Eurobike Media Days #3 – RIDLEY Sablo: von c_g
(Anmerkung: Bei diesem Artikel handelt es sich lediglich um Fahreindrücke auf uns teils unbekannten Trails mit zeitlich eng begrenzter Fahrzeit – mehr nicht, aber auch nicht weniger. Echte TNI-Tests folgen wenn sich die Gelegenheit ergibt.)
Hierzulande denkt jeder bei der belgischen Marke unwillkürlich an Cyclocross, doch RIDLEY BIKES ist weitaus mehr. Um das zu zeigen, war man dieses Jahr ebenfalls auf den Eurobike Media Days vertreten. Neben allerlei spannender Rennräder, einer neuen E-Bike Plattform (ja, auch dieses Jahr waren sie eines der größten Themen), war auch das brandneue Sablo, RIDLEYs erstes 29er Fully mit von der Partie.
Das 100 mm Fully will mit seinem edlen und sehr leichten Carbonrahmen, allerlei durchdachter Details und einer modernen Geometrie vor allem auf MTB-Rennstrecken mitmischen, scheut aber auch sportlichen Touren nicht zurück. Bei einem Rahmengewicht von ca. 2,0 kg (Gr. M mit Kleinteilen, ohne Dämpfer) sind wir versucht das durchaus zu glauben. “Wir sind wirklich stolz auf unser neues Sablo,” sagt Martin Schuttert, der MTB Product Manager bei RIDELEY, “Das Bike ist leicht, reaktionsschnell und für die modernen, auch mal technischen XC-Rennstrecken gemacht. Hier liegt der Fokus klar auf Performance und Haltbarkeit.“
Schon auf den ersten Blick weiß der schicke Carbon-Rahmen zu gefallen. Mit einer hohen Zielsicherheit wirkt das Sablo sowohl zeitlos wie auch dynamisch und modern. Ein besonderes Kennzeichen der Eingelenker-Kinematik ist der hintere Drehpunkt über und sogar ein wenig hinter der Achse. In Kombination mit der Dämpferaufhängung am Umlenkhebel erreicht RIDLEY damit die gewünschte Federungscharakteristik.
Um diese noch besser herauszuarbeiten hat man außerdem eng mit den Federungsexperten von FOX zusammengearbeitet und einen speziellen Dämpfertune für’s Sablo entwickelt. Ein weiterer Punkt, was die Hinterbauperformance angeht, ist dass man in allen Drehpunkten durchweg gedichtete Enduro Industriekugellager findet und bei allen Modellen der gleiche Float Factory Dämpfer verbaut ist. Das soll einerseits der Sensibilität des Hinterbaus, aber auch der Haltbarkeit bei schlechter Witterung zugute kommen. Anders als bei unserem Vorserien-Testbike werden Dämpfer und Gabel simultan über einen FOX Remote angesteuert werden.
Wie es sich gehört sind die meisten Züge aufgeräumt im Rahmeninneren verlegt, nur die hinter Bremse verläuft extern unter dem Unterrohr. Der Rahmen ist sogar für eine Dropper-Stütze vorbereitet. Natürlich at man auch an die DI2-Kompatibilität gedacht und den Rahmen dementsprechend konstruiert. Jedes Mal wieder eine Freude ist, es ein BSA Tretlager verbaut zu finden. Das geschraubte Lager ist und bleibt die servicefreundlichste und unproblematischste Tretlagervariante. Ebenfalls schön – das Sablo kann auch mit Umwerfer aufgebaut werden.
Was die Geometrie angeht, hat sich RIDLEY für einen eher klassischen Ansatz entschieden. Mit einem Lenkwinkel von 70°, einem Sitzwinkel von 74° und einem moderat langen Oberrohr von 620 mm beim Rahmen in Large (der Reach ist mit 443 mm ebenfalls sportlich, aber nicht gestreckt) bleibt das Sablo eher auf der konservativen Seite. Die Kettenstrebenlänge ist mit 435 mm recht genau im Mittelfeld, dessen was vergleichbare Bikes sonst haben. Anstatt progressive Experimente zu machen, ist man beim Bewährten geblieben, aber wie mich das CUBE AMS 100 im jüngsten Test bereits gelehrt hat, kann das zu einem sehr positiven Ergebnis führen.
Aktuell sind drei Versionen des RIDELY Sablo geplant die alle etwa ab November 2017 verfügbar sein sollen, Auch hier bleibt also noch etwas Zeit um bis dahin zu sparen. Das Topmodell (oben) soll es mit seinem schwarzen Rahmen und einer goldenen SRAM XX1 Eagle Antriebsgruppe, sowie anderen sehr exklusiven Teilen auf gerade mal 10 kg schaffen, wird dafür aber auch satte 7999.- Euro kosten.
Das zweite Modell, unser Testbike, hat einen teal-grün, orangen Rahmen, einen SRAM X01 Eagle Antrieb und eine FOX 32 SC Performance Elite Federgabel haben und mit 5899.- Euro etwas erschwinglicher sein.
Das dritte Modell im Bunde (oben) wird eine 2×11 SHIMANO XT Schaltung und etwas einfachere Komponenten haben und dafür „bereits“ für 4699.- Euro zu haben sein.
