FOX Float 36 FIT4 EVOL & ROCK SHOX Lyrik RCT3 – 2018er Enduro-Gabeln im Vergleich: von c_g und Ch.W.
Neben den Geometrien sind die Federelemente die Aspekte am Bike, die sich in den letzen Jahren am meisten weiterentwickelt haben. Jedes Jahr wieder heben die Hersteller ihre „Weichmacher“ auf ein neues Performance-Niveau. Als ich die jeweiligen Einzeltests der beiden gabeln begonnen hatte, konnte ich mir nicht vorstellen, wie die Federgabeln noch besser werden könnten und doch sind die beiden 2018er Gabeln noch mal deutlich besser geworden wie ihre Vorgängermodelle. Einen großen Anteil davon haben sicher die dramatisch angewachsenen Negativluftkammern – EVOL bei FOX und Debonair bei ROCK SHOX.
Neben der Zeit auf beiden Gabeln für die Einzeltests der FOX Float 36 Factory EVOL FIT4 und der ROCK SHOX Lyrik RCT3, haben ich mir noch mal eigens ein paar Tage Zeit genommen die beiden Kontrahenten wirklich im Direktvergleich unter gleichen Bedingungen zu fahren.
Der aufmerksame Leser wird sich vielleicht erinnern, dass ich die FOX 38 aber in 160 mm getestet habe, währen die RS Lyrik ja von Anfang an in 170 mm gefahren wurde. Sowas wäre natürlich kein fairer Direktvergleich, deswegn habne wir die FOX ebenfalls auf 170 mm gebracht. An der Stelle noch mal einen herzlichen Dank an das Service-Team von FOX Deutschland, die meine Testgabel in Rekordzeit auf 170 mm umgerüstet haben und mir zum Direktvergleich wieder zurückgeschickt haben.
Für den Direktvergleich habe ich diverse Ausfahrten auf meinen bekannten waldigen Hometrails unternommen, bin aber auch einen Tag lang in den Bikepark Hindelang kurz vor Saisonende gefahren. Um die Bewertung aber nicht nur auf den Eindrücken eines Fahrers aufzubauen hat unser Tester CH.W. auch noch mal einige Zeit mit beiden Gabeln verbracht, beide zuerst genau auf seine Anforderungen eingestellt und dann direkt verglichen. Als Basis dienten uns jeweils unsere Langzeittestbikes, in meinem Fall das BOLD Linkin Trail LT und bei Ch.W. dessen TREK Slash 9.8 – beides außergewöhnlich fähige Bikes.
Hier noch nie kurzer Blick auf die harten Fakten der beiden Gabeln:
- Gewichtstechnisch schenken sich beide kaum etwas mit 2075 g für die ROCK SHOX Lyrik und 2034 g für die FOX 36.
- Die Federwege liegen bei beiden ähnlich, mit der Ausnahme, dass man die Lyrik tatsächlich bis 180 mm haben und fahren kann, währen die 2018er FOX 36 eben bei 170 mm aufhört.
- In den praxisrelevanten Einstellmöglichkeiten liegen die beiden hier getesteten Modelle ebenfalls sehr ähnlich. Beide haben eine extern einstellbar Zugstufendämpfung sowie eine dreistufige Low-Speed Druckstufe und darüber hinaus noch eine fein gerasterte Druckstufeneinstellung für den Open-Modus. Während man damit bei ROCK SHOX schon das Maximum an Einstellmöglichkeiten erreicht hat, bietet FOX mit der RC2 Dämpfungskartusche noch eine Variante darüber an mit extern einstellbarer Low- und High-Speed Druckstufe.
- Auch die Peripherie ist nahezu gleich – Post Mount7 Sockel, Boost Schnellspann-Steckachsen und eine sehr großzügige Reifenfreiheit wobei die ROCK SHOX diesbezüglich noch etwas mehr Platz bietet. Ein Unterschied, den ich im Test aber nicht nutzen konnte, ist noch das Torque Cap genannte vergrößerte Interface zwischen Nabe und Gabel, das ROCK SHOX standardmäßig bei ihren Gabeln hat – im Foto links unten gut zu erkennen.
- Was den empfohlenen VK angeht, liegen beide Gabeln mit 1145.- Euro (ROCK SHOX Lyrik) und 1305.- Euro (FOX Float 36 Factory EVOL FIT4) klar im Premiumsegment, wobei FOX allgemein mit einem sehr stabilen Preisniveau aufwartet, während ROCK SHOX durchaus auch zu deutlich abweichenden Straßenpreisen gehandelt wird.
