ALUTECH Cheaptrick – Zwischenstand: von c_g

  

Ein Hardtail mit so einer Geometrie und einer 140 bis 150 mm Federgabel… wie soll das denn funktionieren?“ Interessanterweise war das eine Frage, die man mir in den letzten 2 Wochen, in denen ich auf dem ALUTECH Cheaptrick nun unterwegs bin, nie gestellt hat. Einige haben die markante und eigenständige Formgebung des Rahmens kommentiert, die einheitlich schwarze Farbe des Testbikes entweder „geil“ oder „langweilig“ gefunden … aber die Frage nach dem Sinn oder Unsinn eines solchen Bikes ist dabei nie ein Thema gewesen.

Das ALUTECH Cheaptrick ist mit seiner markanten Formgebung – insbesondere im Lenkebereich und mit dem stark geformten Oberrohr – ein wahrlich eigenständiges Rahmenkonzept

Und das ist auch gut so, denn ein derartig trail-orientiertes Hardtail ist einfach etwas, das man entweder versteht … oder eben nicht. Ich für meine Person hatte in den vergangenen 2 Wochen jedenfalls richtig viel Spaß mit dem ALUTECH Cheaptrick. Sei es auf den vielen Trail-Runden über meine gewohnten Hometrails, auf der BMX-Strecke/Pumptrack oder auch auf einem Overnighter-Biketrip.

Das Cheaptrick macht auf der BMX-Strecke genauso viel Spaß …

Dabei habe ich mich beinahe von der ersten Sekunde auf dem Cheaptrick sauwohl gefühlt. Die einzige Änderung gegenüber dem Ursprungs-Setup war, dass ich das RITCHEY Cockpit gegen einen SQ-LAB OX Lenker mit 16° Kröpfung für mich noch ergonomischer gestaltete habe. Das war’s aber auch schon, denn der Rest des Bikes läuft bisher wie eine Eins. Zu meinen Eindrücken des ebenfalls jüngst vorgestellten  E*13 12-fach Upgrade Kits und des SQ-LAB 60X Sattels werde ich mich dann ohnehin noch gesondert äußern.

… wie auf dem Trail.

Der Alu-Rahmen ist, wie nicht wirklich überraschend sehr steif und lenkpräzise. Sowohl im Tretlagerbereich, wie auch an der aufwendig hydrogeformten Front muss man sich schon mächtig ins Zeug legen um den Rahmen zum flexen zu bringen. Auch wenig überraschend angesichts der robusten Bauweise: Das Heck ist sehr direkt, jeder Schlag und jede Vibration wird weitgehend ungefiltert an den Fahrer weitergegeben und etwaige Federungswünsche müssen allein vom Hinterreifen abgearbeitet werden. Um mir selber die Zeit zu geben mich auf ein so potentes Hardtail einzuschießen, habe ich hinten schon sehr früh den vor kurzem getesteten VITTORIA AirLiner in den Reifen eingezogen, der mich bisher vor jeglichen Pannen bewahrt hat. Ob ich ohne ihn Defekte gehabt hätte, kann ich in der kurzen Zeit nicht sagen, aber allein die dadurch gewonnene Gewissheit, auch mit ein paar Fahrfehlern davon zu kommen, hat mir die notwendige Sicherheit gegeben es einfach mal drauf ankommen zu lassen und sowohl bei Sprüngen, wie auch auf ruppigen Trails das Bike ordentlich zu fordern …

Eine angepasste, aktive Fahrweise vorausgesetzt, kann man mit dem Hardtail richtig Gas geben und auch mal Flugeinlagen einüben.

Ich kann problemlos eingestehen, und es gehört für mich einfach zu einem Hardtail dazu, dass ich mich auf meinen gewohnten Trail-Runden mit dem ALUTECH Cheaptrick aufgrund mehr anstrengen muss und am Ende einen härteren Workout geleistet habe, als mit einem Fully – ein ganz normaler Effekt der hier geforderten aktiveren Fahrweise. Aber weil das eben nicht gleichzeitig bedeutet, dass ich dabei weniger Spaß hatte – meist sogar eher das Gegenteil – sehe ich das nicht als Kritikpunkt an dem Bike, sondern einfach als Tatsache bei Hardtails.

Flacher Lenkwinkel, langer Hauptrahmen und kompaktes Heck – das sind die Hauptzutaten die für das ausgezeichnete Handling zuständig sind.

Eine ganz wichtige Zutat für das Cheaptrick ist seine sehr moderne Geometrie, die jedem Enduro gut stünde. Mit seinem 65° Lenkwinkel und sehr kompaktem 425 mm Heck bietet es eine derart angenehme Kombination aus Laufruhe und Agilität, dass es einfach Laune macht damit über die Trails zu jagen. Bis jetzt passiert es mir immer wieder, dass ich vergesse nicht auf einem Enduro-Fully zu sitzen, sondern auf einem Hardtail…  aber selbst so was nimmt einem das Cheaptrick nicht wirklich übel. Klar, ohne Federung am Heck ist auf dem Trail eine aktive, vorausschauende Fahrweise notwendig, aber wenn man seine Motorik und Geschwindigkeit einmal darauf eingestellt hat, kann man auch mit dem Cheaptrick richtig Gas geben. Hier ist halt weniger „Draufhalten und Ballern“ gefragt, sondern eine saubere Linienwahl und aktiv das Heck entlasten, wenn erforderlich … „sauber Fahren“ eben.
 

