BONTRAGER SE5 Team Issue TLR 29×2,6“ – Testfazit: von MiMü
(dazu bereits erschienen: Testintro, Zwischenstand)

Der Blick in die umliegenden Wälder offenbahrt eine Tatsache aktuell mit größtmöglicher Sicherheit: der goldene Herbst, zu neudeutsch „Indian Summer“, ist eingezogen. Das Laub färbt sich rot-braun, das Licht ist weicher und weniger grell, und die Temperaturen laden zu langen Ausfahrten durch den Blätterwald ein. Zeit, den BONTRAGER SE5 Team Issue TLR 29×2,6″ Enduroreifen nach einer etwas längeren Testdauer zu resümieren. Wobei ich mich nur ungern, wenn nicht sogar mit zwei weinenden Augen, vom BONTRAGER-Reifen trenne … würde nicht bereits der nächste Reifen zum Test anstehehn, hätte ich keine Problme edamit ihn auch weiter zu fahren.

Mit seinen vielen bereits im Zwischenstand gelobten Stärken ist der SE5 nicht nur ein potenter Enduroreifen, sondern auch ein sehr guter Allrounder, der auch vor längeren, technischen Tagestouren nicht zurückschreckt. Die Themen Grip, Traktion und Kurveführung sind definitiv seine größte Stärken.

Die aufwendig geshapten Profilblöcke (die Erklärung dazu findet ihr im Intro) sorgten stets für mehr als genügend Kurvenhalt sowie Brems- und Antriebskraft in allen Lagen. Ein genauerer Blick auf das unterschiedliche Erscheinungsbild der einzelnen Stollen zeigt: Hier wurde mit viel Bedacht und Wissen gearbeitet, auch wenn die Stollenformen vielfach sehr nahe an bestehdnen Profilen angelehnt sind. Auf der Lauffläche helfen die massiven abwechselnd längs- und querorientierten Stollen dabei präzise auf der gewählten Linie zu beiben und sorgen zugleich für massig Grip beim Beschleunigen und Bremsen. Die eingearbeitete Längsrille bietet dabei weitere Gripkanten.

Die Seitenstollen fallen nicht weniger mächtig aus, klassisch designte Rechteckblöcke wechseln sich mit L-förmigen Stollen ab. Dadurch will man den Einlenkvorgang harmonischer machen – der L-Block ragt leicht in den Zwischenraum zum Mittelprofil hinein. Auch beim Seitenprofil sind zusätzliche Gripkanten eingearbeitet. In der Praxis fiel das Fahrverhalten des SE5 Team Issue dann ziemlich genau so aus, wie es die BONTRAGER-Ingenieure sich erdacht hatten. In der Ebene ließ sich der US-Reifen für einen Enduroreifen angenehm beschleunigen, mit einem akzeptablen Rollwiderstand und angenehm sanften Überrollverhalten. Längere Asphaltanstiege zählten dabei verständlicherweise weinger zu seinen Paradedisziplinen, als „großen Energieräuber“ und damit reinen Gravity-Reifen habe ich ich allerdings auch nie empfunden.

Mich konnte der SE5 auf Trails unterschiedlichster Ausrichtung überzeugen. Erdig-weicher Waldboden lag ihm ebenso wie steinig-felsiges Terrain und nasse Wurzeln oder tiefer Matsch beeindruckten ihn ebenfalls nur wenig. Danke der vielen Gripkanten, den nur wenig fllexenden Stollen war eigentlich immer Grip im Überfluss vorhanden. In Schräglagen verbissen sich die großen, breit abgestützten Seitenstollen sehr zuverlässig und berechenbar mit dem Untergrund. Rutschtendenzen, Unter- oder Übersteuern waren seiner Natur ziemlich fremd und muusten schon durch beabsichtigtes Fahrmanöver provoziert werden. Ein Wegknicken einzelner Stollen im felsigen Terrain oder bei scharf gefahrenen Kurven war bie mienem Test ebenso nie festzustellen. Der eigentliche Einlenkvorgang überzeugte mich durch seinen harmonischen Übergang, der optisch große Abstand zwischen Mittel- und Seitenprofil fiel mir in der Praxis nie negativ auf.

 

Sein Fahrverhalten würde ich damit generell und unabhängig vom Boden als äußerst gutmütig und sowohl für technisch versierte Fahrer, wie auch Anfänger tauglich bezeichnen. Unkontrolliertes Wegrutschen kennt der BONTRAGER SE5 nicht oder kündigt es rechtzeitig an. Auch auf losem Untergrund á la „loose over hardpack“ bleibt er stets sehr gut beherrschbar und fehlerverzeihend.

