BELL SUPER 2R MIPS – Langzeittest: von c_g
Wir haben euch den innovativen All-Mountain/Enduro-Helm von BELL mit seinem abnehmbaren Kinnbügel bereits im Rahmen der letzten Eurobike vorgestellt. Jetzt ist er seit März diesen Jahres bei uns im Dauereinsatz und konnte zeigen, was er kann und wo er noch verbessert werden könnte.
Während der BELL Super 2R MIPS in seiner Grundkonstruktion dem Super entspricht, ist es gerade der einfach abnehmbare Kinnbügel, der ihn in eine Marktlücke springen lässt, die gerade in einer zeit der immer besseren Bikes und Fahrer immer auffälliger wurde. Wer bisher bergab über schwierige Trails richtig Gas geben wollte, brauchte entweder zwei Helme (einen XC- und einen Integralhelm) oder musste ich eben mit dem geringeren Schutz der Halbschale begnügen. Diesen Kompromiss versucht der BELL Super 2R mit dem abnehmbaren Kinnschutzbügel zu schließen. Ob es ihm gelingt?
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Doch zuerst zur technischen Vorstellung:
Der Bell Super 2R besitzt die identische „Oberschale“ wie der bekannte und bewährte Super. (Anmerkung: Das 2015er Modell „Super 2“ kann sogar mit dem Kinnbügel nachgerüstet werden, wer das will. Der ältere Super leider nicht.) Damit besitzt der Helm mehr als 20 Ventilationsöffnungen die sich auch in der Innenform des Helms abzeichnen. Interessant auch die sogenannten „Overbrow-Ventilationsöffnungen“, die direkt an der Stirn für zusätzlichen Luftstrom sorgen.
Wie viele All-Mountain-Helme ist er am Hinterkopf weit herabgezogen und bietet gerade dort zusätzlichen Schutz. Die Riemen sind fest vernietet und lassen sich wie üblich in Position und Lage gut verstellen.
Die Größenverstellung am Hinterkopf ist über ein fein gestuftes Drehrad auch mit Handschuhen gut zu bedienen. Zusätzlich kann man die Höhe der Fixierung in 4 Stufen verstellen um einen optimalen, druckfreien Sitz zu erhalten. Anders als bei vielen anderen Helmen ist dieses Höhenverstellung recht leichtgängig. Einerseits bedeutete, das, eine einfache Einstellung, andererseits aber auch ein leichtes Verstellen wen man den Helm ablegt oder transportiert. Insbesondere wenn man den Helm mit dem Kinnbügel aufsetzt, ist die Verstellung fast immer in die oberste Position gerutscht und musste dann erst wieder nachkorrigiert werden. Während der Fahrt kam es jedoch nie zu unerwünschten Effekten.
Unser Testmuster war das Topmodell und war als solches auch mit der MIPS Innenschale versehen, welche auftretende Rotationskräfte auf den Schädel abmildern soll. Bisherige Untersuchungen zeigen einen durchaus positiven Effekt, aber auch den kleinen negativen Nebeneffekt, dass sich gerade längeren Haare gerne in der MIPS-Schale verfangen. Mit meinen sehr kurzen Haaren hatte ich damit allerdings nie Probleme.
Das große Visier läst sich in einem weiten Bereich verstellen und kann mit einem 5 mm Inbus oder von Hand gut und wackelfrei fixiert werden. Im Falle eines Sturzes sind die Schrauben, so konstruiert, dass sie brechen und so das Visier freigeben ehe es zu Verletzungen kommt. Außerdem ist es so konzipiert, dass man eine Goggle gut darunter unterbringt.
Der Helm alleine wiegt in Größe Med genau 418 g – eine sehr guter und vertretbarer Wert für einen All-Mountain-Helm.
Zweifelsohne der Clou am Super 2R ist der abnehmbare Kinnbügel, der mit weiteren 325 g zu Buche schlägt. Anders als frühere Versuche einer solchen Konstruktion ist der Bügel als geschlossener Ring konzipiert, der somit die auftretenden Kräfte besser ableiten kann eine Technologie, die Bell „Wraparound Protection“ nennt.
Die Befestigung selber erfolgt über drei Schnallen nach Art der Ski-Stiefel-Schließen – zwei, die mit flachen Stahlhaken den Bügel vorne fixieren und eine Schnalle, mit der man den Ring öffnen und ihn an den Haupthelm anlegen kann. Das Abnehmen funktioniert dabei auch wenn man den Helm aufbehält und auch wenn es geht, den Kinnbügel mit aufgesetztem Helm anzubringen, habe ich ihn dafür immer abgenommen um auch wirklich sicher zu stellen, das alles fest und am richtigen Ort sitzt.
Der Kinnbügel selber besitzt weitere Lüftungsöffnungen, sorgt aber definitiv für eine verminderte Belüftung am Kopf – ein Umstand, den ich gerade im Frühjahr als sehr angenehm empfunden habe um das Kopfklima an kühleren Tagen zu optimieren. Die Kinnpolsterung hat zwei Lagen Schaunstoff, von denen eine herausgenommen werden kann um auch hier einen sicheren Sitz ohne ein unangenehmes Druckgefühl zu gewährleisten.