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PRAXISEINDRÜCKE mit dem RIDLEY Sablo
Und wie fährt sich das RIDLEY Sablo? Vor allem eines: Schnell! Mit einem Gesamtgewicht von 10,8 kg (ohne Pedale) ist das Testbike zwar bei weitem nicht das leichteste XC-Fully, das ich gefahren bin, zeigt aber doch ganz deutlich, dass es gerne schnell beschleunigt wird, lange Anstiege mit viel Druck liebt und einfach immer nach Vortrieb giert.
Die Sitzposition ist mit dem 90 mm negativ montierten Vorbau sportlich, aber nicht zu gestreckt oder gar unkomfortabel. Ein Bike, mit dem man getrost auch einen richtig langen Marathon in Angriff nehmen kann.
Auffällig dabei war für mich, wie aktiv und sensibel der komplett kugelgelagerte Hinterbau mit offenem Dämpfer arbeitet. Während die meisten 100 mm Fullies kaum je die Plattformdämpfung oder gar den Lockout wirklich brauchen, war das bei Ripley anders.
Selbst wenn ich mich bemüht habe, einen möglichst runden Tritt zu fahren, konnte ich ein leichtes Wippen im Heck nie vermeiden. Weil das Bike in Serie aber mit einem Lenker-Lockout für Gabel und Dämpfer kommt, muss das nicht unbedingt ein Nachteil sein, denn mit der hohen Sensibilität generiert das Sablos damit eine schier endlose Traktion am Heck und kommt selbst da noch durch steile Schotteranstiege, wo andere bereits den Halt verlieren. Wieder zurück am RIDLEY Stand habe ich den Verantwortlichen darauf angesprochen und der bestätigte mir, dass das genau so beabsichtigt wäre um wirklich das Optimum aus den 100 mm Federweg herauszuholen. Das Sablo verfolgt hier also einfach eine andere Philosophie. Solange man’s weiß ist das ja kein Problem, aber wer hinter den 10 mm nur „Minimalkomfort“ erwartet, wird überrascht sein.
Sobald sich der Trail nach unten neigt und die Gravitation die Beschleunigung übernimmt, zeigt das Sablo, dass es mit seinen eher konservativen Geo-Zahlen sehr wohl auch technischres Gelände meistern kann.
Eine einigermaßen sichere Fahrtechnik vorausgesetzt, kann man damit auch durchaus herausfordernde Trails unter die Stollen nehmen – oder in unserem Fall, unter die Semislicks nehmen, denn der nächtliche Regen, hat die waldigen Trails doch zur Herausforderung für den Thunder Burt Hinterreifen werden lassen und der Rocket Ron 2.1 an der Front kann nicht die komplette Bremstraktion aufbringen. Somit wurde die oft steile Abfahrt doch hin und wieder zum Balanceakt, den das RIDLEY Sablos aber innerhalb der Grenzen eines XC-Racebikes sehr gut gemeistert hat. Die kürze dieser Fahreindrücke lässt hierzu keine weiteren Aussagen zu, aber dem ersten Eindruck nach hat das Sablo durchaus eine grundlegend gutmütige Natur – schnell und vortriebsorientiert, JA, aber weit davon entfernt an ein zickiges Racebike zu sein. Gerade in den schmierigen Waldstücken, wo eigentlich kaum mehr Traktion am Heck vorhanden war, hat die hohe Sensibilität der Heckfederung der Fahrsicherheit spürbar geholfen und gezeigt, dass diese Philosophie sehr wohl ihre Vorteile hat.
Allerdings hatte ich in dem Zuge auch mitunter den Eindruck dass es dem Carbonrahmen ein wenig an Torsionssteifigkeit fehlt. Im Wiegetritt und Antritt bliebt der Flex bleibt aber in einem für mich guten Rahmen, hier im technische Gelände hätte ich mir hin und wieder doch ein wenig mehr Lenkpräzision gewünscht. Ich muss allerdings auch dazu sagen, dass ich mit 85 kg Lebendgewicht (zzgl. Rucksack etwa 90 kg) auch klar auf der schwereren Seite für einen solchen Rahmen liege. Leichte XC-Racer würden das unter Umständen gar nicht wahrnehmen. Andererseits sorgt der geringe zusätzliche Flex natürlich auch wieder für mehr Komfort auf langen Rennstrecken.
Darauf angesprochen meinte man, dass ich der erste wäre, der an dem Sablo Testbike eine zu geringe Steifigkeit moniert hätte, versprachen aber, sich das Bike noch mal genauer anzusehen. Die Rückmeldung von RIDELY war, dass man keinerlei Auffälligkeiten bemerkt hätte. (Vielleicht ist es doch and er Zeit für mich abzunehmen :-))
Zusammenfassung: RIDLEY hat mit dem neuen Sablo ein wirklich spannendes XC-/Marathon-Fully auf die Beine gestellt, dessen Rahmen alle Optionen bietet und dementsprechend sehr vielseitig aufgebaut werden kann. Obwohl mit nur 100 mm Federweg vorne und hinten ausgestattet, ist der Hinterbau bei offenem Dämpfer überraschend aktiv. Auf ruppigen Trails sorgt das für eine ausgezeichnete Traktion und viel Komfort. Um das Bike auch bergauf wippfrei zu halten, kann man allerdings schon die in Serie vom Lenker aus aktivierbare Straffung brauchen. Das Handling, die Sitzposition, ja der gesamte Fahreindruck entsprechen ziemlich genau dem was man von einem modernen XC-Racebike erwarten würde, auch wenn der Rahmen nicht zu den steifsten gehört.
RIDE ON,
c_g