PIVOT Shuttle (E-Bike) – Testfazit: von c_g
(bisher hierzu erschienenen Artikel: Testintro des PIVOT Shuttle, Zwischenstand)

Das exklusive PIVOT Shuttle durfte sich auch auf felsigen Gardaseetrails bewähren – hier bereits mit 29er Vorderrad.

„Bei in voller Sommerhitze am Lago mit dem Bike? Da kann man doch nur Shuttlen!“ Genau das habe ich mir auch gesagt und deswegen das E-MTB PIVOT Shuttle mit dorthin genommen ;-). Die Fragestellungen, die ich nach den bisher sehr positiven Eindrücken vom Zwischenstand dorthin mitgenommen habe, waren vielschichtig. Einerseits wollte ich sehen, wie sich das Bike auf größeren und oft technischen Touren macht. Wie der Antrieb mit den oft steilen und langen Auffahrten kommt und dann ging es mir aber auch darum einen direkten Vergleich zu einem guten 29er Fully zu ziehen (in dem Fall dem TANTRUM Shilling 2.0 mit der DT F535 ONE Federgabel).

Was sonst eine komplette Tagestour ist, wird mit dem E-BIke eine schöne Vormittagsrunde. Und weil das Shuttle sich auch noch so gut fährt, sind nicht nur die Uphills ein Vergnügen.

Im Gegensatz zu dem ständig wechselnden Gelände zuhause galt es hier am Lago zuerst einmal richtig Höhenmeter zu machen ehe das Abfahrtsvergnügen lockt. Wie schon vorher beschrieben hat mich das PIVOT Shuttle auch hier mit seiner ausgesprochen gutmütig, intuitiven Handling verwöhnt. Und genau darin liegt ja der Reiz eines E-Bikes. Man kann auf einmal die langen und oft sehr steilen Anstiege richtiggehend genießen.

Auch den Tremalzo habe ich auf einer abendlichen Runde mit dem Shuttle noch genossen.

Das heißt nicht, das man – wenn man will – sich dabei nicht anstrengt, sondern lediglich, dass sich die Anstrengungen besser steuern lässt und vor allem die Anstiege merklich kürzer sind. Es ist nur schwer nicht ins Schwärmen zu kommen, wenn man gerade 800 Hm eine steile Militärstrasse hochgekurbelt ist und statt üblicherweise 90 min dafür zu brauchen, das ganze in weniger als der Hälfte gefahren zu sein. Ich bin in der Zeit so manche Tagestour in nur 2-3 h gefahren … sehr zur Freude meiner Familie, die mich dann für den Rest des Tages zur freien Verfügung hatte.

Bis auf das höhere Gewicht merkt man dem PIVOT Shuttle kaum an, dass es ein E-BIke ist. Schwerfälligkeit? Fehlanzeige!

Über die Zeitersparnis beim E-Biken ist schon so viel geschrieben worden, und die Frage ob es überhaupt sinnvoll ist auch in der Freizeit auf Zeiteffizienz achten zu müssen ist eine viel komplexere, als hier Platz hat, aber ich muss ganz ehrlich sagen, dass es meiner Erholung wirklich gut getan hat auch mit eingeschränkter Zeit noch die langen Touren in vollen Zügen genießen zu können oder mal am Abend schnell mal 1500 Hm den Tremalzo hoch zu fahren, oder das Auto nach dem „Family-Shuttlen“ am Passo Nota am Abend noch kurz dort abzuholen. Vollkommen unabhängig vom PIVOT Shuttle  Testbike, war es die gewonnene Freiheit und neue Lust am Erkunden, die mich an der jüngsten Generation der E-Bikes am meisten beeindruckt hat.

Lago at its best! Altbekannte Touren wurden mit dem E-Bike wieder neu entdeckt und haben wieder richtig Spaß gemacht.

Doch zurück zum Testbike. Was die Fahreindrücke und das Handling des PIVOT Shuttle angeht, kann ich nur bestätigen was ich bereits im Zwischenbericht aufgeführt hatte. Mit Ausnahme des höheren Gewichts und der damit satteren Bodenlage, fährt sich das Shuttle auffällig unauffällig und natürlich. Gerade in den häufigen Geländestufen ist es ein leichtes das Vorderrad anzuheben um so entweder bergauf knifflige Passagen zu meistern, aber ebne auch um kleinere Drops so viel flüssiger zu fahren. Während Kurbelaufsetzer auf meinen heimischen Trails mit dem Shuttle nie ein Thema waren – das korrekt positionierte Tretlager und die sehr gut abgestimmte Federung sorgen dafür – könnte ich mir in einem technischeren Umfeld wie dem Lago aber durchaus vorstellen, dass sich das Bike mit einer kürzeren Kurbel hier durchaus noch besser fahren würde. Ein echter Störfaktor war es aber auch hier nie.

