GOODYEAR Escape Premium 29×2,35“ – Testintro: von MiMü
Den allermeisten von uns ist der Name GOODYEAR unweigerlich mit dem Symbol des geflügelten Fußes und dem gelben Schriftzug verbunden. Dabei war Carles Goodyear (1800 bis 1860), dessen Namen der Reifenhersteller nutzt, der Erfinder der Vulkanisation und damit nicht nur inrirekter Vater aller Reifen, wie wir sie heute kennen, sondern der gesamten modernen Kautschukindistrie. Danke Charles Goodyear, auch wenn er selber wegen seines frühen Todes nichts mehr von seiner Erfindung hatte!
Bereits 1898 hatte man bei GOODYEAR damit begonnen Fahrradreifen zu produzieren und blieb damit recht erfolgreich bis in die späten 70er Jahre des letzten Jahrhunderts. Nach langer Abwesenheit aus dem Bereich der Fahrradreifen, hat GOODYEAR letztes Jahr auf der Eurobike wieder eine komplette Palette an MTB-Reifen vorgestellt (hier), aber auch Rennradfahrer, Tourenbiker, Gravelrider und sogar E-Biker kommen bei GOODYEAR ab 2019 wieder voll auf ihre Kosten.
Uns hat man ein Paar GOODYEAR Escape PREMIUM Dynamic:R/T M:Wall 29×2,35″ Testreifen zur Verfügung gestellt. Sie sind GOODYEARs Interptretation eines modernen Allround- bzw. Trail-Reifens, der laut seiner offiziellen Beschreibung hervorragende Eigenschaften auf verschiedensten Untergründen bieten soll. Ein moderater Stollenabstand, das durchdachte Profildesign, ausgeklügelte Compounds sowie langlebige Karkassen sollen zu den großen Pluspunkten des Escape zählen. Für schnelle CC- und Marathonkurse empfiehlt GOODYEAR hingegen das Modell Peak, für Enduro- und Downhill die aggressiveren Varianten Newton und Newton ST die c_g demnächst hier vorstellt.Die der ellenlange Name unseres neuesten Testreifens ist recht schnell erklärt:
Der Begriff PREMIUM bezieht sich auf die Konstruktion der Reifenkarkasse, die hier in diesem Fall ein Optimum aus Robustheit, Haltbarkeit und tollen Fahrqualitäten bieten soll. Über genaue TPI-Zahlen und die Anzahl der Gewebelagen hält sich GOODYEAR leider bedeckt, eine Grafik auf der US-Homepage lässt aber auf eine dreilagige Konstruktion unterhalb der Lauffläche und zwei Gewebelagen an den Reifenflanken schließen. Bei der noch höherwertigen Karkassenvariante „ULTIMATE“ benutzt GOODYEAR feinere Fäden und spart zusätzlich noch Gewicht durch einen geringeren Gummieinsatz.
Mit Dynamic:R/T wird das eigentliche Compound des Reifens bezeichnet. Diese Gummimischung wurde für den Einsatz im harten, technisch fordernden Terrain entwickelt und soll einen guten Kompromiss aus Grip, Haltbarkeit und geringem Rollwiderstand bieten. Daneben gibt es noch fünf weitere Compounds, die speziell auf ihren jeweiligen Einsatzbereich hin entwickelt wurden. Nicht im Namen des Reifens verewigt ist die Art des verwendeten Pannenschutzes. In unserem Fall kommt eine M:Wall genannte Nyloneinlage zum Einsatz, die die Reifenflanken effektiv vor Schnitten und anderen Beschädigungen schützen soll. Wer sich noch weiter über GOODYEAR’s Reifentechnologien informieren möchte, kann im Technologie-Bereich auf der offiziellen Homepage diverse Piktogramme finden – leider nicht mit sehr viel wirklich harten Informationen.
Das von uns hier getestete Modell Escape bietet GOODYEAR neben der Version in 2,35“ auch noch in 2,6“ an, wobei die breite Variante mit der etwas stabileren „EN“ Karkasse (eine zusätzliche Textillage in der Karkasse) aufgebaut sind . Der Escape ist in beiden Breiten jeweils mit der PREMIUM- oder der ULTIMATE-Karkasse verfügbar. Allen Modellen gemeinsam ist die Dynamic:R/T Gummimischung sowie der M:Wall Pannenschutz. Unser Testreifen in 2,35“ Breite und mit PREMIUM-Reifenunterbau kommt auf einen UVP von € 52,90.-, sein Bruder mit ULTIMATE-Karkasse wechselt für € 59,90.- den Besitzer. Für den Escape EN mit 2,6“ Breite sind € 54,90.- (PREMIUM) bzw. 64,90.- (ULTIMATE) fällig. Nicht gerade wenig Geld, aber in der heutigen Zeit leider genau im Bereich der direkten Konkurrenz. Zu den selben Preisen sind im Übrigen alle Modellvarianten auch in 27,5“ erhältlich.
Das optisch auffälligste Merkmal unserer beiden Escape-Testreifen sind die in großen weißen Lettern angebrachten Schriftzüge von Marke und Modell. Man könnte fast meinen, GOODYEAR strotze gerade so vor Selbstbewusstsein und möchte es auf diese Weise auch zeigen.
