VPACE CFat Fatbike – Kurztest: von c_g
(Vorwort: Fatbikes sind normalerweise nicht meine Spielwiese. Ich bin zwar schon einige dieser „Monster“ gefahren, bin aber nie so recht vom Fatbike-Fieber infiziert worden. Das positivste Fahrerlebnis hat mir bisher das SALSA Mukluk mit einer Bluto Federgabel und den superleichten KUROSHIRO Enzo 685 Laufrädern vermittelt – nicht zuletzt oder gerade wegen der leichten Laufräder.)
Vor kurzem, auf einem Kurzurlaub im schönen Allgäu bot sich mir wieder einmal die Gelegenheit ein Fatbike zu fahren. Doch nicht irgendein Fatbike, sondern das gerade mal 10,8 kg schwere Carbon-Starrbike CFat von VPACE, das nur Tage vorher von dem XC-Profi Daniel Gathof beim Snowbike-Festival in Gstaad zum 3. Platz in der Gesamtwertung gefahren wurde.
Kein gewöhnliches, abenteuerlustiges und auf Bikepacking getrimmtes Fatbike also, sondern eine XC-Maschine mit breiten Reifen. Da war ich natürlich neugierig.
Wenn auch das Wetter nicht unbedingt immer zum Biken eingeladen hat, so passte wenigstens der Untergrund perfekt zum Gefährt – ein kleines Tiefdruckgebiet hatte den sonst so gar nicht winterlichen Berge zwischen 10 und 30 cm Neuschnee beschert …
Doch ehe ich auf meine winterlichen Trailabenteuer zu sprechen komme – noch ein paar Worte zum VPACE CFat selbst:
VPACE selbst ist eine kleine Bikeschmiede unter der Führung von Sören Zieher, mit Standort in Ravensburg. Den Anfang machte VPACE (damals noch unter dem Namen APACE) mit einem schicken Carbon29er Racer, dem C1M (hier der Kurztetst dazu), dann folgten diverse andere Bikes, darunter auch ein das Titan-Trail-Hardtail T1LT, mit dem unser Tester Oli, so manchen test und manche Tour bestritten hat. Zuletzt folgte eine Plus-Version des Bikes (hier vorgestellt) und nun zum Jahrgang 2016 ein Carbon-Fatbike (das hier besprochene CFat) und ein richtig schickes Kinderbike, aber dazu weiter unten noch mehr.
Als kleine Schmiede bietet VPACE in erster Linie Rahmen und Rahmenkits an, hilft aber auch gerne mit Komplettbikes, wenn es sich mit den für eine so kleine Schmiede natürlich eingeschränkten Möglichkeiten sinnvoll realisieren lässt.
Bemerkenswert ist schon mal der ordentliche Preis mit dem der CFat Rahmen daherkommt: 1090.- Euro für den Rahmen (inkl. Steckachse) oder 1390.- Euro für das Rahmenkit (Rahmen mit Carbon-Starrgabel, Steuersatz und Steckachsen vorne wie hinten) sind wirklich nicht übertrieben.
Das von uns gefahrene Testbike kommt mit seiner Edelaussttattung aus allerlei NEW ULTIMATE, TUNE und BOR Leichtbauteilen, SRAM XO1 Antrieb usw. zwar auf stattliche 4300.- Euro (bei genialen 10,8 kg wohlgemerkt!), aber man kann mit etwas einfacheren Komponenten (z.B. einer SRAM GX Gruppe und Alu-Anbauteilen) sehr wohl auch ein 11,5 kg Fatbike für unter 3000.- Euro realisieren und das ist doch mal eine echte Ansage für ein Boutique-Bike, oder?
Das C-Fat gibt es in drei Rahmengrößen (S = 16″, M = 18″ und L = 20″), wobei ich einen Rahmen in M gefahren bin. Das Rahmengewicht des Open-Mould-Vollcarbonrahmen soll laut VPACE bei mageren 1450 g liegen, die dazugehörige Carbongabel mit gerade mal 650 g auf die Waage drücken. Bemerkenswert daran ist, dass beide eine Reifenfreiheit von bis zu 5“ haben – betrachtete man den Platz zwischen Rahmen und Gabel und den hier verbauten 4“ Reifen glaube ich das gerne. Was die Standards der Anbauteile angeht, gibt es nur wenige Überraschungen, vorne eine 15×150 mm Steckachse, hinten eine übliche 12×197 mm Steckachse, natürlich ein konisches Steuerrohr und eine Dropper-Post-fähiger Sattelstützdurchmesser von 31,6 mm. Das hier verbaute 100 mm BSA Tretlager erfreut alle, die gerne selber an ihren Bikes schrauben. Positiv fand ich auch die innen verlegten Züge, welche an einem derartigen Bike durchaus Sinn machen.
