XSHIFTER, die (fast) kabellose Schaltung – Testintro: von c_g

Letzte Woche habe ich euch die Basis des Bikes, den TANTRUM Shinning Rahmen, der mit seiner Missing Link Kinematik, vorgestellt und noch weitere spannende Teile angekündigt. Ein weiteres Highlight des im Aufbau befindlichen Bikes ist auch die brandneue XSHIFTER Schaltung. Auch hier hat sich ein Mann aufgemacht etwas ganz neues und „besseres“ zu schaffen. Paul Gallagher, ein ehemaliger SRAM Entwickler hatte die Idee eine universelle und (fast) kabellose elektronische Schaltungzu schaffen, die ganz einfach an fast jedem Bike nachzurüstenist.

 

Die betreffende Kickstarter Kampagne in 2016 lief sehr gut und auch wenn es am Ende deutlich länger gedauert hat bis alle Details und Bugs behoben waren, sind die ersten Testexemplare jetzt verfügbar und wir gehören zu den wenigen glücklichen, die ein Muster erhalten haben.
Ich gebe offen zu einer von den Fahrern zu sein, die eigentlich ganz zufrieden sind, auf welche hohem Niveau die aktuellen mechanischen Schaltungen funktionieren. Warum also eine elektronische Schaltung zum Nachrüsten? Nun, das Wegfallen der Züge und deren zum Teil aufwendige Verlegung wären ein guter Grund. Ein weiterer aber ist darin versteckt, dass der XSHIFTER auf beinahe jeder Schaltung und sogar mechanisch angesteuerten Dropper Stützen hin konfigurierbar ist – egal ob man eine alte 8-fach Kassette oder eine moderne 12-fach fährt … alles möglich. Das wollten wir uns natürlich genauer anschauen und selber erleben.

Im Grunde besteht unser XSHIFTER Set aus drei Grundbausteinen: Der A, Servormotor-Einheit mit dem austauschbaren Akku(auch „E-LINK“genannt), der B, kabellose Schalthebel und dieC, Smartphone-App mit der das ganze installiert und kalibriert werden kann. Dazu kommen noch mitgelieferte Kleinteile zur Befestigung, sowie diverse Schrauben, ein Schaltzug und eine Wechselabdeckung für den Schalthebel.

Das E-LINK an der Sitzstrebe montiert. ( Update: Wir wurden soeben von Paul drauf hingewiesen, dass wir das Befestigungs-Bracket verkehrt mmontiert haben. So kann der Gummistopfen, der den Kabelschlitz abdichtet, verloren gehen. Am Ende des Artikels haben wir eine Abbildung mit korrigierter Montage beigefügt.)

Im E-Linksteckt ein speziell entwickelter ultraschneller Servomotor, der bis zu 45 mm Arbeitshub leistet und Schaltvorgänge in ultraschnellen 0,2 sec vollziehen soll – in etwa gleich schnell wie ein klassischer Schaltvorgang. Der oben aufgesetzte Akku ist abnehm- und austauschbar und lässt sich per Micro-USB Anschluss leicht laden. Laut XSHIFTER soll das E-Link aber mit einer Akkuladung mehrere Monate lang auskommen. Ob das stimmt oder ob das Teil oft an die Steckdose muss, werden wir definitiv für euch herausfinden. Das E-LINK wiegt komplett gerade mal 105 g, wovon auf den Akku nur 43 g und auf die Servoeinheit nur 62 g entfallen.
Neben dem für unseren Test ausgelieferten E-Link Single, gibt es noch eine Variante mit zwei Servos für zwei Kabel, die dann etwa für eine 2×11 oder 3×10 Schaltung bzw. für eine 1-fach Schaltung und eine Dropper genutzt werden kann.

Als kabellosen Schalthebelgibt es schon jetzt diverse Versionen (weiter sind in Arbeit). Uns wurde aber die Standardvariante mit 4 Knöpfen ausgeliefert. Der recht grob wirkende Hebel wird über zwei M4 Schrauben am Lenker befestigt. Der Schalthebel samt Knopfzellenbatterie wiegt gerade mal 33 g. Derzeit sind nur die oberen beiden Knöpfe mit einer Funktion belegt, ein Klick auf den rechten Knopf bewegt das Schaltwerk einen Gang nach rechts (schwerer Gang), einer auf den linken Knopf nach links (leichterer Gang). In einer kommenden App-Version sollen aber auch die Tastenfunktionen frei wählbar sein.

Womit wir auch schon bei der XSHIFTER-App wären. Derzeit besteht die App aus sechs Unerseiten – siehe oben. Im Untermenü „E-Link Setup“ wählt man die Zahl der Gänge aus, bewegt das Schaltwerk in den kleinsten und den größten Gang und sorgt so für eine Grobkalibrierung. Der Unterpunkt „Pod Setup“ ist, wie oben erwähnt, derzeit noch nicht belegt. „CABLE LENGTH“ ist eine Funktion um eine abnehmende Zugspannung auszugleichen, z.B. durch einen sich längenden Zug, während man im Untermenü „TUNE“ für jeden Gang einzeln einstellen kann.
Unter „VOICE“ versteckt sich eine Funktion, mit der sich XSHIFTER auch über das Mikrophon am Smartphone steuern lässt – insbesondere für einhändige oder behinderte Fahrer eine riesige Hilfe. Last but not least gibt es noch das „SETTINGS„-Untermenü hinter dem sich die Updates und eine eigene Kalibrier-Funktion verbergen. Im Grunde ist die App recht selbsterklärend und einfach.

