SALSA Horsethief Carbon 1 – Testfazit: von MiMü
Wahnsinn, wie schnell die Zeit doch vergeht. Das fällt einem noch mehr auf, wenn ein Testprodukt derart viel Spaß macht wie das SALSA Horsethief Carbon 1. Da rückt das Ende der Testphase viel schneller heran als man es sich wünscht :-).
Dabei kommt es mir vor als wäre es erst gestern gewesen, dass wir euch das Bike im Testintro vorgestellt haben und zwei Wochen später über die Ersten Eindrücke berichteten. Dennoch nach gut 5 Wochen ist es an der Zeit Zeit, ein Fazit zu ziehen – mit einem lachenden und einem weinenden Auge.
Über die herrlich zwischen Komfort und Sportlichkeit ausbalancierte Geometrie hatte ich euch in den Ersten Eindrücken ja schon ausführlich informiert. Sie beeindruckte und begeisterte mich auch die restliche Testphase immer wieder aufs Neue. Jede Pedalumdrehung wird in Vortrieb umgewandelt und es macht einfach Spaß, das Horsethief mit Vollgas über die Trails zu jagen oder nach engen Turns wieder auf Geschwindigkeit zu bringen. Das Besondere daran ist aber, dass man trotz aller Sportlichkeit und Effizienz nicht unangenehm gestreckt auf dem Bike sitzt, sondern sehr wohl rücken-freundlich und langstreckentauglich.
Zum Charakter des Bikes passt der Custom-tuned ROCK SHOX Monarch RT3 Dämpfer einfach perfekt. Sein komplett schwarzes Äußeres löst zwar keine unmittelbaren „Mag haben-“ Reflexe wie etwa ein Kashima FOX-Dämpfer aus, dafür überzeugt er mit seiner tadellosen Performance. Feinfühlig im ersten Federwegsdrittel, im mittleren Drittel mit ordentlichem Einsteckpotential, wird er im Enddrittel leicht progressiv und verhindert so ein Durchschlagen des Split Pivot Hinterbaus. Hut ab ROCK SHOX, diese Abstimmung ist zu 100% gelungen!
Nach einigen krankheitsbedingter Tagen Bike-Abstinenz fiel mir zum ersten Mal die am Testbike vielleicht etwas zu hohe Front des Bikes auf. Das Steuerrohr ist in Rahmengröße zwar akzeptable 110 mm lang, in Kombination mit der 130 mm Revelation, dem 0° Thomson X4 Vorbau und dem SALSA-eigenen 15 mm Riser Lenker ist die Sattelüberhöhung in meinem Fall aber nur marginal – deutlich geringer, wie ich sie sonst fahre.. Daß das Vorderrad trotzdem selbst in steilen Rampen nicht zum Steigen neigt oder Tänzeln schreibe ich der ausgewogenen und universellen Geometrie zu. Nur in den fiesesten Steilanstiegen ist mehr Gewichtsverlagerung sinnvoll, doch da stellt das 30er Kettenblatt meist vorher den limitieredne Faktor dar.
Für Marathonisti und echer auf Speed getrimmte Fahrer würde ich dennoch entweder eine 120mm Federgabel oder einen negativ montierten Vorbau in Kombination mit einen Flat Bar empfehlen. Damit dürfte der Vorwärtsdrang des Horsethief noch mehr in Richtung „geht ab wie Schmidts Katze“ optimiert sein.
Womit wir bei der Übersetzung und Schaltung unseres Horsethief Testbikes angelangt wären. Die gewählte 30×11/42 Schaltung dürfte für die meisten Einsatzbereiche völlig ausreichend sein, im alpinen Gelände würde ich mir aber ein 28er Kettenblatt oder eine 2-fach Kurbel wünschen. Zumal der Rahmen mit einer integrierten Umwerferaufnahme aufwartet, die sich ab Werk unter einer formschönen Abdeckung versteckt. Bei unserem Testbike war bereits die High-Directmount-Adapterplatte montiert, das Nachrüsten eines Umwerfers wäre also ohne großen Aufwand möglich gewesen. SRAM typisch knackig-präzise verrichteten sämtliche Schaltungkomponenten die Testdauer ohne Murren, auch der beinahe permanente Dreckbeschuss konnte die Performance von Schaltwerk, Kette und Co. nicht mindern. Die durchgehend verlegte Schaltzughülle kommt der Schmutzresistenz dabei sicherlich auch zu Gute, und minimiert dabei den Wartungsaufwand. Einzig das Pressfit-Tretlager benötigte wegen einer nicht ganz optimalen Gummidichtung etwas mehr Pflege, im Update zum SRAM GX 2×11 Komplettgruppentest berichteten wir darüber genauer.