Beim Profil stattet GOODYEAR den Escape mit aufwändig geshapeten und nach ihrem Einsatzzweck hin optimierten Stollen aus. Das eigentliche Mittelprofil besteht dabei aus quer gestellten, rechteckigen Stollen, die abwechselnd in einer 2-1-2 Formation angeordnet sind. Ihre eigentliche Hauptaufgabe, nämlich die Antriebs- und Bremskräfte zu übertragen, erkennt man bereits auf den ersten Blick. Zusätzlich verfügen sie über eine innere Vertiefung, die für weitere Gripkanten sorgt. Aber auch an ihrer Außenform weisen die beschriebenen zentralen Profilblöcke mehrere Ecken und Einkerbungen für ein besseres Anpassungsvermögen auf. Für ein weicheres Abrollverhalten und damit verbunden mutmaßlich geringeren Rollwiderstand sind alle Stollen in Laufrichtung leicht abgeschrägt. Mit einer Stollenhöhe von rund 3,5 mm fällt das Mittelprofil sehr moderat aus. An die mittlere Stollenreihe schließt sich eine Reihe kleinerer Gummiblöcke an, die für ein gleichmäßig Einlenkverhalten und für viel Grip in leichter Schrägfahrt sorgen sollen. Sie sind nahezu quadratisch ausgeführt und weisen abwechselnd eine Längs- bzw. Querrille auf. Somit übernehmen diese Stollen alternierend Lenk- sowie Brems-/Antriebsaufgaben.
Im Gegensatz zu den zentralen Stollenreihen fallen die Profilblöcke des eigentlichen Seitenprofils deutlich massiver aus, bauen dabei zwischen fünf und acht Millimeter hoch. Auch hier greift GOODYEAR auf abwechselnd längs- und quergestellte Stollen zurück, wobei die Querreihen weit in das Zwischenprofil hineinragen und über zwei zusätzliche Längsrillen verfügen. Die längs orientierten Blöcke weisen dagegen nur eine einzelne Längsrille auf, stützen sich dafür aber breiter an der Reifenflanke ab. An ihren Außenseiten lassen sich bei beiden Arten von Seitenstollen noch treppenartige Sipings erkennen. Wie es unm die Selbstreinigung des GOODYEAR Escape steht wird der Test zeigen, aber die für einen derart universellen Reifen fallen die Stollenabstände ziemlich moderat aus.
Bei der Montage verhielten sich unsere zwei Testexemplare vollkommen problemlos. Auf meiner 30 mm Maulweite messenden RACE FACE-Felge ließen sie sich ohne Zuhilfenahme eines Reifenhebers über das Felgenhorn drücken. Mit einer normalen Standpumpe sprangen sie nach mehreren kräftigen Hüben satt auf die Felge und waren, befüllt mit 80 ml Tubeless-Milch, von Anfang an zu 100% dicht und auch über mehrere Tage absolut luftdruckstabil.
Was ihre Größe und damit das Volumen angeht, fallen die Escape Testreifen recht üppig aus. Nach 24h Rast bei 2 bar Luftdruck zeigte der GOODYEAR Escape eine maximale Karkassenbreite von 61,45 mm, seine Stollenbreite betrug satte 62,98 mm. Damit übertrifft der US-Reifen sogar noch seine ETRTO-Angabe von 60-622. Eine dezidierte Felgenbreitenempfehlung á la CONTINENTAL gibt GOODYEAR im Übrigen nicht, weißt auf der Homepage nur beiläufig darauf hin, den 2,35“ Reifen auf einer 25 mm Maulweite messenden Felge zu montieren. Die breitere Testfelge verleiht dem Escape so mehr Volumen und einem auffallend runden Querschnitt. Dem Vorschlag unseres Leser XT660, doch bitte auch den Reifendurchmesser bei unseren Testberichten zu erwähnen, kommen wir natürlich gerne nach: Bei besagten 2 Bar weist der GOODYEAR Escape einen Durchmesser von 744 mm auf, der erst kürzlich getestete und vom Einsatzbereich her ähnlich konzeptionierte BONTRAGER XR4 Team Issue TLR 29×2,4″ kommt auf 743 mm.
Beim Thema Gewicht liegen unsere beiden Testexemplare mit nachgewogenen 825 g bzw. 867gleicht über der Herstellerangabe von 812 g, die direkte Konkurrenz wie der bereits erwähnte BONTRAGER XR4 Team Issue in 2,4“ Breite ist mit 792 g und 797 g ebenso leichter wie der zum Jahreswechsel 2017/2018 getestete CONTINENTAL Mountain King III ProTection 29×2,3″ mit lediglich 761 g bzw. 766 g.
„Wird das Profil so funktionieren wie vom Hersteller versprochen, wie sind Grip und Rollwiderstand, wie die Haltbarkeit, fährt sich der Reifen eher komfortabel oder hölzern? – diese und andere Fragen gingen mir beim Verfassen dieser Zeilen durch den Kopf. Die Auswahl an potenten Allround- bzw. Trailreifen ist groß – einige wie etwa den Underdog WOLFPACK Trail 29×2,25″, den Made In Germany-Reifen CONTINENTAL Mountain King III oder den gerade erst getesteten BONTRAGER XR4 Team Issue kennt ihr ja bereits – und da wird sich der GOODYEAR Escape Premium schon ordentlich anstrengen müssen um da mithalten zu können. Ob und wie er das schafft werden die kommenden, hoffentlich frühlingshaften Testwochen zeigen.
MiMü
Ps: Wenn ein Reifengigant wie GOODYEAR nach mehr als 40 Jahren Abwesenheit sein Comeback am Bike-Reifenmarkt feiert, dann sind wir natürlich neugierig. Deshalb erlauben wir uns in diesem Fall auch zwei der neuen Reifen gleichzeitig im Test vorzustellen und zu fahren – jetzt und hier der GOODYEAR Escape und schon bald c_g mit der aggressiveren Paarung GOODYEAR Newton und Newton ST.
Gute Idee, den Aussendurchmesser anzugeben.