ONZA Porcupine 2.4″/2.6″ – Praxiserfahrungen: von c_g
„ONZA Porcupine“ bei diesem legendären Namen blitzen die Augen von Mountainbikern der ersten Tage unwillkürlich auf. Ich selber bin den Reifen mit dem runden Kegelprofil zwar nie gefahren, aber hier ist ein ordentliches Stück MTB-Geschichte vergraben. Umso gespannter war ich, als die mittlerweile Schweizer Firma ONZA ihren neuen Trail-Reifen zum Jahrswechsel mit diesem Namen vorgestellt hat. Ein „idealer Allrounder von Tour bis All-Mountain mit einem sehr breiten Einsatzbereich“ soll der neue Porcupine sein. Mit einem guten und sanften Rollverhalten und doch sicherem Grip und viel Kurvenhalt.
Zudem kommt der Reifen in diversen Varianten – wahlweise in 2.4“ oder 2.6“ Breite mit der leichteren TRC-Karkasse (faltbar, einlagig, 60 TPI) und entweder mit schwarzem Dual Compound (60a/45a Shore-Härte) oder dem optisch extravagantem weißen Compound (alles 60a). Mit dem schwarzen Compound gibt es neben einem ganz schwarzen Reifen noch eine Variante mit Skinwall – wie unsere Testreifen.
Für den Gravity- oder E-Bike-Einsatz gibt es zudem noch einen Reifen in 29×2,6“ mit doppellagiger GRC-Karkasse (2 x 120 TPI) und dem Soft-Compound (50a/45a Shore Härte). Der empfohlene VK der Reifen liegt je nach Modell zwischen Alle natürlich tubless-ready. Hört sich vielversprechend an, oder? Aus genau diesem Grund habe ich mir einen Satz des Porcupine kommen lassen – einen in 29 x 2,6“ und einen in 29 x 2,4“, beide mit Dual Compound Skinwall und der leichteren TRC-Karkasse. Gewichtstechnisch liegen unsere beiden Testmuster mit 905 g für den 2,6“ und 800 g für den 2,4“ sehr nahe an den Herstellerangaben mit 810 und 890 g.
Zum Preis: dem empfohlenen VK nach kostet die 29×2.4″ Version in ganz schwarz 54,95 Euro und die hier getestet Version mit heller Skinwall 59,95 Euro. Die Versionen in der etwas größeren 2.6″ Breite kosten je 10.- Euro mehr.
Schaut man sich das moderat offene und blockige Profil an, glaubt man gerne an einen universellen Trail-/All-Mountain-Reifen. Das Laufflächenprofil besteht aus 3-3-2 angeordneten in Laufrichtung angeschrägten und unterschiedlich gekerbten Stollen, während die weicheren Seitenstollen gut abgestützt wirken. Dazwischen gibt es einen durchgehenden Kanal, der viel Grip für die Seitenstollen verspricht. Einmal aufgezogen ergeben die gleichmäßig verteilten und annähernd gleich hohen Stollen einen nahezu kreisrunden Querschnitt, bei dem die Seitenstollen je nach Felgenbreite erst bei viel Seitenlage überhaupt mit dem Boden in Kontakt kommen. Als Fahrer, der gerne etwas rechteckiger Reifen mit höheren Seitenstollen mag, war ich ehrlich gespannt, wie ich damit zurecht kommen würde.
Rein von den Messwerten her, passen die Herstellerangaben auch so schon recht gut. Der 2,6“ Reifen kommt auf Breiten von 65 und 66,5 mm (Karkassen-/maximale Stollenbreite), während der 2,4“ mit 60,5 und 62 mm (Karkassen-/maximale Stollenbreite) weiterhin ziemlich voluminös, aber eben doch ein bisschen kleiner ausfällt. Es darf an der Stelle aber schon mal positiv angemerkt werden, dass die beiden Reifen sehr wohl unterschiedlich groß sind – nicht wie beim zuletzt getesteten VITTORIA Mazza, bei dem die Unterschiede eher marginal waren. Vorbildlich gibt ONZA für beide Reifen empfohlene Felgen-Innenweiten an: Demnach harmoniert der 2,6“ am besten mit Felgen zwischen 28 und 35 mm Innenweite, während der 2,4“ idealerweise mit 25 bis 32 mm kombiniert wird. Obwohl ich mit den 30 mm Felgen-Innenbreite meines PIROPE/NEWMEN-Laufrades für beide Reifen im empfohlenen Bereich liege, sieht man deutlich, dass die Seitenstollen des 2,4“ Reifen bei weitem nicht so weit zur Seite abstehen.