Wie bereits angesprochen und aufgrund der Zahlen nicht anders zu erwarten, macht das Cheaptrick eine wirklich erstklassige Figur auf schweren, technischen oder steilen Trails. Man kann zwar vielleicht nicht ganz das Tempo fahren, wie mit Heckfederung, aber mit angepasstem Tempo gibt es nie einen Zweifel, dass man mit dem Cheaptrick immer Herr der Lage ist – insofern kommt mit dem Hardtail echtes Enduro-Feeling auf. Nur in ganz seltenen Momenten spürt man wie flach der Lenkwinkel wirklich ist, und zwar wenn man fast schon im Trial-Style ein Hindernis in der Kurve ansteuert, in allen anderen Situationen fühlt sich die flache Front einfach nur natürlich an.

Auch wenn man es auf den ersten Blick nicht glauben möchte, kann man mit dem Cheaptrick auch richtig Strecke machen.

Wer das einmal verstanden hat, wird auch wenig überrascht sein wie gut sich das Hardtail auch für Touren und Stecke eignet. Diesem Eindruck folgend, bin ich damit so manche Trainingsrunde mit hohem Forststrassenanteil gefahren und hatte zu meiner eigenen Überraschung nie das Verlangen nach einer klassischen XC-orientierten Geo. Vielmehr habe ich mich immer wieder gefragt, wozu jemand wie ich, der keine Rennen fährt, überhaupt noch ein XC-Hardtail bräuchte. Das Gewicht, das aus der traillastigen Ausstattung resultiert, war dabei das einzige Argument, aber gerade hier bin ich in den letzen Jahren viel gelassener geworden und habe keine Probleme auch mit einem fast-13-kg kg Hardtail auf Tour zu gehen. Viel wichtiger ist wie man sich mit der Geometrie zurecht findet … und die passt für meinen Geschmack beim Cheaptrick fast auf den Punkt. Selbst mit dem kompakten Heck reicht der 74° Sitzwinkel locker aus um auch bei wirklich steilen Anstiegen in Neutralposition im Sattel sitzen zu bleiben und sich aufs Kurbeln zu konzentrieren.

Selbst auf einem Overnighter-Bikepacking-Trip im Fichtelgebirge hat mir das Cheaptrick sehr gute Dienste geleistet und viel Spaß gemacht.

Angesichts des bisher goldenen Herbstes mit immer kürzer werdenden Tagen habe ich mich kurzerhand entschieden mit dem Cheaptrick die 12-Gipfeltour über die Hauptgipfel des Fichtelgebirges im Overnighter-Stil zu fahren. Mit einem auf gut 18 kg aufgeladenen Bike bin ich so die wunderbar traillastige Runde gefahren und fand mich immer wieder bestätigt, mit dem ALUTECH Cheaptrick eine sehr gute Wahl auch für diese Spielart des Bikens getroffen zu haben. Es war einfach genial, wie gelassen ich damit auch lange Anstiege meistern konnte, Gipfel für Gipfel angehakt habe und zugleich mit wie viel Spaß und Sicherheit ich auch in dem verblockten Gelände damit unterwegs war.

Hier auf dem Vernichter an der Weissmainquelle kurz unterhalb des Ochsenkopfes.

Und noch ein paar Worte zum Trainings- und Lerneffekt, der einem Hardtail oft nachgesagt wird. Auch wenn es erst zwei Wochen sind, in denen ich das Cheaptrick fahre, spüre ich doch schon wie sich mein Fahrstil verändert hat und „weicher“ wird. Als ich unmittelbar vor dem Schreiben dieses Artikels für nur eine Runde wieder aufs Fully umgestiegen bin, war sofort spürbar, wie ich die vorherigen Linien noch sauberer und fahren konnte, als noch vor ein paar Wochen. Auch deswegen lohnt es sich, sich mal ein derartiges Bike als Zweit- oder Drittrad zu überlegen. Die bisher einzige Schwäche bleibt die eingeschränkte Reifenfreiheit zu Sitzrohr hin, die allerdings auch stark von den realen Reifendimensionen abhängt – der jüngst montierte WTB Trail Boss in 2,4“ passt z.B. mit mehr Platz als der vorher gefahrene 2,3“ VITTORIA Morsa.

Egal ob einfach zum „Trailen“, um die Fahrtechnik beim Biken wieder mal zu schulen oder einfach nur um mit einem Hardtail richtig Spaß zu haben … mit dem ALUTECH Cheaptrick kann man nicht viel falsch machen.

Zusammenfassung: Mit dem Cheaptrick hat ALUTECH ein Hardtail im Programm, das mit vielen klassischen Konventionen bricht aber vielleicht gerade deswegen so viel Spaß macht. Die Entscheidung ob man ein Hardtail mit 140 bis  150 mm Federweg und einer so modernen Geometrie generell gut findet, ist eher grundsätzlicher Natur, aber wenn man sich darauf einlässt, ist das Cheaptrick einfach ein Garant für ungetrübtes Trail-Vergnügen und sorgt aufgrund der aktiven Fahrweise für ein ordentliches Ganzkpörper-Workout. Dass seine Geometrie auf dem Trail eine sehr gute Figur macht,  war anzunehmen, dass es aber sogar auf Tour und als Bikepacking-Plattform so gut funktioniert, hat mich wirklich überrascht. Auch nach 2 Wochen auf dem Bike hält mein Dauergrinsen, wenn ich damit unterwegs bin, unvermindert an.

RIDE ON,
c_g