VREDESTEIN Bobcat 29×2.35 Trailreifen – Testfazit: von MiMü
Nachdem wir hier im Testintro ausführlich über die hervorragenden Trail-Eigenschaften von VREDESTEINs neuem Allrounder Bobcat berichtet hatten, bot die hier im Alpenvorland recht verregnete zweite Juni-Hälfte sowie der Juli jede Menge Gelegenheiten, um dem Reifen auch bei Nässe und stark wechselnden Verhältnissen auf den Zahn zu fühlen und ihn noch weiter in allen seinen Eigenschaften kennen zu lernen.
Im Rahmen eines Allmountain-Fahrtechniktrainings von Happytrails.de sollte der Bobcat seine Fähigkeiten bei sintflutartigen Regenfällen und in Sturzbäche verwandelten Trails zeigen – leider habe ich hiervon keine Bilder.
Ich persönlich finde es wichtig, seine Fahrtechnik regelmäßig von Profis kontrollieren zu lassen. Das Sprichwort „man lernt nie aus“ kommt nicht von ungefähr, und trifft gerade bei einer körperlich anstrengenden Sportart wie Mountainbiken zu. Bevor es aber ins Gelände ging waren erst einmal „Trockenübungen“ angesagt (zu diesem Zeitpunkt gönnte uns Petrus tatsächlich eine Regenpause). Auf einem abgesperrten asphaltierten Parkplatz dürften wir uns beim Slalom fahren, Zielbremsungen, Spitzkehren-Trockentraining und verschiedenster Balanceübungen austoben. Völlig unerwartet hatte der Bobcat mit dem nassen Asphalt bei Vollbremsungen seine liebe Not. Unerwartet, weil der Reifen sonst mit jedem Untergrund unglaublich souverän umgeht und gerade hier das Vorderrad sehr früh zu Rutschen begann. So als würden die weichen Stollen über den Asphalt radieren, was man sogar in Form . eines Stotterns in der Lenkung bemerkbar machte, ähnlich dem Pedalpulsieren älterer Kfz-ABS-Systeme. Etwas irritiert veränderte ich den Luftdruck (1,6 bzw. 2 Bar) – ohne nennenswerte Verbesserungen.
Über Forststraßen und breitere Trails ging es anschließend zu unserer Mittagseinkehr. Durch den starken Regen der vergangenen Tage hatten sich die Forststraßen zum Teil in Bäche verwandelt, knöchelhoher Matsch war eher die Regel als die Ausnahme. Mit diesen widrigen Bedingungen kam der VREDESTEIN Bobcat aber bestens zu recht. Das tiefe Profil mit den weit auseinander stehenden Stollen überzeugte auch hier wieder mit toller Traktion und fabelhafter Selbstreinigung, während einige meiner Mitstreiter, besohlt mit Reifen der namhaften Marktführer, da schon stark zu kämpfen hatten, die Linie zu halten. Noch nicht einmal provoziertes unrundes Treten, um ein Durchdrehen des Hinterrades auszulösen, brachte den Bobcat aus der Ruhe. Die Matschtraktion war mit einem Wort „fabelhaft“. Selbst ein reiner Matschreifen bietet nicht mehr Reserven!
Über das große Potenzial beim Überfahren von Wurzelteppichen oder Felspassagen habe ich ja bereits im Testintro berichtet, dieses sollte sich auch bei nassen Wurzeln nicht ändern. Maximal souverän zieht der VREDESTEIN seine Linie, und rutscht wirklich nur in Ausnahmefällen je weg. Selbst Bremsungen auf nassem Holz, etwa auf kleinen Bachbrücken, quittiert er ohne mit der Wimper zu zucken.
Die Abfahrt über ausgewaschene Forststraßen und verspielte, kurvige Trails ließ meine wetterbedingt getrübte Stimmung wieder steigen – dem Bobcat sei Dank! Ganz egal ob schräg verlaufende Entwässerungsrinnen, tiefe Matschpfützen oder einfach nur aufgeweichter Waldboden, dem Bobcat waren alle Bodenbeschaffenheiten recht. Hier hat VREDESTEIN seine Hausaufgaben mit Bravour gemacht und dem Reifen eine Gummimischung verpasst, die sowohl im Trockenen als auch im Nassen, auf Waldboden, Wurzeln, Felsen oder gefestigtem Schotter wunderbar funktioniert. Einfach klasse!
Zum Ende des Tages ging es noch einmal retour zu besagtem Parkplatz – Bunny-Hop üben war angesagt. Keine leichte Übung mit Flat-Pedalen! Aber nach ein paar Anläufen und einem blutigen Schienbein klappte es dann doch.
Bei der abschließenden Bike-Kontrolle fiel mir dann noch auf, dass der Hinterreifen schon einiges an Profilsubstanz verloren hatte – insbesondere die Kanten der Lauffläche hatten ordentlich gelitten – zum Vergleich im Bild oben rechts der Reifen im Neuzustand. Ich führe diesen doch recht hohen Verschleiß zum einen auf den doch harten Testeinsatz im Alpinen Gelände (u. a im Bikepark Saalbach) und zum anderen auf die vielen Bremsungen und Antritte im Rahmen des Fahrtechniktrainings zurück – die bisher ca. 400 km Laufleistung sind deswegen auch nur bedingt repräsentativ für einen „normalen Traileinsatz“.
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Testfazit: Nach nunmehr gut einem Monat mit dem Bobcat steht für mich fest: VREDESTEIN hat mit dem Reifen einen tollen Allrounder für härtere Trails im Programm, der es meiner Meinung nach leicht mit dem Platzhirschen Schwalbe Hans Dampf oder Conti Trail King aufnehmen kann. Sein Profil bietet Grip in allen Lebenslagen, sprich auf allen Untergründen, die voluminöse, dabei stabile Karkasse bietet viel Komfort und einen hohen Pannenschutz. Preis und Gewicht gehen ebenfalls voll in Ordnung, liegen auf einem sehr guten Niveau wie die Top-Reifen der Konkurrenz. Sein einziges Manko ist das Aufschwimmen auf losem Schotter und das leichte Radieren auf nassem Asphalt. Das kann die Konkurrenz zum Teil wenigstens besser.
Was mir besonders in Erinnerung bleiben wird ist das unaufgeregte, fast schon stoische Fahrverhalten des Bobcat. Da wo der Pilot ihn hin dirigiert, da fährt er auch hin. Und wenn unterwegs Hindernisse wie Steine, Wurzeln, Drops, … auftauchen, dann werden die mit einer Souveränität und Sicherheit gemeistert, ganz so als wollte der Reifen fragen „was, das war schon alles?“
Den Verschleiß würde ich nicht überbewerten, ich denke, dass das Fahrtechniktraining da ordentlich mitgeholfen hat. Fünfzig bis sechzig Vollbremsungen und ebenso viele Antritte, wohlgemerkt auf Asphalt, müssen einfach Spuren beim Reifenprofil hinterlassen!
–> Wer also viel im technischen Gelände unterwegs ist und eine Alternative zu den Big-Playern der Reifenindustrie sucht, ist beim VREDESTEIN Bobcat genau richtig. Von mir eine klare Kaufempfehlung als Trail- und All-Mountain-Reifen!
MiMü