CANFIELD BROTHERS Riot – Testintro: von c_g

Eigentlich warten wir ja gerade auf unser nächstes Testbike das uns noch vor Weihnachten angekündigt wurde, aber eine solche Gelegenheit können wir uns einfach nicht entgehen lassen: Seit es das CANFIELD BROTHERS Riot gibt, bemühen wir uns um einen Test mit diesem wirklich außergewöhnlichen 29er Fully zu realisieren.

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„Unverhoft komt oft …“ – ein Sprichwort das ich nicht oft nutze. Beim Werdegang dieses tests mit dem CANFIELD BROTHERS Riot trifft er aber zu.

Aber weil CANFIELD BROTHERS Europe, der deutsche Vertrieb der US Marke eben nur Rahmen verkauft und nur selten komplette Testbikes vorhält, hat es bisher nie geklappt. Umso erfreulicher als man uns vor ein paar Tagen anrief und sagte, dass sie ein passendes Bike aufgebaut hätten, dessen geplanter Test sich etwas verzögert. „Wenn ihr wollt könnt ihr das Bike für die Zeit bis zum Jahreswechsel für einen eigenen Test haben“ Und ob wir wollen!

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Zwei bikeverrückte Brüder, eine Marke und wirklich spannende Bikes – das ist CANFIELD BROTHERS aus dem Nordwesten der USA.

Die kleine US Marke aus Bellingham im Bundestaat Washington CANFIELD BROTHERS, hat sich aus der Bike-Leidenschaft der beiden Brüder Chris und Lance Canfield entwickelt und genießt nicht nur in dessen Heimatland einen gewisse Kultstatus. Grundsätzlich ist es immer spannend ein solch exotisches Bike zu testen, aber was das RIOT 29er wirklich einzigartig macht, ist seine wahrhaft außergewöhnliche Geometrie. Mit einer Kettenstrebenlänge von gerade mal 414 mm (am Testbike sogar 411 mm gemessen!) hat das Riot ein sogar noch kürzeres Heck als das vor kurzem getestete KONA Honzo CR Hardtail … und das bei einem vollwertigen All-Mountain-Fully mit stattlichen 140 mm Federweg am Heck! WOW!

CANFIELD selber beschreibt das Bike folgendermaßen:

Mit unserem 2011 vorgestellten Yelli Screamy stellten wir alles in Frage, was vorher im 29er Bereich als „machbar“ angesehen wurde. Verspielt und handlich wie kein anderes Bike mit 29″-Laufrädern! Jetzt in 2016, mit unserem neuen RIOT, legen wir die Latte abermals höher. Mit der aggressivsten Geometrie in einem 29er Fully am Markt. Die Kombination aus 140 mm Federweg mit unserer revolutionären und patentierten Geometrie bescheren uns ein unglaublich verspieltes aber dennoch spurtreues Bike. Egal ob „Berg rauf“ oder „Berg runter“. Super-kurze Kettenstreben werden Dich Kurven nehmen lassen, wie Du es auf einem 29er niemals erwartet hättest. Gleichzeitig sorgt der Lenkwinkel von 66,5° für die Laufruhe die Du Dir wünschst.
Das ist nicht mehr die Art von 29ern, wie Deine Kumpels sie fahren …“

Wie man dem Text schon entnehmen kann, ist das RIOT auf Fahrspaß ausgelegt. Ich bin gespannt. Offensichtlich hat man bei CANFIELD auch Spaß daran den Status Quo zu hinterfragen und das Riot macht das gleich in mehreren Aspekten, doch dazu weiter unten mehr.

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Zuerst zum schön gemachten Rahmen aus rohem 7005er Alu. Die groben Schweißraupen sind überall sichtbar und geben dem Bike einen ähnlich industriellen Look wie das vorher getestete NICOLAI. Doch anstatt ganz auf gerade Rohre und CNC zu setzen findet man am Riot ein aufwendig hydrogeformten Unter- und Oberrohr, einen schönen einteiligen Hinterbau und über dem BSA Tretlager ein großes Formteil an dem die gefrästen und hier schwarz eloxierte Umlenkhebel münden. Ein Rahmen, bei dem sich Technikfans und solche mit einer Liebe für rohes Alu satt sehen können.

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Die Grafik verdeutlicht wie die Kinematik über den gesamten Federweg hinweg ihren Neutralpunkt auf Höhe des Kettenblattes hat .

Das Herzstück des Rahmens um das der Rest herum konstruiert wurde ist die Canfield Balance Formula Kinematik(oder kurz: CBF-Kinematik) – eine Eigenentwicklung von CANFIELD. Das System ist auf eine hohe Antriebsneutralität ausgelegt wodurch immer eine maximal aktive Federung zur Verfügung steht … während die meisten Bikes so etwas in ihrem Sag-Bereich auch hinbekommen, soll die CBF-Kinematik, das über , über den gesamten Federweg hinweg leisten können. Hört sich spannend an. Die oberer Grafik zeigt wie die weit vor dem Tretlager liegenden Drehpunkte einen virtuellen Drehpunkt auf Höhe der Kettenblattes bewerkstelligen wollen.

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Die CBF-Kinamtik und angepasste Rahmenkonstruktion ermöglicht dem Riot mit gerade mal 414 die unangefochten kürzeste Kettenstrebenlänge aller 29er Fullies!

