VITTORIA Morsa 2,3 TNT (G+ Isotech 4C) – Testintro: von MiMü
Der aufmerksame Leser könnte mir eine gewisse Italophilie unterstellen, bei der Menge an Produkten aus dem Hause VITTORIA, die in letzter Zeit durch meine Tester-Hände gewandert ist. Da waren etwa der XC-Reifen Barzo, der All-Mountain-LRS Deamion und zuletzt der ebenfalls im Allmountain-Bereich angesiedelte Gato, ein leider langsam auslaufender Trail-Klassiker. Nicht zu vergessen der 29+ Reifen Bombolini, den OLI ausgiebig testen durfte.
Und nun ist der brandneue und technisch sehr spannende Trail-/Enduro-Reifen Morsa dran.
Der wartet nämlich gleich mit zwei hochspannenden Technolgien auf: Einmal ist der weltweit erste Mountainbike-Reifen mit einer aufwendigen 4-fach Gummimischung und zum anderen ist er unser erster Testreifen mit „Graphene“! Eine derartige Innovation ist doch allemal einen Test wert.
1, Die zukunftsweisende „Graphene-Technologie“ am Morsa ist wirklich etwas Besonderes. Dabei handelt es sich um eine lediglich 2-6 Atome dünne Kohlenstofffolie, die in das Compound eingemischt und mit diesem verbacken wird. Wir sprechen hier von Partiklen mit einer Stärke von 2-6 Nanometern! So ein Teilchen ist also wirklich klein und leicht hat aber eine unglaublich große Oberfläche und extreme Reißfestigkeit.
Dem Compound beigemischt verspricht VITTORIA mit dieser neuartigen Technologie folgenden Vorteile:
- Durch die hohe Festigkeit des Materials deutlich weniger Rollwiderstand wenn man schneller fährt
- Ebenfalls durch die Zugfestigkeit der Partikel geschuldet, soll es weniger Verschleiß geben was die Reifen eherblich haltbarer machen soll.
- Durch die große aktive Oberfläche ein spürbar verbesserter Nassgrip und mehr Traktion
- Und weil Graphene die Materialeigenschaften derart optimiert, recht es Reifen mit weniger Materialeinsatz zu konstruieren, was für ein geringeres Reifengewicht sorgen soll
2, Seinen vollen Nutzen kann Graphene aber nur in Kombination mit einem Mehrfach-Compound-Reifen entfalten, weil die Vorteile der einzelnen Gummimischungen durch die Kohlenstoffpartikel weiter optimiert werden. Und weil der Morsa von solch unterschiedlichen Gummimischungen immmerhin vier verschiedene besitzt (VITTORIA nennt die innovative vierfach-Mischung 4C), kann Graphene hier auch sein Potential bestmöglich entfalten.
Bisher waren in der Bikeindustrie lediglich drei Compoundvarianten realiserbar doch VITTORIA hat intensiv in die Forschung und neue Produktionstechnologien investiert und kann nun vier verschiedene Compounds in einem Reifen kombinieren. Die Logik der außen liegenden Compounds, welch mit dem Boden in Kontakt kommen bleibt die gleiche – die Laufflächenstollen werden tendenziell härter um den Rollwiederstand zu minimiern und die Seitenstollen weicher und griffiger um den Grip zu erhöhen. Doch gegenüber den bisherigen Tripl-Compounds wie sie etwa SCHWALBE verwendet, ist VITTORIA nun in der Lage unterschiedliche Base-Compounds für die Lauf- und für die Seitenstollen zu verarbeiten. Das heißt man kann den außen weichen Seitenstollen einen stärker stabilisierenden Unterbau geben und statt dessen der härteren Lauffläche ein weicheres Base um den Rückprall besser zu Dämpfen, was die Rolleigenschaften weiter optimiert.
–> In Summe sollen diese beiden richtingsweisenden Technologien eine optimale Reifenperformance in allen Fahrsituationen erreichen. Ich bin gespannt
Neben dem Morsa besitzt derzeit nur noch der neue Mezcal II die gleichen High-tech Features – es ist aber sicher, dass weitere Mountainbikereifen der jüngsten Generation mit der beschriebenen Technologie ausgestattet werden. VITTORIA nennt die Produktgruppe schlicht und einfach „Intelligent Tire System“, oder ITS. Dahinter steckt, dass sich die verwendeten Compounds quasi den Bedürfnissen des Fahrer anpassen können. Fährt man etwa auf hartem Untergrund geradeaus, entwickelt der Reifen seine maximale Härte und generiert nur einen geringen Rollwiderstand. Bremst oder beschleunigt man, fährt in Kurvenlage, dann wird der Reifen weicher und offeriert deutlich mehr Grip Warum genau lassen wir uns noch von VITTORIA erklären. Soweit zumindest die Versprechen aus VITTORIA’s Entwicklungsabteilung.
