MAGURA Vyron eLECT Dropper-Stütze -Testfazit: von OLI
Der Test der innovativen MAGURA Vyron eLECT Dropper-Stütze hat nach dem Intro nun etwas länger gedauert als unsere sonst üblichen TNI-Tests.
Der Grund dafür liegt darin, dass ich austesten wollte, ob ich mich an die Verzögerung des Auslösemechanismus in der Praxis gewöhnen kann und Gewöhnung braucht Zeit. Die komprimierte Antwort auf die Frage ob ich voll und ganz an die im Intro erwähnten Besonderheiten habe gewöhne können, wäre:
Kommt drauf an … und zwar darauf wo und wie ich die Dropper-Stütze nutze.
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Szenario 1 – (Alpine) Touren:
Bin ich mit dem Bike im hochalpinen Gelände unterwegs, wo ich meistens ein oder zwei lange Anstiege zu bewältigen habe, bevor es dann bergab geht, ist die leichte Verzögerung und auch der „Doppelklick“ nach langer Auffahrt (einer zum Aufwecken der Elektronik und ein zweiter für den tatsächlichen Auslösevorgang) gar kein Problem. Man muss sich nur darauf einstellen, einfach auf dem Sattel sitzen bleiben und die halbe Sekunde warten, bis sich nach dem Drücken den Auslöseknopfes der Sattel durch das Eigengewichtnach unten fahren lässt. Meistens kommt ja die Stelle, ab der es bergab geht nicht überraschend, von daher ist es da wirklich egal – zumal man ja fast immer auch einmal kurz innehält, bevor man in den Trail einsteigt. In solchen Fällen hat mir die MAGURA Vyron mit ihrer kabellosen Technik, ihrer tadellosen Funktion und der ordentlichen Absenkung von 150 mm sehr gut gefallen.
Szenario 2 – Trailriding:
Auf meinen Münchner Hometrail allerdings, wo sich Anstiege und Abfahrten in schneller Folge abwechseln, konnte ich mich auch nach über 2 ½ Monaten nicht 100% daran gewöhnen. Hier ist zwar der Sleep-Modus nur ganz selten ein Thema, weil die Stütze ja doch oft in Aktion ist, aber die Verzögerung beim Einfahren, selbst wenn sie unter einer Sekunde dauert, ist in solchen Situationen ein echter Spaßverderber. Auch wenn ich mir angewöhnt habe, das Absenken nach Betätigung des Auslöseknopfes am Lenker “anzuzählen”, so war mir das dann doch nie ganz in Fleisch und Blut übergegangen. Hier und für derartige Fahrweise lautete meine Antwort also: Nein, hier fand ich die Vyron eLECT nicht optimal.
Was mich selbst überrascht hat, war, dass ich die Verzögerung beim Ausfahren als noch problematischer empfunden habe. Hier gilt es ja eigentlich nur den Knopf am Lenker zu drücken, den Po zu heben und zu abzuwarten, bis die Stütze ganz ausgefahren ist. Das irritierende Element bei der Vyron ist dabei, dass es keinen hörbaren Anschlag gibt, wenn sie ganz ausgefahren ist. Nicht nur ein Mal habe ich mich zu früh wieder hingesetzt, weil ich zu schnell gezählt hatte, habe damit die Stütze am weiteren Ausfahren gehindert und sie blieb auf der Hälfte stehen. Dann hieß es: Noch mal aufstehen und den Vorgang wiederholen. In Situationen wo also wirklich schnelle Wechsel erforderlich sind, etwa in einem Rennen, hat die Vyron also weitere kleine Detailschwächen.
Ein kleines Detail, das nur Fahrer mit Sattelteschan angeht: Meine kleine Werkzeugtasche unter dem Sattel ließ sich immer nur ganz knapp befestigen, denn der Akkupack nimmt einiges an Raum weg. Wenn die Tasche nicht ganz voll war, dann klappte das ganz gut, weil dann die Riemen in der Länge reichten. War sie hingegen voll (und das ist sie eigentlich fast immer), dann konnte es passieren, dass sich einer Riemen löste, da die verbindende Klettfläche zu kurz war. Neugierdehalber habe ich es mal probiert die Stütze mit dem Akku nach vorne zu drehen, doch so ist der Sattel nicht mehr sinnvoll montierbar. Grundsätzlich hielte ich es aber für positiv, wenn man den Akku anders an der Stütze platzieren würde.
