BOLD Linkin Trail LT 29 – Zwischenstand (& Testunterbrechung): on c_g
Kaum zu glauben wie die Zeit vergeht, wenn man Spaß hat! Wie ihr vom Testintro samt den ersten Fahreindrücken bereits wisst, wurde das edle, schweizer BOLD Linkin Trail LT gleich nach der Übergabe auf dem BIKE Festival in den Dienst gestellt und hat noch auf den Lago-Trails seinen ersten Intensiveinsatz erlebt. Auf einer Shuttle-Runde mit Naranch Trail und einer Stage des North Shore Enduro hat mir das BOLD sehr viel Spaß gemacht und mich auf Anhieb begeistert!
Seither ist das BOLD LT überwiegend auf meinen gewohnten Testtrails bewegt worden – mal gröber („Enduro-Style“ J) und mal mehr zum Kilometersammeln auf gemäßigten Wegen. Wichtigster Unterschied zu den Gardasse-Trails: Hier geht es immer kurz und knackig bergauf und wieder runter … und das immer und immer wieder.
Auch dabei hat sich mein erster Eindruck wieder voll bestätigt – das BOLD Linkin Trail LT ist ein sehr ausgewogenes Bike, das trotz seines üppigen Federwegs noch sehr vielseitig bleibt. Anders als mit vielen „Low’n Slack“ 29er Enduros, in deren Federwegsklasse das LT ja ebenfalls mitspielt fühlt man sich damit auch langen Forstrassentouren nicht Fehl am Platze.
Andererseits vermittelt es auch auf gröberen und technischen Passagen und wenn es richtig steil oder grob wird (noch) ein hohes Maß an Sicherheit und Kontrolle. Erst beim Ritt im Racetempo auf echt grobem Gelände spürt man, dass der 67° Lenkwinkel des LT schon ein klein wenig mehr Kontrolle und Fahrtechnik vom Fahrer fordert, als die Riege der ultra-laufruhigen Enduro-Racebikes á la NICOLAI ION-G13, POLE Evolink 140 En oder auch das neue ALUTECH Tofane 2.0 mit ihrer ultraflachen Front. Dass das aber kein Nachteil sein muss, zeigt sich daran, dass sich das LT gerade durch seine Wendigkeit und Agilität so gute Allroundqualitäten bewahrt und so ein ungemein breites Einsatzspektrum einnimmt.
Das BOLD Linkin Trail LT ist nach meinem bisherigen Empfinden – genau wie der Name es sagt – ein Linkin Trail „Long Travel“ … und das ist irgendwie auch sehr gut so. Ich persönlich komme mit dem Handling des LT ausgezeichnet zurecht und je mehr ich es fahre, desto spannender finde ich es, wie das Linkin Trail LT Spieltrieb und Laufruhe miteinander kombiniert. Als bekennender Fan der modernen „Low’s Slack“ Geometrien, selbst wenn sie etwas externer ausfallen – bin sehr gespannt wie sich das BOLD Linkin Trail LT im weitern Testverlauf noch schlagen wird.
Außer der Geometrie spielt beim BOLD Linkin Trail LT auch die ausgesprochen hohe Rahmensteifigkeit eine Rolle dabei wie sicher sich das Bike fährt und wie leicht man es auf Spur halten kann. Ohne Übertreibung gehört der Rahmen zu den steifsten und damit präzisesten Carbonrahmen, die ich bisher gefahren bin. Umso bemerkenswerter, was ich am Ende dieses Posts berichten darf.
Einen anderen Punkt was die Rahmengeometrie angeht – die Überstandshöhe. Den Geometriewerten nach und auch der Optik nach hatte ich etwas Sorgen, dass mir der Rahmen in Large nicht doch etwas zu hoch werden würde. Diese Sorge ist mittlerweile komplett verflogen. Selbst mit der riesigen Absenkung der KS Dropper-Stütze (immerhin 175 mm) bleibt noch Platz nach unten und ich bin bisher noch nie mit dem Oberrohr in Kontakt gekommen. Hier kann ich also komplett Entwarnung geben.
Was das Fahrwerks-Setup angeht habe ich auf meinen Trails recht bald festgestellt, dass der anfangs eingestellte SAG von 35% hier auf meinen Trails nicht ganz so optimal funktioniert. Während das auf der Shuttle-Tour am Lago einen Hinterbau generierte, die unglaublich sensibel den Untergrund abgetastet hat und extrem komfortabel war – und damit der 150 mm Pike Federgabel in allen Belangen überlegen war – hat mich das auf meinen Hometrails gezwungen sehr viel mit dem Dämpfer-Remote zu arbeiten um auch bergauf die gleiche Performance zu erzielen. Spannend und sehr bemerkenswert ist dabei, dass der Hinterbau trotz dieses großen anfänglichen SAGs auch bei Sprüngen nie spürbar durchgeschlagen ist.
