BONTRAGER XR4 Team Issue TLR 29×2,4“ – Testfazit: von MiMü
Anfang April hatten wir euch die. Nach dem Intro der Reifen hat eine ärztlich verordnete Zwangspause die erste Testhälfte ungewohnt lange verzögert. Deswegen hat es ein wenig gedauert bis ich euch meinen Zwischenstand zum amerikanischen Reifen BONTRAGER XR4 Team Issue präsentieren konnten. Mittlerweile hat traumhaftes Frühlingswetter mit teilweise sommerlichen Temperaturen für perfekte Testbedingungen gesorgt und so konnte ich mit dem Reifen ordentlich Kilometer sammeln.
Auf meinen überwiegend staubtrockenen Hometrails konnte der Reifen nochmal zeigen, was in ihm steckt. Wir erinnern uns, BONTRAGER selbst sieht den Einsatzbereich des XR4 als modernen und aggressiven Trailreifen, der lediglich festgefahrene Böden (oder „Hardpack“) nicht so gerne mag. Steinig-grobe Trailabschnitte und weiche, lehmige Waldböden sollen dagegen sein bevorzugtes Metier sein, auch im Nassen und bei „Loose over Hardpack“ sieht BONTRAGER viel Potenzial.
Gerade auf losen und felsigen Böden hinterließ der BONTRAGER XR4 Team Issue bei mir bisher einen leicht zwiespältigen Eindruck. Während das Hinterrad der noch auf breiter Front überzeugen konnte, verlor das Vorderrad in schnell gefahrenen Kurven oder Anliegern relativ früh die Führung und begann Richtung Kurvenrand zu rutschen. Die längs ausgerichteten Seitenstollen bauen bei größeren Schräglagen zwar schnell wieder Grip auf, aber gerade im Übergangsbereich erfordert der BONTRAGER-Reifen meinem Empfinden nach eine erfahrene Hand am Lenker. Ich versuchte diesem wenig liebsamen Charakterzug mit unterschiedlichen Luftdrücken Herr zu werden, aber bei Drücken deutlich unter 1,6 bar vorne/1,8 bar hinten entwickelt er deutliche Walktendenzen und ein schwammiges Fahrverhalten. Bei deutlich höheren Drücken leidet der Komfort.
Die Bremstraktion an Vorder- wie Hinterrad war stets sehr hoch, aber auch hier hatte der vordere XR4 immer mal wieder mit Gripverlust in schnellen Kurvenfahrten zu kämpfen. Auf felsigem Untergrund fielen die Rutschphasen weniger deutlich, definierter und leichter kontrollierbar aus. Meinem Empfinden nach kämpft der Reifen nur im Übergangsbereich zwischen der äußeren Reihe des Mittelprofils und dem eigentlichen Seitenprofil mit der Führung. Sobald dieser Übergangsbereich überschritten ist, können die massiven, längs orientierten Seitenenstollenden Reifen wieder eingefangen. Bei starken Schräglagen hat der XR4 wiederum ein sehr direktes, sicheres Kurvenfahrverhalten.
Andererseits kann der BONTRAGER XR4 auf festen und felsigen Trails durch seinen hohen Fahrkomfort viele Pluspunkte sammeln. Sein großes Luftvolumen auf meiner 30 mm Maulweite messenden Felge bügelte kleinere Unebenheiten stets sauber weg. Auch der Pannenschutz ging voll in Ordnung. Das einzige Problem während meines Tests mit dem Reifen war ein plötzliches, beidseitiges Burning am Hinterrad bei einer richtig ruppigen Felgenabfahrt aufgrund eines heftigen Durchschlages. Positiv daran war, dass die Karkasse dank der „Inner Strength“ Schutzeinlage dabei komplett unversehrt geblieben ist und es lediglich ein Nachpumpen brauchte um wieder weiterzufahren. Nicht so gut war die Tatsache, dass die Verstärkung offensichtlich so einen Druck auf die Dichtlippen übertragen hat, dass die Reifenwulst sich kurz gelöst hat. Allerdings ist anzumerken, dass der Vorfall bei einem für den Reifen ohnehin zu geringen Druck von 1,5 bar hinten aufgetreten ist. Bei dem von mir als optimal empfundenen Druckbereich von 1,6 bis 1,8 bar gab es keinerlei Vorkommnisse. Die Reifenflanken selbst blieben, wie gesagt frei von Beschädigungen. Auch die wiederholten Angriffe durch scharfe Steine und Felsen konnten den Reifen bisher nichts anhaben.
