PIVOT Shuttle (E-MTB) – Testintro: von c_g
Auch wenn es manch einem von uns nicht gefällt, aber E-Bikes sind ein Bestandteil unserer Bike-Kultur geworden. Wenn sich uns daher die Gelegenheit bietet auch mal einen besonders interessanten Vertreter dieser Sparte näher anzuschauen, dann nehmen wir uns auch mal gerne die Zeit dafür. Das letztes Jahr auf der Eurobike erstmals vorgestellte PIVOT Shuttle ist so ein wirklich spannendes E-Mountainbike der All-Mountain-Klasse … und auch wenn es ab Werk mit 27,5+ Bereifung daher rollt, ist es doch offiziell auch für 29er Laufräder und Reifen bis 2,5″ Breite freigegeben.
Ursprünglich exklusiv für den europäischen Markt entwickelt (mittlerweile wird es wohl auch in den USA vertrieben) vereint das Shuttle den Hang zum Perfektionismus, wie wir ihn von PIVOT kennen. Mit einer für ein E-Bike ungewöhnlich „normalen“ All-Mountain Geometrie und einem möglichst niedrigen Zielgewicht von unter 20 kg. Das Shuttle soll nach eigenen Aussagen nicht nur ein weiteres E-MTB sein, sondern „der nächste Schritt im Mountainbike-Sport“. Um das zu erreichen, hat PIVOT einige Hürden nehmen und innovative Features einsetzen müssen, die es wert sind gesondert vorgestellt zu werden.
Kommen wir zuerst zur bemerkenswert modern, handlichen Geometrie zu sprechen bei der man schon genauer hinsehen muss um darin ein E-MTB zu erkennen. Während die meisten E-Fullies mit sehr langen Hinterbauten eine oft zu hohe Laufruhe erzielen, schafft es das Shuttle bei immerhin 140 mm Federweg die Kettenstrebenlänge bei bemerkenswert kurzen 437 mm zu halten (… und das obgleich das Shuttle auch mit 29er Reifen bis 2,4“ gefahren werden kann).
Einen derart kompakten Hinterbau bei vergleichbarem Federweg und trotzdem ausreichend Reifenfreiheit hat bisher nur das ROCKY MOUNTAIN Altitude Powerplay hinbekommen – und dort auch nur mit einem speziellen Antrieb. Um das gleiche auch mit dem Standard-Shimano Motor hinzubekommen nutzt PIVOT den bereits beim Switchblade eingeführten und jüngst auch beim Trail 429 und dem Firebird 29 zu findenden Super Boost Plus Nabenstandard. „Nur über die mit 157 mm breiter bauende HR-Nabe und eine nach rechts verschobene Kettenlinie lies sich ein so kompakter Hinterbau überhaupt realisieren.“ erzählt Christoph Scholz von PIVOT Deutschland.
Die übrigen Werte der Geometrie lesen sich wie die eines modernen All-Mountain Fullies. Ein 65,8° Lenkwinkel (der sich mit einer 160 mm Federgabel oder einem 29er Vorderrad noch etwas abflachen ließe), dazu ein 74° Sitzwinkel und eine effektive Oberrohrlänge von 64,3 cm in der getesteten Rahmengröße Large. Interessant neben der sehr niedrigen Überstandshöhe ist auch noch die mit 348 mm tendenziell große Tretlagerhöhe. Ob und wie sich die Geometrie unter den für ein E-MTB spezifischen Anforderungen bewährt, wird dieser Test klären. Erwähnenswert ist auch noch, das es das PIVOT Shuttle in insgesamt vier Rahmengrößen gibt, womit man ein Fahrerspektrum von 1,6 bis fast 2 m abdecken will
Die bekannte und vielgelobte DW-Link Kinematik samt allen Umlenkhebeln und Lagern wurde für das Shuttle neu dimensioniert und soll so für maximale Steifigkeit und Belastbarkeit bei gleichzeitig erstklassiger Federungsperformance sorgen. Natürlich wurde auch der FOX DPX2 Dämpfer speziell für die höhere Masse des Shuttle abgestimmt und verfügt über eine höhere Druckstufendämpfung.
Das nächste, womit das Shuttle sofort ins Auge fällt ist der voluminös, kantige Vollcarbonrahmen bei dem der MTB-spezifische SHIMANOS STEPS E8000 Antrieb samt 500 Wh Akku sehr stimmig integriert wurde. Trotz ausladendem Unterrohr muss man schon zweimal hinschauen um das Shuttle als E-Bike zu identifizieren. Dennoch ist alles so optimiert und versteift, dass es auch unter harten Belastungen dauerhaft hält und die hohen Erwartungen an Performance erfüllt.
Anders als man vielleicht aufgrund der integrierten Optik vermuten möchte, verwendet PIVOT beim Shuttle einen leichteren externen SHIMANO Akku und befestigt ihn so im Rahmen, dass er quasi integriert wird. Allein dadurch spart man angeblich ca. , der etwa 500 g gegenüber einem internen Akku ein.
Das Akku selber läst sich von außen über eine abgedichtete Klappe laden, kann aber auch durch Lösen der unteren Abdeckklappe komplette entnommen und gegebenenfalls getauscht werden. Um Den Akku und SHIMANO STEPS Antrieb noch besser zu schützen, sind beide hinter dicken, zusätzlich gummierten Carbon-Schlagschutzplatten versteckt.