GEOMETRIE: Schaut man sich die einzelnen Maße des Bikes genauer an, fallen einem der mit 68,5° recht flache Lenkwinkel auf, der viel Laufruhe und Geländetauglichkeit verspricht. Dazu ein moderater Sitzwinkel von ca. 73° und eine mit 605 mm für die Rahmengröße Medium sportlich lange, aber noch nicht gestreckte Oberrohrlänge.
Bei den Kettenstreben gibt VPACE auf deren Webseite 445 mm an – mein eigenes Nachmessen am Testrahmen ergab allerdings ein deutlich längeres Heck von 465 mm! (UPDATE: Mittlerweile hat VPACE auch die Angaben auf der Homepage korrigiert – wo die Kettenstreben nun mit 463 mm angegeben sind.)
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Soweit zur grauen Theorie, aber nun zu den Praxiserfahrungen mit dem VPACE CFat während meines Kurzurlaubs im winterlichen Allgäu.
Das erste was mir an dem Bike auffällt ist, ist die große Sattelüberhöhung, die gepaart mit einem 90 mm Vorbau eine wirklich sportliche, fast schon gestreckte Sitzposition ergibt. Ein Umstand, der dem Bike zusammen mit dem sehr geringen Gewicht maximalen Vortrieb und eine wunderbar leichtfüßige Beschleunigung verleiht. An der Stelle sei angemerkt, dass die DT-SWISS BR2250 Laufräder zwar zu der leichteren Fatbike-Laufradsätzen gehören (DT-SWISS nennt ein Gesamtgewicht pro LRS von 2230 g), die verbauten PANARACER Fat Nimble Reifen mit über 1000g und die hier montierten Schläuche dennoch ordentlich rotierender Masse mitbringen. Dennoch – unter dem sonst eher vertriebsgehemmten Genre der Fatbikes ist das CFat ein echtes Racebike.
Erwartungsgemäß gehören die Uphills zur Paradedisziplin des Bikes. Ich war angenehm überrascht wie mühelos ich mit der 1×11 Schaltung selbst steilste Anstiege hochgeklettert bin. Dass das Bike auf beinahe jedem Untergrund schier grenzenlose Traktion bietet, muss man ohnehin nur am Rande erwähnen. Fatbike eben :-).
Wo mich das CFat sehr positiv überrascht hat, war wie wenig Gewichtsverlagerung man damit auch in Steilanstiegen braucht bzw. welch geringe Aufbäumtendenzen das Bike an den Tag legt. Als ich dann im Laufe der Testphase die Kettenstrebenlänge selbst nachgemessen hatte und auf die ungewöhnlich langen 465 mm kam, wurde mir aber schnell klar woher diese besondere Eigenschaft kam. Freunde besonders kurzer Kettenstreben und solcher, die sehr gerne und viel im Wiegetritt fahren, mag das stören, mich hat diese Eigenschaft unter den winterlichen Verhältnissen eher erfreut, denn sie hat es mir erlaubt die Gegend nach Herzenslust zu erkunden und auch solche Anstiege anzugehen, die ich sonst erst gar nicht versucht hätte …
Vor den zum Teil recht technischen Trailabfahrten hatte ich angesichts der Racebike-artigen Vortriebes und der Sitzüberhöhung durchaus Respekt und hoffte lediglich, dass die endlose Traktion und grundsätzliche Gutmütigkeit von Fatbikes mir hier zugute kommen würden. Und tatsächlich, bei den kleineren Abfahrten, bei denen ich zu faul war die Stütze abzusenken, mochte nie so richtig Fahrfreude aufkommen. Sobald ich aber die Stütze abgesenkt hatte (Anmerkung: der Rahmen erlaubt durch sein gerades Sitzrohr eine sehr große Absenkung), und die notwendige Bewegungsfreiheit wieder gegeben war, mutierte das Bike für mich zur echten Trailrakete. Keine Spur von Unsicherheit oder dem kapriziösem Lenkverhalten eines Racebikes – sondern ein rundum gutmütiges uns subjektiv sicheres Handling. Auch das lange Heck hat mich hier nie wirklich gestört. Klar hat man dadurch etwas an Verspielheit eingebüßt, aber auf den rutschig, verschneiten Trails war mir das recht egal. Träge oder gar langweilig zu fahren war das Bike aus meiner Sicht jedenfalls nie. Mein ehrliches Kompliment an das Bike für seine aus meiner Sicht guten Vielseitigkeit.
