BH Lynx 5 LT Carbon 7.9 – Praxiseindrücke von den EMD ’18: von MiMü
Wer sich an die Berichterstattung zu den letztjährigen Eurobike Media Days zurückerinnert, der könnte jetzt vielleicht an ein Dejavú glauben. Damals hatten wir euch das BH Lynx 5 29″mit neu entwickeltem Alu-Rahmen vorgestellt und auf den Trails am Kronplatz wusste das baskische Trailbike mit 130 mm Federweg durchaus zu gefallen.
BH Bikes war in der Zwischenzeit aber keineswegs untätig und hat die Lynx-Familie um einen Vollcarbon-Rahmen ergänzt. Zusätzlich stellte man sowohl der Alu- als auch der Carbon-Modellreihe jeweils eine Long-Travel-Versionmit150 mm Federweg an der Front zur Seite. Bei dem gleichen Heckfederweg von 130 mm– die Rahmen selbst sind die gleichen – möchte man mit den LT (für „Long Travel“) Modellen den wachsenden Endurosektor bedienen. Das brandneue Lynx 5 LT 7.9 Carbon haben wir uns in Serfaus-Fiss-Ladis dann auch am Stand von BH für eine Testrunde besorgt.
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Rahmen, Geometrie & Modelle
Basierend auf dem hauseigenen Evo Carbon, das bei den XC- und Roadbikes zur Verwendung kommt, entwickelten die Basken das Ballistic Carbon Layup. Es soll durch die Zugabe spezieller hochelastischer Fasern schlagfester und somit widerstandsfähiger sein. Durch BH’s HCIM (Hollow Core Internal Molding) Fertigungstechnologie soll dabei immer genau die Menge an Carbon zum Einsatz kommen, die für die jeweilige Position im Rahmen notwendig ist. Zur insgesamt hohen Rahmensteifigkeit des Komplettrahmens soll dann noch die formschöne Monocoque-Umlenkwippe beitragen. Selbstbewusst gibt BH für den Lynx Carbon-Rahmen in Größe M 2200 g (ohne Dämpfer) an.
Natürlich verfügt das BH Lynx Carbon über sämtliche aktuellen Standards wie Tapered Steuerrohr, PF92 Tretlager, Boost 148 Hinterbau (27,5“+ kompatibel) und eine Stealth Dropper Anlenkung. An eine ISCG05-Aufnahme wurde ebenso gedacht wie an die Möglichkeit, einen Flaschenhalter im Rahmendreieck zu montieren. Sämtliche Leitungen verlaufen klapperfrei im Inneren des Rahmens und sorgen so für eine cleane Optik. Besonders auffällig ist das massive Steuerrohr, das in seiner Form an eine Sanduhr erinnert. Ein nettes Detail ist, dass die Postmount-Bremsenaufnahme im Heck mit ein entfernteren Gewindeeinsätzen, statt der üblichen gefrästen oder eingeklebten Gewinde arbeitet. Formschöne integrierte Rahmenschützer an Unterrohr und Ketten- bzw. Sitzstreben zeugen von der gewissenhaften Arbeit der BH-Ingeneure.
Beim Hinterbau vertraut man auch beim Carbon-Lynx auf Dave Weagle’s Split-Pivot-Kinematik. Antriebs- und Bremskräfte sollen dadurch von der Federung weitgehend entkoppelt werden, weshalb das Fahrwerk somit frei von störenden Einflüssen agieren kann. Der Dämpfer ist dabei schwimmend gelagert, was das sensible Ansprechverhalten weiter verbessern soll. Hochwertige Industrielager von ENDURO versprechen Langlebigkeit bei gleichzeitig geringem Wartungsaufwand.
Die Geometrie des Lynx Carbon kann man durchaus als modern bezeichnen. Einen flachen 66,5° Lenkwinkel (beim LT Modell durch die längere Gabel sogar 65°) kombiniert BH mit einem steilen 75,5° Sitzwinkel (beim LT sind es noch 74°). In Rahmengröße L (480 mm Sitzrohrlänge) beträgt der Reach zeitgemäße 450 mm, der Stack 635 mm. Bei Gallenvier Rahmengrößen (S-XL) fallen die Kettenstreben mit 435 mm moderat lang aus. Der BB-Drop beträgt 28 mm, was ein guter Kompromiss aus Integration ins Bike und doch nicht zu tiefem Tretlager darstellen sollte.