Nebenbei erwähnt verfügt unser Testmuster noch über die bekannte TNT-Karkasse, VITTORIA’s Variante von „tubeless-ready“ mit einem 120 TPI Nylongewebe. Die TNT-Reifen sind schon von außen leicht an den grauen Seitenwänden zu erkennen. Die TNT-AM Varainte besitzt zusätzlich mit dünnen Nylonlagen verstärkte Seitenwände für eine bessere Schnittfestigkeit und einen Gummi-Apex, der Snakebites verhindern soll und die Reifenflanke noch mal stabilisiert.
Der empfohlenen Verkaufspreis für die High-Tech-Testreifen mit der leicht kryptischen Bezeichnung VITTORIA Morsa 29×2,3 G+ Isotech 4C TNT ist aktuell 66,95.- Euro, diverse Suchmaschinen liefern aber bereits Preise ab 54.- Euro.
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Jetzt aber genug mit den technologischen Fakten und Details, wenden wir uns den beiden Testexemplaren an sich zu.
VITTORIA verspricht laut Homepage eine Reifengewicht von 940 g – unsere zwei Kandidaten kommen mit nachgewogenen 937 bzw. 940 g auf der Waage. Verglichen mit direkten Konkurrenten – wie etwa dem CONTI „Der Baron Project 2.4“ oder dem SCHWALBE Magic Mary Super Gravity die beide sehr nahe an bzw. jenseits von 1000 g in der 29er Version kommen fällt der Morsa in der Tat geringfügig leichter aus. Ob das allerdings ein Effekt der durch Graphene versprochenen Gewichtsreduzierung ist, oder einfach in den etwas flacheren Stollen der Lauffläche begründet ist, lässt sich so einfach nicht sagen.
Gleich auf den ersten Blick fällt das dem MAXXIS Highroller II oder dem ONZA Ibex sehr ähnliche Profil auf. Massive Seitenstollen, durchgehend geschlitzt, teils schaufelartig, teils klassisch geformt sollen für ordentlichen Kurvengrip sorgen. Ganze 6 mm Höhe habe ich als Maximalwert messen können. Das Mittelprofil ist zweckbedingt weniger massiv ausgeprägt, die Stollen sind abwechselnd schaufelartig quer beziehungsweise V-förmig längs ausgerichtet, um einerseits die Brems- sowie Antriebstraktion zu erhöhen und andererseits den Rollwiderstand zu minimieren.
Auffallend ist der relativ große Abstand zwischen den Mittelprofilstollen, um die Selbstreinigung zu optimieren, während die Seitenstollen zugunsten eines maximal sicheren Kurvenverhaltens sehr engständig sind.
Die Erstmontage auf meiner SPANK Oozy Trail 295 Felge mit 24 mm Maulweite ging ganz ohne Zuhilfenahme von Reifenhebern und auch die das Tubeless-Aufpumpen war VITTORIA-typisch einfach und schon mit einer Standpumpe kinderleicht. Der TNT-Reifen war von Anfang an zu 100% dicht. Nach ca. 24 h Ruhezeit bei 2 bar zeigte der Reifen eine Karkassenbreite von 57 mm, die maximale Stollenbreite betrug 59 mm. Das waren schon ganz ordentliche Werte!
Dennoch entschied ich mich die Reifen auf meine Syntace W35 Felge (Maulweite 28,4 mm) aufzuziehen. Auch hier das selbe Bild: Keine Reifenheber notwendig, zwei kräftige Daumen genügten, um die Reifenflanke über das Felgenhorn zu wuchten. Versehen mit 60 ml Dichtmilch (einfach weil es sich so gehört J) war der Morsa wieder sofort dicht und verlor auch nach mehr als 24h keine Luft. Die Breitenmessung ergab hier eine Karkassenbreite von voluminösen 60mm, die Seitenstollen überragte diese gar noch und lieferten an ihrer breitesten Stelle 61 mm ab. Für den Hinterbau meines SALSA Horsethief beinahe schon zu viel!
Ich bin schon mächtig gespannt sein, wie sich die beiden Innovationen „Graphene“ und 4C-Compound auf dem Trail anfühlen, ob iche ein derart „intelligenter“ Reifen anders fährt als ein altbekanntes Reifenmodell oder diese sogar alt aussehne lässt. Ich bin auf jeden Fall voll der Vorfreude!
MiMü
Auf der ZTR Rapid (OEM-Modell) ist die Montage ziemlich schwer. Ich hab mir das erspart. Auf der DT EX 471 passt alles.
(Spannend, erstmals wird ein neues Produkt getestet, welches ich schon einsetze. Deshalb beende ich meinen Kommentar hier auch…)
@ Georg: NOTUBES baut seine Felgen traditionell etwas größer als die meisten anderen und VITTORIA (früher GEAX) baute seine Reifen früher immer besonders eng – da war eine Montage fast unmöglich. Mittlerweile ist es etwas weniger problematisch, aber weiterhin keine Idealkombi.
Mit den meisten anderen Felgenherstellern ist es ohnehin absolut unproblematisch, was du hier für DT-SWISS ja auch bestätigst.
Nachtrag zu meinem Erstkommentar: In vorgedehntem Zustand kann man den Reifen auch auf Notubes aufziehen. Von Hand, mit Spüliwasser.