Bevor wir uns daran machen die Unterschiede festzuhalten, ist es ganz wichtig noch mal zu sagen, dass beide Gabeln, die ROCK SHOX Lyrik RCT3 und die FOX Float 36 EVOL FIT4, zurecht die technologischen Speerspitzen der Federungstechnologie bilden auf einem extrem hohen Niveau arbeiten. Beide sprechen im Anfangsbereich unglaublich sensibel auf die kleinsten Unebenheiten an, beide bieten viel Gegendruck im Gelände und geben nie zu viel Federweg frei und beide verkraften klaglos auch eine dem Federweg angepasste richtig harte Gangart. Außerdem sind beide Gabeln breitbandig einstellbar und können durch Zugabe oder Reduktion der Volumen-Spacer in der Luftkammer sehr einfach nach den persönlichen Vorlieben in Sachen Federkennlinie und Progression optimiert werden. Kurz gesagt, beide Gabeln bieten ein sehr hohes Maß an Kontrolle und Trailerlebnis, das wirklich jeden Biker zufriedenstellen dürfte. Egal, welche – sie sind beide Top-Produkte mit denen man nicht wirklich etwas falsch machen kann.
Trotzdem gab es in den Fahreindrücken zwischen beiden doch Unterschiede, die Ch.W. und ich trotz unterschiedlicher Fahrstile und Gewichtsklassen nahezu gleich empfunden haben: Auf den Punkt gebracht ist die FOX bei all ihrer Fähigkeiten auch im Groben zu bestehen spürbar komfortbetonter, während die RY Lyrik sich immer direkter, mit mehr Feedback und damit mehr wie eine Racegabel fährt. Das allein ist weder Kritik noch Lob, denn es kommt sehr auf den persönlichen Fahrstil an, welche von beiden Qualitäten einem lieber ist.
Deswegen sind im Folgenden die Erfahrungen beider Tester getrennt aufgeführt.
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C_Gs Praxiseindrücke
Ich persönlich war überrascht wie deutlich dieser Unterschied sich im Direktvergleich auf dem BOLD LT gezeigt hat – selbst nachdem ich beide Gabeln spezielle auf mich eingestellt hatte. Wer sich an die beiden Tests erinnert, weiß ja noch, dass ich die FOX aufgrund ihrer unglaublichen Sensibilität mit für mich fast schon zu wenig Feedback etwas straffer und direkter gemacht habe (den einen Spacer raus und mit etwas höherem Luftdruck eingestellt), währen ich Lyrik durch einen zusätzlichen Spacer und einen etwas niedrigeren Luftdruck mehr Komfort im Anfangs- und Mittelbereich eingehaucht habe.
Auf meinen gewohnten Hometrails mit vielen Wurzeln, kleineren Sprüngen und Drops, war im Direktvergleich trotz dieser „Angleichung“ schnell klar, dass mir die FOX dort mehr liegt. Sie gab mir immer noch genug Feedback, schonte mich aber über einen längere Ausfahrt hin spürbar mehr und blieb damit angenehmer zu fahren. Deswegen war ich nie spürbar schneller oder sicherer unterwegs als mit der Lyrik, aber die FOX 36 lag mir einfach mehr, weil sich für meinen Geschmack einfach „angenehmer“ zu fahren war. Die Lyrik war hier auch erste Sahne und super fähig, fühlte sich für mich aber immer ein wenig zu straff an.
Im Bikepark Hindelang blieb der grundlegende Gesamteinduck auch weiter bestehen, aber je besser ich die Strecken kennengelernt hatte und je schneller ich darauf wurde, desto mehr schrumpfte der Vorsprung der 36er gegenüber der Lyrik. Ab einem gewissen Punkt, oder besser gesagt, ab einer gewissen Geschwindigkeit fand ich beide Gabeln ebenbürtig und als ich mich und das Bike noch etwas weiter gefordert habe, war es am Ende tatsächlich die ROCK SHOX, welche mir in Grenzsituationen zwar nicht mehr Komfort, aber dafür einen Ticken mehr Sicherheit geboten hat.
