SALSA Cutthroat Force 1x – Zwischenstand: Oli
Als ich euch vor ca. 2 Wochen unser neues Testbike, das SALSA Cutthroat Force 1x vorgestellt habe, war von vornherein klar, dass es sich hier um ein wirklich besonderes Bike handelt – eine Mischung aus 29er MTB-Starrbike, Gravelbike und Langstrecken-Racer … mit recht eigener Geometrie und spezieller Ausstattung. Umso spannender waren die ersten Ausfahrten damit.
Die Sitzposition: Schon beim Aufsitzen wird einem durch die eher kompakte und je nach Griffposition auch aufrechte Haltung auf dem Bike deutlich, dass es sich hier nicht um ein klassisches MTB-Starrbike handelt. Das SALSA Cutthroat ist nicht das auf maximalen Spurtstärke und explosionsartigen Vortrieb wie er bei XC-Rennen benötigt wird. Ausgerichtet. Das Cutthroat ist vielmehr ein Bike, das dafür ausgelegt ist, auf langen Strecken mit wechselnden Untergründen, evtl. sogar mit Gepäck, konstant einen hohen Vortrieb zu erbringen und dabei den Fahrer trotz fehlender Federung mit ausreichendem Komfort zu versorgen. Es ist damit auch definitiv kein Crossbike, das für kurze Crossrennen gebaut wurde. In Ermangelung einer griffigeren Beschreibung würde ich es als einen „schnellen und leichten Gravelcrosser für ultralange Selbstversogerrennen“. Das bedeutet für mich als Mountainbiker aber auch erst mal alle meine Erfahrungswerte über den Haufen zu schmeißen. So musste ich mir immer wieder sagen, dass das Cutthroat eben kein „normales“ Hardtail ist. Im Folgenden eine Sammlung all derer Fragen, die ich mir in dem Zuge gestellt habe.
Ich kann mich noch gut an meine ersten Erfahrungen mit 29ern erinnern: Ich fühlte mich spürbar „im Rad sitzend“ und nicht – wie ich es von 26ern gewohnt war, „auf dem Rad“. Diese Gefühl ist über die Jahre zur Normalität geworden – einfach weil ich nichts anderes mehr gefahren bin, außer gelegentlich auch mal Fat- und Plusbikes. Beim SALSA Cutthroat hat sich dieses Gefühl wieder eingestellt und ist bisher geblieben. Ich bin mir nicht sicher, ob es an dem doch sehr großen BB Drop mit 70 mm liegt, am Dropbar oder ob nicht auch andere Faktoren hier hineinspielen, aber ich fühle mich noch mehr „ins Bike integriert“ als ich es vorher kannte. Es fühlt sich ein wenig so an, als säße man auf einer straffen Hängematte (… ich hoffe der vergleich macht wenigstens für den einen oder anderen Sinn). Nach den ersten Kilometern dachte ich mir, dass es nicht zur Intention eines schnellen Langstreckenrades passt aber je länger ich damit unterwegs bin, desto mehr passt es eben doch, denn neben der subjektiven Sicherheit generiert diese Integration auch einen ganz eigenen Komfort und der ist ja bei Langstreckenrennen, die oft über mehrere hundert Kilometer gehen, umso wichtiger.
An der Stelle muss ich aber auch gleich ein für mich großes Manko ansprechen. Bedingt durch den sehr kompakten Rahmen und den steilen Lenkwinkel rückt das Vorderrad zwangsläufig nahe an den Fahrer. Deshalb kam es bei mir (Schuhgröße 46) beim Einlenken immer wieder zu Kontakten zwischen Schuh und Vorderrad – eine für mich wirklich unangenehme Sache, die bei noch größeren Füßen durchaus auch gefährlich werden kann.
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Es ist ein starres Carbonhardtail. Deshalb: Wie steif ist der Rahmen/das Bike?
