WTB Judge TCS 29 x 2.4 Reifen (Tough Casing, Fast Rolling) – Zwischenstand: von c_g

Der WTB Judge ist als universeller Gravity-Reifen fürs Hinterrad entwickelt worden und hat sich bei mir im test die letzen Wochen beweisen dürfen.

Die US-Marke WTB („WILDERNESS TRAIL BIKES“) hat den neuen JudgeEnduro-/Gravity-Reifenerst zur Eurobike’18 vorgestellt. Er ist vom Hersteller spezifisch als Hinterradreifen gedacht und als solchen habe ich ihn in der ersten Testphase genutzt – nur hinten. Wie im Intro zu lesen, verhielt sich der Gravity-Reifen mit seiner doppellagigen Karkasse bei der Montage zwar ein wenig hartnäckig (ein Reifenheber war notwendig), dafür war er beim Aufpumpen sehr einfach und sofort luftdicht. Ich bin ihn die erste Ausfahrt sogar ganz ohne Dichtmilch gefahren. An einen Hinterradreifen der Gravity-Kategorie habe ich drei primäre Erwartungen: Üppige Traktion, eine gute Dämpfung und einen hohen Pannenschutz. All das konnte ich bisher schon ausgiebig auf meinen heimischen Trails, aber auch auf einem 2-tägigen Kurztrip auf die zum Teil recht verblockten Freiburger Trails testen.

Für einen 1,4 kg Reifen und ein derart grobstelliges Profil rollt der WTB Judge noch recht gut – derartige Trails, wie hier im Bild, lassen ihn nur müde lächeln.

Was die Traktion Vortrieb angeht, hat sich der Judge bisher schon mal keine Schwächen geleistet. Egal ob auf Schotter, auf weichen Böden über Wurzeln oder über felsige Trails gab es bisher kaum etwas, was den Vorwärtskommen je Grenzen gesetzt hat. Mit dem etwas härteren Fast Rolling TriTec Compound spürt man schon bei Nässe, wie die Traktion abnimmt – vor allem auf nassen Wurzeln – aber sie bleibt weiterhin noch auf einem angemessenen und hohen Niveau. Was die Vortriebstraktion angeht, gibt es also schon mal nichts zu bemängeln.

Der WTB Judge bietet stets viel Traktion, ein erstklassiges Feedback und besitzt einen sehr breiten Grenzbereich – er lässt sich dadurch auch sehr gut nutzen um das Bike damit aktiv zu steuern.

Die Bremstraktion ist mit seinen groben, stabilen Stollen erwartungsgemäß ebenfalls auf einem hohen Niveau. Anders als beim vorher gefahrenen SCHWALBE Eddy Current Rear, bei dem man schon sehr beherzt in die Eisen steigen muss, um ihn zum Blockieren oder aktiven Ausbrechen zu bewegen, geht das beim Judge spürbar einfacher und früher. Für den Fahrer, der auf seinen Trails um jedes Quentchen Grip dankbar ist, wäre das eventuell eine Schwäche des WTB Judge, aber für meine Fahrweise und Trails empfinde ich dies sogar eher als Vorteil. Das ein wenig frühere aber immer sehr kontrollierte Losbrechen erlaubt mir nämlich das Bike etwas aktiver zu fahren, das Heck zum Steuern mit zu nutzen … und letztlich mehr Spaß zu haben. Warum ich dann hinten nicht einfach einen Trailreifen oder gar Semislick fahre? Nun, der WTB Judge bietet einfach viel mehr Traktion (= Sicherheit) wenn ich sie brauche, ist aber über seinen sehr breiten Grenzbereich und damit super gutmütig– wohlgemerkt: Als Hinterreifen. In der Kurvenführung ist der Judge mit seinen hohen und gut unterstützten Seitenstollen ebenso potent und sicher. Bisher habe ich kaum eine Situation gefunden, in der die Kurvenführung nicht erstklassig gewesen wäre. Einzig mit losem Kies scheint der Judge nicht ganz so gut zurecht zu kommen. Statt sich hier wie überall sonst zu verbeissen, schwimmt er hier eher auf.

Auch wenn Touren nicht zu seinem primären Einsatzbereich gehören – auf einer Tagestour mit >1500 Hm im Freiburger Umland hat der WTB Judge gezeigt, dass auch das damit geht.

Mit einem Gewicht von immerhin 1400 g kann man vom Judge natürlich keine Wunder in Sachen Beschleunigung erwarten – er ist und bleibt ein ziemlich schwerer Gravity-Reifen. Mit dem hier getesteten Fast Rolling Compound rollt der Judge für meinen Geschmack noch recht gut – auch hier keine üblen Überraschungen. Respektive bietet die dopellagige Karkasse und das Compound eine ziemlich gute Dämpfung – sowohl bei kleineren Vibration, wie auch bei schnellen Schlagfolgen.

Der wWTB Judge leibt es aggressiv gefahren und gefordert zu werden – hinten braucht er aber trotz dopellagiger Karkasse eher hohe Reifendruck um präzise uns stabil zu bleiben.

Was die sinnvollen Luftdrücke angeht, hat der WTB Judge mich mit seiner doppellagigen Karkasse ein wenig überrascht. Statt wie erwartet mit 1,3 bis 1,4 bar sicher und präzise zu sein – wie es die SCHWALBE Super Gravity Reifen waren, benötigt der WTB Judge auch auf der NEWMEN Felge mit 30 mm Innenweite doch Drücke über 1,6 bar um in harten Kurven nicht zu undefiniert zu wirken. Bei diesen Drücken passen der Komfort, wie auch die Dämpfung zwar noch, aber die Möglichkeit etwas niedrigere Druck fahren zu können, hätte ich hier schon erwartet. Und wenn wir schon über den Luftdruck sprechen, komme ich damit auch zu der einzigen bisherigen echten Schwäche eines WTB Judge Testmusters: Burping! Aus irgendeinem Grund verliert der Judge auf der NEWMEN Felge immer Luft wenn ich ihn aggressiv fahre. Es kam schon mehrfach vor, dass ich nach ein paar Abfahrten den Eindruck hatte, dass sich das Heck zunehmend schwammig anfühlt und beim Nachmessen war der Reifendruck deutlich weniger als beim Losfahren. Der Reifen selber ist perfekt Luftdicht (kein Luftverlust solange man ihn nicht wirklich hart fordert), aber die frischen Latex-Reste zwischen Felge und Reifenwulst (Foto oben) zeigen, dass es hier immer wieder zu Luftverlusten durch Burping kommt. Das ist insofern überraschend weil alle je bei TNI getesteten WTB TCS Reifen in diesem Bereich  bisher noch nie Probleme hatten. Bei einem zweiten Testmuster, das ich danach aufgezogen haben, gab es keinerlei derartige Probleme mehr.

Die oft felsigen Trails um Freiburg können durchaus eine Herausforderung für einen Reifen sein – für den robusten WTB Judge jedoch kein echtes Thema.

In Sachen Pannenschutz, ist der WTB Judge mit seinem dopellagigen Tough Casing auf meinen heimischen Wurzeltrails natürlich nur bedingt gefordert. Deswegen habe ich ihn auch für zwei Tage über die mir vorher unbekannten und oft recht felsigen Freiburger Trails (Canadian, Badish Moon Rising, Boderline u. a.) gejagt, wo ich zwar ein wenig mit der Burping-Problematik zu kämpfen hatte, der Reifen ansonsten aber ganz pannenfrei durchgekommen ist … und das trotz zahlreicher unsauberer Fahrmanöver direkt auf scharfe Felskanten und diverser, zum Teil harter Durchschläge.

Zwischenstand: Seine erste Testphase mit einer reinen Nutzung als Hinterreifen hat der WTB Judge 29×2.4 Tough Fast Rolling hinter sich. Während er in Sachen Traktion, Handling, Pannenschutz den Erwartungen an einen solchen Reifen voll gerecht wird und ein richtig guter Gravity-Reifen ist, hat mich die Burning-Tendenz des einen Testmusters überrascht, war aber wohl eher ein Einzelfall. Angesichts der doppellagigen Karkasse überrascht mich die Tatsache, dass der Judge eher hohe Drücke erfordert. Aufgrund der bisher aber immer hervorragenden Tubeless-Eigenschaften der WTB TCS Reifen gehe ich im Bezug aufs Burping bisher noch von einem Einzelfall aus. Weil der WTB Judge als Hinterreifen eine ansonsten tadellose Performance hinlegt und schon so mancher spezielle Hinterreifen gezeigt hat, dass er auch vorne gut funktioniert, werde ich ihn in der zweiten Testphase auch mal am Vorderrad ausprobieren, dort allerdings mit dem High-Grip Compound.

RIDE ON,
c_g