DRÖSSIGER XRA 26+ (Konzeptbike) – Fahreindrücke (Testival Brixen – Teil IV)

DRÖSSIGER XRA 26+ (Konzeptbike) – Fahreindrücke (Testival Brixen – Teil IV): von c_g

Ich trau es mich ja kaum zu sagen, aber ja, ihr habt richtig gelesen. Ein Bike mit 26-Zoll Felgen bei uns hier auf TNI. Doch dieses Bike ist kein gewöhnliches 26-Zoll-Bike – es ist das erste seiner Art in 26+!

Das erste seiner Art: Das DRÖSSIGER XRA 27,5 des Jahrgangs 2016, hier mit 26+ Bereifung.

Als regelmäßige Leser erinnert ihr bestimmt an den Test des DRÖSSIGER XRA B+ Bikes. Das Bike mit der aggressiven Geometrie und dem extrem kompakten Boost-Hinterbau trotz vollen 155 mm Federweg rollte ja schon im März diesen Jahres als erstes Plus-fähige 29er bei uns ein und hat mir im Test viel Spaß gemacht. Mittlerweile hat DRÖSSIGER das XRA 29er noch mal überarbeitet (z.B. die von uns damals monierte Dämpferabstimmung wurde optimiert) und bringt es für 2016 in Serie. Mittlerweile hat man sich bei Dressier entschieden das  2016er XMA 29 (120 mm) und XRA 29 (150 mm) als 29er auszuliefern, aber wer mag, kann sich neben den normalen 29er Laufräder eben auch einen B+ Laufradsatz dazustellen  … und je nach Terrain, das eine oder andere auf dem selben Bike fahren.

Bei DRÖSSIGER hat der Kunde frei Wahl bei den Farben – hier ein Beispiel mit meerblauem Rahmen und grellgrünen Akzenten.

ZU 26+: Als nächsten und absolut logischen Schritt hat der DRÖSSIGER Entwickler Bastiaan Thjis sich die bestehenden XRA 27,5er Plattform des vorgenommen. Mit genau der gleichen Logik, nach der auch das 29er Plus-fähig gemacht wurde, überlegt man nun auch das 27,5er auch Plus-fähig zu machen … nur hier eben mit 26+. Dabei geht es DRÖSSIGER nicht darum das totgesagte 26“-Format wieder zu beleben, sondern schlicht und ergreifend darum das, was schon zwischen 29er und B+ so gut funktioniert auch auf das nächst kleinere Format zu übertragen. Noch ist das ganze ein Konzept und unklar wann und mit welchen zusätzlichen Detailveränderungen der Rahmen in Serie kommen wird, aber trotzdem war es uns die Sache wert das Bike mal auf eine ausgiebige Testrunde zu entführen.

    
Als man mir beim Testival in Brixen anbot, auch das neue XRA 26+ probeweise zu fahren, war natürlich meine Neugierde geweckt. Also habe ich mich auf die gleiche Runde gemacht, wie vorher mit der BRAKE FORCE ONE H2O um zu sehen wie sich das Konzept in der Praxis bewähren würde – auch hier wieder unter den erschwerten Bedingungen des zurückliegenden Schneefalls, der das obere Drittel der Abfahrt sehr rutschig und schmierig gemacht hat.

Schon sehr schnell hat sich der Grundcharakter des DRÖSSIGER Fullies auch hier im kleineren Format gezeigt – ein sehr sicheres und dennoch verspieltes Bike mit einer neutralen Federung. Genau wie seinerzeit beim Test des DRÖSSIGER XEA 29.1 und des DRÖSSIGER XRA + Vorserienbikes war es die spannende Kombination aus sehr viel subjektiver Fahrsicherheit und dennoch einem agil-verspielten Lenkverhalten, die auch hier wieder richtig Spaß gemacht hat. Auch hier war die Sitzposition tendenziell kompakt und man war in den steilen Uphill-Passagen dankbar für die serienmäßig absenkbare Gabel, aber überall wo der Trail nach unten gezeigt hat, war auch das 26+ richtig gut zu fahren.

Bedingt durch die kleineren Laufräder und deren geringerer Masse (gegenüber 29er oder B+) wäre es nur logisch, dass das Handling auch bei schneller Fahrt noch sehr agil bleibt, aber um ehrlich zu sein, kann man das 29er, bzw. das B+ Bike, hierin auch nicht wirklich kritisieren – beide gehören zu den verspieltesten Bikes ihrer Klasse.

Als Fahrer, der das Überrollverhalten der großen Laufräder gewohnt ist, war allerdings immer wieder deutlich zu spüren, wie die kleineren Laufräder gerne mal zwischen Wurzeln oder Felsen kurz hängenbleiben und nur durch eine aktive Fahrweise oder Gewichtsverlagerung „im Flow“ geblieben sind. Vor allem bei langsamer Fahrt in technischen Passagen empfand ich die kleinen Laufräder doch mehr als Kompromiss, denn als echten Vorteil. Aber wie gesagt, das ist meine persönliche Meinung als 29er Fan – für Fahrer, die sich mit den Big-Wheels weniger anfreunden können, ohnehin nichts größeres fahren wollen als 27,5″, für die wäre die Option am gleichen Bike auch 26+ zu fahren ganz sicher eine Bereicherung.