Keine Frage, auch das CFat ist ein Fatbike: So viel Spaß es mir auf den Trails und im Schnee gemacht hat, so toll ich es fand damit einfach die Umgebung und das Gelände zu erkunden und so sehr mich das geringen Gewicht bergauf begeistert hat … so sehr hat mich das für Fatbikes typische Lenkverhalten oder genauer der deutliche Self-Steering-Effekt auf der Strasse genervt. Dieses eigenwillige Lenkverhalten auf hartem Untergrund ist etwas, das mich jedes Mal auf neue abschreckt und auch hier wurde es mir mehrfach fast schon mulmig wenn ich das Bike auf der Strasse in die Kurven gedrückt habe. Daher steht auch für mich weiterhin fest – auf den passenden Trails und bei den passenden Bedingungen sind Fatbikes eine Wucht und echte Spaßgaranten, als echte Allroundbikes taugen sie in für mich erst dann, wenn man sie mit anderer Bereifung nutzt. Der oft diskutierte große Q-Faktor der Fatbikes, der bei einer Tretlagerachse von 100 mm natürlich deutlich größer wird, machte sich für mich zwar sehr wohl als ungewohnt bemerkbar, ist für mich derzeit aber kein so kritischer Punkt.
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Kurztest-Zusammmenfassung: Der spezielle Aufbau des VPACE CFat Testbikes ist sicher etwas extrem und deutlich Richtung Race getrimmt. Das resultierende Fahrgefühl und Gewicht, aber auch der Preis fallen dementsprechend aus – eine echte Langstreckenwaffe für die immer populärer werdende Fatbike-Raceszene.
Doch wer hinter diesen ersten Eindruck schaut, ist überrascht wie vielseitig das CFat tatsächlich ist. So hat sich das Bike als souverän und potent auch im Traileinsatz und auf Abfahrten erwiesen. Durch die Flexibilität der Kleinschmiede VPACE, bei der jedes Bike eine Custom-Aufbau ist, ist es ohnehin kein Problem auch gemäßigtere Aufbauten und Preisniveaus zu realisieren. Der sehr lange Hinterbau des CFat war für mich in dem aufgeführten Einsatzbereich weniger Kritikpunkt, als vielmehr zusätzlicher Bonus, wenn es steil bergauf ging. Drei Tage Testdauer sind zu wenig für ein umfassendes Fazit, aber unter den gezeigten Bedingungen war das VPACE CFat genau das was ich gebraucht habe um auch bei den winterlichen Bedingungen viel Spaß auf den verschneiten Trails zu haben.
Danke, Sören für den Blick über den Tellerrand.
RIDE ON,
c_g
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Ps: Hier noch ein Hinweis auf den jüngsten Zuwachs bei VPACE – das MAX 24, ein Kinder-Jugendbike mit dem VPACE das 29er Prinzip auf die kleineren Formate übertragen will. So kombiniert das Max24 einen Rahmen, der normalerweise eher einem 20“ Bike entspricht, mit 24“ Laufrädern. Alles zusammen in einem hochwertigen Alurahmen und mit sorgfältig ausgesuchten Komponenten.
Zugegeben, mit einem VK. von 1199.- Euro für das Komplettbike, bzw. 599.- Euro für ein Rahmenkit (bestehend aus dem MAX24 Rahmen, wahlweise einer Feder- oder Carbongabel, einer 130 mm Kurbel mit Innenlager, dem Steuersatz und der Sattelstützklemme) ist das Max 24 kein Kinderbike für jedermann, aber angesichts der angepeilten 8 bzw. 9 kg (je nach Gabelvariante) könnte es für den ambitionierten Nachwuchs eine echte Option sein.
Das Max24 wird ab Ende Februar’16 verfügbar sein. Für alle Eltern, die nach genau so ein Bike für ihren Nachwuchs gesucht haben – die finden alle notwendigen Infos auf der betreffenden VPACE Page.
Ich fahre selber so ein CFat seit letztem Sommer. Mein Aufbau mit Federgabel, Dropper, kurzem Vorbau und Riser Lenker ist allerdings deutlich weniger Race lastig. Trotzdem macht das Bike wegen der Geometrie und dem geringen Gewicht richtig Laune!