Wohlgemerkt, der Punkt war bereits sehr nahe an meinem persönlichen Limit und auch nahe am Limit des Bikes, aber er zeigt doch, dass die Lyrik ihre Qualitäten am ehesten dann ausspielen kann, wenn sie richtig schnell gefahren und gefordert wird. Die FOX 36 arbeitet dagegen von Anfang an und bei jeder Geschwindigkeit superb und eben deutlich komfortabler. Wieder zuhause und angespornt durch diese überraschende Erkenntnis, habe ich dann versucht, auf meinen gewohnten Trails noch mehr auf Angriff zu fahren, konnte aber nie den Punkt erreichen wo ich die Lyrik als „besser“ bezeichnen würde.
Mein Fazit des Direktvergleichs lautete deswegen, dass die Lyrik ohne jeden Zweifel eine erstklassige (Race-) Gabel ist, mir für meine Fahrweise und die Trails, auf denen ich meistens unterwegs bin die FOX Float 36 EVOL FIT4 aber doch noch ein wenig besser gefällt. Für mich ist die FOX einfach die breitbandigere Gabel, die mich sowohl beim harten Trails-Shredden optimal unterstützt, aber eben auch auf langen Touren super funktioniert. Mein persönlicher Favorit und meine Referenz ihrer Klasse ist und bleibt deswegen die FOX Float 36 EVOL FIT4.
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Ch.W. und dessen Praxiseindrücke
(Anmerkung: Leider sind alle Bilder von CH.W. für diesen Test verloren gegangen, weswegen hier, bis auf die obersten beiden nur die Bilder von c_g zu sehen sind.)
Wer die Wahl hat, hat die Qual, ein altbekanntes Sprichwort, das beschreibt dass jemand sich für eine von verschiedenen Möglichkeiten entscheiden kann und dies ohne Hilfe tun muss. In meinem Fall handelt es sich weniger um ein „muss“, denn ich „darf“ gleich die beiden derzeit angesagtesten Federgabeln in direktem Vergleich zu testen. Da c_g schon auf die ganzen technischen Highlights eingegangen und die grundelegenden Eigenschaften der Gabeln aufgearbeitet hat, möchte ich meinerseits nun noch ein kurzes Feedback zu deren Fahreigenschaften hinzufügen.
Meinen Fahrstill würde ich klar als „racig“, „permanent auf Druck“ und „aggressiv“ bezeichnen. Kein Drop zu hoch, kein Wurzelteppich zu grob und wenn die Zeit bei Rennen tickt dann auch mit dem Messer zwischen den Zähnen ohne Rücksicht auf die eigenen Verluste. Trotz meiner doch sehr leichten 70 kg (ja mit Bekleidung) bringe ich das Material doch regelmäßig an seine Grenzen. Umso mehr war ich auf die neuen 2018er Gabeln gespannt.
Zuerst die FOX Float EVOL FIT 4. „Gut, besser, FOX.“ so oder so ähnlich könnte man die Historie der FOX Gabeln und ihre Performance in den letzen Jahren beschreiben. Auch das Image eine Fox an der Front eines Bikes zu fahren, ist nicht unerheblich und sicherlich für den ein oder anderen eine Kaufentscheidung. Ich persönlich durfte die letztjährige Fox 36 Float RC2 mein Eigen nennen und hatte dementsprechend einen Referenzwert. Gespannt war ich auf die erste Abfahrt und gleichzeitig nach den ersten Metern völlig Überrascht. Überrascht deshalb da die Gabel eine dermaßen Sensibilität an den Tag brachte, das es sich eher nach über die Wurzeln gleiten anfühlte als Fahren. Was mich dazu anspornte das Gas gleich offen zu lassen.
Die extreme Aktivität, im ersten drittel des Federweges, setzt sich im mittlerem und oberen durch, was für meinen Geschmack einen genialen Komfort bietet, für meinen Geschmack aber auch zu wenig Feedback vom Untergrund bedeutet. Gefühlt ist die Gabel sehr linear – und zwar den gesamten Federweg über. Bei mir spiegelte sich das dann auch in einigen merklichen Durchschlägen wieder. Aufgrund einer von mir bevorzugten eher straffen Abstimmung am Heck wurde der Eindruck noch weiter verstärkt. Nach einigem hin und her, bei dem ich verschiedene Set-Up Varianten ausprobiert habe, kam ich für mich mit 2 Spacer und 70 psi am besten klar. Der Weg, den c_g gegangen war, einen höheren Luftdruck und ohne Spacer zu fahren, fühlte die Gabel sich zwar direkter an, ließ die Gabel aber meinem Empfinden nach einen Teil ihrer Gesamtperformance einbüßen. Es mag gut sein, dass dies auch durch mein geringes Gewicht kombiniert mit meinem sehr aggressiven Fahrstil geschuldet ist.