Die insgesamt vier Aluminium-Modelle sind ab sofort zu Preisen von 1899,90 bis 3699.- Euro erhältlich, wer ein Carbon-Lynx sein Eigen nennen möchte, muss dagegen etwas tiefer in die Tasche greifen: Bei 3699,90.- Euro starten die Preise, das Topmodell ist um 6999,90.- Euro zu haben. Unser Testbike Lynx 5 LT Carbon 7.9 gibt es um 5299,90.- Euro.
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Ausstattung
Das Fahrwerk unseres Testbikes stammt dabei von FOX: eine 36 Factory Grip2 mit besagten 150 mm Federweg werkelt an der Front, ein DPX2 Evol Factory Adjust (non-metric) Dämpfer im Heck. Beide sind mit edler Kashima-Beschichtung ausgestattet. Geschaltet wird mit einer kompletten SRAM GX Eagle Gruppe, das Kettenblatt fällt mit 34 Zähnen allerdings recht stramm aus. Entgegen der Serienspezifikation bremste unser Testbike mit der 4-Kolben-Variante der SHIMANO XT-Bremse, in den Handel wird das Lynx 5 LT Carbon 7.9 dann mit der SHIMANO XTR Trail Bremsanlage kommen.
Die Dropper Post kommt in Form einer BIKEYOKE Revive mit eher mageren 125 mm Absenkung den Sattel stellt PROLOGO mit dem Scratch X8. Vorbau und Lenker stammen aus BH’s Eigensortiment, ein 60 mm kurzer BH SL Vorbau klemmt dabei einen 760 mm breitenBH Evo Carbon Rizer Lenker.
Den Laufradsatz stellt ebenfalls BH selbst zur Verfügung, das Modell Evo T30 bietet eine zeitgemäßig breite Felge (30 mm Innenweite). Das ganz rollt auf robusten MICHELIN Wild Enduro Reifen – vorne in der griffigen MagiX Gummimischung, hinten mit rollwiderstandsoptimiertem GumX-Compound, passend zum Einsatzbereich.
Mit dieser doch recht robusten Ausstattung konnten wir ein Gesamtgewicht unseres Testbikes von lediglich 13,4 kg(ohne Pedale) messen.
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Fahreindrücke
Auch bei dieser kurzen Testrunde nahmen wir den bereits von unserer EMD ’18 Berichterstattung bekannten Frommes Trail in Serfaus-Fiss-Ladis unter die Stollen. Er bietet einfach ein ideales Spektrum an unterschiedlichstem Terrain und uns erleichtert uns Testern dadurch die Arbeit .. unabhängig davon, dass diese Arbeit einfach auch richtig Spaß macht …
Im ersten kurzen Uphill zum Traileinstieg fiel mir die zentrale, moderat gestrickte Sitzposition des Lynx 5 LT Carbon sofort positiv auf. Sie bietet zum einen Übersicht und zum anderen eine angenehm ergonomische und effektive Tretbewegung. Dass der Split-Pivot-Hinterbau dabei nahezu wippfrei und dennochsensibel auf Unebenheiten agiert, kommt der Uphill-Performance zusätzlich zu Gute. Lediglich im Wiegetritt sollte man zur Tippunterdrückung greifen, und gleichzeitig auch noch die Gabel straffen, um nicht unnötig Energie zu verschwenden. Mir als bekennender Stahlfahrer fiel während des stehend Pedalierens das leicht zur Seite ausweichende Tretlager des Vollcarbon-Rahmens auf, was möglicheweise gewollt ist, um den Komfort etwas zu erhöhen. Mich persönlich störte es nicht, besonder starke Fahrer, oder solche, die sich einen maximal steifen Rahmen wünschen, könnten diese Tatsache aber kritischer ansehen. Das 34er Kettenblatt der SRAM GX-Kurbel würde ich gleich noch gegen einer kleineres 32er tauschen. Auf Dauer – etwa bei längeren Anstiegen – dürfte man damit kraftschonender fahren.
In den weiten, flowigen Kurven des oberen Trailabschnitts war ich dann von der beinahe schon stoischen Laufruhe des neuen BH-Fullies in der LT-Version überrascht. Wo die letztjährig getestete 130mm-Version des Lynx noch mit der Verspieltheit und Drehfreude eines Trailbikes gefiel, fiel mir das „LT“ mit seinen 150 mm an der Front doch eher durch seine zielsichere, linientreue Laufruhe auf. Passend zum Einsatzgebeit als Enduro bedurfte es schon ein wenig aktiver Fahrweise um das LT durch engen Kurven und Kehren zu zirkeln. Nicht zuletzt auch dank des kurzen Hecks machen ihm auch enge Turns keinerlei Probleme.