Nach dem mehrwöchigen Test würde ich moderate bis mäßig aggressive Trails mit erdig-weichen Waldböden und Wurzeln als bevorzugtes Terrain des BONTRAGER XR4 definieren. Hier kann der BONTRAGER XR4 Team Issue durch satte Traktion beim Beschleunigen wie auch Bremsen überzeugen, bietet ein sehr gleichmäßiges Lenkverhalten bei gleichzeitig präziser Kurvenführung.
Anders als bei den weiter oben abgehandelten Bodenbeschaffenheiten war sein Fahrverhalten hier rundum sehr berechenbar und gutmütig – auch für Anfänger absolut geeignet. Gerade auf Wurzelteppichen schmiegt sich der XR4 mit seiner 120 TPI messenden Karkasse gut an den Untergrund an, zeigt ein ausgewogenes Überrollverhalten und einen hohen Fahrkomfort.
Was das Thema Verschleiß betrifft, zeigt sich der BONTRAGER XR4 bisher vollkommen unbeeindruckt vom Testeinsatz und präsentierte ein beinahe neuwertig wirkendes Reifenprofil. Es sind nur hinten ganz leichte Abnutzungserscheinungen des 61a/50a Shore-Dualcompounds zu erkennen. Der insgesamt sechs Mal pro Reifen angebrachte Tire Wear Indicator „TWI“, ein rund 2mm hoher Steg zwischen zwei Mittelprofilblöcken, wird den Piloten noch lange nicht auf den abnutzungsindizierten Austausch des XR4 hinweisen. Das im Zwischenbericht beschriebene Nachschwitzen des vorderen Reifens blieb ein einmaliges Ereignis, nach erfolgreichem Abdichten hielten unsere Testexemplare den gewählten Luftdruck absolut zuverlässig.
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Testfazit:
Mit dem XR4 Team Issue TLR 29×2,4“ hat BONTRAGER einen sehr fähigen Trailreifen im Angebot. Auch wenn er am Vorderrad meiner Meinung nach nicht ganz dem Anspruch an einen All-Mountain Reifen gerecht wird, konnte mich der US-Pneu vor allem mit seinem touren-tauglich geringem Rollwiderstand, einem tollem Komfort und einem auf den meisten Untergründen unaufgeregten Fahrverhalten mit ordentlicher Traktion überzeugen. Gerade mit seinem sehr angenehmen Überrollverhalten, dem geringen Gewicht und dem guten Pannenschutz setzte der US-Reifen positive Akzente als Trail und Tourenreifen.
Während der auf erdigen Waldböden und Trails ein sehr homogenes Kurvenverhalten hat, erfordert er meinen Erfahrungen zufolge auf losen und felsigen Trails gerade in schnellen Kurven eine etwas erfahrenere Hand. Für meinen Traums und meine Fahrweise bietet er am Vorderrad ein Bisschen zu wenig Führung, aber als Hinterradreifen finde ich den XR4 sehr gut. Wer will, kann ihn ja mit etwas aggressiverem an der Front kombinieren. Mit seinem UVP von lediglich 39,99.- Euro für die 2,4“ breite Team Issue Version ist der BONTRAGE-Reifen ein regelrechtes Schnäppchen. Für mich im Traileinsatz am Hinterrad eine wirklich ernstzunehmende Alternative zu den Trail-Platzhirschen von SCHWALBE, CONTINENTAL oder MAXXIS und ein hervorragender Tourenreifen.
MiMü