VITTORIA Bombolini 29×3,0 – Testfazit: von OLI
Diesmal möchte ich anders anfangen, mit einem kleinen Erfolgserlebnis, das ich dem Reifentest zu verdanken habe – und vermutlich dem Reifen selbst am meisten. Und man sieht es an meinem Gesicht: Ich bin megastolzer Fahrer meiner ersten Tubeless-Kombi, der Vittoria Bomboloni auf der WTB I35. Grazie mille, Vittoria!;-)
Ihr könnt euch vom letzten Mal vielleicht noch daran erinnern, dass ich – in Ermangelung eines Kompressors – mit CO2-Kartuschen arbeiten wollte, um hier beim Plus-Reifen überhaupt zurande zu kommen, aber es kam alles anders. Abgesehen von den kritischen Stimmen zur Verwendung von CO2 in Verbindung mit Milch hatte ich eh keine CO2-Kartuschen zur Hand. Der Kompressor meines Nachbarn war defekt, weshalb ich einen Versuch mit der Standpumpe wagen musste. Also, Bomboloni mit Schlauch aufpumpen (ich fahre fast alles mit dem Schwalbe 13f), Luft ablassen, eine Seite den Mantel von der Felge hebeln, Schlauch rausziehen, 60ml Milch rein (das reicht bislang) und beherzt mit der Standpumpe Druck in den Reifen geben. Binnen weniger Minuten saß der Mantel fest. Schnell noch Milch durch Rotieren des Laufrades verteilen, weiter aufpumpen und über Nacht stehen lassen. Am Morgen danach war kein (!) Druckverlust zu spüren, weshalb ich mich dann auch daran gemacht habe, die Luft wieder auf ein echtes Tubelessmaß abzulassen, mich mit dem Druck in Bereiche zu begeben, die ich bislang wegen des Schlauchs selten betreten habe: Ich bin schlussendlich bei 0,7 vorne und 0,8 hinten gelandet.
Und was soll ich sagen: Es war eine Offenbarung. Als hätte ich einen neuen Reifen aufgezogen. Vermutlich durch die verringerte Masse (je Laufrad ca. 120g weniger wegen des fehlenden Schlauchs) und den abgesenkten Luftdruck hatte ich das Gefühl, dass die Traktion deutlich zugenommen, der Rollwiderstand aber abgenommen hat. Auch wenn der Bomboloni immer noch ein leichtes Brummen auf Apshalt von sich gab, so rollt er jetzt spürbar leichter. Immer noch nicht so gut wie der in Riva gefahrene Bontrager Chupacabra oder der Maxxis Chronicle auf meinem anderen Rad, aber immer noch super!
Erstaunlicherweise kam jetzt hinzu, dass die Traktion so dermaßen zugenommen hat, dass ich mich auch wieder an steile Bergauf- und Bergabpassagen rangetraut habe, die ich mit einem Nobby Nic oder einem Hans Dampf nur mit Respekt gewagt hätte. Wurzelteppiche im Wiegetritt bergauf der auch bergab (auch wenn es hier nicht steil aussieht…).
Manche Leser mögen sich noch erinnern, dass ich eingangs der Testreihe davon sprach, dass ich dem Plusformat eine große Zukunft vorausgesagt habe, dass es kommen und bleiben wird. Das hat sich mit der aktuellen Testgruppe mit den nun schlauchlos eingebauten Satz Vittoria Bombolini 29 x 3,0 bewahrheitet. Die Kombi mit den Vittoria Bombolini 29 x 3,0 , den WTB Felgen und der Flame-Gabel hat sich als das beste erwiesen, das ich seit langem auf dem Trail testen durfte. Grip ohne Ende, keine Neigung zum Wegknicken – trotz 0,7/08 bar und gefühlt geringem Rollwiderstand, was am meisten von der im Vergleich wenigen rotierenden Masse herrührt. Und das fehlende Wegknicken mag mit der im Intro erwähnten verstärkten Karkasse zusammenhängen. Interessanterweise neigte der Bomboloni jetzt auch mit geringem Luftdruck nicht zum aufwippen, eine Eigenschaft, die ich von Fatbikes mit falschem Luftdruck gut kenne.
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Doch lasst mich nun unsere Erfahrungen der vergangenen Wochen zusammenfassen:
Der VITTORIA Bombolini ist kein Racereifen, denn der Rollwiderstand ist immer etwas spürbar. Auch wenn man mit hohem Druck oder tubeless den Rollwiderstand diesen senken kann, so liegen seine Stärken mehr im Bereich des Trailspaßes – auch wenn er erst mal gar nicht danach aussieht. Wegen dem nicht sehr ausgeprägten Profil dachte ich erst genau andersrum, zumal auch das Gewicht von unter 1000g darauf hindeutete. Optisch wirkt das Profil wie eine Mischung aus Bontrager Chupacabra (wegen der gleichmäßigen Noppen) und WTB Weirwolf (wegen der Terrassierung).
Der Bomboloni ist auffallend empfindlich, was unterschiedliche Drücke betrifft. Schon bei nur 0,2 bar zu hohem Druck macht das heizen unter feuchten Bedingungen auf grobem Gelände keinen echten Spaß und verlangt mitunter eine geübte Hand, um sich aus Grenzsituationen wieder zu fangen. Ist man aber dann unter 0,9 (mit Schlauch) oder 0,7 (tubeless) unterwegs so erhöht sich der Fahrspaß gewaltig. Selbst bei Nässe bleibt der Reifen gut kontrollierbar und die etwas erhöhten Seitenstollen geben ihm genügend Stabilität in der Kurve – ohne wegzuknicken. Allerdings muss man beim Fahren mit geringem Druck eines deutlich unterscheiden: Während der Vittoria Bomboloni 29×3,0 bei geringem Druck mit Schlauch zu leichtem Selfsteering neigt, so merkt man das tubeless kaum mehr – siehe oben. Ein weiteres Argument sich darum zu bemühen tubeless zu gehen.
Alles in allem sehe ich den VITTORIA Bomboloni als wirklich guten Trailreifen, dessen Grenzen nur dann erkennbar sind, wenn man mit zu hohem Druck unterwegs ist. Hat man aber erst mal den (für das eigene Körpergewicht) optimalen gefunden, so kennt das Grinsen in den Trails kein Ende. Den Vergleich mit dem Knard braucht er nicht zu scheuen. Im Gegenteil: In Sachen Traktion und Rollwiderstand hat für mich der Bombolini klar die Nase vorn. Zur Pannentauglichkeit kann ich leider nichts sagen, denn ich hatte noch keine einzige – darin kann er also auch nicht allzu schlecht sein. Und was er noch erreicht hat, ist, mich zu mehr Tubelesstests zu ermuntern. Die Montage war dermaßen leicht, dass es fast schon erschreckend gut ging. Und die Luft hält immer noch, Nachpumpen war nicht nötig. Die Karkasse ist offensichtlich von Haus aus schon sehr dicht. Erstaunlich. Nochmal: Grazie, Vittoria :-).
Übrigens wiegt das Rad jetzt mit einer Rock Shox Reverb Dropper Stütze und samt Pedalen gerade mal 12,4kg. Ein großartiges Gewicht für ein 29+ Bike mit solch guten Trailambitionen. Zweifelsohne tragen die leichten Laufrädern und Reifen auch ihren Teil zu diesem erstklassigen Gewicht bei.
OLI