergrund, Steilheit d3s Geländes und Fahrstil gilt es da, für sich persönlich das Optimum zu suchen.
(Jeff Kendall Weed, ein früherer WTB Mitarbeiter und Profifahrer, hat gestern betreffend des Judge ein Video online gestellt…..scheinbar ist der Judge sein neues Optimum am Hinterrad….bis jetzt war er auf dem Vigilante 2.3 unterwegs)
https://m.youtube.com/watch?v=-Js4mRh7Sa8
@c_g
Gut zu wissen das ich mit dem Gefühl des etwas unidefinierten nicht alleine bin, wobei ich des jetzt eher auf die Kombi 2.6er Reifen auf 30mm Felge geschoben hatte … das mit dem Judge HG vorne überlege ich mir mal.
Ja mit der Verfügbarkeit des Verdict siehts grad noch mies aus, obwohl mir der deutsche WTB Vertieb gesagt hatte das er wohl schon bestellbar sein soll … aber dann bin ich mal gespannt was Ihr sagt.
Eigentlich würde ich ganz gern Markenrein bleiben und der DHF hat die letzte Zeit immer mal wieder ein bischen Probleme offenbart sobald es staubig, sehr lose und grob wurde.
Die Maxxis Kombi die ich derzeit überlege wäre der Assegai Exo vorne und der DHRII DD hinten. Wobei mir WTB irgendwie sympathischer ist.
@XT660
Danke für Deine Eindrücke.
Hast Du den Vigilante 2.5 in HighGrip im felsigen Gelände gefahren!?
Ich hab die Erfahrung mit dem hohen Verschleiß mit dem Judge HighGrip in Paganella gemacht … der sah nach 4 Tagen auf den steinigen, ruppigen und bremsintensiven Trails dort schon sehr mitgenommen aus. Aber er hat wirklich in jeder Situation extrem gut gebremst und war immer schön zu kontrollieren.
Da bin ich gespannt wie sich die FastRolling Variante in Sachen Verschleiß und Rollwiderstand schlägt, weil die Traktion des HighGrip is im trockenen teils schon zuviel des guten.