Im Intro hatte ich ja von dem Hinterbau mit dem „Class 5″ genannten Vibrationsreduzierungssystem geschrieben, das Stöße dämpfen und damit zusätzlichen Komfort bieten soll. Ich muss zugeben, dass ich Anfang eher skeptisch war, aber nach mehreren langen Tagen auf dem Rad muss ich auch hier sagen, dass ich sehr wohl das Gefühl habe, dass es genau das macht, was es soll. Auch wenn es ein ungefedertes Carbon-Hardtail ist, so ist es doch kein steifer Bock. Je länger man damit am Stück unterwegs ist, desto deutlicher zeigt sich der Nutzen. Hinzu kommt noch der Einsatz der 27,2 mm Stütze mit großem Versatz am Rad. Auch wenn die effektive Auszugslänge geringer als bei einem klassischen MTB ist, trägt dies durch ihren leichten Flex doch auch zum Komfort bei. Um dies noch weiter zu betonen, ist Jay Petervary beim Italy Divide 2016 sogar eine 27,2er Titan-Sattelstütze für noch mehr Komfort gefahren. So weit müsste ich noch nicht gehen, denn auch mit der Serien-Stütze einer ZIPP ist der Effekt spürbar.
Im Gegensatz dazu wirkt die Cutthroat Carbongabel doch relativ steife. Sie kommt nicht ganz Steifigkeit an die vor drei Jahren getestete NINER RDO Gabel ran, bietet aber für meinen Geschmack aber trotzdem wenig Komfort durch ihre Eigendämpfung. Auf besonders ruppigen Passagen hatte ich mitunter das Gefühl, dass vorne und hinten nicht so richtig zusammenpassen. Andererseits ist es aber auch richtig so: Hinten sitzt man die meiste Zeit auf dem Rad und kann die Beinfederung nur durch aktives „aus dem Sattel gehen“ aktivieren, vorne kann ich jedoch Stöße mit den Armen abfedern.
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Passt die ungewohnte Übersetzung und wie komme ich mit der SRAM Force Schaltung zurecht?
Eine meiner ersten Touren führte mich zunächst über Asphaltstraßen im Bad Tölzer Raum zur Talstation des Blombergs. Von dort wollten wir, meine Frau und ich, die Forststraße zum Blomberghaus hochfahren, um Höhenmeter für eine anstehende Transalp zu sammeln. Wäre ich mit einer Gruppe Jungs unterwegs gewesen, hätten wir das ipfelbier untereinander ausgefahren und die Tour wäre zu einer Reihe kurzer Sprintrennen geworden – dieses Bike ist schnell, keine Frage.
Das einzige Manko dabei war die sportlich schnelle Übersetzung. In der Ebene war die Kombi aus 38er Kettenblatt und 10-42er Kassette absolut super. Für kurze Anstiege drückt man das Bike einfach hoch und nutzt die große Bandbreite der Kassette für die letzten Meter. Als ich mich jedoch mit dem langen und oft steilen Anstieg zum Blomberg konfrontiert sah, machten sich dann aber doch Respekt und Zweifel in mir breit. Respekt vor meinem eigenen Mut und Zweifel ob ich mich mit der 38 zu 42 Untersetzung nicht doch übernommen hatte. Oben angekommen bleibt dann doch die Erkenntnis, dass man für eine solche Übersetzung schon dicke Beine für lange Anstiege haben muss. Andererseits zwingen einen die schweren Berggänge bei steilen Anstiegen trotzdem schnell zu sein. Denn, ob man es will oder nicht und egal wie steil es ist (über eine gewisse Distanz hat es über 20% Steigung), ab einer gewissen Trittfrequenz wird das Bike instabil ist. So kam es anders als erwartet und statt hinterherzuhinken war ich dann doch immer weit voraus und war deutlich schneller oben … dafür hatte aber am nächsten Tag schwere Beine J. Natürlich hat bei den langen Anstiegen auch das geringe Gewicht von 9,2 kg geholfen. Auch das macht es deutlich leichter, einen schweren Gang bergauf zu treten. Auch der SRAM Force Schalthebel und seine Funktionsweise hat für mich eine gewisse Eingewöhnungszeit gebraucht. Insbesondere die Eigenart, dass man mit einem leichten Druck auf den Schalthebel runter und mit einem beherzten Druck raufschaltet ist etwas für mich wenig intuitives. Einerseits ist es großartig, nur einen Hebel zum Rauf- und Runterschalten zu brauchen und allein schon wegen der cleanen Optik gibt es von mir dafür Bonuspunkte, andererseits sind schnelle Gangwechsel für mich weiterhin eine Sache, die nicht intuitiv oder unbewusst funktionieren. Auf langen Strecken und in der Ebene ist das kein Thema, da hat man normalerweise Zeit, aber im Gelände habe ich mich (zumindest bis jetzt) doch öfter mal verschaltet. Vielleicht gewöhne ich mich ja noch daran.