Der Surly Dirt Wizard is der derzeit der einzige Reifen im 26-Plus-Format.

Der SURLY Dirt Wizard in 26×2,75 hat zwar ein aggressives Profil, das Compound hat aber gravierende Schwächen im Nassgrip.

Die einzige und in dem Fall große Crux bei der Idee ist, dass es bisher genau einen einzigen Reifen für 26+ gibt – den SURLY Dirt Wizard 26×2,75. Der Reifen sieht mit seinem aggressiven Profil, den weit stehenden Blockstollen, recht vielversprechend aus, aber gerade im oberen sehr schmierig rutschigen Abschnitt der Tour hatte er echte Probleme mit dem Grip. Überall, wo der Boden weich genug war damit sich die Stollen verbeißen können, war er recht gutmütig und griffig, selbst auf losem Schotter und Kies blieb er gut kontrollierbar, aber sobald man damit über glatte Felsplatten oder auf nassen Wurzeln unterwegs war, wurde der Reifen für mich zur Mutprobe und hat mir so manche „Bodenprobe“ eingebracht.
Und so kam es, dass ich mir selber immer wieder Zügel anlegen musste, denn wo das Bike und die verspielte Trail-Geometrie mich dazu verleiten wollten zu attackieren, musste ich mich wegen des wenig vertrauenerweckenden Reifens immer stark zurückhalten.  Aus meiner Sicht klar ein Problem des Compounds, das hier zu wenig griffig ist. Leider. Die Laufräder, bestehend aus ALEX Rims Supra 35, übrigens auch eine der wenigen Felgen, die in 26″ Plus-Fähig sind, gepaart mit ungehobelten Boost-Naben haben sich ganz ohne Auffälligkeiten und erwartungsgemäß maximal seitensteif gegeben.

Wie alle DRÖSSIGER Bikes bisher ist auch das XRA als 26+ ein sehr verspieltes Bike.

Weiter unten, bei eher griffigen Waldtrails, mit so mancher Felspassage war das Bike dann wieder ganz in seinem Element – egal ob flowig schnell oder in Spitzkehren um die Bäume zielend. Hier habe ich mich auf dem 2016er DRÖSSIGER XRA 26+ pudelwohl gefühlt und könnte so richtig Gas geben.

Dort wo die suboptimale Reifeperformance weniger zum Tragen kommt, können die sehr guten und stimmigen Komponenten ihre Qualitäten voll ausspielen. Das Bike mit ROCK SHOX Pike (Dual Position) und Monarch Debonair ausgestattet nimmt selbst grobe Passagen gelassen und der SHIMANO XT Antrieb (hier in 1×11 mit großer 11-42 Kassette) und die Bremsanlage (200 mm Scheibe vorne) gab sich absolut funktionell und ohne größeren Tadel. Allein das inkonsistente Bremsverhalten der XT, mit bei schnellen Bremsungen wechselnden Druckpunkt, war etwas störend. Ähnliches hatten wir ja bereits bei unserer XTR Testgruppe angemerkt und kritisiert. Die 150 mm Absenkung der ROCK SHOX Reverb war eine pur Freude – übrigens etwas, was man für 2016 an vielen Bikes sehen wird, und das edle 35 mm Cockpit von RACE Face hat sich ebenfalls von seiner besten Seite gezeigt.

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Das DRESSIER XRA 26+ hat sich als stimmiges Gesamtkonzept erwiesen … das aber leider unter dem schwachen Nass-Performance des Reifens leidet.

Kurzfazit: Am Ende bleibt für mich die Erkenntnis, dass das DRÖSSIGER XRA 27,5 2016 auch im in der 26+ Version eine gelungenes und potentes All-Mountain- bis Endurobike ist, dessen Fähigkeiten aber leider aufgrund des einzigen existierenden Reifens stark beschnitten werden. Auch wenn ich selber lieber mit 29 und B+ unterwegs bin, halte ich die Philosophie auch 27,5er Bikes Plus-fähig zu machen auf alle Fälle für nachahmenswert. Es ist an sich nur logisch und konsequent, das auch auf andere Formate zu übertragen, was schon zwischen 29 und B+ funktioniert. Ein Schritt hin zu immer besseren und vielseitigeren Bikes. Ob man die Sache allerdings komplett durchdenken sollte, also auch 24+ für 26-Zöller zu machen, halte ich für fraglich.
Mit nur einem einzigen Reifen zur Auswahl, der aber gerade bei Nässe solche Schwächen hat, steckt das Konzept erstmal in einer Sackgasse. Bleibt zu hoffen, dass die Reifen- und Felgenhersteller die Idee für sinnvoll halten und mit ein paar Reifen- und Felgen Prototypen unterstützen.

RIDE ON,
c_g