Der nächste großer Pluspunkt des SE5 ist sein hoher Fahrkomfort. Seine Midsize-Breite von 2,6“ lässt ihn auf meiner 30 mm Maulweite immerhin 64 mm breit bauen, mit beinahe kreisrundem Querschnitt. Wie ich euch im Zwischenstand bereits berichtet hatte, konnte der BONTRAGER-Reifen auch mit gut 1,0 Bar Luftdruck voll überzeugen. Beinahe wie eine Mini-Dämpfung schluckte er so kleinere Unebenheiten sauber weg, noch bevor das eigentliche Bike-Fahrwerk zu arbeiten begann. Dank der stabilen Karkassenkonstruktion mit der eingearbeiteten CORE STRENGTH-Pannenschutzeinlage blieb das Fahrverhalten auch bei derart niedrigen Drücken direkt und vermittelte nie ein schwammiges Lenkgefühl oder spürbare Walktendenzen. Ihre eigentliche Hauptaufgabe, den wirkungsvollen Pannenschutz, erledigte die Nyloneinlage im Übrigen ebenfalls mit Bravour. Über die gesamte Testdauer hatte ich keine einzige Panne zu verzeichnen. So unauffällig und zugleich effektiv sollte Pannenschutz immer funktionieren.

Beim Thema Verschleiß hinterließ die lange Testdauer lediglich beim Hinterreifen kleinere sichtbare Spuren. Die Gripkanten der mittleren Stollenreihen sind mittelgradig abgerundet, haben dadurch aber keine für mich spürbaren Funktionseinbußen. Die Seitenstollen sehen hingegen noch nahezu neuwertig aus.  Beim Vorderreifen würde ich das Profil sogar als gerade einmal „eingefahren“ beschreiben.

Lediglich einen kleinen Kritikpunkt konnte ich dem BONTRAGER SE5 während unseres Tests abringen, den ich schon im Zwischenstand angesprochen habe. So hatte der SE5 bei aufgeweichten Nadelwaldboden mit einer eingeschränkten Selbstreinigung zu kämpfen, setzte sich bei besagten Bedingungen schnell und langhaltig zu. Dass er als Enduroreifen nicht zu den Schnellsten und Leichtesten gehört, ist dafür kaum ein echter Kritikpunkt. Wer es im Uphill nicht zu eilig hat, erlebt dafür im Downhill ein erstklassiges und beachtliches Gripniveau.

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Testfazit:

Wer auf der Suche nach einem potenten Enduroreifen ist, sollte sich den BONTRAGER SE5 Team Issue TLR 29×2,6“ wirklich mal genauer anschauen. Unbeeindruckt vom Untergrund bietet der US-Reifen richtig viel Grip und Bremstraktion, bie zugleich erstklassigem Kurvenhalt in allen Lebenslagen … auch oder gerade jetzt unter zum Teil widrigen herbstlichen Bedingungen.

Sein aufwendig geshaptes und in verschiedene Funktionssektionen unterteiltes Profil konnte mich während des Tests voll überzeugen und lieferte keinen echten Kritikpunkt. Sonst kein großer Fan der Midsize-Bauweise hat das Volumen hier für zusätzlichen Fahrkomfort georgt ohn ihn je schwaamig oder undefiniert wirken zu lassen. Im wurzeldurchsetzten, gestuften Gelände arbeitet der SE5 in 2,6“ fast wie ein kleines Mini-Fahrwerk. Voraussetzung daür ist jedoch, dass euer Hinterbau mit der 2,6“ Breite des Reifen zurechtkommt – andernfalls müsstet ihr auf die 2,3“ Variante umsatteln.

Durch seinen stabilen Karkassenaufbau, der zusätzlich noch durch ein dreilagiges Nylongewebe verstärkt wird, bleibt das Fahrverhalten auch bei Luftdrücken unter 1 Bar noch angenehm direkt. Als weitere Pluspunkte des SE5 kristallisierten sich während unseres Tests der hohe Pannenschutz sowie der geringe Profilverschleiß heraus. Dank seiner vielen Stärken stellt der BONTRAGER SE5 Team Issue TLR in der angesagten 29×2,6“ Midsize-Größe für mich eine lohnenswerte Alternative zu SCHWALBE’s Magic Mary & Co. dar. Enduro-Piloten sollten ihn sich einmal näher ansehen!

MiMü