Thema Akkustandzeiten: In dem gesamten test musste ich den Akkus nicht ein einziges Mal nachladen. Das System erweis sich als äußerst ausdauernd, was auch mit dem Energiesparmodus zusammenhängt, der leider auch wieder mit einem oben genannten, kleinen Nachteil des „Doppelklicks“ verbunden ist. Am Bedienknopf wird durch eine winzige, grün blinkende Led-Birne angezeigt, ob das System aktiv ist. Nach einer gewissen Zeit (ich habe es nicht gemessen, schätze aber, dass es etwa eine halbe Stunde ist), schaltet es sich allerdings ab. Das bedeutet, dass man auch hier wieder bewusst mit der Stütze arbeiten muss, da sie sich erst wieder durch einmaliges Drücken aktivieren und dann beim zweiten Mal erst absenken lässt. Auch hier ist es mir gelegentlich passiert, dass ich den Knopf ein Mal bedient habe, ohne vorher auf das grüne Licht zu achten, und irritiert war, dass die Stütze nicht nach unten fuhr. Anfangs dachte ich noch, dass eine Sensorik in der Stütze die Bewegungen bzw, Beschleunigungen während der Fahrt registriert – wie bei der eLECT Gabel – aber das war an unserem Testmuster defintiv nicht der Fall. Man muss immer wieder mal einen Blick auf die grüne Anzeige werfen und sicherheitshalber ein zweites Mal dücken.
Bei all der Detailkritik will ich aber nicht vergessen noch mal auf einen der größten Vorteiles des Systems hinzuweisen, der wohl auch für viele potentielle Käufer das Hauptargument sein dürfte: Die einfachste Montage und Nutzbarkeit an mehreren Bikes. Seit kurzem bin ich wieder Besitzer von zwei Bikes mit einem 30.9er Sattelrohr und es ist einfach eine Freude, wie man die MAGURA VYRON mit wenigen Handgriffen zwischen beiden Bikes hin und her wechseln kann. Ich bin nicht bereit, mir für beide Bike eine eigene Dropper-Stütze zu kaufen und mit der Vyron braucht man das auch nicht mehr – eine genügt für alle Bikes, solange der Durchmesser passt. Mit der MAGURA Vyron ist der Wechsel ohne Werkzeug (außer vielleicht für die Sattelklemmung) in maximal zwei Minuten getan. Kein Gefummel mit Leitungen oder Lenkerklemmungen. Natürlich können das veile moderne mechanisch angesteuerte Stützen auch, allerdings finde ich es hier bei der Vyron um welten einfacher und schneller.
Auch was die Zuverlässigkeit bei Nässe, Schmutz usw. angeht, konnte ich keinerlei Defizite an der Vyron entdecken – diesbezüglich ist sie ein absolut zuverlässiges Produkt, dem ich nach gut 2 1/2 Monaten im Dauereinsatz wirklich vollstes Vertrauen schenke.
Testfazit: Alles in allem würde ich sagen, dass MAGURA mit der Vyron eLECT, der ersten elektronischen Dropperstütze, einen spannenden und mutigen Schritt gewagt hat. Ein Schritt, der aber wie viele wirklich neuartige Innovationen, noch in Details entwicklungsfähig ist. Für Biker mit mehreren Rädern ist das leicht austausch- und wechselbare System großartig. Solange man nicht zu schnell wechselnde Anstiege und Abfahrten auf seinen Trails hat, lässt es sich mit der Verzögerung von der halben Sekunde gut leben – wenn man immer wieder auch einmal einen Blick auf die grüne Lampe wirft. Für mich persönlich war die halbe Sekunde immer etwas zu lang. Außerdem fehlte mir der hörbare Anschlag. Demnach ist die erste Generation der MAGURA Vyron eLECT ein spannendes Produkt mit ein paar Detailschwächen oder Eigenheiten, die je nach Gelände und fahrstil mehr oder weniger zum Tragen kommen. Ich gehe aber davon aus, dass MAGURA diese nicht nur von uns geäußerten Kritikpunkte aber aufmerksam aufnimmt und in einer zukünftigen, zweiten Generation der Vyron verbessern wird. Dann nämlich würde die Vyron eLECT auf einen Schlag mit den aktuellen Topmodellen anderer Hersteller nicht nur voll konkurrenzfähig, sondern ihnen vermutlich sogar ein Stück voraus.
Oli