  

Auch hier habe ich immer wider zwischen dem Plus-Laufrad vorne und dem 29er Laufrad hin und her gewechselt und auch hier waren beide gleichermaßen gut zu fahren. Lediglich auf dem häufig anzutreffenden losen Geröll waren die breiteren Plus-Reifen doch etwas im Vorteil. Positiv bestätigt hat mich dagegen der eher zahme MAXXIS Rekon Plusreifen. Bergauf boten sie auch in den wirklich fordernden Situationen immer genug Grip und begab waren sie die für mich die ideale Mischung aus „gerade noch genug Bremstraktion“ und gleichzeitig der Möglichkeit, das Bike auch mit der HR-Bremse wunderbar zu steuern. Trotz oft scharfkantiger Felsen und deutlichen Schürf-Markierungen an den Flanken hatte ich keinerlei Defekte an dem MAXXIS Reifen, was sicherlich aber auch dem zusätzlichen Pannenschutz der VITTORIA AirLiner zu verdanken ist (mehr dazu in einem gesonderten Artikel).

Durch die Antriebsunterstützung sind Uphills möglich die man sonst nie versuchen würde. Wenn’s richtig steil wird fordert die kompakte Geo aber doch eine aktive Fahrweise.

Die Frage aus dem Zwischenstand, nach der idealen E-Bike Geometrie – ob eher an ein normales Bike angelehnt wie beim PIVOT Shuttle, oder doch länger um es bergauf noch ruhiger zu machen – kann ich auch gegen Ende des Tests noch nicht beantworten. Mir jedenfalls hat es gerade weil der Motor einem im Uphill ja so viel Arbeit abnimmt, richtig Spaß gemacht, das Bike in technischen Anstiegen ein wenig aktiver führen zu müssen (genau wie beim Kurztest des ROCKY MOUNTAIN Altitude 70 Powerplay) und habe dafür ein sehr viel stimmigeres Trail-Erlebnis gehabt. Ich kann aber auch nachvollziehen, wie man gerade im tourenlastigen Einsatz auch ein längeres Heck durchaus als positiv empfindet. Für mich jedenfalls war das PIVOT Shuttle ein sehr gelungener Kompromiss aus möglichst natürlichem Handling bei weiterhin sehr guten Uphill-Eigenschaften.

 

Bei derart intensiver Nutzung ist es klar, dass man mit der Energie etwas haushalten muss. Im für mich sinnvollsten TRAIL-Modus habe ich durchschnittlich 1100 bis 1200 Hm geschafft. Durch gelegentliches Zuschalten des Boost-Modus reduziert sich diese Zahl aber recht schnell. Auf größeren Touren habe ich daher immer einen Ersatzakku dabei, der mit seinen 2,65 kg zwar schwer im Rucksack lag, aber doch recht oft zum Einsatz kam. Auch wenn PIVOT den Akku so formschön in den Rahmen integriert hat, lässt er sich durch Lösen von nur 8 T25-Schrauben recht leicht wechseln. Wenn man nicht komplett schusselig arbeitet – eine Sache von ca. 5 Min und man hat wieder Saft für die nächsten 1200 Hm. Die in flacherem Gelände als störend angesprochene Abschaltung des Antriebs bei 25 km/h war hier bei den langen Anstiegen und Abfahrten natürlich auch kein Thema mehr.

Egal wie lange der Anstieg war, der SHIMANO STEPS 8000 Antrieb hat am Lago nie Probleme gemacht … und weil der Akku austauschbar ist, waren auch richtig lange Touren möglich.

Die Aussage, dass der ECO-Modus beim SHIMANO Antrieb lediglich das Mehrgewicht kompensiert, muss ich übrigens revidieren. Auf einer alpinen Tour mit einem Freund kurz vor Ende des Tests habe ich mir selbst mit der leichtesten Unterstützungsstufe deutlich leichter getan, wie er ohne Antriebsunterstützung. Im Vergleich zu den anderen Unterstützungsstufen fühlt ECO sich zwar „sehr langsam“ an, man ist damit aber immer noch schneller als mit einem normalen Bike. Auf meinen längeren Touren habe ich den ECO Modus leider nicht ausreichend genutzt und kann daher nicht sagen, welche Höhenmeter-Leistung man damit erreicht.