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Praxiserfahrungen:
Erstmal die Montage: Hier gab es keinerlei Auffälligkeiten. Beide Reifen waren mit ein wenig Kraft werkzeugfrei auf der NEWMEN Felge zu montieren und mit einer ordentlichen Standpumpe schnell tubeless aufgepumpt. Das gewohnte Einrasten der Wulst in das Felgenhorn ist bei etwa 2,2 bar erfolgt und deutete auf eine guten Formschluss zwischen Reifen und Felge hin.
Auf dem Trail wie auch auf der Straße ist der Procupine genau das, was ONZA versprochen hat – ein sehr guter Allrounder … und in der Skinwall Variante sehen sie für meinen Geschmack auch noch richtig gut aus!
Sein erstes großes Plus, das man in der Praxis sofort spürt: Die gelungene Kombination aus niedrigem Rollwiderstand und doch überdurchschnittlich gutem Grip. Der Reifen rollt für meinen Geschmack sehr ruhig und sanft ab, generiert über seinen niedrigen Rollwiderstand viel Speed … und hält diesen auch bemerkenswert gut. Nachdem auch das Gewicht angesichts des großen Volumens stimmt, ist er für mich auch auf langen Forstrassen-Passagen und sogar auf der Strasse gut fahrbar.
Angesichts dieser Qualität bietet er aber zugleich überraschend viel Grip auf verschiedensten Untergründen. Auf trockenen bis moderat feuchten Böden ist er ein absoluter Traum und scheint diesbezüglich kein Limits zu haben. Unter solchen eher gutmütigen Verhältnissen übertrifft er in der Brems- bzw. Antriebstraktion viele seiner Trailreifen-Mitbewerber und reicht schon fast in die Liga der Enduro-Reifen.
Selbst auf rutschig, nassen Untergründen und nassen Wurzeln muss man sich schon ordentlich ins Zeug legen ehe er ins Rutschen gerät. Wird der Boden tiefer zeigt der Porcupine eine ziemlich gute Selbstreinigung und gibt sich erst bei deutlich tieferen Böden geschlagen, als man ihm zutrauen würde.
Selbst in der Kurvenführung – und das empfinde ich als ziemliche Überraschung – verhält sich der Reifen mit seinem sehr runden Querschnitt deutlich präziser und gutmütiger, als ich es erwartet hatte. Gerade vorne, wo die Seitenstollen doch erst spät den Boden berühren, hatte ich anfangs so meine Zweifel, musste mich aber eines Besseren belehren lassen.
Dabei gibt sich die TRC-Karkasse für das Gewicht der Reifen von der stabileren Seite. Auf der Suche nach dem unteren Luftdrucklimit konnte ich den Druck selbst am Hinterrad bis 1,3 bar hinten und 1,0 bar senken ehe der Porcupine angefangen hat, in Kurven instabil zu werden oder gar abzuknicken. Doch selbst dann hatte ich nie Luftverluste oder Burping zu verzeichnen.
Am G1 Enduro gefahren, konnte ich an den Trailreifen natürlich immer wieder zu Durchschlägen provozieren, die blieben aber bisher immer ohne weitere Folgen oder gar Defekte. Demnach würde ich den Porcupine am Enduro auch eher mit einer Pannenschutzeinlage á la HICK NORRIS oder VITTORIA Airliner kombinieren, gleich die doppellagige GRC-Karkasse wählen …. oder eben eine etwas defensiverer Fahrweise empfehlen.
Fazit: ONZA mit dem neu aufgelegten Porcupine ein rundum sehr gelungener und bemerkenswert vielseitiger Trail- oder All-Mountain-Reifen gelungen. Er rollt leicht, ist zugleich aber grip- und traktionsstark, ist stabil genug um auch niedrige Drücke zu verkraften und besitzt doch einen respektablen Pannenschutz und wiegt nicht die Welt. Aus meiner Sicht kann ich den ONZA Porcupine vorbehaltlos empfehlen. Gut gemacht ONZA!
RIDE ON,
c_g
Hallo c_g,
toller Praxisbericht zum Onza Porcupine!
Ist es aus deiner Sicht sinnvoll, vorne einen 2.6er und hinten einen 2.4er zu montieren?
Wie ist denn die optische Anmutung der Reifenbreite im Vergleich zu ähnlich breiten Reifen anderer Hersteller?
Beste Grüße und vielen Dank!
Patrick