Wirklich positiv überrascht war ich von den Performance des SCHWALBE Nobby Nic. Reifen aus dem Hause Schwalbe hatten bei mir bisher keinen leichten Stand, aber selbst auf der mit 21mm Innenmaß relativ schmalen SRAM Roam 40 Felge montiert, bot der Nobby Nic bei 1,8 Bar Luftdruck eine sehr stimige Mischung aus geringem Rollwiderstand auf härten Untergründen, und hoher Traktion im matschig-feuchten Gelände. Auch die Selbstreinigung fand ich prima. Einzig die Kurvenführung auf weichen und tiefen Böden hat mich angesichts der sonst tollen perfoemance weniger überzeugt. Dennoch – für einen Allroundreifen eine mehr als passable Vorstellung!
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Testfazit
Mit dem Horsethief Carbon 1 hat SALSA ein äußerst vielseitiges und potentes Pferdchen im Stall. Da von Seiten des deutschen Importeurs Cosmicsports nur Rahmenkits und keine Komplettaufbauten angeboten werden, kann sich der Käufer beim Custom-Aufbau voll und ganz austoben – je nach Zielsetzung und schwerpunkten … je nach Füllstand des Geldbeutels!
Der leichte, aber dennoch mehr als ausreichend steife Carbonrahmen ermöglicht etwa den Aufbau einer flinken Marathonmaschine, wenn man eine leichte 120 mm Gabel, Carbon-Laufräder und -Anbauteile sowie Racereifen verbaut. Mit einer ordentlichen Trail-Gabel á la Rock Shox Pike, Fox Float 34 oder Formula 35, stabilen Laufrädern mit dementsprechend breiten Felgen, 2-fach Antrieb und nicht zu vergessen der obligatorischen Remote-Sattelstütze lässt sich daraus aber auch eine vielseitige Trail-Rakete verwirklichen. Auch das SALSA Horsetheif beweist wie vielseitig die Klasse der modernen 120 mm 29er heutzutage sein kann.
Besonders beeindruckt hat unser Testbike mich mit der gutmütigen, fahrer-orientierten Geometrie. Das Bike bietet eine sehr gelungene Mischung aus Laufruhe, bei gleichzeitiger Wendigkeit und Agilität. Trailsurfen macht damit richtig viel Spass, zumal die gebotene Ausstattung unseres Testbikes den Charakter des Bikes noch unterstützt hat. Die ROCK SHOX Federgabel und der Dämpfer harmonierten perfekt, die leichten SRAM Roam 40 Laufräder tragen ihren Teil zu besagter Agilität bei. Der 1×11 Antrieb mit 30er Kettenblatt sorgt für ein adequat breites Übersetzungsspektrum, ist aber je gerade im eher tourenlastigen Einsatzbereich einer 2×11 dennoch unterlegen, die für höhere Gipfel doch besser geeignet ist. Die SRAM Guide Bremsen sorgen bei Abfahrt jederzeit für einwandfreie Verzögerung.
Das Manko einer fehlenden Remote-Sattelstütze lässt sich im Custom-Aufbau leicht beseitigen denn der Rahmen bietet neben äußeren Zuganschlägen auch eine Stealth-Öffnung im Sitzrohr … und so lasse ich das SALSA Horsethief Carbon 1 mit einem weinenden Auge wieder ziehen, freue mich gleichzeitig aber darüber, dass ich ein Alu-Horsethief mein Eigen nennen darf.
MiMü