Weil das Shuttle nur als Komplettbike und nur in einer einzigen Ausstattungsvariante verfügbar ist, hat man auch hier großen Wert darauf gelegt ein möglichst stimmiges und performance-orientiertes Gesamtpaket zu schnüren. Als da wären eine XT Di2 Schaltung, die ihren Strom direkt aus dem Akku zieht. Weil dies das erste Mal ist, dass ich eine DI2 Schaltung länger fahre, bin ich richtig gespannt darauf wie sie sich in der Praxis bewährt.
Die Kurbel mit 34-Zahn wird mit einer XT11-fach Kassette (11 bis 46 Zähne) und bietet damit eine ordentliche, aber nicht übermäßig große Übersetzungsbandbreite. Interessant ist, dass man bei PIVOT offensichtlich nicht daran glaubt, dass E-MTBs kürzere Kurbeln brauchen und daher Kurbelarme mit 175 mm Länge verbaut. Für die nötige Verzögerung sorgt eine kräftige SHIMANO XT Bremsanlage mit 200 mm Scheibe vorne und 180 m Scheibe hinten. Unser Testbike hat vorne und hinten 2-Kolben-Bresmen montiert, aber in Serie wird das Bike mit den 4-Kolben-Variante ausgeliefert.
Damit die hohen Kräfte zum Antrieb und Bremsen auch ordentlich auf den Boden gebracht werden rollt das Shuttle serienmäßig auf Plus-Laufrädern und Reifen daher. Die DT-SWISS EB 1550 Laufräder im 27,5+ Format sind speziell für PIVOT gefertigt und haben eine Innenweite von 40 mm.
Auch bei den Reifen wählt man keine Stangenware, sondern nutzt die Silk-Shield Technologie (eine sehr feine und leichte Textillage, um den gesamten Reifen, die in erster Linie dem Durchstich und Schnittschutz dient) um die 2,8“ Reifen noch pannensicherer zu machen. Vorne sorgt an unserem Testbike ein DHF+ für Führung und Traktion, während man hinten auf die Allroundeigenschaften des Rekon+ Profils vertraut. Während der DHF+ für mich noch neu ist, weiß ich um die hervorragenden Allround-Qualitäten des Rekon+, bin aber neugierig wie er sich unter den höheren Belastungen am E-Bike schlagen wird. Durch den bereits oben erwähnten Super Boost Plus Standard ist nicht nur erst das kompakte Heck möglich, zudem soll durch seinem maximalen Nabenflanschabstand die Laufräder um ca. 30 steifer (als mit Boost) und auch noch deutlich belastbarer sein. Leider verhindert aber auch genau dieser noch selten zu findende Standard, dass wir das Shuttle auch mit 29er Bereifung ausprobieren können, für die das Bike auch ausdrücklich freigegeben ist.
Während der bereits angesprochenen, speziell abgestimmte FOX Float DPX2 Dämpfer hinten für 140 mm feinsten Federweg sorgt, werkelt vorne eine FOX Float 35 EVOL FactoryBoost mit 150 mm. Optional kann man den Federweg aber auch bis auf 160 mm erhöhen Der Grund weshalb man hier auf die nicht E-Bike-spezifische 36er zurückgegriffen hat, die es ja ebenfalls gibt, ist nach Aussagen von PIVOT, die bessere und konsistentere Dämpfung der Standardgabel. Die E-Bike-Version hat nämlich dickerer Wandstärken an ihren Standrohren und so passt dort nur die schlankere Dämpfungskartusche der 34er hinein. Als Dropper-Stütze kommt eine FOX Transfer Performance mit 150 mm Hub zum Einsatz. Der Sattel ist ein wahrhaft großzügig gepolsterter WTB Vigo Pro. Abgerundet wird der Komponentenmix durch ein eigenes PIVOT Cockpit mit einem Team Enduro Vorbau (hier mit 50 mm), einem 760 mm breiten PIVOT Carbonlenker (beide mit 35 mm Klemmung) und den speziellen PIVOT Team Padloc Griffen. Die Besonderheit der Griffe liegt in dem speziellen PadLoc Design bei dem die Griffe nicht nur über die Schraubklemmung gesichert werden, sondern auch durch einen Anschrägung mit dem Lenker verzahnt sind (hier unser Test des von WTB eingeführten Systems).
Alles zusammengenommen erreicht unser PIVOT Shuttle Testbike in Rahmengröße Large ein sehr guten Gewicht von gerade mal 20,6 kg. Die Diskrepanz gegenüber dem angepeilten Gewicht von knapp unter 20 kg liegt in der Rahmengröße, dem schwereren Vorderreifen (DHF statt Rekon) und eine großzügigen Ladung Dichtmilch in jedem Reifen begründet. Aber auch in der Form ist das Gewicht für ein derart potentes E-MTB-Fully mehr als sehr gut.
Dass man für ein so E-MTB der Premium-Klasse natürlich tief in die Tasche greifen muss, versteh sich von selbst – genau 10.000.- Euro (ja, richtig gelesen J) veranschlagt PIVOT für das Shuttle. Ob dieser Preis für das Shuttle auch wirklich gerechtfertigt ist, wird unser Test aber auch nur bedingt beantworten können, denn in solchen preislichen Sphären sind rein objektive Eindrücke und Leistungsdaten ohnehin nur noch ein Teil dessen, was das Bike ausmacht. Mehr zum PIVOT Shuttle E-MTB demnächst hier in meinen ersten Praxiseindrücken.
RIDE ON,
c_g