Gewichtstechnisch ist XSHIFTER– entgegen meiner Erwartungen – leichter als das mechanische System, das es ersetzt hat. Wenn ich es nicht selber nachgewogen hätte, hätte ich es nicht geglaubt, aber gewichtstechnisch ist XSHIFTER tatsächlich ein paar Gramm leichter, als der SRAM X01 Schalthebel samt Schaltzug und Außenhülle. In meiner Konfiguration sind etwa 20 g gespart. Verlegt man das System weiter entfernt vom Schaltwerk, etwa am Unterrohr, dürfte es in etwa auf’s gleiche hinauslaufen. Als einer der nicht auf jedes Gramm achtete, läuft es für mich damit in etwa auf Gleichstand raus.

  

Die Montage des Systems ist denkbar einfach. Zur Vorbereitung löst man den Schaltzug am Schaltwerk (das Schaltwerk selber bleibt einfach am Bike) und entfernt den Schalthebel samt Schaltzug und Hülle. Nachdem man sich die geeignete Stelle für den Servomotor ausgesucht und den zum Rohrdurchmesser passenden Adapter ausgewählt hat (in unserem Fall als reine Schaltungs-Ansteuerung an der rechten Sitzstrebe) verschraubt man beide und sichert die Einheit per Kabelbinder am Rahmen. Dann gilt es nur noch die Zughülle passend abzulängen, das Schaltkabel durch das E-LINK zu stecken und alles zu verlegen. Leicht spannen und am Schaltwerk verschrauben. Dann noch den Schalthebel am Lenker verschrauben und fertig ist die Montage.

                

Die Einstellung und Kalibrierungerfolgt allein über die XSHIFTER App, die mit dem E-LINK per Bluetooth kommuniziert – Links oben ein Screenshot der App-Frontpage. Der erste Schritt ist es auf das Untermenü „E-LINK Setup“  zu gehen (Bild oben rechts). Dort wählt man zuerst die Zahl der Gänge aus (in unserem Fall 12). Dann setzt man manuell die oberen und unteren Limits des Arbeitswegs fest. Weil man hier mit jedem Tastendruck nur je einen Millimeter Kabelweg bewirkt und die Übertragung nur zeitverzögert erfolgt, kann das durchaus ein paar Minuten dauern bis man die beiden äußeren Ritzel angesteuert hat. Durch einen Druck auf die „Finish“-Taste, beendet man den Vorgang und die Software berechnet die einzelnen Gangsprünge in genau gleichmäßigen Schritten. Der Kalibriervorgang ist damit abgeschlossen. Diesen Prozess sollte man komplett durchspielen, denn sobald man die App verlässt, oder unterbrochen wird, gehen alle bisherigen Einstellungen verloren.

Weil die errechneten Gangschritte in der Realität nur selten wirklich reibungslos funktionieren, gilt es danach noch auf der „Tuning“-Page die einzelnen Gänge nochmal manuell nachzustellen. Dazu tippt man in der App einfach jeden einzelnen Gang an und setzt den Schaltpunkt in Zehntelmillimeter-Schritten genau ein bis alles passt. Vom System her genau wie wenn man den die Schaltzugspannung anpasst, nur dass man das hier separat für jeden Gang einzeln tun kann. Dieser Vorgang dauerte bei mir zwischen 5 und 10 Minuten. Dieser Prozess lässt sich jederzeit und für jeden Gang individuell wiederholen, sollten auf dem Trail eine Nachjustierung notwendig sein. Soweit ich herausfinden konnte, beträgt der Arbeitsweg des Servos genau 45 mm. Das reicht um alle gängigen Schaltungen und Schaltwerke egal ob  SHIMANO oder SRAM damit zu fahren. In meinem Fall, mit einer SRAM Eagle 1×12 Schaltung am Testbike und ein wenig Kabelspannung, die das System automatisch ausgleicht, wird das Spektrum des E-LINK allerdings schon weitgehend ausgereizt.
Soweit zum Intro des XSHIFTER Schaltsystem. Nachdem alles bereits montiert und fahrfertig eingestellt ist, folgen als nächstes die Praxiseindrücke dazu. Bis demnächst.

RIDE ON,
c_g

Update: Wie uns Paul Gallagher soeben mitgeteilt hat, hatten wir versehentlich das Befestigungsstück verkehrt montiert. So wie bei uns funktioniert das System genauso, die Gummiabdeckung die den Schlitz verschließt, durch den das Schaltkabel eingeführt wird, kann so allerdings verloren gehen. Unten seht ihr eine Abbildung mit korrekt montiertem E-LINK: