KONA Process 153 CR DL – Fahreindrücke von den Eurobike Media Days’18: von c_g

 

Die US-Marke KONA aus dem beschaulichen Bellingham im Nordwesten der USA war wohl die Marke mit den meisten 29er Neuheiten auf den Eurobike Media Days. Neben dem neuen 29er-kompatiblen Carbon-Hardtail Big Honzo CR, das Oli gefahren ist und dem Allround-Trail-Fully Satori DL, das MiMü so gut gefallen hat, gab es auch etwas neues aus der Enduri-Klasse, nämlich das Process 153 CR.

Erst im Januar kam die Pressemitteilung über die zweite Generation des Enduros Process, das künftig auch als Process 153 29er kommen sollte … allerdings nur mit Alurahmen. Natürlich haben wir sofort nach einem Testbike gefragt, aber weil sich das nicht ergeben hat, war klar, dass ich auch eines auf den EMDs fahren würde. Umso erfreuter waren wir dann als es dort am Stand nicht nur das Process 153 29er zum Testen gab, sondern sogar schon das bis dato noch nicht vorgestellte Process 153 CR DL, also mit Carbonrahmen.

Die Eckdaten sind die gleichen geblieben: 153 mm Federweg am Heck, gepaart mit 160 mm Federweg vorne, dazu eine sehr moderne Geometrie (ein flacher Lenkwinkel von 66° und ein steiler Sitzwinkel von 76°, dazu ein effektives Oberrohr von 632 mm in Größe L und ein sehr kompakter Hinterbau mit gerade mal 425 mm), ISCG05, Boost und alles was zu einem aktuellen Trail-/Enduro-Bike gehört.

Optisch erkennt man in dem neuen Process Carbonrahmen sofort die Ähnlichkeit zum DH-Bike Operator (das es mittlerweile übrigens auch als 29er gibt). Sowohl, was die Robustheit des wunderbar geschwungenen und großvolumigen Rahmens angeht, den KONA selbst als „KONA DH Carbon“ bezeichnet, wie auch die wirklich massiven, einteiligen Umlenkwippe. Einzig die Sitzstreben sind aus Aluminium, aber das erkennt man aufgrund der organischen Formen erst auf den zweiten Blick. Überhaupt finde ich den Rahmen optisch in seiner hellen Beige-Lackierung extrem gelungen.

 

  

Die Leitungen verlaufen im Inneren des Unterrohrs, verlassen den Rahmen kurz vor dem Tretlager durch eine große verschraubte Öffnung. Die Dropper-Ansteuerung geht schon bald wieder ins Sitzrohr, die der Schaltung verläuft gut gesichert hinter dem Kettenblatt und dann in der Kettenstrebe. Nur die hintere Bremsleitung bleibt außen und verläuft gut gesichert unter der Kettenstrebe. Das Tretlager ist ein PressFit 92 und der Dämpfer ist nach dem Trennion-Prinzip an der gigantischen Carbon-Umlenkwippe fixiert.
Von den insgesamt vier für 2019 verfügbaren Process 29er Modellen – die beiden zwei mit Carbon-Modelle kommen auf 4999.- oder 5999.- Euro, die beiden Alumodelle auf 2999.- und  3999.- Euro – hatten wir das Vergnügen das Top-Modell Process 153 CR DL zu fahren. Seine Ausstattung war dementsprechend hochwertig.

 

Als Federelemente waren eine 2019er ROCK SHOX Lyrik RC2 und ein Super Deluxe RCT Dämpfer verbaut. Antrieb und Schaltung wurden von einer SRAM X01 Eagle übernommen, allerdings mit einer etwa 100 g schwereren TRUVATIVDescendant Carbon Kurbel (mit 32-Zahn Direct-Mount Kettenblatt) und gebremst wurde mit einer SRAM Code RSC Bremsanlage mit 200 mm Scheiben vorne wie hinten.

 

Die Laufräder waren ein Customaufbau mit SRAM S900 Naben, robusten 2.0 mm Speichen und WTB KOM i29 TRAIL TCS Felgen. Die Reifen kommen von MAXXIS in Form von zwei DHF Schlappen mit griffigem 3C Compound und fast schon Plus-formatiger 2.5 WT Breite. Als Dropper-Stütze hat KONA die bewährte ROCK SHOX Reverb Stealth (175 mm Hub) mit dem Upgrade eines 1-fach Remote spezifiziert. Insgesamt eine wirklich sehr funktionelle und Enduro-würdig hochwertige Ausstattung mit der unser Testbike in Größe L es auf gute 13,8 kg brachte.

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Fahreindrücke

Und wir hat sich das KONA Process 153 CR DL 29 nun gefahren? In aller Kürze: Ein Enduro. das zum Spielen einlädt. Das Process ist eines dieser Bikes, das trotz seines üppigen Federwegs und hoher Reserven keine Bisschen seiner Verspieltheit verloren hat. Doch bevor es seinen Spieltrieb auf dem Frommes Trail in Fiss-Ladis ausleben durfte, hieß es zuerst einmal  bis zum Einstieg hoch kurbeln. Auf der nur mäßig steilen Schotterstrasse hat mich das Process sofort mit einem unbändigen Vortrieb und sehr hohen Effizienz überrascht. Kein Wippen oder sonstige Antriebseinflüsse, sondern ein durchweg vortriebsstarkes Bike, wie ich es so nicht erwartete hätte.

Als Bergziege würde ich das Process dennoch nicht bezeichnen, denn durch das ultrakompakte Heck verlangt trotzt steilen Sitzwinkels es in steileren Ansteigen dann doch eine recht aktive Gewichtsverlagerung um vorne nicht zu leicht zu werden wie sich in den steileren Gegenstiegen mitten im Trail mehrfach gezeigt hat. Im Uphill hat das Process für mich daher eine etwas zwiespältige Persönlichkeit – einerseits sehr vortriebsstark und effizient, andererseits doch mit einer Gewichtsverteilung, die im Steilen eine aktive Fahrweise einfordert. Ein etwas strafferes Dämpfer-Setup oder ein nach vorne geschobener Sattel könnten daran eventuell noch etwas ändern, aber die grundsätzliche Beobachtung bleiben erhalten. Fahrer mit kürzeren Beinen und dementsprechend geringerem Sattelauszug merken dies natürlich weniger als Fahrer mit langen Beinen.

Sobald sich der Trail allerdings gen Tal neigt, hatte ich nur noch einen kleinen Kritikpunkt an dem Bike – die im Unterrohr klappernden Leitungen. Ansonsten war das Process 153 bergab einfach ein echtes Fun-Gerät ohne erkennbare Grenzen oder Einschränkungen. Sowohl in den schnelleren, wie auch den technischen Passagen hat sich das Bike einfach unglaublich gut gefahren und Lust darauf gemacht, den Gashahn noch ein wenig mehr aufzulassen oder auch mal neue Lines auszuprobieren. Die Federung ist dabei genauso, wie es sein sollte. Sensibel und traktionsstark im Anfangs- und Mittelbereich, aber doch mit so deutlichem Feedback und Reserven, dass man immer genau weiß, was noch drin ist. Interessant dabei fand ich auch, dass der Carbonrahmen zwar auf der steiferen Seite des Spektrums liegt, aber keineswegs unnachgiebig oder übermäßig steif war. Auch das hat mit Sicherheit dazu beigetragen, dass sich das Process so einfach hat fahren lassen, anders als dasPIVOT Firebird, das aufgrund seiner Steifigkeit ja eher einen aktiven Fahrstil eingefordert hat. Ich jedenfalls hatte, wie man auf den Bildern sehen kann, einen solchen Spaß den Frommes Trail runter zu räubern, dass das KONA Process 29er für eher abfahrtslastige Anwendungen ein ganz heißes Eisen ist.

Zusammenfassung: Mit insgesamt 4 Modellen des Process 153 29ers hat KONA, die ein Preisspannen von 2999.- bis 5999.- Euro abdecken hat KONA ab sofort vier richtig spannende Enduro-Big Wheeler im Programm. Durch seine gelungene Geometrie und das ultrakompakte Heck war das getestete Process 153 CR DL sehr lebendig und verspielt zu fahren ohne dabei im Groben oder bei High-Speed spürbar an seinen  Reserven einzubüßen. Die einzige Kehrseite der eigenen Geometrie lag für mich nur darin, dass der Fahrer in steilen Anstiegen schnell sein Gewicht verlagern oder aus dem Sattel gehen, denn an sich gab sich der Hinterbau ausgesprochen effizient und antriebsneutral. Wie hierzulande bei KONA üblich, liegt auch bei den Process 153 das Preisniveau über dem Durchschnitt.

RIDE ON,
c_g