Wenn es wirklich steil und unfahrbar wird, ist der Walk-Modus ein wahrer Segen, mit dem das Bike bei gedrücktem Hebel im Schritttempo fährt. Speziell wegen des bereits im Zwischenstand genannten Antriebsschadens, der mir ja im BOOST-Modus passiert ist, war ich auch neugierig wie der Antrieb mit den langen Ansteigen am Lago zurecht kommt. Unter Maximallast, also im BOOST-Modus ertönte bei mir zwar nach 300 bis 400 Hm am Stück zwar gerne eine Warnmeldung und der Motor hat seine Leistung zum Schutz vor Überhitzung herunter geschaltet, aber wenn man ihm ein paar Minuten Zeit zum Abkühlen lässt, oder auch nur in einer schwächeren Stufe weiterfährt, erholte er sich immer sehr schnell. Eine echten Beeinträchtigung oder gar einen Defekt hat es dadurch nie gegeben.

Auch vor technischen Trails scheut sich das PIVOT Shuttle überhaupt nicht und liefert auch dort eine klasse Performance ab.

Wie es ich bei einem so fähigen Bike und so schwerem Gelände nicht vermeiden lässt, kam es auch hin und wieder zu unsanften Bodenkontakten. Was beim normalen Bike auf die Kettenblätter und Kette geht, geht hier direkt auf den Rahmen und so war es ein gutes Gefühl zu wissen, dass PIVOT dem Shuttle schon ab Werk einen massiven Unterbodenschutz aus Carbon mit zusätzlicher Gummierung verpasst hat. Die Gummierung sah nach den 10 Tagen zwar ein wenig mitgenommen aus, aber die Carbonplatte, war danach außer ein paar oberflächlichen Kratzern unbeschädigt. Sollte man es dennoch mal schaffen diese zu zerstören, lässt sie sich recht einfach austauschen. Immer noch besser als ein Schaden am Antrieb.

 

Ausstattung / Komponenten: Mit Ausnahme eines Wechsels auf einen etwas strafferen Sattel (SQ-Lab passt mir ja bekanntlich am besten) und dem VITTORIA AirLiner habe ich keinerlei Veränderungen an dem Bike vorgenommen. Gegen Mitte des Lago Urlaubs hatte ich zwar kurz ein kleines Problem, damit, dass ein Gang unter Volllast und zum Springen angefangen hat, aber das lässt sich – wenn man weiß wie – mit den Einstelloptionen des Di2 schnell wieder beheben. Ansonsten hatte ich auch während der zweiten Testphase keinerlei Defekte oder Auffälligkeiten bei Antrieb oder den Komponenten. Selbst die für ihren nicht immer 100% konstanten Druckpunkt bekannte aktuelle Version der SHIMANO XT Bremse verhielt sich immer absolut unauffällig und zuverlässig. Mein einziger Kritikpunkt wären die kleinen Gummibänder, welche die Di2 Kabel am Lenker halten sollen, die innere Schelle am konischen Teil des Lenkers  ist ständig nach innen gerutscht

PIVOT versucht mit dem Shuttle möglichst nahe am Handling eines normalen Bikes zu bleiben und schafft durch ihren bekannten Hang zum Perfektionismus ein erstklassiges E-MTB für alle Trails.

Ein besonderes Lob verdienen sich FOX und PIVOT noch für die Anstimmung der Federelemente. Gerade mit den veränderten Massenverhältnissen ist es nicht leicht einerseits so viel Komfort und andererseits so hohe Reserven zu generieren, doch beim PIVOT Shuttle ist das definitiv gelungen.

Um zu sehen wo E-MTBs derzeit stehen, war dieser Test mit dem PIVOT Shuttle genau richtig. Es tut sich was.

Zusammenfassung: E-BIKEs sind hier und werden so schnell nicht mehr weggehen. Dieser Tatsache müssen wir alle uns stellen. Nach dem Test des PIVOT Shuttle  kann ich zum ersten Mal wirklich verstehen welche Faszination das MTB mit Antriebsunterstützung auf so viele ausübt. Während mir E-Bikes bisher immer  zu unhandlich waren, ist das PIVOT Shuttle mit dem SHIMANO STEPS Antrieb das erste Bike, das ich ausführlich fahren konnte (das ROCKY Altitude Powerplay war nur eine kleine Runde), das mir auch in Sachen Handling, Trail-Manieren und Federungsperformance richtig gut gefallen hat. Der leichte und ultrasteife Carbonrahmen, die Integration des austauschbaren Akkus und die Di2-Schaltung, wären hierzu nicht notwendig, dokumentieren aber wieder einmal, dass PIVOT eben keine Kompromisse eingeht und „wenn sie etwas machen, dann richtig“. Der exklusive VK dieses Bikes grenzt die Käuferschicht natürlich dramatisch ein, aber um zu sehen, wo E-MTBs derzeit stehen war das PIVOT Shuttle genau der richtige Kandidat.

RIDE ON,
c_g