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Dropbar am Mountainbike?
Etwas an das ich mich auch nur nach und nach gewöhnt habe, ist die ungewohnte Griffposition mit dem flachen Dropbar. Der schmale Lenker ist für Fahren auf Asphalt oder breiten Forstwegen ohne Zweifel eine gute Wahl, da man dem Wind wenig Angriffsfläche bietet.
Sobald es aber ins Gelände geht, wird es – zumindest für mich – schwierig. Ich musste immer wieder an John Tomac denken, der in den 90ern den Rennlenker auf Mountainbikes salonfähig gemacht hat. Wenn der damit der Weltspitze davon gefahren ist, dann kann ich das auch – so meine Versuche der Selbstmotivation. Bei Mountainbikes geht die Tendenz ja gerade zu Lenkern in Breiten zwischen 750 und 800 mm und auch ich fahre keine Lenker mehr unter 750. Da waren mir die 450mm oben am Lenker des Cutthroat stellenweise zu nervös. In Konsequenz habe ich doch öfter mal nach unten auf den breiter werdenden Teil gegriffen, der mit seinen 550 mm wenigstens ein wenig breiter ist. Was mich von Beginn an begeistert hat, ist die Zahl an verschiedenen Griffmöglichkeiten, die sich mit so einem Lenker bieten. Ich habe bislang nach keiner Tour Nackenschmerzen gehabt. Am liebsten habe ich mich auf den beiden Bremsgriffen abgestützt, was sich irgendwie anfühlte, als hätte ich innen liegende Lenkerhörnchen wie die SQ-LAb Innerbarends montiert – mit dem Vorteil, dass direkt daran die Bremsgriffe und der Schaltheben montiert sind. Sobald es aber technisch schwieriger oder steil bergab ging, war mir die Position zu unsicher.
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Ist das SALSA Cutthroat wirklich so schnell, wie es aussieht?
Ich habe ja schon mehrfach erwähnt, dass das Rad schnell ist und trotz der komfortbetonten Sitzposition spürbar nach vorne zieht. Einen wichtigen Teil dazu tragen die wirklich steifen Laufräder in Kombination mit den superleichten SCHWALBE Thunder Burt 2,1″bei.
Ich bin schon lange keine so schnellen Reifen mehr gefahren und muss zugeben dass es mir richtig Spaß gemacht hat mit Top-Speed dahin zu sausen. Der Grip mit dem Thunder Burt im trockenen Gelände ist absolut ausreichend und auf der Straße rollt er einfach flott dahin – bei Nässe und insbesondere bei Matsch ist allerdings eine sehr bedachte Fahrweise angebracht.