Einmal in der Kurve zieht das Lynx aber präzise und willig seine Bahn. Wer sihc ienmal darauf eingeschossen hat, hat granaterit auch keine Problemem das Lynx LT auf rasante Kurvenjagd zu nehmen. Durch seine sehr gute Lenkpräzision lässt sich das Bike aber auch in langsamen, verwinkelten Sektionen punktgenau um die Ecken zirkeln. Für etwas mehr Druck auf dem Vorderrad hätte ich mir bei einer längeren Testfahrt lediglich das Cockpit etwas weiter abgesenkt und sämtliche Spacer über dem Vorbau montiert – in Serienkonfiguration mit jeweils einem Spacer über und unter dem Vorbau sowie einer hoch bauenden Steuersatz-Abschlusskappe musste ich zeitweise doch sehr aktiv Gewicht aufs Vorderrad bringen, um präzise die Linien zu halten. Der Anfangs erwähnte weich leicht flexende Tretlagerbereich fiel im alpinen Terrain des Frommes Trails nie auf – weder im fels-durchsetzenden oberen Teil noch in den Wurzelpassagen weiter unten.
Wie schon beim Alu-Modell gefiel der Split-Pivot-Hinterbau auch beim Carbon-LT durch seine sensible, frei von Bremseinflüssen arbeitende Funktion. Selbst fiese Bremswellen ließen das BIke komplett unbeeindrückt, die Federung agierte immer feinfühlig während ich mit den 4-Kolben XT-Stoppern (die im übrigen sehr viel Bremskraft bei angenehmer Dosierbarkeit ablieferten) hart in die Eisen ging. Kleinere Unebenheiten schluckte der FOX DPX2 Dämpfer äußerst effektiv und waren für den Piloten fast nicht mehr zu spüren. Im mittleren und oberen Federwegsdrittel zeigte der FOX-Dämpfer dann ein sportlich-straffes Gesicht mit hohen Reserven, welches hier sehr gut zur 36er Gabel an der Front passte. Sie agierte zu Beginn ihres Federwegs ähnlich feinfühlig, und änderte ihren Charakter nach oben hinaus dann ebenfalls auf eher straff mit viel Rückmeldung. Wer Wert auf viel Komofrt bie gleichzeitig gutem Feedback vom Untergrund legt, wird mit dem Fahrwerk des Lynx LT seine helle Freude haben.
Perfekt in ihrer Funktion, aber zu gering in ihrer Absenkung empfand ich die BIKEYOKE Revive Dropper Post, die hier mit gerade mal 125 mm spezifiziert war. Gerade bei größeren Geländestufen hätte ich mir für ein derart potentes Bike doch etwas mehr Bewegungsfreiraum gewünscht. Eine Stütze mit 150mm oder mehr Hub würde sicher besser passen.
Auch wenn einsetzender Regen den Frommes Trail während unserer Testrunde in eine rutschige Erd- und Schlammpiste verwandelte, waren die beiden MICHELIN Wild Enduro-Reifen für mich ein echtes Highlight an dem Bike. Sie schienen bei keiner der angtroffenen Bedingungen – von moderat feucht und in manchen Wladabschnitten manchmal sogar staubig trocken, bis hin zu schlamig – nie irgendwelche Probleme zu haben. Dank massiver Seitenstollen beim Vorderreifen waren null Rutschtendenzen zu erkennen während der Hinterreifen auch in tiefen, aufgeweichten Böden satte Traktion und Bremskraft bot.
ZUSAMMENFASSUNG: Wie sehr 2 cm mehr Frontfederweg den Charakter eines Bikes doch verändern können! War das normale Lynx 5 mit seinen 130 mm Hub eher ein verspieltes, agiles Trailbike, so ist das LT mit seinen immerhin 150 mm Federweg an der Gabel und dem etwas potenteren Dämpfer doch schon ein ernstzunehmendes Enduro, das neben hoher Laufruhe auch noch mit einem gutmütigen Fahrverhalten im verwinkelten Terrain punkten kann. Das FOX-Fahrwerk arbeitet dabei auf dem gewohnten Niveau. Dave Weagle’s Split Pivot-Hinterbau funktioniert auch hier nahezu frei von Antriebs- und Bremseinflüssen. Die Ausstattung war in allen Bereichen funktionell und stimmig gewählt. Besonders erwähnenswert sind für mich noch die hierzulande seltenen MICHELIN Wild Enduro Reifen, die sich auch vom aufgeweichten, glitschigen Frommestrail nicht bremsen ließen und unbeeindrückt auf sehr hohem Gripniveau weiterarbeiteten. Die sollte man sihc auch anbhängig vom BH mal genauer ansehen.
MiMü