Die eigenen Federung hat sicher einen großen Anteil daran, dass man den Hinterbau so kompakt konstruieren konnte, aber um solche extreme Maße wie hier am Riot hinzubekommen, mussten noch auch ein paar weitere andere Features eingebaut werden. Da wäre zum einen der Verzicht auf die Option den Rahmen mit Umwerfer zu fahren. Dann ist da noch das weit nach vorne versetzte und unterbrochenen Sitzrohr. Obwohl direkt gemessen mit 70° eher flach sorgt der deutliche Versatz nach vorne in Realität für einen sehr steilen effektiven Sitzwinkel von ca. 77°. Das ist selbst heute in Zeiten immer steiler werdender Sitzwinkel noch extrem.

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Geometrietabelle des CANFIELD BROTHERS Riot – zum Vergrößern anklicken.

Die übrige Geometrie des Bikes ist nicht ganz so extrem wie der Hinterbau. Ein eher kurzes effektives Oberrohr, das selbst in der Rahmengröße Large gerade mal 599 mm mißt,  sorgt für eine tendenziell kompakte und sehr zentrale Sitzposition. Durch den steilen Sitzwinkel bleibt Reach aber dem aktuellen Trend folgend eher lang –  in in Rahmengröße Large immerhin 457 mm.  Entgegen dem auf maximale Verspieltheit ausgelegten Heck dürfte die Front mit ihrem effektive Lenkwinkel von 66,5° dafür ein ordentliches Maß an Laufruhe und Sicherheit generieren.

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Wie schon geschrieben, gibt es das CANFIELD BROTHERS Riot in Deutschland nur als Rahmen und Rahmenkit. Der nackte Rahmen, der wahlweise in Alu roh oder schwarz eloxiert kommt, kostet 2399.- Euro. Zur weiteren Personalisierung kann der Kunde zwischen verschiedenenfarbig eloxierten Umlenkhebeln wählen – schwarz, silber, rot, grün und orange. Ein passender CANE CREEK Dämpfer schlägt dann mit weiteren 299.- Euro (DB Inline CS) oder 349.- Euro (DB Air CS) zu Buche. Das wären demnach 2700.- bis 2750.- Euro für den Rahmenkit. Die zur Verfügung stehenden Rahmengrößen sind S, M, L und XL. Unser Testbike kam in Large.

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Die schicke CANFIELD BROTHERS Kurbel ist auch etwas besonderes indem sie nur in den Längen 155 bis 170 mm erhältlich ist – hier in 170 mm.

Zusätzlich bietet CANFEILD Brothers für weitere 279.- Euro noch eine eigene CANFIELD AM/DH-Alukurbel mit passendem BSA-Tretlager an, wie sei auch an unserem Testbike verbaut ist. Interessanterweise gibt es die Kurbel nur in den Längen 155 bis 170 mm (jeweils in 5-mm-Schritten). Die Logik dahinter ist die einfache Frage ob die übliche 175-mm-Kurbel wirklich die beste Option für MTBs ist und ob man mit kürzeren Kurbeln nicht vielleicht noch besser unterwegs wäre. Das Riot läuft mit seiner Tretlagerhöhe von immerhin 350 mm zwar nicht Gefahr ständig aufzusetzen, aber gerade in Zeiten der immer tiefer bauenden Tretlager ist das gar kein so dummer Gedanke, wie ich finde. Ich bin gespannt ob ich einen Unterschied in der Effizienz oder beim Treten merken werde.

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Die übrige Ausstattung des Testbikes ist klar auf Robustheit und Fahrspaß getrimmt – eine FOX 36er Talas Federgabel (mit 150/120 mm), ein Satz RACE FACE Turbine R 29er Laufräder mit CONTINENTAL „Der Baron Projekt 2.4“ Reifen. Das Cockpit stammt von RITCHEY Trail mit einem kurzen 45 mm Vorbau und 780 mm breiten Carbon Riser Lenker. Die Bremsen sind meine Lieblings-Stopper von MAGURA, die MT7 und dazu als besonderes Schmankerl eine kabellose MAGURA Vyron Dropper-Stütze … das erste Mal, dass ich selber diese kontroverse Stütze in einem Test fahren darf. Geschaltet wird mit einer SRAM X01 und da für das RACE FACE Laufrad noch kein XD-Freilauf lieferbar war, mit einer SHIMANO 11-fach Kassette (11-40). Weil das Bike ohne Sattel ankam, habe ich einfach den SQ-LAB Ergowave 612 montiert, den ich damit im direkten Vergleich zum am CUBE montierten Ergowave 611 fahren kann.

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Dies wird ein spannender Test – ich freu mich drauf!

Das komplette Bike in der oben genannten Ausstattung kommt auf 14,55 kg. Sicherlich wären mit einem leichteren Aufbauten auch locker Werte um 13 kg möglich, aber mit seiner Testausstattung macht das Bike einfach einen vertrauenerweckend robusten Eindruck. Außerdem ist das CANFIELD BROTHERS Riot ja auch nicht darauf ausgelegt im Uphill KOMs zu erzielen, sondern um damit auf dem Trail richtig Gas zu geben und vor allem bergab richtig Spaß zu bereiten.
Mal sehen, wie mir das Bike liegt. Weil ich wie ihr auf den Bildern seht, ja schon einwenig damit gefahren bin, kann ich schon mal sagen, dass es ein rechter Kontrast gegenüber dem dem vorher gefahrenen NICOLAI ION-G13 ist … aber nicht so wie man es vielleicht erwarten würde. Aber demnächst mehr dazu.

RIDE ON,
c_g