Was aber zunächst nicht so recht ins Bild passen wollte, war die Trägheit der Laufräder. Mit 1900 g scheinen sie für ein solch racelastiges Rad erst einmal zu schwer. Erst wenn man sich denEinsatzbereich ansieht, für den das Rad gebaut wurde: Langstrecken-Selbstversorgerrennen, für das am Rad gut und gerne 10 bis 15 kg an Ausrüstung (Kleidung, Schlafsack, Matte, Essen, Getränke …) am Rahmen und in Lenkertaschen mittransportiert werden müssen, ergibt es wieder einen Sinn. Das bedeutet auch, dass es hier bei den Laufrädern nicht um jedes Gramm gehen kann, sondern ein guter Kompromiss zwischen Stabilität und Gewicht gefunden werden muss. Wäre es ein reines Racebike, so könnte man mit einem leichteren 29er LRS die 9 kg Marke locker knacken. Letztlich mindern die robusten Laufräder zwar die Sprinterqualitäten, laufen aber einmal auf Speed gebracht sehr gut und sind vor allem sehr halt- und belastbar.
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Wie macht es sich auf meinen Hometrails als MTB genutzt?
Wie bereits oben erwähnt, habe ich das Rad nun schon einige Zeit auf meinen Stammstrecken testen können. Dazu gehören auch die bekannten Isartrails, die stellenweise wurzeldurchsetzt sind, enge Kurven und kurze, knackige Anstiege oder steile Drops aufweisen.
Auch hier galt es für mich erst mal Umdenken und Umgewöhnen. Ich bin diese Trails nun schon einige Male mit dem SALSA Cutthroat gefahren – teilweise bewusst auch zusammen mit anderen Bikern auf AM-Fullies (mit Dropperstütze und allem Pipapo) – und obwohl ich sicher nicht zu den Langsamsten der Truppe gehöre, war es immer das selbe Bild: In ruppigem, technischen Gelände tänzelt man mit viel Finesse und oft am Traktionslimit über die Trails und ist langsamer als der Rest …. überall wo es einfacher wurde, zieht man dafür allen anderen weg und ward erst wieder an der nächsten Schlüsselstelle eingeholt. Auch hier hat sich gezeigt, dass die aufrechte Griffposition auf den Bremsgriffen (=Innerbarends) nur vermeintlich angenehmer ist, die tiefe Griffposition unten aber mehr Fahrstabilität und mehr Sensibilität beim Bremsen bietet. Bei diesem Bike liegen auf derartigen Trails Freude und Leid recht nahe beieinander und trotzdem (.. oder vielleicht gerade deswegen) macht das SALSA Cutthroat auch hier richtig Spaß.
Wie geht es weiter? Ich glaube, dass ich schon jetzt die grundsätzlichen Stärken und Schwäche des Cutthroats bereits entdeckt habe. Bin aber auch überzeugt, dass ich mich auch einfach noch nicht 100%-ig an das Bike gewöhnt habe. Dafür bleibt mir jetzt noch etwas mehr Zeit. Richtig Lust hätte ich noch auf eine Wochenend-Bikepackingtour mit dem Cutthroat – mit Biwak in die Berge und eventuell auch anderen Reifen. Mal sehen …
OLI
PS: Hier noch ein Bild vom SALSA Cutthroat mit dem Jay Petervary auch dieses Jahr wieder Italy Divide bezwungen hat. Letztes Jahr hat er damit gewonnen, dieses Jahr wurde es ein weiterhin beachtlicher vierter Platz – 924,1 km, in unter 90 Stunden und dabei gerade mal 4 h Ruhezeiten! Wahnsinn!
Great bike. This is my dream. In Europe is very hard to buy.
C_G,
Just bought a Cutthroat Rival 22. Shall I write a few articles on the bike for website?
It’s replacing a steel framed cross bike for road bicycling and due to its clearance for larger and wider tires will be exploring fire roads, trails and asphalt on the same ride!
Thank you for writing a review on the vredstein Bobcat tire it is my favorite 29er tire! It’s been able to climb where no other 29er tire has been able to, even more grip than a 2.8 27.5
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