Am Ende meiner Testzeit ist für mich die Fox Float 36 EVOL FIT 4 zurecht eine der derzeit besten Federgabeln, mit extrem sensiblem Ansprechverhalten und hohem Komfort, die aber dabei das Feedback ein wenig zu sehr reduziert hat – eine Gabel, die einen sehr breiten Kundenkreis anspricht und die FOX Fangemeinde wachsen lassen wird. Als mein persönlicher Favorit konnte sie sich aber nicht etablieren.
Die ROCK SHOX Lyrik RCT3 des Jahrgangs 2018 beschreibe ich am besten mit: „Der König ist tot, lang lebe der König. Meine Begeisterung für die neue Lyrik ist schwer zu verbergen. Warum: ganz „einfach“, Luftdruck und Zugstufe eingestellt und los geht die Reise mit gefühlten Mach 6 und einer echten Ready-to-Race-Abstimmung ab Werk. Während die FOX dermaßen sensibel anspricht dass ich auch im Gelände mitunter das Gefühl hatte auf der Forststraße unterwegs zu sein, gibt mir die ROCK SHOX vom ersten Meter an ein direktes und straffes Feedback … und wird mit zunehmender Geschwindigkeit immer besser!
Damit ist die Lyrik wahrscheinlich nicht mehr jedermanns Sache, aber wer gerne viel mit Vollgas an einer Wurzel abzieht um in die nächste Passage zu springen oder bei Rennen ans Limit geht, der wird diese Gabel aus dem Karton raus lieben. Keine Frage dies gelingt mit der FOX Float ebenfalls ausgezeichnet und wie c_g schon sagte „beide Gabeln arbeiten auf einem extrem hohen Niveau“, aber die neue Lyrik liegt mir, weil sie eine aktive Fahrweise fördert, ja geradezu fordert persönlich einfach noch einen Tick besser. Für meine Gewichtsklasse arbeitet diese Gabel mit 2 Spacer und 60 psi perfekt.
Gegenüber der Lyrik RC Dual Position von 2017, die ja serienmäßig an meinem Trek Slash 9.8 montiert ist, arbeitet die neue Lyrik RCT 3 (2018) nochmal spürbar besser ab dem mittleren Federweg. Gefühlt sind noch einmal mehr Reserven vorhanden ohne dabei je undefiniert zu wirken. Damit vermittelt die neue Gabel mit zunehmender Geschwindigkeit immer mehr Sicherheit und ein super Feedback gepaart mit etwas mehr Laufruhe als es beim 2017er Modell der Fall war. Dadurch harmoniert die neue Lyrik wesentlich besser mit meinem straff abgestimmten Hinterbau als es bei der Fox Float der Fall war. Für meinen Fahrstil und meine Gelände passte die ROCK SHOX Lyrik einfach perfekt.
Insgesamt sind c_g und ich uns nach der Zeit auf den beiden Gabeln und dem direkten Vergleich einig darin, dass es für den Endkunden noch nie so potente Federgabeln ab Werk zu kaufen gegeben hat. Ebenso darin, dass beide Gabeln hervorragend arbeiten, aber durchaus unter-schiedliche Kundenkreise ansprechen – die FOX Float 36 EVOL als sehr breitbandige und komfortbetonte Gabel und die ROCK SHOX Lyrik eher die auf Racer und sehr aggressive Fahrer ausgelegte Gabel. Für mich persönlich ist die neue ROCK SHOX Lyrik RCT3 der neue König in dem Vergleich, auch wenn ich sehr wohl verstehen kann , warum c_g die 18er FOX 36 aufgrund des höheren Komforts noch bevorzugt. Für welche der beiden Gabeln man sich entscheidet ist eine Frage des ganz individuellen Geschmackes, des Fahrstils un oder Anforderungen. Beide Federgabeln arbeiten auf höchstem Nieveau, haben aber trotzdem unterschiedliche Charaktere.
In diesem Sinne – RIDE ON,
c_g & CH.W.