Weil das Heck mit seinem sehr aktiven Hinterbau und dem großen Sag natürlich durch die Schwerpunktsverlagerung bergauf auch dementsprechend weit einsinkt, habe ich dann den Dämpferdruck etwas erhöht. Das Ergebnis war sofort spürbar: Das Fahrwerk war zwar etwas straffer, fuhr sich aber spürbar ausgeglichener. Obwohl das Heck damit auch bergauf höher im Federweg stand, bot der Viergelenker-Hinterbau auch weiterhin ein Höchstmaß an Traktion. Bergauf ging das Bike nun selbst im offenen Modus besser voran weshalb ich insgesamt den Dämpfer-Remote zur Fahrwerksstraffung deutlich weniger genutzt habe.
Angesichts der sehr edeln Ausstattung gibt es bisher erwartungsgemäß nur Lob für die jeweiligen Komponenten. Der SRAM XX1 Eagle Antrieb schaltet präzise und bietet diese sagenhaft gute Übersetzungsbandbreite von 500%, Die SRAM Guide Ultimate Bremsen mit großen Rotoren (200 mm vorne und 180 mm hinten) bleiben auch weiterhin absolute Top-Performer und die DT-SWISS 1501 SPLINE ONE Laufräder mit 30 mm Innenweite verwöhnen mich mit Steifigkeit und Beschleunigung satt. Die KS LEV Integra Dropper-Stütze mit ihrem gigantischen Verstellbereich von 175 gibt sich ebenfalls von ihrer besten Seite und arbeitet schnell und präzise.
Der einzige und zugegeben kleine Kritikpunkt an der Ausstattung ist bisher der wenig ergonomische KS-Remote der Dropper-Stütze (siehe Bild rechts). Durch seine klobige Bauweise und Position vor dem Lenker, muss man mit dem Daumen zuerst um den etwas klobigen KS Dropper-Remote herum greifen ehe man den kleinen unteren Auslösehebel des DT Dämpfer-Remotes erreicht. Hier wäre ein Remote unter dem Lenker wie der KS South-Paw eine bessere Wahl. BOLD weiß um dieser Schwachstelle und hat deswegen den BIKEYOKE Triggy Remote ins Programm aufgenommen. Weil der allerdings aktuell noch nicht verfügbar ist, kam mein Testbike noch mit dem Original-Remote von KS.
Weiter bin ich mit meinen Praxiseindrücken leider nicht mehr gekommen. Lediglich durch Zufall ist mir aufgefallen, dass der Carbonrahmen meines Testbikes am Oberrohr in einem kleinen Bereich so dünn ist, dass er sich schon mit Fingerkraft ein paar Millimeter eindrücken lässt.
Nachdem ich keine Stütze mit dem Bike hatte, handelt es sich dabei wohl um einen Fehler bei der Produktion, der bisher unbemerkt geblieben ist. Wohlgemerkt, ist es dem Rahmen in keinster Weise anzusehen oder gar beim Fahren anzumerken – das BOLD LT ist und bleibt eines der steifsten Rahmen, die ich kenne, auch mit dem potentiellen Defekt. Um die Sache genauer zu untersuchen, , hat BOLD uns daraufhin gebeten den Test zu unterbrechen und das Bike zurückzuschicken damit der Rahmen vor Ort untersucht werden kann. Sobald genauere Erkenntnisse vorliegen, wird man uns auch ein ausführliches Statement dazu liefern.
Carbonfertigung ist bis heute zu einem großen Teil Handarbeit. Gerade weil jedes der vielen Prepreg-Carbonzuschnitte trotz sorgfältigster Konstruktion und genauen Vorgaben am Ende händisch verlegt wird und jeder Rahmen durch viele Hände läuft, ist eine 100%-ige Qualitätskontrolle bis heute unmöglich. Auch wenn der Vorfall mit unserem Testrahmen diesbezüglich Fragen aufwirft, ist der bisherige Eindruck zum Schweizer Edelbike BOLD Linkin Trail LT sehr positiv. Mit seiner moderaten Geometrie und dem damit tendenziell eher agilen Handling passt es nicht ganz in den Stereotyp, den sein Federweg suggeriert, zeigt aber umso deutlicher, dass man nicht unbedingt in Exterme gehen muss um ein wirklich gutes Bike zu bauen. Wieder einmal zeigt sich: Die Summe aller Aspekte, macht die Fahrqualität eines Bikes aus. Gerade mit seiner moderat modernen Geo bewahrt sich das Linkin Trail LT seine erstklassigen Allroundeigenschaften. Nicht zuletzt auch wegen des ausgesprochen steifen und präzisen Carbonrahmens muss man das LT schon richtig hart ran nehmen und über schwere Trails scheuchen um es an seine Grenzen zu bringen … normalerweise kommt der Fahrer früher an seine Grenzen. Mal schaun ob wir das im weiteren Testverlauf noch schaffen. Mehr dazu sobald wir das Bike zurück bekommen.
RIDE ON,
c_g