Ich für meinen Geschmack empfinde den schwarz-weißen Racer-Look des Testhelms als sehr gelungen. Neben der schwarz-weißen Variante gibt es auch noch diverse andere Varianten in anderen Farbtönen – alle eher dezent gehalten und nur eine richtig farbenfrohe in grellem rot.
Selbstverständlich ist der mit und ohne Kinnbügel CPSC- und CE EN1078 zertifziert. Der Bell Super 2R erfüllt allerdings nicht die ASTM F1952 Norm für offizielle DH-Helme was einerseits an der Anzahl der Ventilationsöffnungen (spezielle Penetrationsprüfung der Norm) liegt, aber auch der höheren Flexibilität des Kinnbügels.
Interessant ist außerdem die ICEdot-Notfallidentifizierung – ein Label mit einem einzigartigen Code, den der Anwender kostenlos aktivieren kann. Nach der Einrichtung des Benutzerprofils haben die Ersthelfer mit einem normalen Mobilgerät mittels SMS Zugriff auf die Notfallkontaktdaten und den spezieller Gesundheitsinfos.
Mit insgesamt 3 Schalengrößen deckt der Super 2R eine Spektrum von 52 bis 62 cm Kopfumfang ab.
Der BELL Super 2R in der MIPS Top-Version kommt im Handel auf 219.95 Euro, die einfachere, aber sonst identische Alternative kommt auf 199,95 Euro, wobei eine kurze Internetrecherche durchaus abweichende Preise aufzeigt. Bie gerade mal 20 Euro Aufpreis würde ich nicht zögern mir eher die MIPS-Version zu kaufen.
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Testfazit – Praxiserfahrungen:
Neben den Anmerkungen oben hat sich der BELL Super2R sehr gut gemacht. Sowohl in der Fixierung und Einstellbarkeit gab es keinerlei Auffälligkeiten. Was die Passform und den Sitz angeht, empfinde ich den BELL Super 2R als einen der besten Helme gleich auf mit dem letztes Jahr getesteten BLUEGRASS Golden Eye und dem POC Trabec Race. Anders als beim POC hatte ich keine Probleme die Brillenbügel unter dem Helm so zu platzieren, dass die Brille sicher sitzt und auch auf langer Fahrt nicht drückt. Allerdings war es bei manchen Brillen mit sehr langen Bügeln mitunter etwas hakelig die Bügel ganz nach hinten zu schieben, wenn der Kinnbügel montiert war. Nicht schlimm, aber mitunter etwas nervig, wenn man losfahren will :-).
Wie bei bisher allen Helmen, habe ich schon nach kurzer Zeit die vorderen Polster gegen meinen geliebten SWEATHAWG Helmliner getauscht – einfach weil damit die Passform noch ein wenig besser wird und zudem in die Augen tropfender Schweiß endgültig der Vergangenheit angehört.
Während der Super 2R auch sonst sehr gut sitzt, wird er mit der zusätzlichen Kontaktfläche über die Wangenpolsterung nochmals wackelfreier uns sitzt genauso sicher wie ein echter Integralhelm – aber mit deutlich besserer Belüftung!!
Als Tourenhelm kann der Super 2R ohne Kinnbügel voll überzeugen. Mit Kinnbügel gibt der Super2R zusätzliche Sicherheit, die gerade auf technischen Touren sehr willkommen war. Anstatt wie sonst öfter einen schweren Vollvisierhelm mitzunehmen, oder gleich mit Vollvisierhelm zu fahren (Schwitz!), habe ich in den letzten Monaten nur noch den Super2R genutzt und war sehr glücklich it der Lösung. An kühleren Tagen, bin ich den Helm von vornherein mit Kinnbügel gefahren, an wärmeren Tagen habe ich den Kinnbügel je nach Bedarf einfach montiert oder eben hinten im Rucksack mitgeführt. Die 300 g haben mich nie gestört, waren aber eben sieh willkommen für längere oder technische Abfahrten.
Die Befestigung des Kinnbügels selber funktioniert, wie oben bereits angesprochen sehr gut und hält die beiden Teile sicher und knarzfrei zusammen, erfordert aber schon ein wenig Nachdruck und präzises Anlegen. Grundsätzlich geht das auch mit dem Helm auf dem Kopf, aber in der Praxis habe ich dafür doch immer den Helm kurz abgenommen. Anfangs gehen die Schnallen noch recht schwer, aber nach ein paar Malen funktioniert das recht einfach und dauert kaum mehr als eine Minute.
Insgesamt konnte mich der BELL Super 2R in den vergangenen 5 Monaten absolut überzeugen. Sowohl die Funktion, die Verarbeitung und auch der Tragekomfort sind Spitze und mit dem abnehmbaren Kinnbügel bietet er einfach noch ein zusätzliches Sicherheitsfeature, das sehr viele Biker garantiert zu schätzen wissen. Kein vollwertiger Downhill-Helm, aber eben ein klasse All-Mountain-/Enduro-Helm, der einfach mehr kann.
RIDE ON,
c_g